Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 10 Sa 454/08
Rechtsgebiete: GG, ZPO, MTV Nr. 10


Vorschriften:

GG Art. 103
ZPO § 139 Abs. 2
ZPO § 373
MTV Nr. 10 vom 01.08.2006 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern
1. Weist das Arbeitsgericht eine Klage mangels Schlüssigkeit ab, stellt dies auch ohne vorherigen Hinweis des Arbeitsgerichts keine Überraschungsentscheidung dar, wenn die Beklagte im Verfahren diesen Mangel ausdrücklich gerügt hat.

2. Ein Beweisantrag, einen Gewerkschaftssekretär zur Auffassung einer tarifschließenden Gewerkschaft zu einer tariflichen Regelung zu vernehmen, ist unzulässig und unbeachtlich.

3. Freischichttage wirken sich auf den Teiler eines Jahresarbeitsverdienstes zur Berechnung eines kalendertäglichen Anspruchs auf Urlaubsentgelt und/oder Entgeltfortzahlung nach dem Manteltarifvertrag Nr. 10 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Bayern nicht mindernd aus.


Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

10 Sa 454/08

Verkündet am: 14.01.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2008 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Dr. Wenzler und Wischhöfer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11.12.2007 (Az.: 32 Ca 12098/07) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechnung der Höhe des Anspruchs des Klägers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaubsentgelt nach auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Bestimmungen.

Der 1960 geborene Kläger ist seit 16.10.1995 bei der Beklagten, die einen Betrieb des Wach- und Sicherheitsgewerbes betreibt, als Sicherheitskraft in der U-Bahn-Bewachung beschäftigt. Er erzielt dabei bei einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von 176 Stunden einen Stundenlohn von € 14,06 brutto.

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein zwischen ihnen am 16.10.1995 geschlossener Arbeitsvertrag (Bl. 40 bis 41 d. A.), in dem es u. a. wie folgt heißt:

...

5. Anerkennung von Tarifverträgen

Für das Arbeitsverhältnis gelten in ihrer jeweiligen Fassung die tariflichen Bestimmungen, die zwischen den Sozialpartnern (Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. bzw. dessen Landesverbände und Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr) abgeschlossen sind, sowie die Betriebsordnung und die sonstigen Betriebsvereinbarungen und betrieblichen Regelungen, soweit im folgenden nicht anderes vereinbart ist.

...

8. Arbeitsunfähigkeit

...

Die Höhe der Lohnfortzahlung richtet sich nach den tariflichen Vereinbarungen.

...

9. Urlaub

Der jährliche Urlaubsanspruch richtet sich nach den gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Bestimmungen.

...

Der Kläger arbeitet im 3-Schicht-System regelmäßig vier Tage und hat anschließend zwei Tage frei. In einigen Monaten arbeitet der Kläger auch fünf Tage und hat anschließend zwei Tage frei.

Im April 2007 war der Kläger vom 14.04. bis 18.04. arbeitsunfähig krank. Für diese Tage bezahlte die Beklagte Entgeltfortzahlung i.H.v. je € 88,22 pro Tag. Im gleichen Monat und im Mai 2007 brachte der Kläger zwei bzw. drei Tage Urlaub ein, für den die Beklagte im April € 88,22 und im Mai € 88,32 Urlaubsentgelt pro Tag bezahlte. Im September 2007 war der Kläger erneut drei Tage urlaubsabwesend und zwei Tage arbeitsunfähig krank, für die die Beklagte je € 89,28 Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung pro Tag bezahlte. Der Kläger war im Monat Oktober 2007 28 Tage arbeitsunfähig krank, für die die Beklagte € 89,68 je Kalendertag leistete.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe sowohl den Entgeltfortzahlungsanspruch als auch den Urlaubsentgeltanspruch jeweils falsch berechnet. Nach den der Berechnung zugrundeliegenden Regelungen des Manteltarifvertrages Nr. 10 vom 01.08.2006 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern errechne sich zwar der Urlaubsentgelt- wie der Lohnfortzahlungsanspruch nach dem Bruttoverdienst der letzten 12 Monate vor Urlaubsantritt bzw. Beginn der Krankheit, den die Beklagte auch jeweils zutreffend ermittelt hat. Auch sind grundsätzlich sowohl das kalendertägliche Urlaubsentgelt wie das Krankengeld mit 1/364 des ermittelten Bruttoarbeitsverdienstes zu errechnen. Der Manteltarifvertrag bestimme jedoch sowohl für die Berechnung des Urlaubsentgelts wie für die Lohnfortzahlung, dass Abwesenheitszeiten ohne bestehenden Lohnanspruch den Divisor um die entsprechende Zahl dieser Tage verkürze. Der Kläger habe aber pro Jahr 100 Freischichttage, für die kein Lohnanspruch bestehe. Diese seien von dem Divisor in Abzug zu bringen, so dass sich das kalendertägliche Urlaubs- wie das Krankengeld nur mit einem Faktor von 1/264 errechne. Dass die Freischichten bei Ermittlung des Divisors abzuziehen seien, ergebe sich sowohl aus dem Tarifwortlaut wie Sinn und Zweck des Tarifvertrags. Für den Monat April 2007 ergebe sich daher pro Tag ein Anspruch auf € 121,64 und damit eine Differenz von insgesamt € 233,94, im Mai 2007 pro Tag ein Anspruch i.H.v. € 121,77 und damit eine Differenz von insgesamt € 100,35, für September 2007 pro Tag ein Anspruch i.H.v. € 123,10 und damit eine Differenz von insgesamt € 169,10 und für den Monat Oktober 2007 ein Anspruch pro Tag von € 123,65 und damit insgesamt eine Differenz von € 951,16.

Der Kläger hat daher zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.454,55 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz

- aus einem Betrag i.H.v. € 334,29 brutto seit 01.07.2007

- aus einem Betrag i.H.v. € 169,10 brutto seit 01.10.2007

- sowie aus einem Betrag i.H.v. € 951,16 seit 01.11.2007 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, es sei schon nicht richtig, dass der Kläger jedes Jahr einhundert Freischichten habe. Vielmehr variierten diese je nach der Arbeitszeit des Klägers, so dass diese für jeden geltend gemachten Tag gesondert zu ermitteln seien. Eine derartige Berechung wäre aber bereits höchst unpraktikabel. Zudem habe die Beklagte sowohl die Entgeltfortzahlung wie das Urlaubsentgelt mit dem Divisor von 1/364 jeweils zutreffend berechnet. Freischichten würden sich auf den Divisor nicht auswirken. Dies sei weder dem Wortlaut des Tarifvertrags noch dessen Sinn und Zweck zu entnehmen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unschlüssig weil es der Kläger selbst bei Richtigkeit seiner Auffassung zur Berücksichtigung der Freischichten bei der Berechnung für jeden einzelnen Tag unterlassen habe, die im jeweiligen Zwölfmonatszeitraum anfallenden konkreten Freischichttage zu ermitteln und zugrunde zu legen. Im Übrigen sei aber auch die Berechnung der Ansprüche auf Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung durch die Beklagte nicht zu beanstanden. Diese habe jeweils zu Recht 1/364 als Divisor zugrunde gelegt, da nach den tariflichen Regelungen Freischichttage den Teiler nicht verringerten. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 13.05.2008 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 09.05.2008 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 09.07.2008 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er trägt vor, gegen die Annahme, dass Freischichttage den Divisor nicht verminderten spreche bereits der Wortlaut des Tarifvertrags. Denn Abwesenheitszeit sei auch die Freischicht. Zudem entspreche die Berücksichtigung der Freischichten dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien. Denn auch die Gewerkschaft gehe von einer Berücksichtigung der Freischichttage aus. Darüber hätte das Arbeitsgericht Beweis erheben müssen. Schließlich spreche für eine Zugrundelegung der Freischichttage auch Sinn und Zweck des Tarifvertrags. Denn dadurch solle eine Benachteiligung von Arbeitnehmern während Krankheit und Urlaub verhindert werden. Der Kläger müsse während der Freischichten keinen Urlaub nehmen. Diese seien keine Arbeitstage. Eine Berechnung ohne Berücksichtigung der Freischichttage entspreche auch nicht § 11 BUrlG. Die Klage sei auch nicht unschlüssig. Das Urteil stelle sich als Überraschungsentscheidung dar weil das Arbeitsgericht keine Beweisaufnahme durchgeführt habe und auf eine Notwendigkeit der Angabe der Anzahl der Freischichttage nicht hingewiesen habe.

Der Kläger beantragt:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11.12.2007 (Az.: 32 Ca 12098/07) wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.454,55 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz

- aus einem Betrag i.H.v. € 334,29 brutto seit 01.07.2007

- aus einem Betrag i.H.v. € 169,10 brutto seit 01.10.2007

- sowie aus einem Betrag i.H.v. € 951,16 seit 01.11.2007 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Urteil des Arbeitsgerichts sei nicht zu beanstanden. Freischichten seien keine Abwesenheitszeiten im Sinne des Tarifvertrags. Welche Meinung ein Gewerkschaftssekretär zur Berechnung des Tarifvertrags habe, sei völlig unbeachtlich. Wäre die Auffassung des Klägers zur Berechnung richtig, würde dadurch keine Benachteiligung verhindert sondern würde der Kläger in diesen Zeiten gerade wesentlich mehr erhalten. Die Klage sei auch unschlüssig. Auf die fehlende Angabe der konkreten Freischichten bei Berechnung der Klage habe die Beklagte von Anfang an hingewiesen.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 08.07.2008 (Bl. 167 bis 178 d. A.) und 02.12.2008 (Bl. 292 bis 295 d. A.), der Beklagten vom 11.09.2008 (Bl. 220 bis 244 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 10.12.2008 (Bl. 296 bis 297 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht nach dem Manteltarifvertrag Nr. 10 vom 01.08.2006 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern (TR 26-120 a 75) weder ein Anspruch auf Bezahlung eines höheren Urlaubsentgelts noch auf Gewährung einer höheren Entgeltfortzahlung für den Krankheitsfall für die vom Kläger im Zeitraum April 2007 bis Oktober 2007 geltend gemachten Tage zu. Vielmehr hat die Beklagte sowohl das dem Kläger in diesem Zeitraum bezahlte Urlaubsentgelt als auch die geleistete Entgeltfortzahlung zutreffend berechnet. Dies hat bereits das Arbeitsgericht richtig und mit überzeugender Begründung ausgeführt. Dem folgt die Berufungskammer und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind ergänzend lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

1. Die Kammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts bereits zur fehlenden Schlüssigkeit der Klage weil es der Kläger - wenn von seiner Berechnungsweise auszugehen wäre - unterlassen hat, für jeden einzelnen Tag der Entgeltfortzahlung oder des Urlaubs konkret die Freischichten aus dem davorliegenden Kalenderjahr aufzuzeigen und der Berechnung zugrunde zu legen. Insoweit handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Überraschungsentscheidung des Arbeitsgerichts. Denn eine Beweisaufnahme war und ist nicht veranlasst. Eine gesonderte Hinweispflicht wäre angesichts der deutlichen und substantiierten Rüge der Beklagten zur Berücksichtigung konkreter Freischichten nicht erforderlich. Jedenfalls hat der Kläger eine vom Arbeitsgericht als Fehlen und nicht ausreichend gerügten Sachvortrag auch in zweiter Instanz nicht nachgeholt, wodurch ein angeblicher Fehler des Arbeitsgerichts hätte behoben werden können, so dass schon deshalb die Berufung keinen Erfolg haben kann.

a) Wer einen Anspruch geltend macht muss das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht nach seinem Sachvortrag feststellen lassen (vgl. BGH MDR 1999, 1371). Allerdings macht der Kläger zu Recht geltend, dass das Gericht die Partei regelmäßig auf einen solchen Umstand gem. § 139 Abs. 2 ZPO hinzuweisen hat. Die Hinweispflicht dient vor allem der Verhinderung von Überraschungsentscheidungen (vgl. BGH VersR 2007, 225) und besteht auch gegenüber der anwaltlich vertretenen Partei, wenn der Prozessbevollmächtigte der substantiierungspflichtigen Partei ersichtlich darauf vertraut, dass sein schriftlicher Vortrag ausreicht. Deshalb hat das Gericht auf Bedenken hinzuweisen und Gelegenheit zur Ergänzung des Sachvortrags zu geben, wenn es das Klagevorbringen nicht als schlüssig ansieht (vgl. BGH NJW 2007, 2416; BGH MDR 2004, 468). Selbst wenn das Arbeitsgericht einen derartigen Hinweis zur Unschlüssigkeit vor dem Urteil unterlassen haben sollte, ist dies hier jedoch unerheblich.

aa) Zum einen hat die Beklagte bereits erstinstanzlich in ihrem Schriftsatz vom 19.11.2007 (Seite 3 unten bis Seite 4 unten) auf diese Unklarheit im Sachvortrag des Klägers ausführlich hingewiesen und die Berechnung des Klägers in diesem Punkt ausdrücklich gerügt. Rügt aber der Gegner bereits den unzureichenden Sachvortrag zu einer anspruchsbegründenden Tatsache entfällt eine entsprechende Hinweispflicht des Gerichts gem. § 139 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 2008, 581; BGH MDR 2007, 458; Musielak/Stadler ZPO 6. Aufl. § 139 Rz. 6).

bb) Zum anderen hat der Kläger auch im Berufungsverfahren den mangelnden Sachvortrag zur konkreten Berücksichtigung der Freischichten im jeweils zurückliegenden Kalenderjahr nicht ergänzt. Das Berufungsgericht hätte einen derartigen Sachvortrag bei Vorliegen einer erstinstanzlichen Überraschungsentscheidung würdigen müssen und hätte damit eine etwaige Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) heilen können (vgl. BGH BB 2005, 1818). Wenn der Kläger dem nicht Rechnung getragen hat, muss es aber bei der Unschlüssigkeit der Klage verbleiben.

b) Zu Unrecht rügt der Kläger auch, dass das Urteil des Arbeitsgerichts verfahrensfehlerhaft ergangen sei, weil es Beweisangebote des Klägers übergangen habe. Soweit der Kläger meint, das Arbeitsgericht hätte einen Tarifsekretär der Gewerkschaft ver.di sowie den Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten dazu vernehmen müssen, dass auch nach Auffassung der Tarifvertrag schließenden Gewerkschaft ver.di die Berechnung nicht auf Grundlage eines Teilers von 364 zu erfolgen habe, ist dies rechtsirrig.

aa) Der Kläger übersieht, dass Gegenstand in der Beweisaufnahme nur konkrete Tatsachen sein können. Nur darauf bezogenen Beweisangeboten hat das Arbeitsgericht nachzugehen (vgl. BAG vom 26.02.2003 - AP Nr. 8 zu § 5 EFZG; BAG vom 18.10.2000 - AP Nr. 39 zu § 9 KSchG 1969).

(1) Wird ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (vgl. BAG vom 28.05.1998 - AP Nr. 6 zu § 16 TV Ang Bundespost ). Gem. § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Behauptungen nicht diesen Anforderungen, dient die Beweiserhebung der Ausforschung und hat zu unterbleiben (vgl. BAG vom 15.12.1999 - AP Nr. 9 zu § 84 HGB; BAG vom 16. 01.1991 - AP Nr. 1 zu § 13 ArbGG 1979; BAG vom 25.08.1982 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG "Tarifliche Übung").

(2) So verhält es sich hier. Zum einen ist das Beweisangebot des Klägers bereits nicht auf eine Tatsache sondern auf die Wiedergabe einer "Auffassung" gerichtet, womit nur eine subjektive Vorstellung einer Partei festgestellt werden soll. Bereits dies ist unzulässig und darüber hinaus auch unerheblich (vgl. BAG vom 13.06.1989 - AP Nr. 19 zu § 611 BGB "Beschäftigungspflicht"; BAG vom 26.02.1985 - AP Nr. 30 zu § 611 BGB "Konkurrenzklausel"). Letztlich ist das Beweisangebot auf die Vermutung eines Beweisziels und auf die Erklärung einer Wertung gerichtet, die aber allein das Gericht zu treffen hat. Beides ist unzulässig (vgl. BAG vom 22.02.1990 - AP Nr. 23 zu § 611 BGB "Arzt - Krankenhaus - Vertrag"; BGH NJW 2003, 2761).

bb) Zum anderen ist das Beweisangebot des Klägers auch für die Frage der Auslegung des Tarifvertrags unerheblich. Abgesehen davon, dass für die Tarifauslegung ohnehin nur ein übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien Bedeutung haben kann, so dass es auf die Auffassung einer Tarifvertragspartei zu einer Tarifnorm ohnehin nicht ankommen kann, wäre auch ein derartiger übereinstimmender Wille nur von Bedeutung, wenn dieser Wille im Text des Tarifvertrags auch erkennbar seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. BAG vom 27.06.2002 - AP Nr. 18 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Musiker"; BAG vom 13.05.1998 - AP Nr. 242 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG vom 23.02.1994 - AP Nr. 2 zu § 2 TVG "Tarifverträge: Kirchen"). Dies ist jedoch objektiv gerade nicht erkennbar und entspricht vielmehr allein der subjektiven Interpretation der Vorschriften durch den Kläger. Letztlich liefe auch hier tarifrechtlich eine Anfrage bei den Tarifvertragsparteien auf die Auskunft über eine Rechtsfrage hinaus. Dies ist unzulässig (vgl. BAG vom 18.08.1999 - AP Nr. 22 zu § 3 TVG; BAG vom 16.10.1985 - AP Nr. 108 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

2. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dies letztlich aber dahinstehen. Denn die Berufung ist jedenfalls auch deshalb unbegründet weil die Beklagte die dem Kläger zustehende Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wie das Urlaubsentgelt für die vom Kläger im Zeitraum von April 2007 bis Oktober 2007 eingebrachten Urlaubstage und Krankheitstage korrekt berechnet hat. Ein darüber hinaus gehender Zahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Sowohl das Urlaubsentgelt wie die Entgeltfortzahlung sind mit 1/364 des zuletzt bezogenen Bruttoverdienstes für 12 Monate pro Kalendertag zu berechnen.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich der Anspruch des Klägers auf Bezahlung einer Urlaubsvergütung wie der Anspruch auf Entgeltsfortzahlung im Krankheitsfall nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrags Nr. 10 vom 01.08.2006 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern (im folgenden: MTV Nr. 10) richtet. Dies folgt aus Ziffer 5 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages, in dem die jeweils für das Wach- und Sicherheitsgewerbe abgeschlossenen Tarifverträge in Bezug genommen werden. Im Übrigen ist der MTV Nr. 10 für allgemeinverbindlich erklärt, so dass dessen Regelungen unabhängig von einer etwaigen Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG) aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung auch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden (§ 5 Abs. 4 TVG). Auszugehen ist daher von folgenden Bestimmungen:

§ 7 Urlaub I. Allgemeine Urlaubsbestimmungen

1. Jeder Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge. Der Urlaub wird auf der Basis von vollen Kalendertagen (0.00 Uhr bis 24.00 Uhr) gewährt. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

...

4. Ein Urlaubsteil muss mindestens 14 aufeinanderfolgende Kalendertage umfassen. ...

II. Höhe des Urlaubs

1. Der Erholungsurlaub für Arbeitnehmer ab vollendetem 18. Lebensjahr beträgt 32 Kalendertage.

2. Darüber hinaus erhalten die Arbeitnehmer folgenden Zusatzurlaub:

Nach 3-jähriger Betriebszugehörigkeit 4 Kalendertage

nach 5-jähriger Betriebszugehörigkeit 6 Kalendertage

nach 7-jähriger Betriebszugehörigkeit 8 Kalendertage

nach 9-jähriger Betriebszugehörigkeit 10 Kalendertage

bis zu einer Höchstdauer von 42 Kalendertagen.

3. Bei der Berechnung des Anspruchs auf Urlaub werden die in die Urlaubszeit fallenden Sonn- und Feiertage mitgerechnet.

4. Maßgebend bei der Urlaubsgewährung nach Betriebszugehörigkeit ist die Vollendung des betreffenden Beschäftigungsjahres während des Urlaubsjahres.

III. Jubiläumsurlaub

...

IV. Urlaubsentgelt

1. Das Urlaubsentgelt errechnet sich nach dem Bruttoverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 12 Abrechnungsmonaten vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Einmalzahlungen, wie z.B. Jahressonderzahlung, Fahrkostenzuschüsse, Spesen und Jubiläumszahlungen werden dem Bruttoarbeitsverdienst nicht zugerechnet. Das kalendertägliche Urlaubsentgelt errechnet sich aus 1/364, bei Arbeitnehmern in der Lohngruppe 7 c und Lohngruppe 9 aus 1/338.

Für Arbeitnehmer, die weniger als 12 Monate im Betrieb beschäftigt sind, werden zur Berechnung des Urlaubsentgelts die Tage seit Einstellung (1. Tag der Arbeitsaufnahme) bis zum Tage des Urlaubsantritts oder bis zum Tage des Ausscheidens aus dem Betrieb zusammengezählt und der gesamte Bruttolohnbetrag dieses Zeitraumes durch die ermittelten Kalendertage geteilt. Dieser somit errechnete Bruttolohnbetrag wird als kalendertägliches Urlaubsentgelt bezahlt.

War der Arbeitnehmer im Berechnungszeitraum vom Betrieb abwesend, ohne dass dafür ein Lohnanspruch bestand, z.B. unbezahlter Urlaub, Teilnahme an Lehrgängen usw., verkürzt sich der Divisor um die Zahl der Tage, an denen kein Lohnanspruch bestand.

Für Arbeitnehmer, die noch während der Kündigungsfrist ihren Urlaub ganz oder teilweise einbringen, gilt der letzte Arbeitstag vor Urlaubsantritt für die gesamtzeitliche Bemessungsgrundlage des Urlaubsentgeltes.

2. Bei Verdiensterhöhungen, die während des Berechnungszeitraums eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnisse eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht.

§ 8 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

1. ...

2. Bis zur Dauer von sechs Wochen wird das Arbeitsentgelt bezahlt. Das Arbeitsentgelt errechnet sich nach dem Bruttoverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 12 Abrechnungsmonaten vor Beginn der Krankheit erhalten hat. Einmalzahlungen, wie z.B. Jahressonderzahlung, Fahrkostenzuschüsse, Spesen und Jubiläumszuwendungen werden dem Bruttoarbeitsverdienst nicht hinzugerechnet. Das kalendertägliche Krankengeld errechnet sich aus 1/364, bei Arbeitnehmern in der Lohngruppe 7 c und Lohngruppe 9 aus 1/338.

Für Arbeitnehmer, die weniger als 12 Monate im Betrieb beschäftigt sind, werden zur Berechnung des Krankengeldes die Tage seit Einstellung (1. Tag der Arbeitsaufnahme) bis zum Tage der Arbeitsunfähigkeit zusammengezählt und der gesamte Bruttolohnbetrag dieses Zeitraumes durch die ermittelten Kalendertage geteilt. Dieser somit errechnete Bruttolohnbetrag wird als kalendertägliches Krankenentgeld bezahlt.

War der Arbeitnehmer im Berechnungszeitraum vom Betrieb abwesend, ohne dass dafür ein Lohnanspruch bestand, z.B. unbezahlter Urlaub, Teilnahme an Lehrgängen usw., verkürzt sich der Divisor um die Zahl der Tage, an denen kein Lohnanspruch bestand.

...

b) Nach diesen Bestimmungen hat die Beklagte sowohl das Urlaubsentgelt wie die Entgeltfortzahlung für jeden Kalendertag mit 1/364 des vorhergehenden Bruttojahresverdienstes zutreffend berechnet.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien wie praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG vom 18.05.2006 - AP Nr. 1 zu § 8 TV-SozSich; BAG vom 30.09.2004 - AP Nr. 275 zu § 613 a BGB; BAG vom 22.10.2003 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG "Rückwirkung"; BAG vom 31.07.2002 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Wohnungswirtschaft").

bb) Schon der Wortlaut de tariflichen Regelungen legt es nahe, dass die Berechnung der Beklagten mit dem Teiler 364 ohne Berücksichtigung von Freischichten zutreffend ist.

(1) Denn die Tarifvertragsparteien haben sowohl für das Urlaubsentgelt als auch für das "kalendertägliche Krankengeld" die Berechnung mit 1/364 des Bruttojahresverdienstes ausdrücklich festgelegt, obwohl den Tarifvertragsparteien bekannt war, dass im Gegensatz zu sonst in den einschränkenden Regelungen nach § 7 Abs. IV Unterabs. 1 dritter Abs. und 8 Abs. 2 dritter Abs. MTV Nr. 10 aufgeführten Beispielsfällen Freischichten gerade allen Arbeitnehmern zustehen und deshalb gerade nahe gelegen hätte, dies bereits bei der Festlegung des Teilers - erst recht Praktikabilitätsgründen - zu berücksichtigen.

(2) Dies gilt erst recht, als in den Einschränkungsregelungen in § 7 Abs. IV Abs. 1 dritter Abs. und § 8 Abs. 2 dritter Abs. MTV Nr. 10 Freischichten nicht nur nicht genannt sind, obwohl sie für alle Arbeitnehmer den Hauptanwendungsfall von Abwesenheitszeiten darstellen, sondern nach dem Wortlaut auch gar nicht umfasst sind. Denn in der Einschränkungsregelung beziehen sich die Tarifvertragsparteien nicht allein auf Abwesenheitszeiten sondern bringen durch die weitere Voraussetzung "dass für diese Zeiten kein Lohnanspruch besteht" zum Ausdruck, das nur Zeiten gemeint sind, in denen die Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet wären und deshalb ohne Abwesenheit ein Lohnanspruch bestünde. Bei Freischichten besteht aber von vornherein keine Arbeitspflicht und damit auch kein Lohnanspruch. Die Kausalität zwischen Entfall der Arbeitsleistung und Wegfall des Lohnanspruchs, die die Einschränkungsregelungen des Tarifvertrags vorsehen, besteht daher bei Freischichten von vornherein nicht. Schon deshalb ist die Berechnungsweise der Beklagten ohne Berücksichtigung der Freischichten nicht zu beanstanden.

cc) Allein diese Berechnungsweise wird auch Sinn und Zweck der tariflichen Regelung zur Berechnung von Urlaubsentgelt und Lohnfortzahlung gerecht.

(1) Sowohl das Urlaubsentgelt als auch die Entgeltfortzahlung werden nach dem Tarifvertrag nach Kalendertagen berechnet. Nachdem der Kläger aufgrund der Schichteinteilung seine Arbeitszeiten an unregelmäßigen Wochentagen erbringt, aber durchschnittlich die monatliche Arbeitszeit nach § 3 des MTV 10 176 Stunden beträgt, erhält der Kläger bei einem Stundenlohn von € 14,06 - ohne Zuschläge und Sonderzahlungen - ein durchschnittliches monatliches Gehalt von € 2.474,56 brutto, € 29.694,72 jährlich. 1/364 davon beträgt etwa € 81,58. Erbringt der Kläger in einem Monat seine volle Arbeitsleistung, erzielt er damit einen durchschnittlichen Verdienst von € 2.474,56. Ist er im gleichen Monat den gesamten Monat arbeitsunfähig krank oder bringt er Urlaub ein, erhält er bei einem Teiler von 364 zwischen € 2.447,40 in Monaten mit 30 Kalendertagen und € 2.528,28 in Monaten mit 31 Kalendertagen. Der Kläger ist damit für diese Ausfallzeiten in etwa so gestellt, wie wenn er gearbeitet hätte.

(2) Wäre dagegen die Berechnungsweise des Klägers zutreffend, würde der Kläger für einen Monat, in dem er eine normale Arbeitsleistung erbringt, € 2.474,56 brutto beziehen, für den gleichen Monat bei Erkrankung oder Urlaub aufgrund seines Teilers dagegen zwischen € 3..374,40 brutto bei 30 Kalendertagen und € 3.486,88 brutto bei 31 Kalendertagen (€ 2.474,56 x 12 : 264 x 30 oder 31). Dass es Wille der Tarifvertragsparteien wäre, Arbeitnehmer im Falle der Erkrankung oder des Urlaubs einen um etwa 40 % höheren Verdienst zu gewähren, behauptet der Kläger selbst nicht und erscheint ausgeschlossen. Selbst wenn daher der Wortlaut von § 7 Abs. IV Abs. 1 MTV 10 und von § 8 Abs. 2 MTV 10 zweifelhaft wären, ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift regelmäßig eine vernünftige und gerechte Lösung gewollt (vgl. BAG vom 31.05.1994 - AP Nr. 10 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Banken"). Eine Tarifregelung, die im Fall der Erkrankung für den Arbeitnehmer einen erheblich höheren Verdienst vorsieht, erscheint weder sinnvoll noch gerecht.

III.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat für den Kläger die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück