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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: 11 Sa 919/04
Rechtsgebiete: VerTV-G, ATV-K


Vorschriften:

VerTV-G § 7 Abs. 1
ATV-K § 39 Abs. 4
1. § 7 Abs. 1 VerTV-G hat ab dem 01.01.2001 keine Geltung mehr, weder unmittelbar noch mittelbar über § 16 ATV-K.

2. Aus § 39 Abs. 4 ATV-K i.V.m. seiner Anlage 5 ("Altersvorsorgeplan 2001") ergibt sich kein Recht des Arbeitgebers zum Vergütungseinbehalt, um den Arbeitnehmer an den Aufwendungen für die Altersversorgung zu beteiligen.

3. Auch Satzungsbestimmungen der Bayerischen Versorgungskammer können keine Grundelage für einen solchen Einbehalt bilden.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 919/04

Verkündet am: 11. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2004 durch den Richter am Arbeitsgericht Dyszak sowie die ehrenamtlichen Richter Geißler und Hölzer für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.03.2004 - Az.: 14 Ca 14131/03 - abgeändert und an Stelle der Nr. 1 gefasst wie folgt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.109,29 (i. W.: eintausendeinhundertneun 29/100 Euro) netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.12.2004 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte ab Dezember 2004, jeweils zum Letzten des Monats, das vereinbarte Gehalt zu bezahlen hat ohne den Einbehalt eines einprozentigen Arbeitnehmeranteils als Zusatzbeitrag zur Abführung an die Bayer. Versorgungskammer.

II. Der Beklagte trägt die Kosten erster und zweiter Instanz.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte berechtigt ist, vom Gehalt des Klägers € 48,23 netto pro Monat als Eigenbeteiligung an der betrieblichen Altersversorgung einzubehalten.

Der Kläger ist beim Beklagten seit 01.11.1981 als Tierarzt tätig. Grundlage der Beschäftigung ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 01.10.1981, dessen § 2 lautet wie folgt:

" Für das Arbeitsverhältnis gelten der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge sinngemäß."

Ergänzend wird auf die Kopie des Vertrages (Anlage B 1; Bl. 17 d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte gewährt seinen Arbeitnehmern, auch dem Kläger, eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Dazu versichert er seit seiner Gründung die Arbeitnehmer bei der Bayerischen Versicherungskammer, nunmehr Bayerische Versorgungskammer (BVK) - Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden. Hierzu kam es, weil die Tierseuchenkasse, Mitglied und einer der Hauptgeldgeber des Beklagten, ebenfalls bei der Bayerischen Versicherungskammer, der damaligen Trägerin der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden, untergebracht war.

Die BVK richtete am 16.05.2002 das Rundschreiben Nr. 1/2002 an ihre Mitglieder; wegen seines Inhalts wird auf die Anlage B 2 (Bl. 18 ff. d.A.) verwiesen.

Bis zum 31.12.2002 wurden die Aufwendungen für die Zusatzversorgungskasse vom Beklagten allein getragen. Seit dem 01.01.2003 behält der Beklagte 1 % des klägerischen Gehalts ein und führt den Betrag als Eigenbeteiligung an die Zusatzversorgungskasse ab. Der Kläger hat hiergegen außergerichtlich Einwendungen erhoben und die Auszahlung des Einbehalts ab Januar 2003 verlangt, zuletzt mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.05.2003.

Mit Klageschrift seiner Prozessvertreter vom 22.07.2003, am selbem Tag eingegangen und dem Beklagten am 07.08.2003 zugestellt, erhob der Kläger Klage zum Arbeitsgericht München.

Er hat geltend gemacht, der Beklagte sei zum Einbehalt nicht berechtigt, weil die betriebliche Altersversorgung auf vertraglicher Grundlage beruhe, sodass eine finanzielle Beteiligung des Arbeitnehmers nur durch Änderungskündigung erreicht werden könne. Hilfsweise hat er ausgeführt, dass ein Rückgriff auf § 7 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen und Betriebe vom 06.03.1967 (im Folgenden: VersTV-G) nicht in Betracht komme, weil dieser am 01.03.2002 durch den Tarifvertrag über die zusätzliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV Kommunal (im Folgenden: ATV-K) - abgelöst worden sei.

Der Kläger hat beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 289,38 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

2. Der Beklagte hat ab Juli 2003, jeweils zum 31. des Monats das vereinbarte Gehalt zu bezahlen ohne den Einbehalt eines 1%igen Arbeitnehmeranteils zur ZUK als Zusatzbeitrag.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die betriebliche Altersversorgung gründe auf tarifvertraglichen Regelungen. Einer Änderungskündigung habe es daher nicht bedurft. Wie dem Rundschreiben Nr. 1/2002 der BVK zu entnehmen sei, wurde ein neues Kombinationsmodell (Umlage einerseits, Aufbau eines Kapitalstocks andererseits) eingeführt, und dies mit dem Ziel einer dauerhaften Minderung der Belastung der Mitglieder. Nach § 16 ATV-K führe der Arbeitgeber die monatlichen Umlagen - ggf. einschließlich des vom Beschäftigten zu tragenden Umlagebeitrages - an die BVK ab, nachdem er sie vom Arbeitsentgelt einbehalten habe. § 16 ATV-K setze dabei inhaltlich § 7 VersTV-G denknotwendig voraus, sodass sich die Berechtigung zu einem Einbehalt in hälftiger Höhe des zum Aufbau des Kapitalstocks dienenden Betrages ergebe.

Mit Endurteil vom 19.03.2004, dem Kläger am 15.07.2004 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass wegen der Bezugnahme im Arbeitsvertrag der VersTV-G als vereinbart gelte, nach dessen § 7 der über einen Umlagesatz von 5,2 v. H. hinausgehende Finanzierungsbedarf hälftig vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer (durch Einbehalt von Arbeitsentgelt) zu tragen sei. Vor dem Hintergrund der Ablösung des VersTV-G durch den ATV-K und des Beschlusses des Verwaltungsrats der ZVK, einen Zusatzbeitrag in Höhe von 2,5 v. H. zur Ablösung des Umlageverfahrens durch fortschreitende Kapitaldeckung zu erheben, ergebe sich im Wege der Auslegung des § 7 VersTV-G, dass der Beklagte zum Einbehalt des hälftigen Zusatzbeitrags berechtigt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 46 ff. d. A.) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 13.08.2004 eingegangenen und am 13.10.2004 - innerhalb der bis 15.10.2004 verlängerten Frist - begründeten Berufung.

Er macht geltend, das Arbeitsgericht habe den unstreitigen Sachverhalt rechtlich unzutreffend gewürdigt. Er wiederholt seine Auffassung, wonach der BAT in der für Bund und Länder, nicht in der für die Kommunen geltenden Fassung Anwendung finde. Da der Beklagte niemals Mitglied der Versorgungsanstalt für Bund und Länder gewesen sei, sondern seine Mitarbeiter bei der ZVK der bayerischen Gemeinden versichert habe, sei kein Versorgungstarifvertrag anwendbar, womit der Systemwechsel von einer allein arbeitgeberseitig finanzierten Altersversorgung hin zu einer Versorgung, bei dem der Arbeitnehmer ebenfalls Leistungen zu erbringen habe, einer Änderungskündigung bedürfe, die nie ausgesprochen worden sei. Aber auch wenn die Versorgungstarifverträge der kommunalen Arbeitgeber anwendbar seien, sei das Ersturteil unrichtig. Das Arbeitsgericht stütze sich auf eine Auslegung von § 7 VersTV-G, der seit dem 01.01.2001 nicht mehr gelte. Dem Beklagten sei entgegenzuhalten, dass der "denknotwendige" Rückgriff auf altes Tarifrecht nicht nötig und auch nicht zulässig sei.

Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung vom 12.10.2004 (Bl. 88 ff. d. A.) Bezug genommen.

Nach Klageerweiterung in der Berufungsinstanz, der der Beklagte zugestimmt hat, beantragt der Kläger nunmehr:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 19.03.2004 - Az.: 14 Ca 14131/03 - wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.109,29 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

3. Der Beklagte hat ab Dezember 2004 jeweils zum Letzten des Monats das vereinbarte Gehalt zu bezahlen ohne den Einbehalt eines 1%igen Arbeitnehmeranteils als Zusatzbeitrag zur Abführung an die Bayerische Versorgungskammer.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts an und wiederholt seine Auffassung, dass eine Änderungskündigung nicht erforderlich sei. Nach dem Arbeitsvertrag gelte der BAT nur sinngemäß, was dazu führe, dass die Regelung der betrieblichen Altersversorgung nicht auf vertraglicher, sondern auf tariflicher Grundlage beruhe. Ausgangspunkt sei § 46 BAT. Der nicht tarifgebundene Beklagte habe bei seiner Gründung im Jahre 1969 ein Wahlrecht gehabt, ob er seine Arbeitnehmer bei der Versorgungsanstalt für Bund und Länder (VBL) oder bei der Bayerischen Versicherungskammer, nunmehr Bayerische Versorgungskammer (BVK) - Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden - versichere.

Nach § 7 Abs. 1 VersTV-G habe der Arbeitgeber eine monatliche Umlage einschließlich des vom Arbeitnehmer zu zahlenden Betrages abzuführen. Der über 5,2 v. H. hinausgehende Finanzierungsbedarf müsse zur Hälfte vom Arbeitnehmer getragen werden, dessen Beitrag vom Arbeitsentgelt einbehalten werde. Diese tarifliche Regelung setze § 16 ATV-K inhaltlich denknotwendig voraus, weil mit dem neuen Kombinationsmodell aus Umlage- und Zusatzbeitrag zum Aufbau eines Kapitalstocks eine Minderung der Belastung der versicherten Unternehmen beabsichtigt sei. Die Tarifvertragsparteien hätten bei Abschluss des ATV-K die Anwendbarkeit von § 7 VersTV-G anerkannt und in den neuen Tarifvertrag eingearbeitet, wie § 39 Abs. 4 ATV-K und den Regelungen 1.4, 4.1, und 4.2 des Altersvorsorgeplans 2001 zu entnehmen sei.

Sollte die klägerische Tarifauslegung zutreffen, wäre der Tarifvertrag verfassungswidrig. Er würde gegen § 168 SGB VI und den das Sozialstaatsprinzip tragenden Gedanken der Solidargemeinschaft verstoßen, womit Art. 3 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 GG verletzt wären.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbeantwortung vom 26.11.2004 (Bl. 111 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist sie fristgemäß eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 11 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Der Beklagte schuldet die Zahlung der bisher einbehaltenen Beträge in unstreitiger Höhe von € 1.109,29 netto (nebst Zinsen), weil der Anspruch des Klägers auf dieses Arbeitsentgelt mangels einer Rechtsgrundlage für den Einbehalt nicht erloschen ist. Aus demselben Grunde ist der Beklagte verpflichtet, das Entgelt für den Zeitraum ab Dezember 2004 ungekürzt auszubezahlen.

Im Einzelnen:

1. Zu Unrecht will der Beklagte - über § 16 ATV-K - § 7 Abs. 1 VersTV-G heranziehen, denn der Norm kommt ab dem 01.01.2001 weder unmittelbare noch mittelbare Geltung zu. Dies ergibt die Auslegung des ATV-K.

Normen eines Tarifvertrages sind nach ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist aber der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen zu berücksichtigen, sofern und soweit dies in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur hieraus auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann. Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 22.10.2002, Az. 3 AZR 468/01, EZA Nr. 36 zu § 1 TVG - Auslegung; Urteil vom 12.09.1984, Az. 4 AZR 336/82, EZA Nr. 14 zu § 1 TVG - Auslegung).

a) Gemäß § 39 Abs. 3 ATV-K trat der VersTV-G am 01.01.2001, dem Tag des Inkrafttretens des ATV-K (§ 39 Abs. 1 Satz 1 ATV-K), grundsätzlich außer Kraft. Eine Ausnahme sieht die Norm durch die Formulierung " - unbeschadet des § 36 -" nur für die dort aufgeführten Sonderregelungen vor, zu denen § 7 Abs. 1 VersTV-G aber nicht zählt.

b) Unzutreffend ist die Auffassung des Beklagten, dass § 16 ATV-K die Regelung des § 7 VersTV-G "denknotwendig" voraussetze und diese Norm deshalb trotz Fehlens einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung über den 01.01.2001 hinaus weiter Geltung habe.

§ 16 ATV-K berücksichtigt nur - wie sich aus dem Ausdruck "ggf." erschließt - die Möglichkeit, dass der Beschäftigte einen Umlagebeitrag zu tragen hat und sieht für diesen Fall einen Einbehalt vom Arbeitsentgelt vor. Logisch zwingend wäre hiernach die Weitergeltung von § 7 Abs. 1 VersTV-G nur, wenn sich ausschließlich aus dieser Norm eine Belastung des Beschäftigten mit einem Umlagebeitrag ergeben könnte, nicht aber aus anderen Rechtsgrundlagen. Dies ist aber nicht der Fall, weil eine derartige Regelung etwa auch durch eine andere tarifliche Norm statuiert werden könnte, deren Vereinbarung im Belieben der Tarifpartner steht.

c) Sollte der Beklagte sein Argument der denknotwendigen Weitergeltung so verstanden wissen wollen, dass die Tarifpartner die Lastenverteilung nach § 7 Abs. 1 VersTV-G wegen ihrer jahrelangen Geltung als gleichsam unabänderlich der Regelung des § 16 Abs. 1 ATV-K zu Grunde gelegt haben, fehlt für diese Annahme jeder Anhaltspunkt im Tarifvertrag. Der Wortlaut der Norm ergibt hierfür nichts. Systematische Gründe sprechen dagegen. Denn die Tarifpartner haben in § 32 Abs. 3 und in den §§ 33, 34 und 39 ATV-K weiter relevante Vorschriften des bisher geltenden Zusatzversorgungsrechts ausdrücklich aufgeführt, was gegen ihren Willen spricht, ungenannten Normen des VersTV-G weitere Geltung zuzuerkennen.

Letztlich übersieht der Beklagte bei seiner Argumentation auch, dass § 16 ATV-K wie § 7 Abs. 1 VersTV-G nur auf Umlagen und damit auf das jahrzehntelang geübte (umlagenfinanzierte) Finanzierungsmodell abstellt, während der streitige Einbehalt die Schaffung einer finanziellen Grundlage für eine künftige Kapitaldeckung betrifft. Hiermit befassen sich die Regelungen in § 17 und § 18 ATV-K, sodass § 16 ATV-K insoweit auch aus systematischen Gründen für eine Beteiligung der Arbeitnehmer an der Finanzierung der künftigen Kapitalerhöhung keine Basis bildet. Vielmehr bilden die §§ 16 - 18 ATV-K die abschließende Regelung des neuen Finanzierungsmodells.

2. Auch § 39 Abs. 4 ATV-K i. V. mit der Anlage 5 zu diesem Tarifvertrag ("Altersvorsorgeplan 2001") ergibt keine Berechtigung zum 1%igen Lohneinbehalt.

Zu Unrecht meint der Beklagte, der Altersvorsorgeplan 2001 belege den Willen der Tarifvertragsparteien, den Inhalt von § 7 Abs. 1 VersTV-G in die neue Regelung zu übernehmen.

a) Soweit in Nr. 1.4 des Altersvorsorgeplans 2001 ausgeführt wird, die Umlagefinanzierung werde beibehalten, solle aber schrittweise durch Kapitaldeckung abgelöst werden, genügt dies nicht für die Annahme, dass die Lastenverteilung im Rahmen der Umlagefinanzierung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich unverändert nach der früheren Tarifnorm richten solle.

b) Soweit in Nr. 4.1 des Altersvorsorgeplans 2001 geregelt ist, dass es im Tarifgebiet West bei den von den Arbeitnehmern bei Zusatzversorgungskassen geleisteten Beiträgen verbleibe, spricht dies gegen die Auffassung des Beklagten. Denn maßgeblich abgestellt wird auf tatsächlich erbrachte Beiträge und dieser Bezug auf die tatsächliche Belastung am bezeichneten Stichtag schließt den Willen der Tarifpartner aus, die dynamische Weitergeltung der Rechtsvorschrift des § 7 Abs. 1 VersTV-G anzuordnen.

c) Nr. 4.2. des Altersvorsorgeplans 2001 muss schon deshalb außer Betracht bleiben, weil er ausdrücklich nur für die VBL-West gilt, während der Beklagte seine Mitarbeiter bei der ZVK der bayerischen Gemeinden versichert.

Entgegen der Auffassung des Beklagten bietet der Umstand, dass die Regelung auch dem ATV-K als Anlage beigefügt wurde, keine Grundlage für die Annahme, dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift über ihren klaren Wortlaut hinaus ausgedehnt werden sollte.

3. Auch im Übrigen ist keine Rechtsvorschrift ersichtlich, die dem Beklagten den vorgenommenen Einbehalt gestattet würde. Eine derartige Berechtigung kann insbesondere nicht unmittelbar aus Satzungsbestimmungen der Bayerischen Versorgungskammer folgen, weil sie keine arbeitsrechtliche Rechtsquelle darstellen.

4. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen entgegen der - nicht näher begründeten - Auffassung des Beklagten nicht.

Weder der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) verbieten es den Tarifpartnern, eine allein vom Arbeitgeber finanzierte betriebliche Altersversorgung zu vereinbaren. § 168 SGB VI hat weder Verfassungsrang noch ist er inhaltlich einschlägig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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