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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 750/08
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 1
Die Entscheidung befasst sich mit der Auslegung von zwei Firmentarifverträgen betreffend die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

11 Sa 750/08

Verkündet am: 27.05.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Hermann und Piesch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26. Juni 2008, Az.: 20 Ca 17820/07, wird das bezeichnete Endurteil abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Nachzahlung von Betriebsrente hat.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war bei der Beklagten vom 15.01.1948 bis zum 31.07.1991 beschäftigt. Seit dem 01.08.1991 bezieht sie betriebliche Altersversorgung, die sich zusammensetzt aus der Betriebsrente und einem sogenannten Verrechnungsbetrag. Der Anspruch der Klägerin auf Betriebsrente ergibt sich aus einem Versorgungsordnung (VO) genannten Tarifvertrag. Der Anspruch auf den Verrechnungsbetrag ergibt sich aus den Ziffern 900 ff. des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung im BR (TVA). Die Parteien sind sich darüber einig, dass diese Regelungen auch Anwendung finden auf Mitarbeiter, deren Versorgungsansprüche sich nach der VO bestimmen.

Die Klägerin hat von August 1991 bis zum 01.09.1994 neben dem vollen Verrechnungsbetrag eine Betriebsrente erhalten. Die Betriebsrente wurde ruhend gestellt, als im Jahr 1994 bereits durch die gesetzliche Rente die im Tarifvertrag vorgesehene Nettoversorgungsobergrenze erreicht wurde. Seit dem 01.07.1995 liegt die gesetzliche Rente der Klägerin wieder unter der Nettoversorgungsobergrenze. Die Beklagte zahlte jedoch an die Klägerin weiterhin allein den Verrechnungsbetrag aus.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 28. Dezember 2007 eingegangenen Klage vom selben Tag hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.591,78 € brutto begehrt.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, für die Jahre 2004 bis November 2007 müsse ihr die Differenz zwischen der gesetzlichen Rente und der Nettogesamtversorgungsobergrenze nachgezahlt werden. Der Verrechnungsbetrag dürfe bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze erreicht sei, nicht berücksichtigt werden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, € 4.577,12 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, das Wiederaufleben der ruhend gestellten Rente sei nicht erforderlich, da die Klägerin unter Berücksichtigung des Verrechnungsbetrag ohnehin Leistungen oberhalb der Nettoversorgungsobergrenze erhalte. Beim Verrechnungsbetrag handele es sich um eine zu berücksichtigende Versorgungsleistung.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Endurteil vom 26. Juni 2008, das der Beklagten am 3. Juli 2008 zugestellt wurde, in vollem Umfang stattgegeben.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf Nachzahlung von Betriebsrente, weil der Verrechnungsbetrag bei der Überprüfung der Erforderlichkeit des Wiederauflebens ruhender Teile der Betriebsrente nicht zu berücksichtigen sei. Der Anspruch auf den Verrechnungsbetrag bestehe neben dem Anspruch, der sich aus TZ 224 der VO ergebe. In TZ 224.1a VO sei vorgesehen, dass die Betriebsrente und die gesetzliche Rente zusammen 91,75 Prozent des jeweiligen Nettovergleichseinkommens nicht übersteigen dürften. Zu den Versorgungsleistungen im Sinn dieser Ziffer zähle unstreitig nicht der Verrechnungsbetrag. Sinn und Zweck des Verrechnungsbetrages sei es, Arbeitnehmern die aufgrund langer Betriebszugehörigkeit eine Überversorgung erworben hätten, diese zu erhalten. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn es sich bei dem Verrechnungsbetrag um eine im Rahmen der Berechnung der Nettogesamtversorgung zu berücksichtigende Versorgungsleistung handele. Die Beklagte habe im Hinblick auf den Verrechnungsbetrag auch nie die Gesamtversorgungsobergrenze zur Anwendung gebracht und den Verrechnungsbetrag ganz oder teilweise gekürzt.

Die Versorgungsordnung (insbesondere TZ 224) enthalte keinen Hinweis darauf, dass bei Wiederaufleben von ruhenden Rententeilen gemäß 224.16 ein anderer Maßstab gelten solle, als bei der Kürzung und Ruhendstellung nach TZ 224.1a der VO. TZ 224.1a stelle darauf ab, ob die Gesamtversorgungsobergrenze unterschritten sei. Bei der Prüfung, ob diese überschritten sei, bleibe der Verrechnungsbetrag außer Betracht. Ein Grund dafür, warum bei der Prüfung eines Unterschreitens der Gesamtversorgungsobergrenze der Verrechnungsbetrag Berücksichtigung finden solle, sei nicht ersichtlich.

Diese Auslegung entspreche auch dem Sinn und Zweck des Verrechnungsbetrags. Für Arbeitnehmer wie die Klägerin sei ausdrücklich vorgesehen, dass ein Abbau der Versorgungsleistung nicht erfolge (TZ 913.1 TVA). Auch soweit in der Ziffer 912 TVA für andere Arbeitnehmergruppen ein Abbau des Verrechnungsbetrags vorgesehen sei, erfolge diese gerade nicht durch Berücksichtigung des Verrechnungsbetrags im Rahmen der gesamten Versorgungsobergrenze sondern nur durch eine Abschmelzung. Die Tarifvertragsparteien hätten in den Ziffern 912 und 913 TVA eine abschließende Regelung getroffen, ob und wie der Abbau des Verrechnungsbetrags erfolgen solle.

Gegen die der Klage stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts wendet sich die Beklagte mit ihrer am 1. August 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die sie mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2008 der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, das Arbeitsgericht konstatiere zu Unrecht, dass der Anspruch auf den Verrechnungsbetrag neben dem Anspruch bestehe, der sich aus TZ 224 der VO ergebe.

Tatsächlich ergebe sich der Betriebsrentenanspruch dem Grunde nach aus TZ 210 ff und der Höhe nach aus TZ 220 mit 223 der VO. Demgegenüber enthalte TZ 224 eine doppelte Deckelung, nämlich eine Bruttogesamtversorgungsobergrenze (versorgungsfähiges Monatsgehalt mal 60 %). Diese entspreche nicht der Betriebsrente, weil noch die Hälfte der gesetzlichen Rente anzurechnen sei. Des Weiteren enthalte TZ 224 eine Nettogesamtversorgungsobergrenze (91,75 % des jeweiligen Nettovergleichseinkommens).

Überschreite die Nettogesamtversorgung die Nettogesamtversorgungsobergrenze, so würden die Versorgungsleistungen entsprechend gekürzt. Bei der Berechnung der Nettogesamtversorgung sei der Verrechnungsbetrag einzubeziehen, da er in TZ 914 TVA ausdrücklich als Teil der BR-Betriebsrente bezeichnet sei. Das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dem Personenkreis, dem die Klägerin angehöre, solle eine Überversorgung auf Dauer erhalten bleiben.

Das Arbeitsgericht schließe irrtümlich aus der Unangreifbarkeit des Verrechnungsbetrag, dass es sich bei dem Verrechnungsbetrags um keine Versorgungsleistung der Beklagten handele. TZ 914 TVA besage das Gegenteil. Dort sei der Verrechnungsbetrag als Teil der BR-Betriebsrente ausgewiesen. Richtig sei lediglich, dass ausschließlich und einmalig im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenberechnung eine lediglich zu diesem Zeitpunkt festgestellte Nettoüberversorgung bezogen auf die Gesamtversorgungsobergrenze von 91,57% in einen Bruttoverrechnungsbetrag umgerechnet und auf Dauer unangreifbar garantiert worden sei.

Lediglich dieser Bruttoverrechnungsbetrag werde als Teil der Betriebsrente garantiert, nicht jedoch die Überversorgung, die sich bei Saldierung von Nettogesamtversorgung und Nettoobergrenze ergebe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne TZ 913.1 TVA nicht entnommen werden, dass ein Abbau der Versorgungsleistung nicht erfolgen dürfe. Dieser Regelung sei lediglich zu entnehmen, dass ein Abbau des Bruttoverrechnungsbetrags nicht erfolgen dürfe.

Hätten - so die Beklagte - die Tarifvertragsparteien gewollt, dass der Bruttoverrechnungsbetrag nicht als Versorgungsleistung im Zusammenhang mit der Vergleichsbetrachtung anzusehen sei, hätten sie dies regeln müssen, nachdem der Bruttoverrechnungsbetrag in TZ 914 TVA ausdrücklich als Teil der Betriebsrente bezeichnet werde.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26.06.2008, Az. 20 Ca 17830/07, wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, die Berechnung, die die Beklagte seit der vierten Anpassung bei der Klägerin vorgenommen habe, entspreche nicht den tarifvertraglichen Regelungen. Die Beklagte ziehe in die Berechnung völlig zu Unrecht den statischen Verrechnungsbetrag ein. Für die Vorgehensweise der Beklagten finde sich tarifvertraglich kein Ansatz. Die Beklagte übersehe, dass der statische Verrechnungsbetrag im Rahmen der Überprüfung gemäß Tarifziffer 224.15 und Tarifziffer 224.16 überhaupt nicht einzubeziehen sei. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Tarifziffer 224.16, wonach die gegebenenfalls infolge vorangegangener Kürzungen ruhenden Teile der Betriebsrente wieder auflebten. Aufleben könnten danach nur gegebenenfalls ruhende Teile der Betriebsrente. Schon von daher kann die Annahme der Beklagten nicht zutreffen, dass der statische Verrechnungsbetrag in die Betrachtung mit einzubeziehen wäre. Bei allen Überprüfungen bis zur vierten Anpassung habe die Beklagte unstreitig den Verrechnungsbetrag nicht mit einbezogen. Hätte sie dies getan - so die Klägerin - dann hätte die Überprüfung zwangsläufig ab der ersten Anpassung immer dazu geführt, dass die Nettogesamtversorgungsobergrenze bei weitem überschritten sei und dass die Versorgungsleistung zur Gänze ruhend zu stellen gewesen wäre. Damit beanspruche die Beklagte, dass für das Ruhend-Stellen und Wiederaufleben unterschiedliche Maßstäbe gälten. Das entspreche jedoch nicht dem Wortlaut der Versorgungsordnung. Die Beklagte unterstelle auch zu Unrecht, dass der Verrechnungsbetrag Teil der Versorgungsleistung im Sinn von TZ 224.1 sei und stütze sich dabei auf TZ 914. Dieser Bestimmung sei aber lediglich zu entnehmen, dass der Verrechnungsbetrag Teil der BR-Betriebsrente sei.

Demgegenüber sei der in TZ 224.1a bis 224.13 verwendete Begriff aber Versorgungsleistung. Von den vertragsschließenden Parteien seien in TZ 224 und 914 bewusst unterschiedliche Begriffe verwendet worden, weil damit auch unterschiedliche Gegenstände gemeint seien. BR-Betriebsrente umfasse alles, was die Beklagte im Rahmen der Versorgungsordnung an die Klägerin zu zahlen habe, während Versorgungsleistung der Betrag sei, den der Beklagte bei der Berechnung der Nettogesamtversorgung zugrundezulegen habe. Der Verrechnungsbetrag sei also ein Teil der BR-Betriebsrente, nicht jedoch Teil der Versorgungsleistung, sondern eher deren Komplement: Versorgungsleistung plus Verrechnungsbetrag ergäben zusammen die BR-Betriebsrente.

Die Beklagte erwidert, wie sich aus TZ 914 TVA ergebe, sei der Verrechnungsbetrag Teil der BR-Betriebsrente. Es bedürfe einer eindeutigen Formulierung, wenn die von der Klägerin vertretene Auffassung Gültigkeit haben solle, der Verrechnungsbetrag sei nicht zu berücksichtigen. In TZ 912.1 TVA und TZ 913.1 TVA sei für die dort genannten besonderes Vertrauen genießenden Jahrgänge ein besonderer Schutz des Verrechnungsbetrags erfolgt. Der für alle anderen Bezieher des Verrechnungsbetrags vorgenommene Abbau solle bei diesen bei der Überprüfung der Nettogesamtversorgung nach TZ 224.15 VO unterbleiben. Der Klägerin werde demgemäß seit Rentenbeginn von der Beklagten ein Verrechnungsbetrag in unveränderter Höhe gezahlt. Einen weiteren Schutz des Rechnungsbetrages regelten der TVA und die VO an keiner Stelle. Die Klägerin berücksichtige nicht, dass in der hier streitgegenständlichen TZ 224.16 gerade nicht von "Versorgungsleistungen", sondern von der "BR-Rente" gesprochen werde. Hätten die Tarifpartner eine Betrachtungsweise unter Außerachtlassung des Verrechnungsbetrages gewollt, hätten sie nach der eigenen Argumentation der Klägerin von "Versorgungsleistungen" sprechen müssen. Im Übrigen sei zwar zutreffend, dass der Verrechnungsbetrag nicht "ruhen" und daher auch nicht wiederaufleben könne. Das spiele jedoch auch keine Rolle. Denn bei TZ 224.16 werde gerade geprüft, ob das Wiederaufleben anderer ruhend gestellter Teile der Betriebsrente erforderlich sei. Nur bei der Beurteilung der Erforderlichkeit werde der Verrechnungsbetrag berücksichtigt.

Sie, die Beklagte, sei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Wiederaufleben der anderen ruhend gestellten Teile der BR-Rente im Fall der Klägerin nicht erforderlich sei, weil sie unter Berücksichtigung des Verrechnungsbetrags auch ohne den ruhend gestellten Teil ihrer BR-Rente weit überversorgt sei. Zutreffend sei, dass der Verrechnungsbetrag bei den Überprüfungen der Nettogesamtversorgung der Klägerin gemäß TZ 224.15 von der Beklagten nicht berücksichtigt worden sei. Erst bei der im Rahmen von TZ 224.16 zu beantwortenden Frage, ob die nun ruhend gestellten Teile der BR-Rente wiederaufleben müssten, sei der Verrechnungsbetrag einbezogen worden. Diese Frage habe sich ab der Anpassung der Betriebsrente der Klägerin mit Wirkung vom 1. Juli 1995 gestellt.

Die Klägerin erwidert, die Textauslegung der Beklagten sei konstruiert, weit hergeholt und nicht schlüssig. Sie könne nichts daran ändern, dass ihr neben dem Verrechnungsbetrag eine Versorgungsleistung zustehe, die ihre gesetzliche Rente auf 91,75% des Nettovergleichseinkommens auffülle, soweit dies mit zuvor ruhend gestellten Beträgen möglich sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung ist begründet.

Die Klage ist abzuweisen, weil der geltend gemachte Anspruch auf Nachzahlung der Differenz zwischen gesetzlicher Rente und Nettogesamtversorgungsobergrenze nicht besteht.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachzahlung der ruhend gestellten Teile der BR-Betriebsrente im streitbefangenen Zeitraum, weil das Wiederaufleben der ruhenden Teile der BR-Rente ab dem Zeitpunkt der Überprüfung nicht erforderlich ist (TZ 224.16 der VO).

Eine Addition von gesetzlicher Rente und dem Verrechnungsbetrag ergibt nämlich für den gesamten streitbefangenen Zeitraum, dass eine Auffüllung zur Erreichung der Nettogesamtversorgungsobergrenze nicht erforderlich war, weil beide Positionen zusammen genommen die Nettogesamtversorgungsobergrenze deutlich überschreiten.

Das Berufungsgericht teilt in diesem Zusammenhang nicht die Auffassung der Klägerin, dass bei der Vergleichsbetrachtung gemäß TZ 224.16 der Verrechnungsbetrag gemäß TZ 912 und 913 TVA nicht berücksichtigt werden dürfe, weil dieser nicht abbaubar sei.

Was im Rahmen der TVA unter "Abbau" zu verstehen ist, ergibt sich aus den Tarifziffern 912 Abs. 2 TVA sowie 913 Satz 2 TVA. Gemeint ist ein allmähliches Abschmelzen bis zum völligen Wegfall.

Dementsprechend kann aus der Regelung der TZ 913.1 TVA auch nur geschlossen werden, dass für den Fall der Klägerin eine der dort genannten Fälle eines "Abbaus" nicht vorgesehen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Berücksichtigung des Verrechnungsbetrags im Rahmen der Vergleichsbetrachtung der TZ 224.16 VO ausgeschlossen ist und sich auf die der Gesamtrente der Klägerin nicht nachteilig auswirken darf. Lediglich der Bruttoverrechnungsbetrag wurde als Teil der BR-Rente garantiert, nicht jedoch die gesamte Überversorgung, die über die Nettogesamtversorgungsobergrenze von 91,75 % hinausging.

Dem steht auch nicht entgegen, dass bei der bei Rentenbeginn vorgenommenen Vergleichsbetrachtung gemäß TZ 224 VO der Verrechnungsbetrag unberücksichtigt geblieben ist. Eine Berücksichtigung des Verrechnungsbetrags in diesem Stadium wäre dem Gedanken der Besitzstandswahrung wie er in der Übergangsregelung der TZ 900 ff. TVA zum Ausdruck kommt zuwider gelaufen. Der Bruttoverrechnungsbetrag konnte überhaupt nur dann ermittelt und zum Ausgangspunkt weiterer Rentenberechnungen gemacht werden, wenn man ihn bei der Vergleichsberechnung gemäß TZ 224 VO unberücksichtigt ließ.

Für das Berufungsgericht ist auch nicht überzeugend, dass aus der Tatsache, dass bei der Prüfung der Frage, ob die Gesamtversorgungsobergrenze im Sinne von TZ 224.1a VO überschritten ist, der Verrechnungsbetrag außer Betracht bleibt, folgen soll, dass er auch bei der Betrachtung gemäß TZ 224.16 unberücksichtigt bleiben müsse.

Aus Sicht der Berufungskammer ist nämlich nicht erkennbar, dass die Prüfung gemäß TZ 224.16 VO ein actus contrarius im Sinne einer spiegelbildlichen Wiederholung beinhaltet. Bei der Nichtberücksichtigung des Verrechnungsbetrags gemäß TZ 224.1a VO geht es darum, der Wahrung der Überversorgung in ihrer wesentlichen Substanz Rechnung zu tragen, wie sie in TZ 900 ff. TVA intendiert ist. Demgegenüber geht es beim Anpassungsvorgang gemäß TZ 224.16 VO darum, erworbene aber im Hinblick auf die Nettogesamtversorgungsobergrenze ruhend gestellte Teile der dynamischen BR-Rente wieder aufleben zu lassen. Dies soll allerdings nur insoweit geschehen, wie es zum Erreichen der Gesamtversorgungsobergrenze erforderlich ist.

Im Hinblick auf den der Klägerin zustehenden relativ hohen Verrechnungsbetrag führt dies dazu, dass die Klägerin an dem zum Ausgleich für Veränderungen im Gehalts- und Rentenbereich vorgesehenen Kompensationsvorgang nicht teilhat, weil es nicht "erforderlich" ist. Die ihr als nicht abbaubar garantierte Überversorgung wird hierdurch in der Substanz nicht berührt. Richtig ist allerdings, dass sie über die Jahre nicht dauerhaft in den Genuss der ursprünglich nominell ermittelten Überversorgung kommt. Das Verbot eines Abbaus lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass eine Schmälerung im wirtschaftlichen Ergebnis ausgeschlossen sein soll. Abbau bedeutet im hier behandelten tariflichen Kontext letztlich, dass etwas beseitigt wird oder entfällt. Die von der Klägerin beanstandete Berücksichtigung des Verrechnungsbetrags führt jedoch nicht dazu, dass die ihr garantierte Überversorgung entfällt, sondern führt lediglich zu einer prozentualen Schmälerung im unteren prozentualen Bereich.

Das Berufungsgericht teilt die Wertung des Arbeitsgerichts, dass es Sinn und Zweck des Verrechnungsbetrags ist, Arbeitnehmern, die aufgrund langer Betriebszugehörigkeit und vorangegangener Regelungen eine Überversorgung erhalten haben, diese zu erhalten.

Dafür dass diese der Klägerin vom wirtschaftlichen Ergebnis her in absoluter Höhe im zahlenmäßigen Umfang unabhängig von Veränderungen im Gehaltsbereich sowie Bereich der gesetzlichen Rentenleistungen garantiert sein sollte, erschließt sich für das Berufungsgericht aus dem gesamten Regelungszusammenhang der VO sowie des TVA jedoch nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision einlegen.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Ende der Entscheidung

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