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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 465/05
Rechtsgebiete: BGB, TVG


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 1
1. Unterzeichnen ein tarifgebundener Arbeitgeber und die Gewerkschaft eine Vereinbarung, die eine Verschlechterung tariflicher Leistungen aus einem Verbandstarifvertrag vorsieht, handelt es sich um einen dem Verbandstarifvertrag vorgehenden Haustarifvertrag, selbst wenn diese Vereinbarung auch von weiteren Dritten (Betriebsrat, Konzernbetriebsrat, Konzernmutter) unterzeichnet wird.

2. Eine arbeitsvertragliche Verweisung, die hinsichtlich "übriger Rechte und Pflichten" allgemein auf tariflichen Vorschriften Bezug nimmt, erfasst nach einem Betriebsübergang auf einen tarifgebundenen Arbeitgeber die dort geltenden tariflichen Vorschriften zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht, wenn diese Regelungen bei dem bisherigen Arbeitgeber abweichend geregelt waren und diese Regelungen durch die Bezugnahme im Arbeitsvertrag dessen Bestandteil geworden sind.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 465/05

Verkündet am: 08.02.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Moeller sowie die ehrenamtlichen Richter Bernhard Tauscher und Alexander Beck für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts München vom 18.03.2005 (Az.: 3 Ca 15020/03) abgeändert.

II. Soweit der Kläger die Bezahlung von EUR 2.721,00 brutto Urlaubsgeld und EUR 2.202,20 Weihnachtsgeld beantragt, wird die Klage abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Bezahlung von Urlaubsentgelt, eines Teils eines 13. Monatseinkommens sowie über die Gutschrift bzw. Auszahlung von Arbeitsstunden auf einem Arbeitszeitkonto. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind jedoch nur die Forderungen auf Bezahlung eines Urlaubsentgelts und eines Teils des 13. Monatseinkommens, über die das Arbeitsgericht durch Teil-Urteil entschieden hat.

Der 1959 geborene Kläger ist seit 01.09.1998 bei der Fa. als technischer Angestellter beschäftigt. Er erzielte dabei zuletzt ein regelmäßiges monatliches Bruttoarbeitsentgelt nebst Leistungszulagen i.H.v. EUR 3.445,--. Der Kläger ist im Gegensatz zur GmbH sowie der Beklagten nicht tarifgebunden.

Die Beklagte gehört zum G.-Konzern und stellt Bohrmaschinen her.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der GmbH war ein am 17.07.1998 geschlossener schriftlicher Anstellungsvertrag (Bl. 47 bis 49 d. A.), in dem u. a. folgende Regelung enthalten ist:

§ 10 Sonstige Vereinbarungen

a) . . .

b) Alle übrigen Rechte und Pflichten richten sich nach den Tarifverträgen für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und unseren Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung.

Am 03.09.2003 unterzeichneten Vertreter der GmbH, des Betriebsrats der GmbH, des Konzernbetriebsrats des G.-Konzerns, der IG und der G. AG einen Standortsicherungsvertrag (Bl. 10 bis 14 d. A.), im dem es u. a. wie folgt heißt:

Standortsicherungsvertrag

Zwischen der GmbH, dem Betriebsrat der GmbH, dem Konzernbetriebsrat des G.-Konzerns und der IG wird zur Sicherung des Standortes der GmbH in G. und zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung einer größtmöglichen Anzahl von Arbeitnehmern der nachfolgende Standortsicherungsvertrag vereinbart.

Präambel

. . .

Der Standortsicherungsvertrag ist ein weiterer Baustein für den Fortbestand des Standortes, der inhaltlich getragen ist von elementaren Einschnitten für die beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der GmbH. Die Vertragsschließenden stimmen darin überein, dass diese Einschnitte notwendig sind, um die Schließung des Standortes in G. zu vermeiden. . . .

1. Abänderung des Tarifvertrages:

In Abänderung des:

. . .

§ 14 des Manteltarifvertrages für angestellte Arbeitnehmer wird auf das Urlaubsentgelt gem. § 14 C, Ziffer 1 MTV-Ang im Jahr 2004 verzichtet.

. . .

Tarifvertrages über die Absicherung eines Teiles des 13. Monatseinkommens in der Fassung vom 01.11.1997 wird für gewerbliche Arbeitnehmer (MTV-Arbeiter) und angestellte Arbeitnehmer (MTV-Angestellte) auf das 13. Monatseinkommen im Jahr 2003 /2004 verzichtet.

Soweit Arbeitnehmer nicht tarifgebunden sind, wendet die GmbH die Tarifverträge üblicherweise auf alle Arbeitnehmer an. Die Einschränkungen gelten damit auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer.

. . .

2. Abänderung von Betriebsvereinbarungen

In Abänderung der Betriebsvereinbarung Nr. G/3 über die Arbeitszeit wird festgelegt, dass jeder Arbeitnehmer auf 200 geleistete Arbeitstunden aus dem bestehenden Gleitzeitkonto bzw. aus dem Langzeitkonto verzichtet. Arbeitnehmer, die kein Guthaben auf den Zeitkonten in Höhe von 200 Stunden haben, werden bis zum 31.12.2004 diese Stundenzahl aufholen.

3. Kündigung von Arbeitnehmern

. . .

4. Standortsicherung / Gegenleistung

Die Geschäftsführung garantiert die Aufrechterhaltung des Standorts G. bis zum 31.12.2004.

. . .

5. Laufzeit

Diese Vereinbarung gilt bis zum 31.12.2004 und endet dann ohne Nachwirkungen. Die Geschäftsführung der GmbH hat das Recht, diese Vereinbarung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende nach vorheriger Information des Betriebsrats zu kündigen.

In einer Betriebsversammlung vom 01.09.2003 wurden die Mitarbeiter über den Standortsicherungsvertrag informiert.

In einer Durchführungsvereinbarung zum Standortsicherungsvertrag vom 11.09.2003 (Bl. 53 bis 56 d. A.) zwischen Betriebsrat und der GmbH wurde die Umsetzung der Mehrleistung von 200 Stunden geregelt. Im Gleitzeitkonto des Klägers wurden zum 31.08.2003 die 200 Stunden in Abzug gebracht (Bl. 51 bis 52 d. A.), so dass das Konto zum 01.09.2003 mit Minus 133,27 Stunden belastet war.

Mit Schreiben vom 17.11.2003 (Bl. 76 d. A.) widersprach der Kläger diesem Abzug und forderte die GmbH auf, die abgezogenen Stunden wieder gut zu schreiben.

Im März 2004 beschloss der G.-Konzern eine Reihe von Maßnahmen:

- das gesamte Unternehmen der GmbH wird in drei Sparten aufgeteilt.

. . .

- der Teilbetrieb HBZ (Horizontale Bearbeitungszentren) wird mit Wirkung zum 01.05.2004 aufgrund eines Unternehmenskaufvertrages von der Fa. GmbH übernommen.

. . .

Die entsprechenden Unternehmenskaufverträge wurden am 24.03.2004 abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 31.03.2004 (Bl. 6 bis 8 d. A.) informierte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf sein Widerspruchsrecht über den Übergang des Teilbetriebs H. In dem Schreiben heißt es dabei u. a.:

Die Deckel GmbH übernimmt ab dem 01.05.2004 aufgrund des Unternehmenskaufvertrages (Asset Deal) vom 24.03.2004 den Teilbetrieb HBZ von der GmbH. Der Teilbetrieb HBZ wird mit sämtlichen materiellen und immateriellen Gegenständen übernommen. Dies stellt einen Teilbetriebsübergang nach § 613 a BGB dar.

. . .

3. Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) An ihrem individuellen Arbeitsvertrag ändert sich nichts, dieser wird lediglich durch die GmbH ab dem vorgenannten Stichtag als neuer Arbeitgeber übernommen. . . .

b) Da die Führung des Teilbetriebs H. von der GmbH übernommen wird, entsteht damit in G. ein neuer Betrieb, der nicht mehr von dem bestehenden Betriebsrat der GmbH vertreten wird.

. . .

c) Alle derzeit im Betrieb der GmbH bestehenden Vereinbarungen bleiben nach der gesetzlichen Regelung des § 613 a BGB bestehen, sie werden zunächst Teil der Arbeitsverträge, können aber dann von dem neuen Betriebsrat der GmbH, Betrieb G. geändert werden.

. . .

d) Die GmbH ist ebenso wie die die GmbH Mitglied im Arbeitgeberverband der Bayerischen Metallindustrie. Damit ändert sich bei einem Betriebsübergang auf die GmbH für die bestehende Tarifbindung nichts. Die derzeit geltenden Tarifverträge bleiben auch zukünftig anwendbar.

. . .

Mit Schreiben vom 03.05.2004 (Bl. 9 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er dem Leiter H. in G. unterstellt ist und abrechnungsmäßig nach wie vor die Personalabteilung G. Ansprechpartner sei.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 20.08.2004 (Bl. 17 bis 19 d. A.) forderte der Kläger die Beklagte u. a. zur Bezahlung eines Urlaubsgeldes i.H.v. EUR 2.721,-- und mit Schreiben vom 07.01.2005 (Bl. 72 d. A.) zur Zahlung eines tarifvertraglichen Weihnachtsgeldes i.H.v. EUR 2.202,20 auf.

Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe gegen die Beklagte ein im Juni 2004 fällig gewordenes Urlaubsgeld i.H.v. EUR 2.721,-- ebenso wie ein Weihnachtsgeld gemäß dem Tarifvertrag über die Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens i.H.v. 55 % eines Monatsverdienstes mit EUR 2.202,20 zu. Zudem sei die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auf dessen Gleitzeitkonto 200 Stunden gutzuschreiben. Denn für die Beklagte seien die Tarifverträge für die Metallindustrie in Bayern maßgeblich. Dagegen finde der Standortsicherungsvertrag auf den neuen Arbeitgeber des Klägers nach dem Betriebsübergang keine Anwendung mehr. Dies folge auch nicht aus § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn bei dem neuen Arbeitgeber gelte ein anderer Tarifvertrag. Im Übrigen habe der Standortsicherungsvertrag den für die GmbH zuvor gültigen Verbandstarifvertrag auch gar nicht abändern können. Nur auf die Verbandstarifverträge werde auch im Arbeitsvertrag des Klägers verwiesen. Soweit es um die Arbeitszeit geht, habe die tarifliche Festlegung nicht durch Betriebsvereinbarung geregelt werden können.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger EUR 2.721,-- brutto zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB ab 01.09.2004.

2. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger EUR 5.260,-- brutto zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB ab 01.09.2004.

3. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger EUR 2.202,20 brutto nebst Zinsen i.H.v. von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB ab 22.01.2005 zu bezahlen.

Hilfsweise:

4. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger 200 Arbeitsstunden auf seinem Gleitzeitkonto gutzuschreiben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Sie hat vorgetragen, die vom Kläger geltend gemachten Forderungen stünden dem Kläger nicht zu. Denn diese seien durch den Standortsicherungsvertrag ausgeschlossen. Bei diesem handele es sich um einen Firmentarifvertrag. Dieser sei auch von allen Arbeitnehmern der GmbH akzeptiert worden. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel sei er auch Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geworden. Der Firmentarifvertrag gehe daher auch einem allgemeinen Tarifvertrag vor. Gegen die Arbeitszeitregelung im Standortsicherungsvertrag wie der Durchführungsvereinbarung bestünden auch keine Bedenken. Schließlich seien Ansprüche des Klägers nach der tariflichen Ausschlussfrist auch verfallen.

Das Arbeitsgericht hat durch Teil-Urteil vom 18.03.2005 die Beklagte zur Zahlung von EUR 2.721,-- brutto Urlaubsgeld und EUR 2.202,20 brutto tarifliche Sonderzahlung jeweils nebst Zinsen verurteilt. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 22.04.2005 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 02.05.2005 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel durch einen am 22.07.2005 innerhalb bis dahin verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt vor, bei dem Standortsicherungsvertrag handelt es sich um einen Firmentarifvertrag, der durch Bezugnahme auch das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasse. Diese Regelung sei auch auf die Beklagte als vertragliche Regelung übergegangen. Sie werde nicht durch eine bei der Beklagten geltende tarifliche Regelung berührt. Auch bei tarifgebundenen Arbeitnehmern wäre dies nicht anzunehmen.

Die Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts München vom 18.03.2005 (Az.: 3 Ca 15020/04) werden die Klageanträge zu 1) und 3) abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, nachdem die Beklagte tarifgebunden ist, seien aufgrund der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag des Klägers seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten auch die dort geltenden tariflichen Bestimmungen anzuwenden.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 22.07.2005 (Bl. 166 bis 176 d. A.), des Klägers vom 14.09.2005 (Bl. 184 bis 186 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 25.01.2006 (Bl. 193 bis 194 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Bezahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2004 noch ein Anspruch auf Bezahlung eines Teils eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 2004 zu. Denn dafür fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Insbesondere ergeben sich diese Ansprüche nicht aus § 14 C des Manteltarifvertrags für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 31.10. / 02.11.1970 in der Fassung vom 24.05.2002 sowie des Tarifvertrags über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 12. Dezember 1996. Denn diese Vorschriften finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

1. Zwar standen dem Kläger gegen die Fa. GmbH zunächst sowohl ein Anspruch auf tarifliches Urlaubsentgelt wie ein Anspruch auf Bezahlung eines Teils eines 13. Monatseinkommens gemäß den damals gültigen tariflichen Vorschriften zu.

a) Dies folgt aus dem Arbeitsvertrag des Klägers mit der GmbH vom 17.07.1998. Denn in diesem Vertrag haben die Parteien in § 10 b bestimmt, dass sich alle übrigen Rechte und Pflichten nach den Tarifverträgen für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und den Betriebsvereinbarungen des Arbeitgebers in der jeweils gültigen Fassung richten. Damit haben die Arbeitsvertragsparteien eine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart, der stets eine rechtsbegründende Wirkung zukommt (vgl. BAG vom 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 = AP Nr. 33 zu § 1 TVG "Bezugnahme auf Tarifvertrag"; BAG vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 = AP Nr. 21 zu § 1 TVG "Bezugnahme auf Tarifvertrag").

b) Diese Verweisung hat zur Folge, dass die in dem in Bezug genommenen Tarifvertrag geregelten Rechte und Pflichten in das Arbeitsverhältnis einbezogen wurden, ohne dass der Kollektivvertrag in seinem vollständigen Wortlaut in den Arbeitsvertrag übernommen werden musste (vgl. Gaul ZfA 2003, 75 m.w.N.). Ob sie dabei zusätzlich als so genannte Gleichstellungsabrede anzusehen ist, kann für die Entscheidung insoweit dahinstehen (vgl. dazu: BAG vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04; Klebeck NZA 2006, 15). Da der Arbeitsvertrag der Parteien selbst keine Regelung zu einem 13. Monatseinkommen und zu einem Urlaubsgeld beinhaltet, ergab sich ein Anspruch des Klägers gegen die GmbH aufgrund der Verweisung auf die dementsprechenden tariflichen Regelungen für die Angestellten der Metallindustrie in Bayern.

2. Diese Regelungen sind jedoch durch den Standortsicherungsvertrag vom 03.09.2003 zu Lasten der Arbeitnehmer der GmbH geändert worden.

a) Bei dem Standortsicherungsvertrag handelt es sich um einen Tarifvertrag gem. § 1 TVG. Er enthält nach seinem klaren Wortlaut eine Vereinbarung zwischen tariffähigen Parteien (§ 2 Abs. 1 TVG) und erfüllt die Formvorschriften gem. § 1 Abs. 2 TVG. Sowohl nach dem Wortlaut wie aus dem in der Vereinbarung zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien folgt deutlich, dass die Parteien damit einen Tarifvertrag geschlossen haben (vgl. BAG vom 07.11.2000 - 1 AZR 175/00 = AP Nr. 14 zu § 77 BetrVG 1972 "Tarifvorbehalt"; BAG vom 04.04.2001 - 4 AZR 237/00 = AP Nr. 26 zu § 4 TVG "Tarifkonkurrenz"). Welche Bezeichnungen die Parteien für diese Vereinbarung gewählt haben, ist dabei ebenso unerheblich wie der Umstand, dass neben dem Arbeitgeber und der Gewerkschaft als tariffähige Parteien noch weitere Parteien wie der Betriebsrat, der Konzernbetriebsrat und die G. AG die Vereinbarung mit unterzeichnet haben. Vereinbarungen von Tarifvertragsparteien, die den gesetzlichen Formvorschriften genügen sind auch ohne ausdrückliche Bezeichnung als Tarifvertrag wirksame tarifliche Regelungen (vgl. BAG vom 14.04.2004 - 4 AZR 232/03 = AP Nr. 188 zu § 1 TVG "Auslegung"; BAG vom 17.09.2003 - 4 AZR 540/02 = AP Nr. 9 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Verkehrsgewerbe").

b) Der Standortsicherungsvertrag ging damit seit seinem Inkrafttreten den allgemeinen tariflichen Vorschriften für die Angestellten in der Metallindustrie in Bayern für die Mitarbeiter der GmbH vor. Auch ein verbandsangehöriger Arbeitgeber kann wegen § 2 Abs. 1 TVG Firmentarifverträge für seine Betriebe selbst dann schließen, wenn sie zu Verbandstarifverträgen konkurrieren. Selbst bei verbandswidrigen Verhalten wird ein einem Verbandstarifvertrag entgegenstehender Firmentarifvertrag nicht beeinträchtigt (vgl. BAG vom 17.09.2003 - 4 AZR 540/02 = AP Nr. 26 zu § 4 TVG "Tarifkonkurrenz"). Vielmehr geht ein solcher Firmentarifvertrag einem Verbandstarifvertrag als speziellere Regelung regelmäßig vor (vgl. BAG vom 17.09.2003 - a. a. O.; BAG vom 24.01.2001 - 4 AZR 655/99 = AP Nr. 173 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Metallindustrie") und verdrängt die allgemeinen Regelungen des Verbandstarifvertrages.

c) Dies gilt selbst dann, wenn durch den neuen Tarifvertrag die bisherigen Rechtspositionen der Arbeitnehmer verschlechtert werden. Auch in diesem Fall tritt die neue tarifliche Regelung an die Stelle der bisher für die Arbeitnehmer günstigeren Regelung (vgl. BAG vom 25.06.2003 - 4 AZR 405/02 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG "Beschäftigungssicherung"; BAG vom 06.08.2002 - 1 ABR 49/01 = AP Nr. 27 zu § 99 BetrVG 1972 "Eingruppierung") und kann somit auch bisher vorgesehene Sonderzahlungen an die Arbeitnehmer entfallen lassen (vgl. BAG vom 24.06.2003 - 9 AZR 563/02 = AP Nr. 15 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Gebäudereinigung"). Auch ein Firmentarifvertrag kann bisher allgemein geltende tarifliche Bestimmungen zum Nachteil des Arbeitnehmers verschlechtern (vgl. BAG vom 04.04.2001 - 4 AZR 237/00 = AP Nr. 26 zu § 4 TVG "Tarifkonkurrenz").

3. Aufgrund der Bezugnahme in § 10 b des Anstellungsvertrags des Klägers mit der GmbH erfasste die Regelung des Standortsicherungsvertrags auch das Arbeitsverhältnis des Klägers.

a) Zwar verweist der Kläger zutreffend darauf, dass § 10 b des Anstellungsvertrages nach seinem Wortlaut auf die Tarifverträge für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie Bezug nimmt und daher nahe legt, dass damit die für alle Angestellten in Bayern geltenden Verbandstarifverträge gemeint sind. Bei der nach §§ 157, 133 BGB gebotenen Erforschung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ist aber deren typische Interessenlage zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber will - für den Arbeitnehmer erkennbar - durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel die fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge in Bezug nehmen. Zu diesen gehört insbesondere aber auch ein vom Arbeitgeber abgeschlossener Firmentarifvertrag. Dass es der GmbH gerade auf die Vereinbarung der für den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen ankam, ergibt sich auch aus dem ausdrücklichen - wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssigen - Hinweis auf die Geltung etwaiger Betriebsvereinbarungen (vgl. so: BAG vom 23.03.2005 - 4 AZR 203/04 = AP Nr. 29 zu § 4 TVG "Tarifkonkurrenz"). Auch bei unklarer Verweisung des Arbeitsvertrags wird eine Auslegung regelmäßig ergeben, dass der Tarifvertrag gelten soll, der bei kongruenter Tarifbindung gem. § 4 Abs. 1 TVG anzuwenden wäre (vgl. BAG vom 13.11.2002 - AP Nr. 27 zu § 1 TVG "Bezugnahme auf Tarifvertrag"; LAG Frankfurt NZA 1992, 840).

b) Damit fanden die Bestimmungen des Standortsicherungsvertrags auch auf den Arbeitsvertrag des Klägers Anwendung. Gemäß Ziffer 1) des Standortsicherungsvertrages entstand daher weder ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Urlaubsgeldes noch auf Zahlung eines Teils eines 13. Monatseinkommens. Diese Regelungen sind Bestandteil des Arbeitsverhältnisses des Klägers geworden. Rechtliche Bedenken dagegen bestehen - wie ausgeführt - nicht (vgl. BAG vom 23.03.2005 - 4 AZR 203/04 = AP Nr. 29 zu § 4 TVG "Tarifkonkurrenz"; BAG vom 04.04.2001 - a. a. O.; BAG vom 24.01.2001 - 4 AZR 655/99 = AP Nr. 173 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Metallindustrie").

4. An dem Ausschluss eines Anspruchs auf Urlaubsgeld und eines Teils eines 13. Monatseinkommens hat sich durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte gem. § 613 a Abs. 1 BGB nichts geändert. Vielmehr ist das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf die Beklagte übergegangen. Dass die Beklagte ihrerseits an die Tarifverträge für die Angestellten der Bayerischen Metallindustrie gebunden ist (§§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG) und der Standortsicherungsvertrag für die Beklagte keine Bedeutung hat, führt zu keinem anderen Ergebnis.

a) Dass die Beklagte von der GmbH deren Betriebsteil H. gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB durch Rechtsgeschäft übernommen hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Kläger ist in diesem Betriebsteil beschäftigt, so dass sein Arbeitsverhältnis diesem Betriebsteil zuzuordnen ist und damit auf die Beklagte übergegangen ist (vgl. BAG vom 22.07.2004 - 8 AZR 350/03). Gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB trat daher der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ein. Die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses des Klägers umfassten allerdings durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auch die Regelungen des Standortsicherungsvertrages, so dass sie ebenfalls Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten wurden.

b) Daran ändert nichts, dass die Beklagte ihrerseits tarifgebunden und dem gemäß an alle Vorschriften des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie in Bayern und des Tarifvertrags über die Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens gebunden ist, die durch den Standortsicherungsvertrag gerade geändert werden sollten. Dennoch finden diese tariflichen Vorschriften nach dem Betriebsübergang auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger keine Anwendung. Aus tariflichen Vorschriften kann der Kläger keine Ansprüche herleiten. Denn der Kläger selbst gehört nicht der IG Metall an, so dass es für ihn an einer Tarifgebundenheit gem. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG fehlt. Selbst im Falle eines Betriebsübergangs und bisher kollektiv geltenden Regelungen ergebe sich nichts anderes. Denn auch für die Verdrängung nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter geltender Tarifbedingungen durch einen anderen Tarifvertrag ist die so genannte kongruente Tarifgebundenheit der Parteien des Arbeitsverhältnisses - also auch die des Arbeitnehmers - an den anderen Tarifvertrag Voraussetzung (vgl. BAG vom 11.05.2005 - 4 AZR 315/04 = AP Nr. 30 zu § 4 TVG "Tarifkonkurrenz" = NZA 2005, 1362). Auch ein einzelvertraglicher Anspruch auf Anpassung der bisher geltenden Arbeitsbedingungen an die bei dem neuen Arbeitgeben kollektiv geltenden Bedingungen ergibt sich daraus nicht (vgl. BAG vom 31.08.2005 - 5 AZR 517/04 = AuR 2006, 35).

c) Eine Anwendung der für die Beklagte geltenden tariflichen Bestimmungen ergibt sich auch nicht aus der Bezugnahme in § 10 b des Anstellungsvertrages des Klägers.

aa) Zwar ist auch diese Bezugnahmeklausel Inhalt des auf die Beklagte übergegangenen Arbeitsverhältnisses gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB geworden. Sie erfasst jedoch nicht die tariflichen Regelungen über die Bezahlung eines Urlaubsgeldes sowie eines Teils eines 13. Monatseinkommens. Hinsichtlich des Inhalts einer einzelvertraglichen Bezugnahme besteht weitgehend Gestaltungsfreiheit (vgl. Gaul ZfA 2003, 75; Thüsing/ Lambrich RdA 2002, 193). Die Vereinbarung der Bezugnahme kann daher Tarifverträge vollständig oder auch nur teilweise einbeziehen und bestimmte einzelne Fragen abweichend regeln (vgl. BAG vom 21.02.2001 - 5 AZR 96/99 = EzA Nr. 14 zu § 3 TVG "Bezugnahme auf Tarifvertrag").

bb) Die Inbezugnahme tariflicher Vorschriften in Ziffer 10 b des Anstellungsvertrags des Klägers enthält keine umfassende Verweisung auf alle tariflichen Vorschriften. Vielmehr haben die Arbeitsvertragsparteien durch die Formulierung "alle übrigen Rechte und Pflichten richten sich nach den Tarifverträgen für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie" zum Ausdruck gebracht, das die Verweisung nur gelten soll, soweit sie nicht vertraglich bereits eine gesonderte Regelung vereinbart haben. Die Inbezugnahme soll in diesem Fall nur die Regelungen betreffen, über die die Parteien nicht selbst eine Regelung getroffen haben (vgl. BAG vom 06.12.2001 - 2 AZR 496/00 = AP Nr. 36 zu § 626 BGB "Verdacht strafbarer Handlung" zu B I 2 b der Gründe). Haben die Parteien eine gesonderte eigenständige Regelung getroffen, kommt in diesem Fall einer allgemeinen Verweisung auf den Tarifvertrag keine Bedeutung mehr zu (vgl. BAG vom 26.09.2002 - 6 AZR 434/00 = AP Nr. 10 zu § 10 BBiG).

cc) Davon ist hier auszugehen. Da die Bezugnahme in § 10 b des Anstellungsvertrages die Bestimmungen des Standortsicherungsvertrages erfasste, sind diese Bestandteil der Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der GmbH geworden. Mit diesem Inhalt ist das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen. Auch wenn die Beklagte ihrerseits an die Bestimmungen der Tarifverträge für die Metallindustrie in Bayern gebundne ist und der Anstellungsvertrag des Klägers auf diese verweist, werden diese hinsichtlich des Urlaubsgeldes und eines Teil eines 13. Monatseinkommens durch die Verweisung nicht erfasst. Denn insoweit liegt eine gesonderte vertragliche Vereinbarung vor, die der allgemeinen Verweisung - im Übrigen - im Anstellungsvertrag vorgeht.

III.

Damit steht fest, dass dem Kläger gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf ein tarifliches Urlaubsentgelt noch auf einen Teil eines 13. Monatseinkommens zusteht. Das Urteil des Arbeitsgerichts war daher entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat die Revision für den Kläger wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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