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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 04.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 886/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 613 a
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer noch längere Zeit nach einem vollzogenen Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses kann, wenn die Information nach § 613 a Abs.5 BGB unzureichend war. Hierzu vorgreiflich war zu prüfen, ob die vom Betriebsveräußerer den Mitarbeitern im konkreten Fall erteilte Information den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entsprochen hat. Dies wurde verneint.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 886/07

Verkündet am: 4. Juni 2008

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Butzenberger und Schönfelder für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11. September 2007 - 30 Ca 17863/06 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu 75 % und die Klägerin zu 25 % zu tragen.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses sowie über einen Beschäftigungsanspruch.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin war zuletzt seit 1.1.02 bei der Beklagten als kaufmännische Projektleiterin mit einem Jahreszieleinkommen in Höhe von rund € 00.000,- brutto im Bereich "C. ... (M. ...)" beschäftigt. Betriebszugehörigkeit besteht seit 1.10.82.

Wegen längerfristig defizitären Verlaufs ihrer Mobilfunksparte entschloss sich die Beklagte im Jahre 2005, die Sparte "C. ...(M. ...)" zu veräußern. Die Veräußerung erfolgte in einem so genannten "carve-out"-Vertrag. Hierbei handelt es sich um einen Rahmenvertrag zwischen der S. AG und der B. ..., T. ..., der sodann in zusätzlichen Einzelverträgen mit teilweise unterschiedlichen Vertragsparteien aus der jeweiligen Konzern-Gruppe umgesetzt wurde. Im carve-out-Vertrag war vorgesehen, dass sämtliche von S. gehaltenen, zu veräußernden Schutzrechte, Patente und Marken von der B. ... erworben und auf diese übergeleitet werden sollten. In Einzelverträgen wurden die zum Übertragungsstichtag vorhandenen und der Mobiltelefonsparte des Siemens-Konzerns zuzuordnenden Vermögensgegenstände veräußert. In diesem Zusammenhang hat die S. AG die in Deutschland belegenen Vermögensgegenstände in Erfüllung des Rahmenvertrags an die von der B. ..., ..., benannte Fa. B. ... GmbH & Co OHG als Käuferpartei veräußert. Zusätzlich wurden von den B.-Konzerngesellschaften, insbesondere von der B. ... GmbH & Co OHG auch diverse Verbindlichkeiten wie beispielsweise Pensionszusagen, Gewährleistungs- und Herstellerverpflichtungen übernommen. Als Ausgleich hierfür hat die Beklagte teilweise Geldzahlungen vereinbart, die vertragsgemäß der B. Corporation zustehen sollten.

Die B. ... GmbH & Co OHG ist eine offene Handelsgesellschaft mit Sitz in M., ..., deren Gegenstand in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Mobiltelefonen besteht. Die Gründung erfolgte mit privatschriftlichem Gesellschaftsvertrag vom 12. September 2005, erste Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 16. September 2005. Persönlich haftende Gesellschafter sind die B. ... Management GmbH sowie die B. W. GmbH, jeweils mit Sitz in M., ... mit einem Stammkapital von jeweils 25.000,00 €. Die Obergesellschaft der B.-Gruppe ist die B. ..., T.. Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin der B. ... H.B.V. mit Sitz in den Niederlanden, welche wiederum die jeweils alleinige Gesellschafterin der beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. ... GmbH & Co OHG ist.

Bereits mit Schreiben vom 29. August 2005 hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass der Geschäftsbereich C. ... zum 01.10.2005 auf die Bb. ... GmbH & Co OHG (im Folgenden B. ...) übergehe. Das Schreiben lautet:

"Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte Frau G.

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes C. (M. ...) zum 01.10.2005 in die B. ... GmbH & Co OHG (im Folgenden: B. ...) übertragen.

B. ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B. in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. ... schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit Siemens kann B. ... seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. Siemens bietet B. ... eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West-und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. ... durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von Siemens. Daneben bekommt B. ... einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von Siemens.

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B. .... Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB B. ... ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten ihres Arbeitsverhältnisses mit der S. AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit B. ... fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung). Ebenso gelten die jeweiligen Tarifverträge (einschließlich des Ergänzungstarifvertrags Bocholt/Kamp-Lintfort) gem. § 613a BGB weiter.

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Einkommens bleibt ebenso wie eine bestehende freiwillige, widerrufliche Sonderzulage anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der S. AG vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

B. ... haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die S. AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 01.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsüberganges ist gesetzlich gemäß § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 01.10.2005 durch ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U., B. und M./ ... gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.01.2006. Für den Standort K.-L. wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist. Dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf B. ... können sie nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht auf B. ... übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der S. AG, da die C. ...- Aktivitäten vollständig auf B. ... übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der S. AG entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann. Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an Herrn B., C. ..., ...Str., ... M. oder an Herrn E., ...Str., ... M. zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung. Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei B. ... weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

S. Aktiengesellschaft

Gez. G. gez. M.

Anlage Überleitungsvereinbarung AT/FK"

Ab 01.10.2005 hat die Klägerin ihre Arbeitsleistung für die B. ... erbracht. Am 28. September 2006 hat die B. ... GmbH & Co OHG Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt. Das Amtsgericht München hat unter dem Aktenzeichen 1503 IN 3270/06 mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. P. bestellt. Ebenfalls am 1.1.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. ... eröffnet.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 28. September 2006 dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die B. ... schriftlich widersprochen.

Mit ihrer am 13. Dezember 2006 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage vom selben Tag hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 2005 hinaus fortbesteht, sowie die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Bedingungen begehrt.

Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die Information durch die Beklagte vom 29. August 2005 nicht den Anforderungen des § 613 a Absatz 5 BGB entspreche. Es müsse über Firmenbezeichnung und Anschrift des Erwerbers informiert werden. Die Anschrift werde nicht genannt. Die Beklagte müsse auch über die unternehmerischen Gründe des Betriebsübergangs informieren. Es reiche nicht aus, den rechtstechnischen Grund, hier Kaufvertrag, zu benennen. Die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung führe dazu, dass die Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Absatz 6 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei. Die Klägerin habe daher mit Ihrem Schreiben vom 28.9.06 rechtzeitig dem Betriebsübergang widersprochen und damit verhindert, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf B. übergegangen ist.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30.9.05 hinaus fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Mitarbeiterin in der Vertragsgruppe außertariflicher Mitarbeiter zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat in erster Instanz erwidert, die Klägerin habe seit 1. Oktober 2005 anstandslos bei B. gearbeitet. Das Jahreszieleinkommen der Klägerin sei mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 von € 00.000,- auf € 00.000,- erhöht worden. Zudem habe B. einen Beitrag zur Altersversorgung in Höhe von ca. € 3.350,- festgelegt. Darüber hinaus sei die Klägerin mit Wirkung vom 1.7.06 von der Position kaufmännische Mitarbeiterin für Regional Marketing auf die Position kaufmännische Leitung Regional Marketing versetzt worden, was mit einer Gehaltserhöhung von € 0.000,-- auf € 0.000,-- brutto monatlich einhergegangen sei.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Endurteil vom 11. September 2007, das der Beklagten am 19.9.2007 und der Klägerin am 20. 9.2007 zugestellt wurde, im Hinblick auf den Feststellungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Weiterbeschäftigungsantrag sei unzulässig, weil ihm ein vollstreckungsfähiger Inhalt fehle.

Der Feststellungsantrag sei demgegenüber zulässig und begründet. Das Arbeitsverhältnis sei wegen des Widerspruchs der Klägerin nicht auf die Betriebsübernehmerin übergegangen. Sie habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen. Die Beklagte habe sie nämlich mit ihrem Schreiben vom 29. August 2005 nicht in dem nach § 613 a Absatz 5 BGB erforderlichen Umfang informiert, so dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Absatz 6 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei. So sei die Mitteilung in inhaltlicher Hinsicht nicht ordnungsgemäß gewesen, weil die Anschrift der Bewerberin nicht genannt worden sei. Aufgrund des Zwecks der Unterrichtung sei es nämlich erforderlich, dass der Betriebsübernehmer grundsätzlich mit Firmenbezeichnung und Anschrift genannt werde. Darüber hinaus sei die Mitteilung auch deshalb nicht ordnungsgemäß gewesen, weil der Grund des Betriebsübergangs nicht hinreichend bezeichnet worden sei. Die Beklagte habe zwar angegeben, dass der Betriebsübergang auf einem Kaufvertrag beruhe. Diese Angabe des dem Betriebsübergang zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts reiche jedoch alleine nicht aus. Dem Arbeitnehmer müssten viel mehr jene unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang zumindest schlagwortartig mitgeteilt werden, die sich im Fall seines Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken könnten. Dazu fänden sich in der Mitteilung vom 29. August 2005 keine ausreichenden Angaben.

Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, es sei der Klägerin auch nicht verwehrt gewesen, mit Schreiben vom 28. September 2006, mithin erst nach rund einem Jahr nach Betriebsübergang, zu widersprechen. Insbesondere habe sie ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Ein Verwirkungstatbestand sei nicht gegeben, weil es am Umstandsmoment fehle. Insbesondere reiche es nicht aus, dass die Klägerin ihre Arbeitsleistung bei der Betriebsübernehmerin tatsächlich erbracht habe. Damit werde nur zum Ausdruck gebracht, dass die vertraglichen Verpflichtungen, die bis zur Ausübung des Widerspruchsrechts gegenüber der Übernehmerin bestanden hätten, hätten erfüllt werden sollen. Ein weitergehender Vertrauenstatbestand werde damit nicht geschaffen. Als Umstandsmoment könne auch nicht auf die behaupteten Vertragsänderungen mit der Betriebsübernehmerin abgestellt werden. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie noch vor Ausübung des Widerspruchsrechts von diesen Umständen Kenntnis erlangt habe. Hinzu komme, dass die behaupteten Vertragsänderungen letztlich nicht wesentlich über die bloße Arbeitsleistung hinausgingen. Es handele sich um im Arbeitsleben ständig übliche Änderungen des Arbeitsbereichs bzw. des Entgelts. Diese Änderungen begründeten kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht mehr nutzen werde.

Der Widerspruch sei auch nicht deshalb unbeachtlich, weil es sich nach Behauptung der Beklagten um einen unzulässigen Massenwiderspruch handele. Die kollektive Ausübung des Widerspruchsrechts beim Betriebsübergang sei grundsätzlich zulässig und unterliege allenfalls der Kontrolle des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB. Allein der Umstand, dass mehrere Arbeitnehmer zeitgleich von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machten, lasse noch nicht den Schluss auf die Unzulässigkeit der Ausübung des Widerspruchsrechts zu. Die Beklagte habe nicht hinreichend substantiierte Indizien dafür vorgetragen, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts allein oder vorwiegend dazu erfolgt sei, um eine wirtschaftliche Drucksituation für die Beklagte aufzubauen.

Gegen die teilweise Stattgabe der Klage wendet sich die Beklagte mit ihrer am 25. September 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die sie mit am 21. Januar 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, es habe keine Verpflichtung bestanden, die Klägerin über die Adresse des Betriebserwerbers zu informieren. Es handele es sich um einen inländischen Erwerber, für den nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das zusätzliche Erfordernis der Angabe der Adresse nicht aufgestellt worden sei. Für die Arbeitnehmer sei im Übrigen ausreichend erkennbar gewesen, dass die im Informationsschreiben angegebene Adresse die Adresse der Betriebserwerberin gewesen sei. Außerdem sei die Klägerin spätestens durch das Schreiben vom 19. Januar 2006 über die Adresse der Betriebsübernehmerin informiert worden. Außerdem verbiete der Grundsatz des Vertrauensschutzes, das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neu aufgestellte Erfordernis der Information über die Adresse rückwirkend anzuwenden. Es handele sich um einen neuen Grundsatz und damit um eine Rechtsprechungsänderung.

Die Beklagte trägt weiter vor, das Arbeitsgericht versuche in der angefochtenen Entscheidung die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung damit zu begründen, dass die Klägerin nicht ordnungsgemäß über den Grund des Betriebsübergangs informiert worden sei. Das sei jedoch unzutreffend. So sei im Informationsschreiben ausdrücklich mitgeteilt worden, dass der Betriebsübergang "auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B. ..." erfolge. Weiterhin sei die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass ein etwaiger Widerspruch keinen Arbeitsplatz bei der Beklagten sichern könne. Damit habe sie, die Beklagte, jene unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt, die sich im Fall eines Widerspruchs auf ihren Arbeitsplatz hätten auswirken können.

Das Arbeitsgericht habe weiterhin zu Unrecht einen Verwirkungstatbestand ausgeschlossen. Das Arbeitsgericht habe bei seiner Beurteilung des Umstandsmoments den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen, dass das Jahreszieleinkommen der Klägerin mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 erhöht worden sei und dass die Betriebsübernehmerin einen Beitrag zur Altersversorgung BSAV in Höhe von 3.350 € festgelegt habe. Schließlich sei nicht in die Erwägungen des Arbeitsgerichts eingeflossen, dass die Klägerin mit Wirkung vom 1. Juli 2006 von der Position kaufmännische Mitarbeiterin Regional Marketing auf die Position kaufmännische Leitung Regional Marketing versetzt worden und ihr Gehalt aus diesem Anlass von 0.000,- € auf 0.000,- € brutto monatlich erhöht worden sei. Damit habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie die Betriebsübernehmerin als ihren Arbeitgeber akzeptiert habe. Bei der hier erforderlichen objektiven Beurteilung müsse das Verhalten der Klägerin als widersprüchlich gewertet werden.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 30 Ca 17863/07, vom 11. September 2007 wird, soweit der Klage stattgegeben worden ist, geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Hilfsweise regt die Beklagte an,

dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

a. Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?

b. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 8 RL 2001/23/EB dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, rückwirkend zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind und die sich auch nicht durch Auslegung dieser Normen gewinnen lassen?

c. Falls auch Frage 2 mit Nein beantwortet wird:

Ist eine Auslegung des § 613a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?

d. Ist Art. 3 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?

e. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, das Ausgangsgericht habe völlig zu Recht festgestellt, dass es bereits an der Mitteilung der Firmenadresse mangele und sich insoweit zutreffend auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen. Außerdem sei das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Grund des Betriebsübergangs im Sinne von § 613 a Absatz 5 Nr. 2 BGB nicht hinreichend erläutert worden sei. Die Ausübung des Widerspruchsrechts sei entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt. Bestritten werde, dass die Klägerin in irgendeinem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht habe, dass sie die Betriebsübernehmerin als ihren Arbeitgeber akzeptiere. Ein irgendwie geartetes Vertrauensmoment habe sie nicht gesetzt. Das so genannte Umstandsmoment müsse so beschaffen sein, dass der jeweilige Gegner "berechtigt" darauf vertrauen dürfe, es werde kein Widerspruch mehr ausgeübt. Wenn - wie hier - bewusst oder unbewusst fehlerhaft informiert werde, müssten schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend überhaupt erst entstehen könne, ein Arbeitnehmer werde trotz des erheblichen Informationsdefizits dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen. Die Voraussetzungen eines "unzulässigen" Massenwiderspruchs lägen erkennbar nicht vor.

Mit ihrer am 5. Oktober 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag wendet sich die Klägerin gegen die teilweise Klageabweisung im Endurteil des Arbeitsgerichts vom 11. September 2007. Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne es nicht darauf ankommen, ob der frühere Arbeitsplatz der Klägerin tatsächlich weggefallen sei oder nicht. Die Beklagte könne jedenfalls im Rahmen ihres Direktionsrechts der Klägerin eine Aufgabe zuweisen. Im Rahmen der Vollstreckung könne dann nämlich ohne weiteres überprüft werden, ob sich die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts gehalten habe. Ließe man die gegenteilige Argumentation zu, liefe der Weiterbeschäftigungsanspruch letztendlich leer.

Die Klägerin beantragt:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11. September 2007 (Az.: 30 Ca 17863/06) dahingehend abgeändert, dass die Beklagte auch dahingehend verurteilt wird, die Klägerin als Mitarbeiterin in der Vertragsgruppe "Außertariflicher Mitarbeiter" zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, der Antrag auf Beschäftigung als außertarifliche Mitarbeiterin als solcher ermögliche keine Zwangsvollstreckung und sei daher unzulässig. Im Übrigen sei der Weiterbeschäftigungsantrag auch unbegründet, weil das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung der Klägerin bis zur abschließenden rechtskräftigen Klärung der Frage, ob noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe oder nicht, das Interesse der Klägerin an einer tatsächlichen Weiterbeschäftigung überwiege.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG (Berufung der Beklagten) sowie nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG (Berufung der Klägerin) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Klage ist bezüglich des Feststellungsantrags - wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat - begründet.

Die Klage ist im Feststellungsantrag begründet, weil die Klägerin infolge ihres rechtzeitigen Widerspruchs in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht (§ 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB). Das Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Betriebsübernehmerin nach § 613 a Absatz 6 Satz 1 BGB übergegangen, da die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen hat. Voraussetzung ist eine fristgemäße schriftliche Widerspruchserklärung.

1. Eine schriftliche Erklärung der Klägerin, mit der sie sich gegen einen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Betriebsübernehmerin aussprach, erfolgte am 28. September 2006. Die Frist für den Widerspruch ist eingehalten. Nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB hat er einen Monat nach der Unterrichtung im Sinn des § 613 a Abs. 5 BGB zu erfolgen. Vorliegend widersprach die Klägerin 13 Monate nach dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung vom 29. August 2005. Die Frist begann jedoch nicht zu laufen, da die Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB fehlerhaft war (BAG, Urteil vom 13.7.2006, Az.: 8 AZR 305/05, NJW 2007,246).

a) Das Informationsschreiben erfüllt nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu erstrecken.

aa) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass im Falle eines Betriebsüberganges der Arbeitnehmer so zu informieren ist, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechtes erhalten (BT-Drucks. 14/7760 S. 19). So soll insbesondere dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.

Dabei hat sich der Inhalt der Unterrichtung nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung zu richten.

bb) Die Klägerin rügt, die durch die Beklagte erfolgte Unterrichtung entspreche deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil sie keine ausreichenden bzw. sogar irreführende und falsche Angaben zur wirtschaftlichen Lage der Betriebsübernehmerin bzw. der Vertragspartnerin des Rahmenvertrags enthalte.

Grundsätzlich ist der bisherige Arbeitgeber zwar nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt. Dies bedeutet, dass das wirtschaftliche Potential des Betriebserwerbers im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist.

§ 613a Abs. 5 BGB gebietet jedoch eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist (BAG, Urteil vom 31.01.2008, 8 AZR 1116/06, zit. n. Juris).

cc) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das Informationsschreiben lässt nicht erkennen, dass die Übertragung des Betriebsteils C. ... der Beklagten lediglich Teil eines Veräußerungspakets ist, das mit der B. Corporation geschlossen wurde und bei dem wesentliche Vermögenswerte des zu übertragenden Geschäftsbereichs nicht der Übernehmerin, sondern der B. Corporation zufließen sollten. Hier sind zu nennen die Patent- und Markenrechte, die einen wesentlichen Teil des Firmenwerts ausmachen sowie die sich aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen bei der Beklagten ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtungen an die Konzernmutter, die B. Corporation in T. Das Informationsschreiben lässt weiterhin nicht erkennen, dass die Übertragung an eine im Zeitpunkt der Information noch gar nicht gegründete Offene Handelsgesellschaft erfolgen sollte, deren persönlich haftende Gesellschafterinnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren, deren Stammkapital gerade einmal je 25.000,00 € betrug.

Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden, hätte die Beklagte die Klägerin über diese Eckdaten der geplanten Transaktion unterrichten müssen. Durch die genannten Aspekte wurden zwar die Rechte und Pflichten aus dem nach § 613a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber, die B. ..., übergehenden Arbeitsverhältnis des Klägers nicht unmittelbar berührt. Sie hätten jedoch für die betroffenen Arbeitnehmer erkennen lassen, dass die von der Beklagten seinerzeit geplante Aktion mit erheblichen Risiken für ihre Arbeitsplatzsicherheit verbunden war.

Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurde, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Sie führte weiter dazu, dass die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen übernahm, deren komplementäre aktiven Vermögenswerte - die Ausgleichzahlungen - nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich im Übertragungszeitraum chronisch defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis die Klägerin Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.

b) Das Informationsschreiben erfüllt auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf den Grund für den Übergang zu erstrecken. Als Grund für den Übergang müssen die rechtsgeschäftliche Grundlage für den Betriebsübergang (z.B. Kauf, Pacht, Umwandlung) sowie die beteiligten Unternehmen mitgeteilt werden (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz. 208).

Der Grund für den Übergang ist nicht hinreichend konkret bezeichnet worden.

Insbesondere lässt das Schreiben nicht erkennen, dass Vertragspartner des Rahmenvertrags, der wesentliche Teile des Veräußerungsgeschäfts sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Verkauf des Geschäftsbereichs C. ... an die B. ... zum Gegenstand hatte, die B. Corporation sowie die S. AG gewesen sind. Nur bei Kenntnis dieser Fakten wären die Mitarbeiter über den "Grund" des Übergangs ausreichend informiert gewesen. Die reduzierte Mitteilung, dass die Beklagte an B. ... verkauft habe, reicht jedenfalls nicht, um dem Mitarbeiter die für die Ausübung seines Widerspruchsrechts notwendige Wissensgrundlage zu verschaffen. Das gilt im vorliegenden Fall in besonderer Weise, weil die Veräußerung des Geschäftsbereichs C. ... keine Einzeltransaktion zwischen der Beklagten und der B. ..., sondern Gegenstand eines Vertragspakets war, an dem außer der B. ... auch die Konzernmutter maßgeblich als Vertragspartnerin des "Master Sale and Purchase Agreements" beteiligt war, wobei dieser wesentliche Vermögenswerte des zu veräußernden Geschäftsbereichs versprochen wurden.

c) Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob das Fehlen einer Anschrift des Sitzes der Betriebsübernehmerin einen widerspruchsrelevanten Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 613 a Abs. 5 BGB beinhaltet und ob insoweit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre.

2. Das Widerspruchsrecht der Klägerin war auch nicht verwirkt.

Der Widerspruch der Klägerin vom 29.09.2006 ist nicht verwirkt, obwohl die Klägerin erst 13 Monate nach seiner Kenntnis von dem Betriebsübergang und 12 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang diesem widersprochen hat.

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Interesse des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG vom 15.02.2007, 8 AZR 449/06, Rn. 42, zitiert nach Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Dabei kann dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt ist, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehlt.

Die Klägerin hat - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der B. ... ab dem 01.10.2005 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Die bloße Weiterarbeit ist nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen (BAG Urteil vom 14.12.2006, 8 AZR 763/05).

Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung betont, dass die Klägerin bei der B. ... eine rückwirkende Erhöhung ihres Jahreszielgehalts sowie eine Erhöhung der individuellen Pensionszusage erhalten und darüber hinaus mit einer Versetzung einverstanden gewesen sei, sind dies keine besonderen Umstände, die ein Vertrauen der Beklagten auf eine künftige Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Vielmehr sind dies übliche Vorgänge im Rahmen einer Tätigkeit. Die Klägerin hat zu keiner Zeit Zeichen gesetzt, die darauf hindeuten könnten, dass sie unter allen Umständen mit der Betriebsübernehmerin vertraglich gebunden bleiben wolle und nicht mehr mit der Beklagten. Allein die Weiterarbeit mit in Arbeitsverhältnissen immer wieder vorkommenden Entwicklungsschritten und Veränderungen, auch über einen längeren Zeitraum, genügt dafür nicht. Denn diese geht nicht über das Sich Abfinden mit der faktischen Lage hinaus, nach der die Arbeitgeberfunktion nun einmal zunächst vom Betriebserwerber ausgeübt wird. Die Entgegennahme routinemäßiger Gehaltserhöhungen wie auch eine Verbesserung der hierarchischen Position, auch wenn diese formaljuristisch in einer Vereinbarung bestehen, entsprechen dieser Situation und stellen nicht eine Bestätigung einer vertraglichen Bindung mit dem neuen Arbeitgeber da.

Angesichts der von der Beklagten den Arbeitnehmern erteilten irreführenden Information bezüglich des seinerzeit geplanten Betriebsübergangs ist im übrigen das von der Beklagte behauptete Vertrauen in das Ausbleiben von späteren Widersprüchen nach Ablauf der ursprünglichen Widerspruchsfrist auch nicht schutzwürdig. Zumindest überwiegt vor dem bezeichneten Hintergrund das Interesse des Vertrauensschutzes der Verpflichteten - der Beklagten - nicht das Interesse der Berechtigten - der Klägerin - an der Ausübung ihres Widerspruchsrechts. (vgl. auch LAG München, 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07, unter 4 a) am Ende).

c) Der Widerspruch der Klägerin vom 29.09.2006 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil er Teil eines - so die Einlassung der Beklagten - gemäß § 242 BGB unzulässigen kollektiven Massenwiderspruchs gewesen sei.

Zwar ist anerkannt, dass die Ausübung eines Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sein kann. Ein Widerspruch darf nicht institutionell missbraucht werden und zur Erreichung unzulässiger Ziele dienen. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Rechtsausübung dann missbräuchlich sein kann, wenn kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, sie als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder und unlauterer Zwecke dient oder nur den Zweck hat einem anderen Schaden zuzufügen. Übt eine Vielzahl von Arbeitnehmern das Widerspruchsrecht aus, kann sich demgemäß aus der Zweckrichtung der Widerspruchsausübung, soweit sie nicht im Schwerpunkt auf die Verhinderung des Arbeitgeberwechsels zielt, sondern beispielsweise von der Motivation getragen ist, den Betriebsübergang als solchen zu verhindern oder aber Vergünstigungen zu erzielen, auf die die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch haben, ein rechtsmissbräuchliches Handeln ergeben (BAG vom 30.09.2004, 8 AZR 462/03).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass der Widerspruch der Klägerin unwirksam ist.

Die Beklagte hat schon keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass kein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin vorlag. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Stellung des Insolvenzantrages durch B. ... widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt war aus ihrer Sicht die Fortführung dieses Betriebes mehr als gefährdet. Allein der Umstand, dass zur Widerspruchseinlegung von dritter Seite Formulierungshilfen geleistet bzw. ein Großteil der Widersprüche gebündelt abgegeben wurde, spricht nicht gegen ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin. Sofern von dritter Seite mit der Einlegung der Widersprüche Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte und somit auch andere Zwecke verfolgt sein könnten, fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin an diesem Vorhaben beteiligt war oder aufgrund dieser Motivation gehandelt hat. Die Klägerin verfolgte damit mit Einlegung des Widerspruchs die Sicherung ihrer arbeitsvertraglichen Rechte.

Im Übrigen handelt es sich um einen nahe liegenden Geschehensablauf, wenn eine Arbeitnehmerin - wie hier - aufgrund der Tatsache, dass auch viele Kollegen von derselben Situation betroffen sind, ihren Widerspruch gleichzeitig mit diesen Kollegen abgibt und bei der Formulierung auf Formulierungshilfen ihrer vertretenden Gewerkschaft zurückgreift. Dies führt nicht zu einem institutionellen Missbrauch des Widerspruchsrechts.

III.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil die Klägerin keinen Weiterbeschäftigungsanspruch hat.

1. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass mit Beschluss vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) der Große Senat für den Fall der nicht offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei der fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses anerkannt hat, wenn nicht überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Dies treffe bei einem streitigen Ende des Arbeitsverhältnisses jedenfalls solange zu, wie der Ausgang des Streits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ungewiss sei. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei das Risiko des ungewissen Prozessausgangs zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Erstreite der Arbeitnehmer aber im Kündigungsprozess ein obsiegendes Urteil, könne die Ungewissheit über den endgültigen Prozessausgang für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr begründen. Vielmehr müsse der Arbeitgeber für diesen Fall zusätzliche Umstände anführen, aus denen sich sein überwiegendes Interesse einer Nichtbeschäftigung ergebe. Wenn diese Voraussetzungen vorlägen, könne der Weiterbeschäftigungsanspruch bereits während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden. Das könne im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) in dem Kündigungsschutzprozess geschehen oder in einem anderen Prozess.

2. Die vom Großen Senats des BAG zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch entwickelten Grundsätze (Beschluss des GS vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht), können hier nur in der Weise zur Anwendung kommen, dass bis zur Rechtskraft eines zugunsten des Arbeitnehmers ergehenden Feststellungsurteils über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer und nicht lediglich bis zum Erlass eines nicht rechtskräftigen instanzgerichtlichen Urteils hierbei im Regelfall die schützenswerten Interessen des alten Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung der mit dem Betrieb(steil) zunächst übergegangenen Arbeitnehmer deren Beschäftigungsinteressen überwiegen, weil beim abgebenden Arbeitgeber eben der Arbeitsbereich insgesamt als solcher qua Betriebsübergang - schon seit langem - weggefallen ist und eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für ihn damit nicht mehr ohne weiteres besteht und weil bei einem Betriebsübergang - wie auch hier - regelmäßig eine Vielzahl von Arbeitnehmern ein Weiterbeschäftigungsbegehren geltend macht (vgl. auch LAG München, 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO.

V.

Gegen dieses Urteil können beide Parteien Revision einlegen.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Ende der Entscheidung

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