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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 598/08
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 75 |
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL
Verkündet am: 11.02.2009
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Scheele und Jung
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 30. April 2008, Az.: 19a Ca 14542/07, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe einer Sozialplanabfindung.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin war bei der vormaligen Beklagten zu 1. (A. V. AG) seit 1. Januar 1980 mit einem zuletzt bezogenen monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von ca. 0,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist zum 1. Juni 2007 auf die jetzige Beklagte (A. D. AG) übergegangen.
Die Klägerin schloss am 20. März 2007 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Aufhebungsvertrag (Bl. 10/13 d. A.) ab, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien am 30. September 2008 endete. Unter Berücksichtigung des damals bei der Beklagten bestehenden Sozialplans beträgt die Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes 109.875,00 €, die im September 2008 ausbezahlt werden sollte.
Nachdem die Klägerin den Aufhebungsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossen hatte, schlossen die Beklagte, die vormalige Beklagte zu 1. (A. V. AG), die A. L. AG und die A. K. AG mit den Gesamtbetriebsräten der A. D. AG, A. K. AG und A. V. AG am 11. Juli 2007 eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Bl. 43/45 d. A.) ab, die für die Berechnung der Abfindung nach dem bereits bestehenden Sozialplan, unter dessen Geltungsbereich auch die Klägerin fällt, ein Mindestbruttomonatsverdienst von 5.000,00 € zugrunde legt.
Ziffer 4. der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 mit der Überschrift "Schlussbestimmungen" hat folgenden Wortlaut:
" Leistungen nach Ziffern 1. und 2. dieser Vereinbarung stehen Mitarbeitern zur Verfügung, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vereinbarung noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Dies gilt auch für Mitarbeiter mit vereinbarter Vorruhestandsregelung oder abgeschlossener Altersteilzeit-Vereinbarung, solange der Vorruhestand oder die aktive Phase der Altersteilzeit noch nicht begonnen hat. Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft und endet ohne Nachwirkung mit Ablauf des 31.12.2008."
Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 24. Oktober 2007 eingegangenen Klage vom 17. Oktober 2007 hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung beantragt, dass ihr statt der in der Aufhebungsvereinbarung versprochenen Abfindung eine deutlich höhere Abfindung zusteht. Sie hat geltend gemacht, dass insbesondere aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung für die Berechnung ihrer Sozialplanabfindung die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 zugrunde zu legen sei. Deshalb stehe ihr über die vereinbarte Abfindung hinaus ein weiterer Betrag in Höhe von 73.250,00 € zu. Dieser ergebe sich rechnerisch, wenn bei der Berechnung der Sozialplanabfindung ein Monatseinkommen von 5.000,00 € zugrunde gelegt werde. Dies müsse auch für den Fall einer Teilzeitbeschäftigung gelten. In jedem Fall müsse für die Berechnung der Sozialplanabfindung im Rahmen ihrer Teilzeitbeschäftigung ein fiktives Bruttomonatseinkommen von 5.000,00 € anteilig berücksichtigt werden. Dies ergebe sich aus Ziffer 1. "Sonderfonds", letzter Absatz letzter Satz der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 i.V.m. § 5 Ziff. 3.6 des Sozialplans vom 28. April 2006.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin bei ihrem Ausscheiden aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis zum 30.09.2008 statt der bereits zugestandenen 109.875,00 € einen Abfindungsbetrag in Höhe von 183.125,00 € schuldet.
Hilfsweise hat sie beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin bei ihrem Ausscheiden aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis zum 30.09.2008 statt der bereits zugestandenen 109.875,00 € einen Abfindungsbetrag in Höhe von 174.206,81 € schuldet.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung insbesondere vorgetragen, die Klägerin falle nicht unter den Anwendungsbereich der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007, da sie bereits vor dessen Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung zugestimmt gehabt habe.
Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrags wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 30. April 2008, das der Klägerin am 3. Juni 2008 zugestellt worden ist, die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, entscheidend für den Erfolg der Klage sei die Frage, ob für die Berechnung der Sozialplanabfindung zusätzlich die Regelungen aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 zugrunde zu legen seien. Die für die Klägerin günstigen Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 seien nicht anwendbar. Nach dem Inhalt dieser Gesamtbetriebsvereinbarung falle sie nicht unter ihren Anwendungsbereich, weil sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vereinbarung bereits eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen gehabt habe. Die Gesamtbetriebsratsvereinbarung verstoße auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei allgemein anerkannt, dass die Betriebspartner auch Stichtage im Rahmen von Sozialplänen bestimmen und die Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausnehmen könnten, die vor dem Stichtag selbst ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hätten. Wenn der Arbeitgeber feststelle, dass sein Ziel des Personalabbaus noch nicht erfüllt sei, sei das Motiv für eine Aufstockung der Sozialplanabfindungen sachlich gerechtfertigt, um weitere Teile der Belegschaft zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung zu veranlassen. Dieses Motiv zwinge auch nicht dazu, bereits abgeschlossene Aufhebungsverträge finanziell zu verbessern, zumal nachträgliche finanzielle Verbesserungen bei Altverträgen das Finanzvolumen für neue Aufhebungsverträge verringern würden. Dies liefe aber in unzulässiger Weise dem Ziel weiterer Aufhebungsverträge zuwider. Schließlich sei auch zu beachten, dass es die Klägerin letztlich selbst in der Hand gehabt habe, freiwillig eine Aufhebungsvereinbarung zu unterzeichnen. Eine Verpflichtung zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung habe für die Klägerin jedenfalls nicht bestanden.
Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 23. Juni 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom 18. Juni 2008, die sie mit Schriftsatz vom 1. September 2008, der am 4. September 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, begründet hat.
Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Klägerin geltend, Ziffer 4. der Gesamtbetriebsvereinbarung "Sonderfonds" verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie, die Klägerin, sei nicht nur durch die geringere Abfindung, sondern auch dadurch benachteiligt, dass ihr Arbeitsverhältnis bereits zum 30. September 2008 geendet habe und sie dementsprechend drei Monatsgehälter weniger habe erlangen können als diejenigen, die nach der neuen Gesamtbetriebsvereinbarung eine erhöhte Abfindung erlangten und deren Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 2008 geendet hätte.
Die Situation der Mitarbeiter sei auch insoweit identisch, als beide Mitarbeitergruppen ihre Aufhebungsverträge bis zum 31. Dezember 2007 hätten abschließen und als das Arbeitsverhältnis jeweils bereits bis spätestens 31. Dezember 2008 habe enden müssen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei das Motiv des Arbeitgebers, weitere Teile der Belegschaft zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung durch erhöhte Abfindungen zu bewegen, kein sachlich rechtfertigender Grund für die vorliegende Ungleichbehandlung. Aufgrund der normativen Wirkung der Betriebsvereinbarung sei die Prüfung, ob ein sachlich rechtfertigender Grund für die Ungleichbehandlung bestehe, nach objektiven Merkmalen zu beurteilen. Motive könnten diesbezüglich nicht herangezogen werden. Dazu gehöre auch das Motiv, den geplanten Personalabbau zu erreichen, weil dieses Motiv eben schon dem ursprünglichen Sozialplan zugrunde gelegen habe. Bereits erstinstanzlich habe sie, die Klägerin, bestritten, dass das Ziel des Personalabbaus gefährdet gewesen sei.
Es sei auch bestritten worden, dass noch nicht genügend Mitarbeiter freiwillig eine Aufhebungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber geschlossen hätten, um das Ziel des Stellenabbaus zu erreichen. Auch die Tatsache, dass sie letztlich freiwillig eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet habe, rechtfertige nicht die vorgenommene Differenzierung. Eine fehlende Verpflichtung zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung liege nämlich auch bei denjenigen Mitarbeitern vor, die die Möglichkeit hätten, in den Genuss der erhöhten Abfindung zu gelangen.
Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 30.04.2008, Az.: 19a Ca 14542/07, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 73.250,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.10.2008 zu bezahlen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 64.331,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.10.2008 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, das Arbeitsgericht habe zu Recht herausgestellt, dass die Betriebspartner im Rahmen der ihnen vom Betriebsverfassungsgesetz eingeräumten weiten Regelungsbefugnis in Betriebsvereinbarungen auch Stichtagsregelungen vereinbaren könnten, die zum vollständigen Ausschluss von Ansprüchen bestimmter Mitarbeiter und Mitarbeitergruppen führten. Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, dass die Betriebspartner dann erst recht vereinbaren könnten, dass die unterschiedliche Höhe von Ansprüchen aus einer Betriebsvereinbarung von einem Stichtag abhängig gemacht werden könne, sei rechtsfehlerfrei. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstoße eine sachverhaltsbezogene unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern erst dann gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie willkürlich sei.
Hierfür habe die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen. Entgegen ihrer Auffassung habe das Arbeitsgericht nicht darauf abgestellt, dass der rechtzeitige Abbau von 5.700 Stellen am 11. Juli 2007 gefährdet gewesen sei. Es habe vielmehr darauf abgestellt, dass der bis zu diesem Zeitpunkt einvernehmlich erreichte Stellenabbau von der Beklagten als unzureichend angesehen worden sei und habe diese unternehmerische Bewertung als sachlichen Grund angesehen, der die streitgegenständliche Stichtagsregelung rechtfertige. Es sei nicht nachvollziehbar, warum bei der Ausgestaltung der Gesamtbetriebsvereinbarung "Sonderfonds" auf diese unternehmerische Einschätzung der Beklagten nicht habe abgestellt werden dürfen. Bis Ende Juni 2007 hätten Arbeitskapazitäten im Umfang von 4.060 Personen abgebaut werden können. Vor dem Hintergrund der lang andauernden und intensiven Abbaubemühungen, der langen individuellen Kündigungsfristen und dem in der Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz vom 31. Januar 2007 erklärten Verzicht auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis zum 31. Dezember 2009 sei die Beklagte Ende Juni 2007 davon ausgegangen, dass der im Umfang von ca. 1.700 Stellen erforderliche weitere Stellenabbau nur dann bis zum 31. Dezember 2008 einvernehmlich habe erreicht werden können, wenn man zusätzliche finanzielle Anreize schaffe.
Die Klägerin erwidert, entgegen der Auffassung der Beklagten könne die vorgenommene unterschiedliche Behandlung keinesfalls durch eine subjektive Einschätzung einer der Betriebsparteien sachlich gerechtfertigt werden. Der Willkür werde Tür und Tor geöffnet, wenn die subjektive Sichtweise des Arbeitgebers eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könne.
Die Beklagte erwidert, der erhebliche Ermessensspielraum, der den Betriebsparteien bei der Festlegung des Inhalts von Betriebsvereinbarungen zustehe, erstrecke sich nicht nur auf objektive Tatsachen, sondern schließe subjektive Vorstellungen ein. Die Ende Juni 2007 erfolgte Einschätzung der Beklagten, dass der im Umfang von ca. 1.700 Stellen erforderliche weitere Stellenabbau nur dann bis zum 31. Dezember 2008 einvernehmlich erreicht werden könne, wenn zusätzliche finanzielle Anreize geschaffen würden, sei realistisch und damit sachlich gerechtfertigt gewesen. Sie, die Beklagte, habe seit Anfang 2006 alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt, um den bis 31. Dezember 2008 erforderlichen Personalabbau einvernehmlich durchführen zu können. Bis Mitte 2007 sei aufgrund dieser Aktivitäten das Einigungspotenzial auf Seiten der Belegschaft weitestgehend ausgeschöpft worden. Die Länge der individuellen Kündigungsfristen der Arbeitnehmer sei für die Einschätzung der Beklagten entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, weil sie, die Beklagte, einen Verzicht auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis zum 31. Dezember 2009 erklärt gehabt habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erhöhung der durch Aufhebungsvereinbarung vom 20. März 2007 versprochenen Abfindung besteht nicht.
Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich Folgendes auszuführen:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit denjenigen Arbeitnehmern, die unter Bezugnahme auf die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind und die gegenüber der ursprünglichen Abfindungsregelung eine erhöhte Abfindung erhalten bzw. erhalten haben.
Die von der Klägerin begehrte zusätzliche Abfindungsleistung kann nicht auf § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gestützt werden.
Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere haben die Betriebspartner den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bei Sozialplanregelungen zu beachten. Er verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen gegenüber anderen Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmergruppen in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (vgl. BAG, Urt. vom 11. Februar 1998, Az. 10 AZR 22/97, NZA 1998, 895 m.w.N.).
Die Bestimmung der Betriebspartner, dass die Arbeitnehmer, die aufgrund des Sozialplans vom 28. April 2006 durch Aufhebungsvertrag bei der Beklagten ausgeschieden sind oder noch ausscheiden, einen geringeren Abfindungsanspruch haben als diejenigen, deren Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11. Juli 2007 endet, hält sich im Rahmen des den Betriebspartnern eingeräumten Regelungsermessens.
Bei der Veränderung der Höhe einer Sozialplanabfindung ist zu beachten, dass Sozialpläne bei Leistungen zum Ausgleich oder zur Minderung entstandener Nachteile bei der Höhe der Abfindung die unterschiedliche Situation berücksichtigen können, in der sich die betroffenen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Angebots des Aufhebungsvertrages befinden (BAG, a.a.O. m.w.N.). Hiervon haben die Betriebspartner im vorliegenden Falle Gebrauch gemacht.
Nachdem die Betriebspartner im Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung übereinstimmend davon ausgingen, dass das ursprünglich gesetzte personalwirtschaftliche Ziel eines Personalabbaus in der vorgesehenen Frist und mit den ursprünglich vorgesehenen Abfindungsbeträgen nicht zu erreichen war, lag es in ihrer Regelungsmacht, durch eine verbesserte Abfindungsregelung weitere Arbeitnehmer zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung zu motivieren. Eine solche Regelung ist bei Betriebsänderungen, die sich über längere Zeit hinziehen, ein sinnvolles Steuerungsinstrument, um noch nicht ausgeschiedene Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen (BAG, a.a.O.).
Die Betriebspartner durften davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die bereits vor dem 11. Juli 2007 aufgrund des Sozialplanes vom 28. April 2006 einen Auflösungsvertrag geschlossen hatten, die vorgesehene Sozialplanleistung als Nachteilsausgleich ohne Vorbehalte als angemessen akzeptiert hatten. Für Arbeitnehmer, die in der Zeit vom 11. Juli 2007 bis 31. Dezember 2007 zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst werden sollten, bestand dagegen eine andere Situation. Für diese war im Hinblick auf den bestehenden Kündigungsverzicht der Beklagten einerseits, die spezifische Lage auf dem Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Bedingungen andererseits ein Ausscheiden unter den bisher geltenden Konditionen nicht akzeptabel.
Vor dem Hintergrund dieser Sachlage haben die Betriebspartner ohne Verstoß gegen § 75 Abs. 1 BetrVG für diesen Personenkreis eine verbesserte Abfindungsregelung vereinbart.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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