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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 04.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 48/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 613 a
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer noch längere Zeit nach einem vollzogenen Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses kann, wenn die Information nach § 613 a Abs.5 BGB unzureichend war. Hierzu vorgreiflich war zu prüfen, ob die vom Betriebsveräußerer den Mitarbeitern im konkreten Fall erteilte Information den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entsprochen hat. Dies wurde verneint.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 48/08

Verkündet am: 4. Juni 2008

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Butzenberger und Schönfelder für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 11. Januar 2008 - 3 Ca 1705/07 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu 75 % und die Klägerin zu 25 % zu tragen.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten - soweit Gegenstand dieses Berufungsverfahrens - über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses sowie einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin war seit 01.01.1998 bei der Beklagten als Product Marketing Managerin im Geschäftsbereich C. ... (...) beschäftigt. Ihr monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt € 0.000,00. Arbeitsort war der Betrieb M., ... .

Wegen längerfristig defizitären Verlaufs ihrer Mobilfunksparte entschloss sich die Beklagte im Jahre 2005, die Sparte "C. (...)" zu veräußern. Die Veräußerung erfolgte in einem so genannten "carve-out"-Vertrag. Hierbei handelt es sich um einen Rahmenvertrag zwischen der S. AG und der B. ..., T., der sodann in zusätzlichen Einzelverträgen mit teilweise unterschiedlichen Vertragsparteien aus der jeweiligen KonzernGruppe umgesetzt wurde. Im carve-out-Vertrag war vorgesehen, dass sämtliche von S. gehaltenen, zu veräußernden Schutzrechte, Patente und Marken von der B. ... erworben und auf diese übergeleitet werden sollten. In Einzelverträgen wurden die zum Übertragungsstichtag vorhandenen und der Mobiltelefonsparte des S.-Konzerns zuzuordnenden Vermögensgegenstände veräußert. In diesem Zusammenhang hat die S. AG die in Deutschland belegenen Vermögensgegenstände in Erfüllung des Rahmenvertrags an die von der B. ..., T., benannte Fa. B. ... GmbH & Co OHG als Käuferpartei veräußert. Zusätzlich wurden von den B.-Konzerngesellschaften, insbesondere von der B. ... GmbH & Co OHG auch diverse Verbindlichkeiten wie beispielsweise Pensionszusagen, Gewährleistungs- und Herstellerverpflichtungen übernommen. Als Ausgleich hierfür hat die Beklagte teilweise Geldzahlungen vereinbart, die vertragsgemäß der B. ... zustehen sollten.

Die B. ... GmbH & Co OHG (im folgenden: B. ...) ist eine offene Handelsgesellschaft mit Sitz in M., ..., deren Gegenstand in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Mobiltelefonen besteht. Die Gründung erfolgte mit privatschriftlichem Gesellschaftsvertrag vom 12. September 2005, erste Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 16. September 2005. Persönlich haftende Gesellschafter sind die B. ... Management GmbH sowie die B. ...W. GmbH, jeweils mit Sitz in M., ... , mit einem Stammkapital von jeweils 25.000,00 €. Die Obergesellschaft der B.-Gruppe ist die B. ..., T.. Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin der B. ... H. B.V. mit Sitz in den N., welche wiederum die jeweils alleinige Gesellschafterin der beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. ... GmbH & Co OHG ist.

Bereits mit Schreiben vom 29. August 2005 hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass der Geschäftsbereich C. ... zum 01.10.2005 auf die B. ... GmbH & Co OHG (im Folgenden B. ...) übergehe. Das Schreiben lautet:

"Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte Frau B.,

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes C. (...) zum 01.10.2005 in die B. ... GmbH & Co OHG (im Folgenden: B. ...) übertragen.

B. ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B. ... in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit S. kann B. seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. S. bietet B. eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von S.. Daneben bekommt B. einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von S.. Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B. .... Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB B. ... ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten ihres Arbeitsverhältnisses mit der S. AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit B. ... fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung).

Ebenso gelten die jeweiligen Tarifverträge (einschließlich des Ergänzungstarifvertrags B. gem. § 613a BGB weiter.

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Einkommens bleibt ebenso wie eine bestehende freiwillige, widerrufliche Sonderzulage anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der S. AG vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

B. ... haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die S. AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 01.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsüberganges ist gesetzlich gemäß § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 01.10.2005 durch ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U., B. und M./ ... gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.01.2006. Für den Standort K. wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist. Dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf B. ... können sie nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht auf B. ... übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der S. AG, da die C. ...-Aktivitäten vollständig auf B. ... übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der S. AG entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann. Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an Herrn B., C. ... oder an Herrn Dr. E., ... zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung. Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei B. ... weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg. Mit freundlichen Grüßen

S. Aktiengesellschaft

Gez. G. gez. M.

Anlage

Überleitungsvereinbarung Tarifkreis"

Ab 01.10.2005 hat die Klägerin ihre Arbeitsleistung für die B. ... erbracht. Am 28. September 2006 hat die B. ... GmbH & Co OHG Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt. Das Amtsgericht München hat unter dem Aktenzeichen 1503 IN 3270/06 mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. P. bestellt. Ebenfalls am 1.1.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. ... eröffnet.

Die Klägerin hat unter dem Datum 08.08.2006 einen Aufhebungsvertrag mit B. mit Wirkung zum 30.11.2006 geschlossen, wobei als Abfindung der Betrag von € 00.000,00 brutto vereinbart wurde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K9, Bl. 50 f. d. A. verwiesen.

Am 27.10.2006 hat die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die B. ... schriftlich widersprochen (Anlage K5, Bl. 37 ff. d. A.).

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 5.2.2007 eingegangenen Klage vom 1.2.2007 hat die Klägerin - soweit Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens - die gerichtliche Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten nicht zum 1. Oktober 2005 auf die B. ... übergegangen ist, ferner hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Beschäftigung der Klägerin als Product Marketing Manager begehrt.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Widerspruch vom 27.10.2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB auf die B. ... verhindert. Zwar sei der Widerspruch nicht innerhalb von einem Monat nach Unterrichtung über den Betriebsübergang ausgesprochen worden, jedoch sei die Frist des § 613a Abs. 6 BGB nicht angelaufen, da die Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere habe die Beklagte nicht ausreichend über die prekäre Situation des Bereichs C. ... unterrichtet. Es habe eine Verpflichtung zum Hinweis bestanden auf die damaligen hohen Verluste, auf einen Restrukturierungsaufwand von ca. 4 Milliarden Euro, auf die nicht ausreichende Leistungsfähigkeit der Konzernmutter, auf die Tatsache, dass Vermögenswerte wie Patente auf die Konzernmutter übertragen worden seien, auf die Überweisung der Rückstellungen von Pensionslasten an die t. Konzernmutter sowie auf den personenidentischen Übergang der zweiten und dritten Führungsebene. Weiterhin sei die Rechtsperson, auf die das Arbeitsverhältnis habe übergehen sollen, nicht hinreichend bezeichnet worden. So sei eine ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt worden, sondern lediglich eine Stelle zur Abgabe eines möglichen Widerspruchs.

Außerdem sei in dem Überleitungsschreiben zwar mitgeteilt worden, dass der Betriebsübergang im Wege eines Kaufvertrages stattfinde. Die Informationsverpflichtung gehe jedoch über die Angabe des Vertragstypus hinaus. Auch sei die Weitergeltung etwaiger Tarifverträge nicht hinreichend konkretisiert worden. Zudem habe die Beklagte nicht mitgeteilt, dass der Verkauf durch einen negativen Kaufpreis gekennzeichnet sei. In diesem Zusammenhang habe sie auch mitteilen müssen, wer diesen negativen Kaufpreis erhalten habe, die Konzernmutter in T. der B. ... als Startkapital.

Die Beklagte hat in erster Instanz - soweit Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klagepartei mit der S. AG aufgrund Widerspruchs vom 27. Oktober 2006 nicht zum 01. Oktober 2005 auf die B. ... GmbH & Co. OHG übergegangen ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei als Product Marketing Managerin tatsächlich zu beschäftigen.

Die Beklagte hat in erster Instanz erwidert, der Widerspruch der Klägerin sei ein kollektiver Massenwiderspruch, der unzulässig sei, weil er nicht zur Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte eingesetzt wurde. Neben der Klägerin hätte ca. die Hälfte der rd. 3.300 Mitarbeiter Widersprüche mit weitestgehend gleichlautenden Schreiben abgegeben. Diese Schreiben seien einem von der IG-Metall erstellten Muster nachgebildet. Ein Großteil des Widerspruchsschreibens sei gebündelt übergeben worden. Die IG-Metall habe dazu aufgerufen, solche Widersprüche auszusprechen und habe dabei versucht, auf die Beklagte Druck auszuüben, um den Geschäftsbereich insgesamt zurückzunehmen.

Unabhängig davon sei das Widerspruchsrecht der Klägerin gemäß § 242 BGB verwirkt. Das für eine Verwirkung notwendige Zeitmoment sei erfüllt, weil die Klägerin erst 13 Monate nach Zugang des Unterrichtungsschreibens dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen habe. Das Umstandsmoment sei erfüllt, weil die Klägerin ihre Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr für die Beklagte erbracht habe und zusätzlich durch ihre Tätigkeit für B. ... zum Ausdruck gebracht habe, dass sie B. ... als ihren Arbeitgeber akzeptiert habe. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Klägerin im März 2006 eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von € 5.000 erhalten habe und dass ihr Monatseinkommen erhöht worden sei. Zudem habe die Klägerin einen Aufhebungsvertrag mit B. geschlossen. In analoger Anwendung des § 144 BGB habe die Klägerin damit wirksam auf ihr Widerspruchsrecht verzichtet, weil sie B. als Vertragspartner akzeptiert habe. Jedenfalls verhalte sich die Klägerin widersprüchlich und damit treuwidrig, wenn sie zunächst einen Aufhebungsvertrag schließe, der die Arbeitgeberstellung von B. voraussetze, und später die Beklagte als Arbeitgeberin in Anspruch nehme.

Zudem sei der Widerspruch der Klägerin gemäß § 613a Abs. 6 BGB verfristet, da die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2005 ordnungsgemäß unterrichtet habe. Es seien alle vom Gesetzgeber und dem Bundesarbeitsgericht erstellten Voraussetzungen hinsichtlich des Zeitpunkts und Gegenstandes des Übergangs, des Grundes für den Übergang sowie der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen erfüllt. Der Klägerin sei mitgeteilt worden, dass "die Aktivitäten des Geschäftsgebiets C. ... zum 01.10.2005" auf B. ... übertragen würden. Damit seien Zeitpunkt und Gegenstand des Übergangs genannt. Als Grund für den Übergang sei angegeben worden, dass das Geschäftsgebiet "aufgrund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B. ..." übertragen werde. Damit sei der Rechtsgrund ausreichend bezeichnet worden. Über die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen sei ausreichend informiert worden. Die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang seien schlagwortartig mitgeteilt worden, indem darauf hingewiesen worden sei, dass der Geschäftsbereich C. ...vollständig auf die B. ... übertragen werde. Dadurch sei mitgeteilt worden, dass bei der Beklagten in dem Gebiet C. ... keine Arbeitsplätze mehr vorhanden seien. Die den Betriebsübergang veranlassenden wirtschaftlichen Gründe müsse der Betriebsveräußerer den Arbeitnehmern nicht mitteilen. Auch bestünde keine Informationspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der B. ....

Die Beklagte hat weiter vorgetragen, der Klägerin sei die Identität des Betriebserwerbers ausreichend mitgeteilt worden.

Im Übrigen habe die Klägerin auch ihr Klagerecht verwirkt, da sie die Klage erst drei Monate nach dem Widerspruch und 16 Monate nach dem Betriebsübergang erhoben habe, obwohl sie in ihrem Widerspruchsschreiben einen enormen Zeitdruck erzeugt habe, indem sie die Beklagte aufgefordert habe, ihr binnen 14 Tagen einen vergleichbaren und zumutbaren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Den Weiterbeschäftigungsantrag hält die Beklagte mangels Bestimmtheit für unzulässig.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Teilurteil vom 11. Januar 2008, das der Beklagten am 16.1.2008 und der Klägerin am 17.1.2008 zugestellt worden ist, bezüglich des Feststellungsantrags stattgegeben und die Klage bezüglich des Weiterbeschäftigungsantrags abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, das Klagerecht sei bezüglich des Feststellungsantrags nicht verwirkt. Zwar habe die Klägerin nach Kenntnis der Insolvenz von B. ... sowie Einlegung des Widerspruchs über 4 Monate abgewartet, bis sie Klage eingereicht habe. Zudem habe sie die Beklagte unter Setzung einer 14-tägigen Frist zur Weiterbeschäftigung aufgefordert. Dies allein reiche für die Annahme des Umstandsmoments jedoch nicht aus. Der bloße Zeitablauf von vier Monaten habe keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten schaffen können. Auch die Setzung einer 14-tägigen Frist beinhalte keine Aussage darüber, dass der die Frist Setzende nach Fristablauf ohne längeres Zuwarten Klage einreichen werde. Um ein derartiges Vertrauen zu begründen, habe es weiterer Umstände bedurft. Solche zusätzlichen vertrauensbegründenden Tatsachen habe die Beklagte aber nicht vorgetragen.

Der Widerspruch der Klägerin vom 29.09.2006 sei auch kein kollektiver Massenwiderspruch, der gemäß § 242 BGB unzulässig sei.

In der Sache sei das Widerspruchsrecht der Klägerin vom 29.09.2006, auf dessen Basis die beantragte Feststellung begehrt werde, auch nicht verwirkt, obwohl die Klägerin erst 13 Monate nach ihrer Kenntnis von dem Betriebsübergang und 12 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang diesem widersprochen habe. Dabei könne dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt sei, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehle. Die Klägerin habe mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der B. ... ab dem 01.10.2005 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten.

Die bloße Weiterarbeit sei jedoch nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen. Ein Arbeitnehmer, der eine Sonderzahlung sowie eine Gehaltserhöhung akzeptiere - wie das hier geschehen sei -, bringe dadurch nicht in gesteigertem Maße zum Ausdruck, dass er auf sein Widerspruchsrecht im Hinblick auf einen Betriebsübergang verzichten wolle.

Der Wirksamkeit des Widerspruchs der Klägerin stehe auch nicht entgegen, dass sie am 08.08.2006 mit B. ... einen Aufhebungsvertrag geschlossen habe. Hierin könne nämlich keine konkludente Bestätigung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses analog § 144 BGB gesehen werden.

Es bestünden bereits Bedenken, ob bei konkludentem Handeln die analoge Anwendung des § 144 BGB auf den Widerspruch bei Betriebsübergang möglich sei. Hiergegen spreche, dass für den Verzicht auf das Widerspruchsrecht entsprechend der Schriftform des § 613 a Abs. 6 S. 2 BGB in der Literatur ebenfalls die Schriftform gefordert werde. Darüber hinaus erfordere die Abgabe einer Willenserklärung durch konkludentes Verhalten ein Handeln, das, zumindest mittelbar, einen Schluss auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zulasse. Dies habe das LAG Düsseldorf bei dem oben zitierten Fall darin gesehen, dass der Arbeitnehmer in dem dort entschiedenen Fall gegenüber dem Veräußerer eine Entscheidung über die Ausübung seines Widerspruchsrechts nach Ablauf der Monatsfrist angekündigt hatte und sodann einen dreiseitigen Vertrag mit Erwerber und Beschäftigungsgesellschaft abgeschlossen habe. In einer Parallelentscheidung vom 04.04.2007, 7 (11) Sa 783/06, bei der der Arbeitnehmer nach Kündigung durch den Erwerber im Kündigungsschutzverfahren vor Beantragung des Insolvenzverfahrens einen Beendigungsvergleich geschlossen und sodann nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seinen Widerspruch erklärt habe, habe das LAG Düsseldorf eine konkludente Verzichtserklärung in analoger Anwendung des § 144 BGB verneint.

Im vorliegenden Fall habe die Beklagte hinsichtlich des Abschlusses des Aufhebungsvertrages durch die Klägerin am 08.08.2006 keine Umstände dargelegt, aus denen auf ein konkludentes Handeln geschlossen werden könne. Auf die von der Beklagten im Kammertermin behauptete Kenntnis vom Vertragsabschluss, welche die Klägerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten habe, komme es für die Beantwortung der Frage, ob konkludentes Handeln vorliege, im Übrigen nicht an. Es könne daher dahin gestellt bleiben, ob eine analoge Anwendung von § 144 BGB möglich ist.

Der Widerspruch des Klägers sei auch fristgemäß erfolgt, da die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 29.08.2005 nicht ordnungsgemäß unterrichtet und die einmonatige Widerspruchsfrist damit nicht in Gang gesetzt habe. Der - erforderliche - eindeutige Hinweis auf Firmensitz und Anschrift sei nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehe auch keine Veranlassung, eine Vorlage an den europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EG herbeizuführen.

Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, die Beklagte habe auch den gemäß § 613 a Abs. 5 Ziffer 2 BGB zu nennenden Grund für den Übergang nicht korrekt bezeichnet. Der tatsächliche Vorgang bei der Veräußerung des Geschäftsbereichs C. ... durch die Beklagte entspreche nicht den Vorstellungen, die der normale Arbeitnehmer mit dem im Informationsschreiben verwendeten Begriff eines Kaufvertrags verbinde. Da das Informationsschreiben vom 29.08.2005 nicht den Erfordernissen des § 613 a Abs. 5 BGB entspreche, sei die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Lauf gesetzt worden.

Zur Begründung der Abweisung des Weiterbeschäftigungsantrags hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits. Insbesondere ergebe sich ein solcher nicht aus dem so genannten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Zwar habe der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner grundlegenden Entscheidung vom 27.02.1985 (BAG GS 1/84) anerkannt, dass ein gekündigter Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder den Zugang der fristlosen Kündigung hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses habe, wenn die Kündigung unwirksam sei und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegen stünden. Dabei sei das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung davon ausgegangen, dass üblicherweise die Interessen des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung überwiegen würden, sobald eine erstinstanzliche Entscheidung zugunsten des Arbeitnehmers vorliege.

Im streitgegenständlichen Verfahren sei jedoch zu beachten, dass in den Fällen einer Kündigung oder auch einer Befristung der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers entweder unstreitig beim Arbeitgeber noch vorhanden sei (verhaltensbedingte Kündigung, personenbedingte Kündigung) oder das Vorhandensein des Arbeitsplatzes zumindest streitig sei (betriebsbedingte Kündigung). Im hier zu entscheidenden Fall sei jedoch unstreitig, dass der alte Arbeitsplatz der Klägerin bei der Beklagten nicht mehr vorhanden ist. Der gesamte Geschäftsbereich C. ... sei auf die B. ... übertragen. Die Beklagte habe somit objektiv keine Möglichkeit mehr, die Klägerin auf ihrem alten Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Eine Weiterbeschäftigung setze immer voraus, dass der Klägerin ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werde, was naturgemäß mit erheblichem Organisationsaufwand verbunden sei. In einem solchen Fall überwiege das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung der Klägerin bis zur abschließenden rechtskräftigen Klärung der Frage, ob noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe oder nicht, das Interesse des Klägers an einer tatsächlichen Weiterbeschäftigung.

Gegen die teilweise Stattgabe der Klage wendet sich die Beklagte mit ihrer am 17. 1.2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom 16.1.2008.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei verwirkt gewesen. Die Beklagte habe sowohl in Anbetracht der Sonderzahlung im März 2006 sowie der Gehaltserhöhung mit Wirkung vom 1. Mai 2006 wie auch in Anbetracht der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses am 8. August 2006 darauf vertrauen dürfen, die Klägerin werde dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht mehr widersprechen. Der Beklagten seien diese Vertragsänderungen im Zeitpunkt ihrer Umsetzung bekannt geworden, weil sie auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags die Personalakten für die B. ... geführt habe.

Die Beklagte habe sich aufgrund der Untätigkeit der Klägerin darauf eingerichtet und darauf einrichten dürfen, dass diese ihr Recht in Zukunft nicht mehr geltend machen werde. Durch die Erklärung des Widerspruchs verhalte sich die Klägerin widersprüchlich: Die Klägerin habe durch die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses deutlich zu erkennen gegeben, das sie die Betriebsübernehmerin für die Zeit nach dem Betriebsübergang als Arbeitgeberin akzeptiere. Gleichzeitig habe sie durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages zum Ausdruck gebracht, dass sie sich endgültig aus den Rechtsbeziehungen habe lösen wollen. Das Arbeitsgericht habe zudem verkannt, dass die Klägerin mit Abschluss des Aufhebungsvertrages wirksam auf das Widerspruchsrecht des § 613 a BGB verzichtet habe (analog § 144 BGB). Die Bezugnahme des Arbeitsgerichts auf die Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 4. April 2007 gehe fehl. Das LAG Düsseldorf habe dort in Anlehnung an § 144 BGB für einen wirksamen Verzicht vorausgesetzt, dass der Arbeitnehmer Kenntnis von dem Widerspruchsrecht gehabt habe oder jedenfalls keine Kenntnis gehabt haben könne.

Die Beklagte trägt weiter vor, die Information der Mitarbeiter sei auch ordnungsgemäß gewesen, mit der Folge, dass die Widerspruchsfrist entgegen der Behauptung der Klägerin nicht gehemmt gewesen sei. Das Informationsschreiben vom 29.8.2005 entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Es habe insbesondere auch keine Verpflichtung bestanden, den Kläger über die Adresse des Betriebserwerbers zu informieren. Bei der Firma B. ... handele sich um einen inländischen Erwerber, für den nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das zusätzliche Erfordernis der Angabe der Adresse nicht aufgestellt worden sei. Für die Arbeitnehmer sei im Übrigen ausreichend erkennbar gewesen, dass die im Informationsschreiben angegebene Adresse die Adresse der Betriebserwerberin gewesen sei. Wenn die Rechtsprechung hohe Anforderungen an den Inhalt der Informationsschreiben stelle, so müsse man umgekehrt auch Anforderungen an das sorgfältige Lesen dieser Informationsschreiben durch die Mitarbeiter stellen.

Außerdem verbiete der Grundsatz des Vertrauensschutzes, das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neu aufgestellte Erfordernis der Information über die Adresse rückwirkend anzuwenden. Es handele sich um einen neuen Grundsatz und damit um eine Rechtsprechungsänderung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht bei der Interpretation des Informationsschreibens davon ausgegangen, es seien die Vorstellungen zugrunde zu legen, die der normale Arbeitnehmer mit der Begriff Kaufvertrag verbinde. Weder der Wortlaut des § 613 a Absatz 5 BGB noch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlangten eine Erläuterung der Ausgestaltung des Rechtsgeschäfts oder eine Erklärung dessen, was sich hinter den Begriffen Kaufvertrag, Pachtvertrag und so weiter verberge. Die Annahme des Arbeitsgerichts, das dem Betriebsübergang zu Grunde liegende Rechtsgeschäft verliere durch die Vereinbarung eines so genannten negativen Kaufpreises seine Natur als Kaufvertrag, sei unzutreffend. Die Beklagte habe auch die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt, die sich im Fall eines Widerspruchs auf seinen Arbeitsplatz auswirken könnten.

Der Übergang des Arbeitsverhältnisses sei aufgrund eines Kaufvertrages zwischen der Beklagten und B. ... erfolgt und hierüber habe die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2005 zutreffend informiert. Zu den von der Klägerin behaupteten Anforderungen an die Information sei zu bemerken, dass es für den Arbeitnehmer in der Regel unmöglich sei, eine Information über den Kaufpreis richtig zu bewerten und daraus Rückschlüsse für die Frage der Ausübung des Widerspruchsrechts ziehen. Selbst für eine Person mit wirtschaftlichem Sachverstand sei dies nur unter Kenntnisnahme des kompletten Vertragsinhalts und aller ausgetauschten Leistungen möglich.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes München, Az.: 3 Ca 1705/07, vom 11. Januar 2008 wird, soweit der Klage stattgegeben worden ist, abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Hilfsweise regt die Beklagte an, dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

a. Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?

b. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 8 RL 2001/23/EB dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, rückwirkend zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind und die sich auch nicht durch Auslegung dieser Normen gewinnen lassen?

c. Falls auch Frage 2 mit Nein beantwortet wird:

Ist eine Auslegung des § 613a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?

d. Ist Art. 3 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?

e. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, der Vortrag der Beklagten zum Umstandsmoment kranke daran, dass eine Erklärung oder eine Handlung gegenüber der Beklagten nicht erfolgt sei. Ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht könne im Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht gesehen werden, weil der Arbeitnehmer nur auf das verzichten könne, was er kenne. Kenne er sein Widerspruchsrecht nicht, könne er hierauf nicht konkludent verzichten.

Weiterhin trägt sie vor, das Bundesarbeitsgericht habe das Erfordernis der Bezeichnung der Identität des Erwerbers nicht auf ausländische Unternehmen beschränkt, sondern nur festgestellt, dass bei diesen das Erfordernis eine gesteigerte Bedeutung für die betroffenen Arbeitnehmer habe. Letztlich werde aufgrund des Informationsschreibens nicht klar, wer Erwerber sei. Die Beklagte sei der Auffassung, der Sitz der Beklagten und deren Anschrift seien im Informationsschreiben hinreichend deutlich angegeben, zumindest seien sie bestimmbar. Auf eine Bestimmbarkeit komme es allerdings nicht an. Wenn ein Informationsschreiben auslegungsfähig sei, dann fehle es ihm an der notwendigen Klarheit. Richtig sei, dass eine Adresse angegeben ist. Diese Adresse sei jedoch ausdrücklich als Abgabestelle für Widersprüche bezeichnet und lasse keinen zwingenden Rückschluss auf den Sitz der Beklagten zu.

Mit ihrer am 23. Januar 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag wendet sich die Klägerin gegen das Teilurteil vom 11.1.2008, soweit es den auf tatsächliche Beschäftigung gerichteten Klageantrag der Klägerin abgewiesen hat.

Zur Begründung führt sie aus, das Arbeitsgericht verwechsele den Beschäftigungsanspruch mit dem Anspruch auf einen konkreten Arbeitsplatz. Die Beschäftigungspflicht bestehe nicht auf dem alten Arbeitsplatz, weil sie dem arbeitsvertraglichen Versetzungsvorbehalt unterliege. Das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Gründe, die die Beschäftigung der Klägerin auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz unmöglich machten, von der Beklagten selbst geschaffen seien. Das Arbeitsgericht nehme zu Unrecht an, dass eine Beschäftigung der Klägerin aufgrund großer organisatorischer Schwierigkeiten unmöglich sei. Die Klägerin habe sich mehrfach beworben, sei jedoch nicht berücksichtigt worden. Es sei der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerin auf eine dieser Stellen zu versetzen.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11. Januar 2008, Az.: 3 Ca 1705/07, wird in Ziffer 2. abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei als Produktmarketing-Managerin tatsächlich zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, anders als bei einer Kündigungsschutzklage sei bei einem Betriebsübergang nicht nur unklar, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden sei, sondern ob überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, ob also die Beklagte Arbeitgeberin der Klägerin sei. Außerdem könne der alte Arbeitgeber nach dem Betriebsübergang keinen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen, da er über die übergegangenen Arbeitsplätze nicht mehr disponieren könne. Da keine § 102 Absatz 5 Betriebverfassungsgesetz entsprechende Vorschrift existiere, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge der vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Rechtsstreits gewollt habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG (Berufung der Beklagten) sowie nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG (Berufung der Klägerin) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben, indem es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund des Widerspruchs vom 27. Oktober 2006 nicht zum 1. Oktober 2005 auf die B. ... GmbH & Co OHG übergegangen ist. Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich folgendes auszuführen:

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die von der Beklagten behauptete Verwirkung des Klagerechts entgegen. Eine solche ist nämlich nicht eingetreten.

Das Landesarbeitsgericht folgt der Beurteilung des Arbeitsgerichts dahin gehend, dass das Klagerecht nicht verwirkt ist, insbesondere dass es am erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Das Arbeitsgericht hat die von der Beklagten hervorgehobene Tatsache, dass zwischen Widerspruch und Klage drei Monate vergangen waren, ausdrücklich in seine Erwägungen einbezogen. Die vom Arbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung wird von der Berufungskammer insbesondere auch deswegen geteilt, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, in welcher Weise das von ihr, der Beklagten, behauptete Vertrauen, dass die Klägerin nicht mehr gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen werde, seinen Niederschlag gefunden hat. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass und in welcher Weise sie auf das Widerspruchsschreiben der Klägerin reagiert hat.

Die Klage ist im Feststellungsantrag begründet, weil die Klägerin infolge ihres rechtzeitigen Widerspruchs in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht (§ 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB). Das Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Betriebsübernehmerin nach § 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB übergegangen, da die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen hat. Voraussetzung ist eine fristgemäße schriftliche Widerspruchserklärung.

1. Eine schriftliche Erklärung der Klägerin, mit der sie sich gegen einen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Betriebsübernehmerin aussprach, erfolgte am 27. Oktober 2006. Die Frist für den Widerspruch ist eingehalten. Nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB hat er einen Monat nach der Unterrichtung im Sinn des § 613 a Abs. 5 BGB zu erfolgen. Vorliegend widersprach die Klägerin 13 Monate nach dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung vom 29. August 2005. Die Frist begann jedoch nicht zu laufen, da die Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB fehlerhaft war (BAG, Urteil vom 13.7.2006, Az.: 8 AZR 305/05, NJW 2007,246).

a) Das Informationsschreiben erfüllt nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu erstrecken.

aa) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass im Falle eines Betriebsüberganges der Arbeitnehmer so zu informieren ist, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechtes erhalten (BT-Drucks. 14/7760 S. 19). So soll insbesondere dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.

Dabei hat sich der Inhalt der Unterrichtung nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung zu richten.

Der Kläger rügt, die durch die Beklagte erfolgte Unterrichtung entspreche deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil sie keine ausreichenden bzw. sogar irreführende und falsche Angaben zur wirtschaftlichen Lage der Betriebsübernehmerin bzw. der Vertragspartnerin des Rahmenvertrags enthalte.

bb) Grundsätzlich gilt zwar, dass der bisherige Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt. Dies bedeutet, dass das wirtschaftliche Potential des Betriebserwerbers im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist.

§ 613a Abs. 5 BGB gebietet jedoch eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist (BAG, Urteil vom 31.01.2008, 8 AZR 1116/06, zit. n. Juris).

cc) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das Informationsschreiben lässt nicht erkennen, dass die Übertragung des Betriebsteils C. ... der Beklagten lediglich Teil eines Veräußerungspakets ist, das mit der B. ... geschlossen wurde und bei dem wesentliche Vermögenswerte des zu übertragenden Geschäftsbereichs nicht der Übernehmerin, sondern der B. ... zufließen sollten. Hier sind zu nennen die Patent- und Markenrechte, die einen wesentlichen Teil des Firmenwerts ausmachen sowie die sich aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen bei der Beklagten ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtungen an die Konzernmutter, die B. ... in T.. Das Informationsschreiben lässt weiterhin nicht erkennen, dass die Übertragung an eine im Zeitpunkt der Information noch gar nicht gegründete Offene Handelsgesellschaft erfolgen sollte, deren persönlich haftende Gesellschafterinnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren, deren Stammkapital gerade einmal je 25.000,00 € betrug.

Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden, hätte die Beklagte die Klägerin über diese Eckdaten der geplanten Transaktion unterrichten müssen. Durch die genannten Aspekte wurden zwar die Rechte und Pflichten aus dem nach § 613a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber, die B. ..., übergehenden Arbeitsverhältnis des Klägers nicht unmittelbar berührt. Sie hätten jedoch für die betroffenen Arbeitnehmer erkennen lassen, dass die von der Beklagten seinerzeit geplante Aktion mit erheblichen Risiken für ihre Arbeitsplatzsicherheit verbunden war.

Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurde, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Sie führte weiter dazu, dass die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen übernahm, deren komplementäre aktiven Vermögenswerte - die Ausgleichzahlungen - nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich im Übertragungszeitraum chronisch defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis die Klägerin Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.

b) Das Informationsschreiben erfüllt auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf den Grund für den Übergang zu erstrecken. Als Grund für den Übergang müssen die rechtsgeschäftliche Grundlage für den Betriebsübergang (z.B. Kauf, Pacht, Umwandlung) sowie die beteiligten Unternehmen mitgeteilt werden (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz. 208).

Der Grund für den Übergang ist nicht hinreichend konkret bezeichnet worden.

Insbesondere lässt das Schreiben nicht erkennen, dass Vertragspartner des Rahmenvertrags, der wesentliche Teile des Veräußerungsgeschäfts sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Verkauf des Geschäftsbereichs C. ... an die B. ... zum Gegenstand hatte, die B. ... sowie die S. AG gewesen sind. Nur bei Kenntnis dieser Fakten kann davon die Rede sein, dass die Mitarbeiter über den "Grund" des Übergangs informiert waren. Die reduzierte Mitteilung, dass die Beklagte an B. ... verkauft habe, reicht jedenfalls nicht, um dem Mitarbeiter die für die Ausübung seines Widerspruchsrechts notwendige Wissensgrundlage zu verschaffen. Das gilt im vorliegenden Fall in besonderer Weise, weil die Veräußerung des Geschäftsbereichs C. ... keine Einzeltransaktion zwischen der Beklagten und der B. ... war, sondern Gegenstand eines Vertragspakets war, an dem außer der B. ... auch die Konzernmutter maßgeblich als Vertragspartnerin des "Master Sale and Purchase Agreements" beteiligt war, wobei dieser wesentliche Vermögenswerte des zu veräußernden Geschäftsbereichs versprochen wurden.

c) Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob das Fehlen einer Anschrift des Sitzes der Betriebsübernehmerin einen widerspruchsrelevanten Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 613 a Abs. 5 BGB beinhaltet und ob insoweit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre.

2. Das Widerspruchsrecht der Klägerin war auch nicht verwirkt.

Der Widerspruch der Klägerin vom 27.10.2006 ist nicht verwirkt, obwohl die Klägerin erst ca. 14 Monate nach ihrer Kenntnis von dem Betriebsübergang und 13 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang diesem widersprochen hat.

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Interesse des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG vom 15.02.2007, 8 AZR 449/06, Rn. 42, zitiert nach Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Dabei kann dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt ist, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehlt.

Die Klägerin hat - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der B. ... ab dem 01.10.2005 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Die bloße Weiterarbeit ist jedoch nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen (BAG Urteil vom 14.12.2006, 8 AZR 763/05).

Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung betont, dass die Klägerin bei der B. ... eine Sonderzahlung sowie eine Erhöhung des Jahreszieleinkommens erhalten habe, sind dies keine besonderen Umstände, die ein Vertrauen der Beklagten auf eine künftige Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Vielmehr sind dies übliche Vorgänge im Rahmen einer Tätigkeit. Die Klägerin hat zu keiner Zeit Zeichen gesetzt, die darauf hindeuten könnten, dass sie unter allen Umständen mit der Betriebsübernehmerin vertraglich gebunden bleiben wolle und nicht mehr mit der Beklagten. Allein die Weiterarbeit mit in Arbeitsverhältnissen immer wieder vorkommenden Entwicklungsschritten und Veränderungen, auch über einen längeren Zeitraum, genügt dafür nicht. Denn diese geht nicht über das Sich Abfinden mit der faktischen Lage hinaus, nach der die Arbeitgeberfunktion nun einmal zunächst vom Betriebserwerber ausgeübt wird. Die Entgegennahme von Sonderzahlungen sowie routinemäßiger Gehaltserhöhungen, auch wenn diese formaljuristisch in einer Vereinbarung bestehen, entsprechen dieser Situation und stellen nicht eine Bestätigung einer vertraglichen Bindung mit dem neuen Arbeitgeber da.

b) Der Wirksamkeit des Widerspruchs steht - wie das Arbeitsgericht zutreffend und mit überzeugender Begründung dargelegt hat - auch nicht entgegen, dass die Klägerin am 8. August 2006 mit B. ... einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat. Die Berufungskammer schließt sich der Beurteilung des Arbeitsgerichts an, dass der Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht auf einen konkludenten Willen der Klägerin schließen lässt, auf ein mögliches noch bestehendes Widerspruchsrecht zu verzichten. Aus diesem Grund kann auch eine analoge Anwendung von § 144 BGB außer Betracht bleiben.

c) Angesichts der von der Beklagten den Arbeitnehmern erteilten irreführenden Information bezüglich des seinerzeit geplanten Betriebsübergangs ist im übrigen das von der Beklagte behauptete Vertrauen in das Ausbleiben von späteren Widersprüchen nach Ablauf der ursprünglichen Widerspruchsfrist auch nicht schutzwürdig. Zumindest überwiegt vor dem bezeichneten Hintergrund das Interesse des Vertrauensschutzes der Verpflichteten - der Beklagten - nicht das Interesse der Berechtigten - der Klägerin - an der Wahrnehmung ihres Widerspruchsrechts. (vgl. auch LAG München, 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07, unter 4 a) am Ende).

3. Der Widerspruch der Klägerin vom 29.09.2006 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil er Teil eines - so die Einlassung der Beklagten - gemäß § 242 BGB unzulässigen kollektiven Massenwiderspruchs gewesen sei.

Zwar ist anerkannt, dass die Ausübung eines Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sein kann. Ein Widerspruch darf nicht institutionell missbraucht werden und zur Erreichung unzulässiger Ziele dienen. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Rechtsausübung dann missbräuchlich sein kann, wenn kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, sie als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder und unlauterer Zwecke dient oder nur den Zweck hat einem anderen Schaden zuzufügen. Übt eine Vielzahl von Arbeitnehmern das Widerspruchsrecht aus, kann sich demgemäß aus der Zweckrichtung der Widerspruchsausübung, soweit sie nicht im Schwerpunkt auf die Verhinderung des Arbeitgeberwechsels zielt, sondern beispielsweise von der Motivation getragen ist, den Betriebsübergang als solchen zu verhindern oder aber Vergünstigungen zu erzielen, auf die die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch haben, ein rechtsmissbräuchliches Handeln ergeben (BAG vom 30.09.2004, 8 AZR 462/03).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass der Widerspruch der Klägerin unwirksam ist.

Die Beklagte hat schon keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass kein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin vorlag. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Stellung des Insolvenzantrages durch B. ... widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt war aus ihrer Sicht die Fortführung dieses Betriebes mehr als gefährdet. Allein der Umstand, dass zur Widerspruchseinlegung von dritter Seite Formulierungshilfen geleistet bzw. ein Großteil der Widersprüche gebündelt abgegeben wurde, spricht nicht gegen ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin. Sofern von dritter Seite mit der Einlegung der Widersprüche Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte und somit auch andere Zwecke verfolgt sein könnten, fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin an diesem Vorhaben beteiligt war oder aufgrund dieser Motivation gehandelt hat. Die Klägerin verfolgte mit Einlegung des Widerspruchs die Sicherung ihrer arbeitsvertraglichen Rechte.

Im Übrigen handelt es sich um einen nahe liegenden Geschehensablauf, wenn eine Arbeitnehmerin - wie hier - aufgrund der Tatsache, dass auch viele Kollegen von derselben Situation betroffen sind, ihren Widerspruch gleichzeitig mit diesen Kollegen abgibt und bei der Formulierung auf Formulierungshilfen ihrer vertretenden Gewerkschaft zurückgreift. Dies führt nicht zu einem institutionellen Missbrauch des Widerspruchsrechts.

III.

Die Berufung der Klägerin ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend und mit zutreffender Begründung entschieden hat - unbegründet, weil die Klägerin keinen Weiterbeschäftigungsanspruch hat.

1. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass mit Beschluss vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) der Große Senat für den Fall der nicht offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei der fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses anerkannt hat, wenn nicht überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Dies treffe bei einem streitigen Ende des Arbeitsverhältnisses jedenfalls solange zu, wie der Ausgang des Streits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ungewiss sei. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei das Risiko des ungewissen Prozessausgangs zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Erstreite der Arbeitnehmer aber im Kündigungsprozess ein obsiegendes Urteil, könne die Ungewissheit über den endgültigen Prozessausgang für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr begründen. Vielmehr müsse der Arbeitgeber für diesen Fall zusätzliche Umstände anführen, aus denen sich sein überwiegendes Interesse einer Nichtbeschäftigung ergebe. Wenn diese Voraussetzungen vorlägen, könne der Weiterbeschäftigungsanspruch bereits während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden. Das könne im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) in dem Kündigungsschutzprozess geschehen oder in einem anderen Prozess.

2. Die vom Großen Senats des BAG zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch entwickelten Grundsätze (Beschluss des GS vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht), können hier nur in der Weise zur Anwendung kommen, dass bis zur Rechtskraft eines zugunsten des Arbeitnehmers ergehenden Feststellungsurteils über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer und nicht lediglich bis zum Erlass eines nicht rechtskräftigen instanzgerichtlichen Urteils hierbei im Regelfall die schützenswerten Interessen des alten Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung der mit dem Betrieb(steil) zunächst übergegangenen Arbeitnehmer deren Beschäftigungsinteressen überwiegen, weil beim abgebenden Arbeitgeber eben der Arbeitsbereich insgesamt als solcher qua Betriebsübergang - schon seit langem - weggefallen ist und eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für ihn damit nicht mehr ohne weiteres besteht und weil bei einem Betriebsübergang - wie auch hier - regelmäßig eine Vielzahl von Arbeitnehmern ein Weiterbeschäftigungsbegehren geltend macht (vgl. auch LAG München, 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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