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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: 10 Ta 394/07
Rechtsgebiete: RVG, RVG VV
Vorschriften:
RVG § 33 | |
RVG § 56 | |
RVG VV Nr. 1000 |
2. Beantragt die Partei, die bewilligte Prozesskostenhilfe auf einen später abgeschlossenen Vergleich zu erstrecken, der auch nicht rechtshängige Ansprüche regelt, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt dafür nur eine 1,0-Einigungsgebühr zu.
Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS
In dem Beschwerdeverfahren hat das Landesarbeitsgericht München durch den Vorsitzenden der Kammer 10, Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts Moeller, ohne mündliche Verhandlung am 17.03. 2009
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Passau vom 05.09.2007 (Az.: 1 Ca 1472/06) wird zurückgewiesen.
Gründe:
1. Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat für diesen vor dem Arbeitsgericht Passau am 24.10.2006 eine Kündigungsschutzklage verbunden mit einem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers erhoben, die er später durch Schriftsatz vom 06.03.2007 um einen Auflösungsantrag erweitert hat.
Nachdem dem Kläger bereits für die ursprüngliche Klage Prozesskostenhilfe bewilligt war, heißt es im Protokoll des Arbeitsgerichts Passau vom 11.04.2007 wie folgt:
Der Klägervertreter beantragt, die Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf den Auflösungsantrag gemäß Schriftsatz vom 06.03.2007 sowie auf den nachfolgenden Vergleich.
Der Vorsitzende verkündet folgenden
Beschluss:
1. Die dem Kläger bewilligte Prozesskostenhilfe wird auf den Auflösungsantrag vom 06.03.2007 sowie auf den nachfolgenden Vergleich erstreckt.
2. Gleichzeitig wird ihm auch insoweit Rechtsanwalt St. beigeordnet.
3. Eine Zahlungsbestimmung wird vorerst nicht getroffen.
Daran anschließend haben die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:
1. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist infolge ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung vom 06.10.2006 aus betriebsbedingten Gründen zum 30.11.2006 beendet worden.
2. Die Beklagte verpflichtet sich, den restlichen Urlaub des Klägers abzugelten. Ein etwaiger Anspruchsübergang auf Sozialleistungsträger bleibt unberührt.
3. Die Beklagte zahlt an den Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung im Sinne der §§ 9/10 KSchG i.H.v. € 2.000,00.
4. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollend formuliertes qualifiziertes Arbeitszeugnis sowie eine Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III unter Berücksichtigung dieses Vergleichs.
5. Mit diesem Vergleich sind sämtliche Zahlungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.
6. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Durch Beschluss vom 13.04.2007 hat das Arbeitsgericht den Streitwert für die Zeit bis 06.03.2007 auf € 8.000,00, für die Zeit danach auf € 10.000,00 und für den Vergleich vom 11.04.2007 auf € 11.000,00 festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 26.04.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt € 1.194,76 beantragt.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat am 03.07.2007 dem Antrag i.H.v. € 1.048,39 entsprochen. Die Festsetzung einer 1,5-Einigungsgebühr aus einem Teilbetrag von € 1.000,00 hat er abgelehnt und nur eine 1,0-Einigungsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 11.000,00 festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 11.07.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dagegen Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beschwerde sei zulässig weil es für den Beschwerdewert auf die Differenz zur Regelvergütung ankomme, die weit mehr als € 1.000,00 betrage. Eine 1,5-Einigungsgebühr sei hinsichtlich des mitverglichenen Urlaubsanspruchs anzusetzen, weil eine Ausnahme der Anmerkung VV Nr. 1003 RVG nicht vorliege.
Durch Beschluss vom 05.09.2007 hat der Kammervorsitzende die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückgewiesen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.09.2007 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 24.09.2007 bei dem Arbeitsgericht Passau eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, der der Kammervorsitzende durch Beschluss vom 19.11.2007 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.
1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Passau vom 05.09.2007 ist bereits unzulässig.
a) Gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ist eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Erinnerung gegen eine Vergütungsfestsetzung des beigeordneten Rechtsanwalts unzulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands von € 200,00 nicht überschritten wird. Dies ist hier der Fall. Denn der Streit im Festsetzungsverfahren betrifft einen vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachten Mehrbetrag von € 146,37 wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst erkennt.. Die Beschwerde erreicht daher nicht den Beschwerdewert von € 200,00 und ist daher nicht zulässig (vgl. etwa: LAG Bremen JurBüro 2005, 95; OLG Dresden JurBüro 2004, 593). Eine Zulassung der Beschwerde durch das Arbeitsgericht ist nicht erfolgt, wie sich aus dem Beschluss vom 05.09.2007 sowie dem Vorlagebeschluss vom 19.11.2007 ausdrücklich ergibt.
b) Eine Überschreitung der Beschwerdesumme ergibt sich auch nicht aus den "Hilfsberechnungen" des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Eine Beschwer errechnet sich allein aus der Differenz zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem in der Beschwerdeinstanz begehrten Betrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Dabei kommt es allein auf den Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde an, so dass irgendwelche nachträglichen Änderungen oder späteren Rechtsfolgen unberücksichtigt bleiben (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 67. Aufl. § 567 Rn. 19; Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 567 Rn. 21). Für die Berechnung des Beschwerdewerts kommt es daher auch allein auf den aus der Staatskasse zu zahlenden Betrag und nicht auf eine Wahlanwaltsvergütung an (vgl. Hartmann KostG 39. Aufl. § 56 RVG Rn. 14).
2. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet.
Denn der Urkundsbeamte der Geschäftstelle hat für den Abschluss des Vergleichs zu Recht nur eine 1,0-Einigungsgebühr aus dem Gesamtstreitwert des Vergleichs festgesetzt.
a) Gem. VV Nr. 1000 i.V.m. VV Nr. 1003 RVG beträgt die Einigungsgebühr nach § 13 RVG 1,0, wenn über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Gerichtlich anhängig war zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses zwar nur die Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsanspruch und Auflösungsantrag, weil nur dieser Streitgegenstand bereits bei Gericht eingereicht war (vgl. BAG vom 04.02.2003 - AP Nr. 1 zu § 23 BRAGO). Gem. VV Nr. 1003 Abs. 1 gilt dies aber auch, wenn über den Gegenstand eines Vergleichs ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist.
b) Hat demnach die Partei zur gerichtlichen Durchsetzung ihres Anspruchs auch nur Prozesskostenhilfe beantragt, liegt auch danach eine Anhängigkeit gem. VV Nr. 1003 Abs. 1 RVG vor. Eine 1,5-Einigungsgebühr kommt dann nicht mehr in Betracht (vgl. LAG Hessen NZA-RR 1999, 380; LAG Nürnberg JurBüro 1998, 190; LAG Schleswig-Holstein LAGE § 23 BRAGO Nr. 5; LAG Köln AnwBl. 1995, 290).
c) Dies ist hier der Fall. Dem Kläger war durch Beschluss vom 09.01.2007 zunächst Prozesskostenhilfe für die damals anhängigen Anträge bewilligt worden. Im Termin vom 11.04.2007 ist auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausdrücklich auf den nachfolgenden Vergleich erstreckt worden. Für die Einbeziehung des Urlaubsanspruchs in den Vergleich ist damit eine 1,0-Einigungsgebühr entstanden. Da sich die Prozesskostenhilfe auf die Mitwirkung bei Abschluss dieses Vergleichs bezieht, scheidet eine 1,5-Einigungsgebühr aus (vgl. LAG Hamm NZA-RR 2007,601).
3. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Das Verfahren ist kostenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Ende der Entscheidung
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