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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 26.01.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 284/06
Rechtsgebiete: BayPVG, BetrVG


Vorschriften:

BayPVG Art. 77 Abs. 4
BetrVG § 102
Unwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung wegen fehlerhaften Anhörung des Personalrats.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 284/06

Verkündet am: 26. Januar 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Lindner und Beneke für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9.2.2006, Az.: 35 Ca 19635/04 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung sowie einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der am 00.00.1966 geborene Kläger war gemäß Arbeitsvertrag vom 30.12.1996 (Bl. 5 d.A.) als Verwaltungsangestellter zuletzt in der Funktion eines Leiters des medizinischen Lagers des bis 30.5.2006 vom Freistaat Bayern (bisheriger Beklagter) betriebenen K. G. beschäftigt. Er bezog eine durchschnittliche Monatsvergütung von 2.202,95 € brutto.

Mit Artikel 1 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes über die Universitätsklinika des Freistaates Bayern (Bayerisches Universitätsklinikagesetz - BayUniKlinG) vom 23. Mai 2006 hat der bisherige Beklagte mit Wirkung zum 1. Juni 2006 das K. - nunmehrige Beklagte - als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts des Freistaates Bayern errichtet.

Gemäß Artikel 1 Abs. 2 Satz 1 BayUniKlinG ist die Beklagte in die Rechte und Pflichten des K. G. als Staatsbetrieb eingetreten. Damit sind gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayUniKlinG im Weg der Gesamtrechtsnachfolge die Rechte und Pflichten des Freistaat Bayern und die Zuständigkeiten, die bislang das K. für den Freistaat Bayern wahrgenommen hat, auf das K. übergegangen

Nach Gesprächen des Klägers mit seinen Vorgesetzten am 04.10. und 18.10.2004 über Unstimmigkeiten im Lagerbestand und einem Angebot an den Kläger, sich in die Innenstadt-Dienststelle versetzen zu lassen, wurde der anwaltschaftliche Vertreter des Klägers mit Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 03.11.2004 (Bl. 233 d.A.) dazu angehört, dass der Beklagte den begründeten Verdacht habe, der Kläger habe ihm obliegende Pflichten aus dem Arbeitsvertrag in grober Weise verletzt. Insbesondere wurde dem Kläger vorgehalten, er habe ohne Kennzeichnung in erheblichem Umfang private Ferngespräche geführt, es zugelassen, dass mit Verbrauchsgegenständen des von ihm verwalteten Lagers Missbrauch zu Ungunsten des Arbeitgebers getrieben worden sei und außerdem eine Überstundenabrechnung entgegen den tatsächlich geleisteten Stunden vorgenommen.

Nachdem die anwaltschaftlichen Vertreter des Klägers hierauf mit Schreiben vom 03.11.2004 (Bl. 234/236 d.A.) Stellung nahmen, wurde der beim K. G. gebildete Personalrat mit Schreiben vom 10.11.2004 (Bl. 166/167 d.A.) zu einer "außerordentlichen Kündigung gemäß § 54 BAT zum 19.11.2004, vorsorglich zusätzlich ordentlichen Kündigung gemäß § 53 BAT zum 31.03.2005" angehört. Mit Schreiben vom 15.11.2004 (Bl. 170/172 d.A.) erhob der Personalrat hiergegen Einwendungen.

Mit Schreiben vom 17.11.2004 (Bl. 173/174 d.A.) erklärte der Rechtsvorgänger der Beklagten die außerordentliche Kündigung zum 19.11.2004, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum 31.03.2005.

Am 18.11.2004 wurde das Kündigungsschreiben mit einem Begleitschreiben vom 17.11.2004 (Bl. 174 d.A.) durch eine Angestellte der Personalabteilung an die anwaltlichen Vertreter des Klägers übergeben. Von dort wurde die Annahme des Schreibens mit dem Hinweis einer fehlenden Emfpangsbevollmächtigung zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 22.11.2004 (Bl. 178/179 d.A.), das dem Kläger am 23.11.2004 zuging, erklärte der Rechtsvorgänger der Beklagten eine außerordentliche Kündigung zum 26.11.2004, vorsorglich eine ordentliche Kündigung zum 31.03.2005. Zugleich teilte er mit Schreiben vom 22.11.2004 (Bl. 180 d.A.) u.a. mit:

"Die mit unserem Schreiben vom 19.11.2004 in Abdruck übersandte Kündigung vom 17.11.2004 ist hiermit gegenstandslos."

Ein in der Folge auf Strafanzeige des Rechtsvorgängers der Beklagten eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 8. Dezember 2004 eingegangenen Klage vom 7.12.2004 hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 2.11.2004 nicht aufgelöst worden ist, ferner die Verurteilung des früheren Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers. Zur Begründung hat er vorgetragen, er bestreite, sich vertragswidrig verhalten zu haben. Außerdem sei die Kündigung wegen fehlender Personalratsanhörung rechtsunwirksam.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.11.2004 nicht aufgelöst worden ist.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens gemäß den arbeitsvertraglichen Bedingungen vom 30.12.1996 als Verwaltungsangestellten weiterzubeschäftigen.

Der frühere Beklagte hat beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, der Personalrat sei zu der erklärten Kündigung ordnungsgemäß angehört worden, nachdem es sich bei dem Kündigungsschreiben vom 22.11.2004 lediglich um eine Neuausfertigung des früheren Kündigungsschreibens gehandelt habe.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Endurteil vom 9.2.2006, das dem früheren Beklagten am 16.2.2006 zugestellt wurde, in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die streitgegenständliche Kündigung sei wegen fehlender Personalratsanhörung rechtsunwirksam. Das Bundesarbeitsgericht habe eine erneute Anhörung des Betriebsrats im Falle einer Wiederholungskündigung nur dann für entbehrlich erachtet, wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei und er ausdrücklich und vorbehaltlos der Kündigung zugestimmt habe, wenn außerdem die Kündigung wegen fehlenden Zugangs eine Kündigungsgegner unwirksam gewesen sei und wenn die neue Kündigung in engem zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen und auf denselben Sachverhalt gestützt werde. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es fehle bereits an der vorbehaltlosen und ausdrücklichen Zustimmung des Personalrats zur erst beabsichtigten Kündigung. Der frühere Beklagte habe mit dem Ausspruch der zunächst unter dem 17.11.2004 erklärten außerordentlichen Kündigung sein einseitiges Gestaltungsrecht ausgeübt und die hierauf bezogene Personalratsanhörung "verbraucht". Eine wirksame Beteiligung des Personalrats zur zweiten Kündigung vom 22.11.2004 scheide auch deshalb aus, weil diese Kündigung ausdrücklich zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich dem 26.11.2004 erklärt worden sei, während die Personalratsanhörung sich auf eine Kündigung zum 19.11.2004 bezogen habe.

Gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts wendet sich die Beklagte mit ihrer noch vom früheren Beklagten eingelegten Berufung vom 3. März 2006, die beim Landesarbeitsgericht München am 6. März 2006 eingegangen ist.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, die formale Sicht des Erstgerichts werde der Gesetzeslage nicht gerecht. Im Rahmen der Mitwirkung des Personalrats reiche es aus, dass die Art der Kündigung angegeben werde, der Kündigungszeitpunkt und die Kündigungsgründe. Das Gesetz sehe die Unwirksamkeit der Kündigung nur vor, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden sei. Daraus folge, dass eine teilweise mangelhafte Beteiligung (z. B. Angabe einer dann nicht ein gehaltenen oder geänderten sozialen Auslauffrist) keinesfalls die Wirksamkeit der Beteiligung des Personalrats infrage stellen können.

Die Beklagte beantragt in zweiter Instanz:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9.2.2006, Az.: 35 Ca 19635/04, wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, das Arbeitsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass es an einer Anhörung des Personalrats fehle. Selbst wenn man jedoch mit der Beklagten davon ausgehe, dass nach der Anhörung des Personalrats zur zunächst ausgesprochenen Kündigung vom 17.11.2004 eine erneute Anhörung zu der dann mit Schreiben vom 22. 11. 2004 ausgesprochenen Kündigung nicht erforderlich gewesen sei, sei gleichwohl die Kündigung gemäß Artikel 77 Absatz 4 des bayerischen Personalvertretungsgesetzes rechtsunwirksam, weil die durchgeführte Beteiligung mangelhaft gewesen sei. Das K. habe nämlich den Personalrat im Rahmen des Anhörungsverfahrens in irreführender Art und Weise unterrichtet. Ihm, dem Kläger, sei am 4.10.2004 von Herrn G. und Herrn H. eine Liste ausgehändigt worden mit Materialien, die gelb markiert gewesen seien und die er habe überprüfen sollen. Sowohl dem Gericht, als auch der Staatsanwaltschaft als auch dem Personalrat sei nicht diese Liste, sondern eine vollständige uneingeschränkte Liste übergeben worden. Das Klinikum habe beim Personalrat ein bewusst falsches Bild gezeichnet, indem es auf den Umfang der Entnahme von Waren und Gegenständen hinweise und dabei eine Liste vorlege, bei der es sich um die normalen Bestellungen des medizinischen Lagers handele. Das Klinikum habe suggeriert, dass es sich bei diesen Bestellungen vollständig um rechtswidrige Entnahmen handele. Es habe unerwähnt gelassen, dass bei der Überprüfung am 7.10.2004 festgestellt worden sei, dass von den tatsächlich beanstandeten Artikeln bis auf geringe Verbräuche alle Artikel vorhanden gewesen seien, was sich aus den handschriftlichen Anmerkungen aus der Originalliste ergebe, die jedoch nicht vorgelegt worden sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 301 ff; 322 ff.) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b u. c ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO). Die vom Kläger, dem bisherigen Beklagten sowie der nunmehrigen Beklagten gebilligte Übernahme des Prozesses durch die Rechtsnachfolgerin des bisherigen beklagten Freistaat Bayern ist zulässig und führt zu einem Parteiwechsel auf Beklagtenseite.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht München hat zutreffend der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

I. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständliche Kündigung - wie vom Arbeitsgericht angenommen - wegen fehlender Anhörung des Personalrats rechtsunwirksam ist.

Aus Sicht der Berufungskammer war die Anhörung in einer Weise mangelhaft, dass bereits dies zur Unwirksamkeit der Kündigung geführt hat.

Gemäß Artikel 77 Absatz 4 BayPersVG ist eine Kündigung unwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Fall der "Nichtbeteiligung" auch dann vor, wenn - was das Gericht für den vorliegenden Fall bejaht - die Anhörung des Personalrats nicht ordnungsgemäß war.

1. Gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BayPersVG ist der Personalrat vor einer Kündigung zu hören. Nach § 69 Abs. 2 Satz 2 BayPersVG sind hierbei die Gründe, auf die sich die beabsichtigte Kündigung stützen soll, vollständig anzugeben. Gemäß Art. 77 BayPVG wirkt der Personalrat bei der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber mit und kann Einwendungen erheben. Nach Art. 77 Abs. 4 ist eine Kündigung unwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist. Die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats ist nach dieser landesgesetzlichen Vorschrift Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung.

2. Vorliegend ist der Personalrat über die Kündigungsgründe mit Schreiben vom 10. November 2004 unterrichtet worden. Nach einhelliger Auffassung ist der Personalrat allerdings umfassend zu informieren. Der Dienststellenleiter hat dem Personalrat die Person des Arbeitnehmers, die Art der Kündigung, den Kündigungstermin sowie die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitzuteilen (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPersVG, Stand Febr. 2005, Rz. 57). Für den Umfang der Unterrichtungspflicht gelten hierbei die Grundsätze, die die Rechtsprechung im Rahmen von § 102 BetrVG entwickelt hat.

a) Dabei gilt, dass eine Kündigung nach § 102 Abs. 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat zuvor überhaupt beteiligt zu haben, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Dabei handelt es sich um eine analoge Anwendung des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG , der nach seinem Wortlaut die Sanktion der Unwirksamkeit der Kündigung nur ausspricht, falls überhaupt keine Anhörung des Betriebsrats erfolgt. Diese erst durch das Betriebsverfassungsgesetz 1972 eingeführte Rechtsfolge soll nach Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens auch für den Fall "nicht ordnungsgemäßer" Anhörung gelten (vgl. BAG, Urt. vom 22.09.1994, Az.:2 AZR 31/94, NZA 1995, 363).

b) Aus diesem Sinn und Zweck der Anhörung folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, dass er dem Betriebsrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts gibt. Diese Kennzeichnung des Sachverhalts muss einerseits so genau und umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber genügt daher der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt oder lediglich ein Werturteil abgibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen.

c) Da die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG aber nicht darauf abzielt, die Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung zu überprüfen, sondern sich darauf beschränkt, im Vorfeld der Kündigung auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen, sind an die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Anhörungsschreiben nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess. Das Bundesarbeitsgericht leitet aus § 102 BetrVG den Grundsatz der so genannten "subjektiven Determinierung" ab, demzufolge der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber ihm die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG a.a.O. m.w.N.).

d) Um keine Frage der subjektiven Determinierung handelt es sich, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat den Sachverhalt bewusst irreführend schildert, damit sich die Kündigungsgründe als möglichst überzeugend darstellen.

aa) Nach Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens ist eine bewusst und gewollt unrichtige oder unvollständige Mitteilung der für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers maßgebenden Kündigungsgründe wie eine Nichtinformation des Betriebsrats zu behandeln. Sie kann nicht nur in der Aufbereitung der mitgeteilten Tatsachen, sondern auch in der Weglassung gegen die Kündigung sprechender, den Arbeitnehmer entlastender Informationen bestehen und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung entsprechend § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG , wenn die bewusst irreführend dargestellten bzw. weggelassenen Tatsachen nicht nur eine unzutreffende Ergänzung oder Konkretisierung des mitgeteilten Sachverhalts bewirken. Der Arbeitgeber verletzt durch eine derartige Darstellung nicht nur die im Anhörungsverfahren geltende Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit nach §§ 2 Abs. 1 , 74 BetrVG - im Bereich des Personalvertretungsrechts: Art. 2 Abs. 1 BayPersVG -, sondern er setzt den Betriebsrat auch außerstande, sich ein zutreffendes Bild von den Gründen für die Kündigung zu machen. Das gilt insbesondere auch auf Grund der Besonderheiten einer Verdachtskündigung. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat auch die den Arbeitnehmer entlastenden Tatsachen der Anhörung mitteilen, insbesondere soweit sie Gegenstand einer Stellungnahme des Arbeitnehmers zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen sind. Eine Darstellung, durch die der Arbeitgeber einseitig die Verdachtsmomente darstellt und ihm bekannte entlastende Tatsachen unterdrückt, vereitelt eine sachgemäße Beurteilung seitens des Betriebsrats. Die Anhörung wäre nicht ordnungsgemäß, sie stünde einer Nichtanhörung gleich.

bb) Die Betriebsratsanhörung ist danach jedenfalls dann fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber den Sachverhalt bewusst irreführend und unvollständig mitgeteilt hat. Dabei trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die nicht bewusste Irreführung, wenn die objektiven Daten mit der Information des Betriebsrats nicht übereinstimmen. Bestreitet der Arbeitnehmer die "ordnungsgemäße" Betriebsratsanhörung, ist es Sache des Arbeitgebers, deren Richtigkeit und Vollständigkeit darzulegen. Ergeben sich entweder bereits Unterschiede zwischen der objektiven Informationslage und der Information an den Betriebsrat oder bestreitet der Arbeitnehmer die Richtigkeit der Informationen an den Betriebsrat, ist es schon aus Gründen der Sachnähe Aufgabe des Arbeitgebers, darzulegen und notfalls zu beweisen, dass er den Betriebsrat nicht bewusst in die Irre geführt hat (BAG a.a.O.).

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass das K. den Personalrat bewusst irreführend bzw. unvollständig informiert hat, wenn es - wie der Kläger erstinstanzlich und zweitinstanzlich unwidersprochen vorgetragen hat - im Anhörungsschreiben lediglich auf den "Umfang der Entnahme von Waren und Gegenständen" hingewiesen und hierbei eine Liste vorgelegt hat, bei der es sich um die Bestellungen des medizinischen Lagers handelte. Das K. hat damit den Eindruck erweckt, dass es sich bei diesen Bestellungen mehr oder weniger vollständig um rechtswidrige Entnahmen gehandelt habe und hat verschwiegen, dass dem Kläger im Vorfeld der Kündigung am 4. Oktober 2004 eben diese Liste mit Materialien ausgehändigt worden war, auf der diejenigen Materialien gelb markiert waren, die vom Kläger überprüft werden sollten. Bei den gelb markierten - vom K. offenbar als unklar angesehenen - Positionen handelt es sich um 18 Positionen von insgesamt 50 Positionen der als Blatt 52 bei der Akte befindlichen vom früheren Beklagten übergebenen Aufstellung. Das Klinikum hat es auch unterlassen, den Personalrat darüber zu informieren, welches Ergebnis die Untersuchung der Bestände in Zusammenarbeit mit dem Kläger ergeben hat. Der Beklagte ist den Einlassungen des Klägers bezüglich der Fehlerhaftigkeit der Beteiligung des Personalrats weder in erster noch in zweiter Instanz substantiiert entgegengetreten (§ 138 Abs. 2 u. 3 ZPO).

Es handelte sich bei dem Vorwurf der rechtswidrigen Entnahme auch nicht um einen nebensächlichen beiläufig erwähnten Aspekt der Kündigungbegründung, sondern um eine Behauptung, die für die Einschätzung des Kündigungssachverhalts von tragender Bedeutung ist.

II. Bezüglich des Weiterbeschäftigungsantrags schließt sich das Berufungsgericht dem erstinstanzlichen Urteil im Ergebnis und in der Begründung an und nimmt hierauf Bezug.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV. Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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