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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 12.11.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 978/05
Rechtsgebiete: BGB, SGB IX


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 297
BGB § 296
BGB § 615
BGB § 823
SGB IX § 81
SGB IX § 84
Die Entscheidung befasst sich mit einem behaupteten Beschäftigungs- sowie Verzugslohn- bzw. Schadensersatzanspruch eines schwerbehinderten Arbeitnehmers, für den nach Behauptung des Arbeitgebers eine leidensgerechte Beschäftigung nicht möglich war und ist.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

11 Sa 978/05

Verkündet am: 12.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Tauber und Krahl

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18. August 2005, Az.: 30 Ca 1719/04, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Beschäftigungsanspruch des Klägers sowie über Entgelt- bzw. Schadensersatzansprüche.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der am 0.0.1963 geborene Kläger ist bei dem Beklagten seit 0.0.1994 als Beleuchter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 28. März 1995 enthält in § 1 die Bestimmung, dass der Kläger als Arbeiter bei der bayerischen S. in M. beschäftigt wird. Das Bruttomonatsentgelt belief sich zuletzt auf 2.510,43 € brutto.

Am 11.4.2001 erlitt der Kläger einen Bandscheibenvorfall. Spätestens seit diesem Zeitpunkt leidet der Kläger unter erheblichen Wirbelsäulenbeschwerden, was zu mehreren Arbeitsunfähigkeitszeiten und zu diversen Attesten geführt hat, deren wesentlicher Inhalt dahin ging, dass dem Kläger kein Heben und Tragen schwerer Lasten, keine Arbeit über Kopf sowie kein längeres Stehen zugemutet werden sollte. Vom 26. Juli 2001 bis zur Zurückstufung auf 30 % am 2.4.2003 wurde eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 50 % festgestellt. Mit Bescheid vom 0.0.2005 des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Oberbayern Versorgungsamt stellte dieses fest, dass die Zuerkennung eines Grads von 50 % im Bescheid von 2001 zwar rechtswidrig war, dass der Grad der Behinderung von 50 jedoch unverändert festgestellt bleibe.

Nach einer bis 23. Februar 2004 attestierten Arbeitsunfähigkeit bot der Kläger am 24. Februar 2004 dem Beklagten seine Arbeitsleistung an. Während einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers, die vom 31. März 2004 bis einschließlich 30. Juli 2004 andauerte, beantragte der Beklagte mit Schreiben vom 18. Juni 2004 beim Integrationsamt der Regierung von Oberbayern die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers und trug zur Begründung u.a. vor, die Kündigung sei notwendig, weil der Kläger auf Grund seiner gesundheitlichen Einschränkung nicht in seinem eigentlichen Beruf als Beleuchter eingesetzt werden könne und weil ein anderer, leidensgerechter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2004 lehnte der Beklagte gegenüber der Deutschen B. einen ihm vom Kläger vorgelegten Wiedereingliederungsplan für die Zeit vom 1. bis 21. November 2004 ab, der als Einschränkungen vorsah, dass der Kläger keine Lasten über 10 kg heben, keine Arbeit über Kopf ausführen und nicht längere Zeit heben dürfe. Mit weiterem Schreiben vom 7.12.2004 lehnte der Beklagte einen ihm vorgelegten weiteren Wiedereingliederungsplan der Orthopädiefachärztin Dr. M. ab, in dem diese für den Zeitraum 9.12.2004 bis 6.01.2005 eine Beschäftigung mit 6 Stunden täglich und einer Einschränkung auf "leichte körperliche Tätigkeit" vorschlug. Am 11. Januar 2005 attestierte Frau Dr. M., aus fachärztlicher Sicht könne "Herr N. selbst nach durchgeführter Bandscheiben-OP nur noch eingeschränkt tätig sein". Nach einer Bandscheibenoperation Ende August 2005 bescheinigte die Klinik für Orthopädie rechts der Isar, "nach Implantation einer Bandscheibenprothese" bestehe "aus fachärztlicher Sicht bei Herrn N. nur noch eingeschränkte Belastbarkeit mit einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden."

Am 17. Oktober 2005 lehnte der Beklagte einen ihm vorgelegten Wiedereingliederungsplan für die Zeit vom 25.10.05 bis 08.11.05 ab, der einen Einsatz des Klägers an 4 Stunden täglich mit der Einschränkung "leichte Tätigkeit, kein heben, schwer tragen, Ruhepausen" vorsah.

In einem im vom Kläger angestrengten sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dr. H. vom 21. Juli 2006, kommt dieser zu dem Ergebnis, der Kläger könne mit Rücksicht auf die bestehenden Gesundheitsstörungen "unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte, kurzzeitig auch mittelschwere Arbeiten, die möglichst wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet werden können, im Freien und in geschlossenen Räumen, vollschichtig, mit den üblichen Unterbrechungen eines normalen Arbeitstages ausüben. Das Heben und Tragen schwerer Lasten, Tätigkeiten die mit häufigem Bücken verbunden sind oder in gebückter Position verrichtet werden müssen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, sollten dem Kläger nicht zugemutet werden." Der Kläger könne von seiner Wohnung zu einem öffentlichen Verkehrsmittel und von dem öffentlichen Verkehrsmittel zum Arbeitsplatz vor Beginn am Ende der Arbeitszeit jeweils mehr als 500 m zurücklegen. Er könne ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen und ein Kfz, falls er über eine entsprechende Fahrerlaubnis verfüge.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 3. Februar 2004 zu Protokoll gegebenen Klage hat der Kläger - unter Berücksichtigung späterer Klageerweiterung - die Verurteilung des Beklagten zur Beschäftigung des Klägers in der Bayerischen Staatsoper als Pförtner oder Elektriker oder Beleuchter oder Hausinspektor oder Hausmeister oder in einer anderen Dienststelle des Verwaltungszweigs für Wissenschaft, Forschung und Kunst, ferner die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Verzugslohn in Höhe von (17.960,92 + 7.531,29=) 25.492,21 € brutto Verzugslohn sowie weiterer 3.110,43 € tariflicher Sonderleistung begehrt.

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er bereits in den letzten Jahren durch Vorlage von Attesten beim Arbeitgeber versucht habe, einen Arbeitsplatz zu bekommen, der körperlich weniger belastend sei. Der Beklagte habe dies jeweils mit der Begründung abgelehnt, ein solcher Arbeitsplatz stünde nicht zur Verfügung. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er könne eine Tätigkeit als Pförtner, Elektriker, Beleuchter oder auf einem anderen Arbeitsplatz in der Oper zum Beispiel als Hausinspektor - bei der Hausinspektion sind auch die Mitarbeiter angesiedelt, welche am Einlass stehen und die Karten entwerten - oder Hausmeister oder in einer anderen Dienststelle des Verwaltungszweiges nachkommen. Darüber hinaus habe er Entgeltansprüche, da er die Arbeitsleistung am 24. Februar 2004 angeboten habe.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Pförtner in der Bayerischen Staatsoper zu beschäftigen.

Hilfsweise wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Elektriker zu beschäftigen.

Hilfsweise wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Beleuchter zu beschäftigen.

Hilfsweise wird beantragt, den Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz zum Beispiel Hausinspektor oder Hausmeister zu beschäftigen.

Hilfsweise wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Kläger in einer anderen Dienststelle des Verwaltungszweiges für Wissenschaft, Forschung und Kunst weiter zu beschäftigen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 17.960,92 brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 519,39 seit dem 29.2.04 aus € 2.510,43 seit dem 31.3.04 aus € 2.343,48 seit dem 28.4.04 aus € 2.591,41 seit dem 1.8.04 aus € 2.510,43 seit dem 1.9.04 aus € 2.510,43 seit dem 1.10.04 aus € 2.510,43 seit dem 1.11.04 aus € 2.510,43 seit dem 1.12.04 zu bezahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 3.110,43 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.04 zu bezahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 7.531,29 brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 2.510,43 seit dem 1.1.05 aus € 2.510,43 seit dem 1.2.05 aus € 2.510,43 seit dem 1.3.05 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, seine Tätigkeit als Beleuchter nachzugehen. Eine andere freie Stelle stehe nicht zur Verfügung. Insbesondere sei ein Einsatz als Pförtner nicht möglich, da - abgesehen von 2 Pförtnern - diese Tätigkeit fremd vergeben sei. Der Kläger könne mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache weder als Pförtner noch als Hausinspektor beschäftigt werden. Auch als Elektriker müsse der Kläger in der Lage sein, schwere körperliche Tätigkeiten zu verrichten, was sich auch aus der Tätigkeitsbeschreibung ergebe. Der Kläger sei auch gesundheitlich nicht in der Lage, den körperlichen Belastungen einer Fahrtüchtigkeit nachzukommen, da dies voraussetze, mehrmals täglich zum Lager nach P. sowie auch weitere Fahrten zu Gastspielauftritten fahren zu können.

Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die Niederschrift vom 3.2.04 sowie auf die Schriftsätze vom 24.3.04, 28.4.04, 26.04.04, 13.05.04, 29.06.04, 7.7.04, 9.9.04, 27.09.04, 10.11.04, 15.12.04, 30.12.04, 26.01.05, 1.4.05, 6.5.05 und 9.5.05 sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 30.3.04, 30.9.04 und 28.7.05 verwiesen.

Erstinstanzlich wurde Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers seit dem 24. Februar 2004.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 18. August 2005, das dem Kläger am 24. August 2005 zugestellt wurde, in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beschäftigung in den im Einzelnen genannten Tätigkeiten. Der Kläger sei zum Teil aus gesundheitlichen Gründen und zum Teil mangels fehlender Kenntnisse der deutschen Sprache nicht in der Lage, die von ihm benannten Tätigkeiten ausüben.

Grundsätzlich habe ein Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsvertrages einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Sei er krankheitsbedingt auf Dauer nicht mehr der Lage, die geschuldete Arbeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz zu leisten, so sei er zur Vermeidung einer Kündigung auf einem leidensgerechte Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen weiter zu beschäftigen, falls der Arbeitnehmer für die dort zu leistende Arbeit. geeignet sei. Gegebenenfalls habe der Arbeitgeber einen solchen Arbeitsplatz durch Ausübung seines Direktionsrechts freizumachen und sich auch um die eventuell erforderliche Zustimmung des Betriebsrats zu bemühen. Zu einer weitergehenden Umorganisation oder zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 99 Absatz 4 Betriebverfassungsgesetz sei der Arbeitgeber dagegen nicht verpflichtet.

Eine Beschäftigung als Pförtner komme nicht in Betracht, weil die Beklagte auf Grund hinzunehmender Unternehmerentscheidung den Bereich der Pförtnerleistungen an externe Firmen vergeben habe. Eine Beschäftigung in der bisherigen Tätigkeit als Beleuchter scheide aus, wie sich aus dem eingeholten Gutachten ergebe. Die Tätigkeit als Beleuchter setze eine körperliche Belastbarkeit voraus, die beim Kläger bereits vor dem 24. Februar 2004 nicht mehr vorhanden gewesen sei. Selbst wenn man die vom Kläger geforderten Hilfestellungen seiner Kollegen als durchführbar unterstelle, bleibe es dabei, dass ein Beleuchter häufig über Kopf arbeiten müsse und vor allem, dass er in gebückter und unergonomischer Haltung tätig werden müsse. Auch die Tätigkeit als Elektriker sei dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen verschlossen. Dies ergebe sich aus dem eingeholten Sachverständigengutachten. Ausweislich der Stellenbeschreibung für Elektriker fielen auch Arbeiten über Kopf an. Außerdem müsse ein Elektriker in der Lage sein, körperliche Belastungen durch Installationsarbeiten und Staubentwicklung zu vertragen sowie fast nur stehende oder gehende Tätigkeiten zu verrichten. Auch wenn man von einer Verpflichtung des Beklagten zur Umorganisation mit dem Ziel der Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ausgehe, habe der Kläger nicht hinreichend nachvollziehbar gemacht, dass es möglich sei, die Arbeiten so zu bündeln, dass sich eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger eröffnen würde, die dem Beklagten auch zumutbar sei.

Eine Beschäftigung in der Hausinspektion, insbesondere am Einlass, scheitere daran, dass der Kläger nicht über die erforderlichen ausreichenden Deutschkenntnisse verfüge. Eine Hausmeistertätigkeit komme nicht in Betracht, weil ein Hausmeister einer Vielzahl von körperlich belastenden Tätigkeiten ausüben müsse, zu denen der Kläger gesundheitlich nicht in der Lage sei. Schließlich komme auch eine Tätigkeit als Fahrer bei der Staatsoper nicht in Betracht, weil dem die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers entgegenstünden. Ein Einsatz im Fahrdienst sei nicht leidensgerecht. Insgesamt erlaube es der Gesundheitszustand des Klägers nicht, den von ihm im Einzelnen benannten Tätigkeiten nachzugehen. Darauf, dass aktuell kein freier Arbeitsplatz in den genannten Bereichen bestehe, komme es daher ebenso wenig an wie auf die Frage, ob und unter welchen Umständen der Beklagte verpflichtet wäre, einen solchen Arbeitsplatz durch Ausübung des Direktionsrechts oder sogar durch einen "Freikündigen" für den Kläger bereitzustellen. Der Kläger habe darüber hinaus auch keinen Anspruch auf einen Einsatz in anderen Dienststellen des Beklagten. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich der Beschäftigungsanspruch im Grundsatz nur auf die Beschäftigten der Dienststelle, hier die bayerische S., oder auf sämtliche Dienststellen des Verwaltungszweiges beziehe. Der Kläger habe nämlich keine konkreten anderen Arbeitsplätze in diesem Bereich dargelegt.

Auch der vom Kläger geltendgemachte Zahlungsanspruch sei unbegründet. Könne ein schwerbehinderter Mensch aus gesundheitlichen Gründen seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen, lasse sich aus dem Schwerbehindertenrecht kein Anspruch auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung herleiten. Ein Anspruch nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz scheide aus, weil die Arbeitsunfähigkeit für einen solchen Anspruch bereits zu lange andauere. Ein Anspruch folge auch nicht aus § 615 Satz 1 BGB. Der hier geregelte Annahmeverzug setze nämlich voraus, dass der Kläger in der Lage sei, seiner arbeitsvertraglichen Leistungsverpflichtung gesundheitlich nachzukommen. Das sei hier nicht der Fall. Zwar habe ein schwerbehinderter Mensch einen einklagbaren Anspruch darauf, im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten so beschäftigt zu werden, dass er entsprechend seiner Vorbildung und seinem Gesundheitszustand seine Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiter entwickeln könne, woraus eine gesteigerte Förderungs- und Fürsorgepflicht resultiere. Dass der Beklagte gegen diese Fürsorgepflicht verstoßen habe, sei vom Kläger allerdings nicht dargelegt. Soweit der Kläger auf bestimmte Arbeitsplätze verweise, stehe fest, dass er nicht in der Lage sei, entweder aus gesundheitlichen oder aus sprachlichen Gründen diesen Tätigkeiten nachzugehen. Es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass eine Verpflichtung des Beklagten bestehe, die leichteren Tätigkeitselemente eines Elektrikers oder eines Beleuchters so zu bündeln, dass für den Kläger ein leidensgerechter Arbeitsplatz entstehe. Hierzu sei vom Kläger allerdings nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei auch zumindest bezüglich vergangener Zeiträume ein Verschulden des Beklagten fraglich, da der Kläger bisher nicht vorgetragen habe, er habe dies vom Beklagten verlangt.

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit seiner am 20. September 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die er mit Schriftsatz vom 24. November 2005, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags macht der Kläger geltend, die Erörterungen des Erstgerichts seien rechtsfehlerhaft, weil sie sich auf Aussagen des Gutachters beziehen würden, zu denen dieser vor Erstellung des Gutachtens nicht gefragt worden sei. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Beklagte mehrere Beleuchter beschäftige und dass daher eine Aufgabenverteilung bewerkstelligt werden können, die auf die Leiden des Klägers Rücksicht nehme. Das Gericht gehe auch nicht darauf ein, dass Installationsarbeiten, die ein Elektriker durchzuführen habe, leichtere Tätigkeiten seien. Auch hier sei nicht ersichtlich, wie das Gericht zu dem Schluss komme, dass der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sei, die jeweilige Tätigkeit auszuüben. Insbesondere bei der Position des Fahrers sei nicht erklärlich, wie der Sachverständige zu seinen Folgerungen gelange, wenn er an den von ihm zitierten Fahrten selbst nicht teilgenommen habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Arbeitsvertrag das Direktionsrecht des Beklagten dahingehend einschränke, dass der Beklagte den Kläger vertragsgemäß nur bei der S. beschäftigen dürfe, so wirke sich dies rechtlich nicht zu Lasten des Klägers aus. Mit seiner Beschäftigungsklage bzw. seinem Beschäftigungsbegehren habe der Kläger konkludent sein Einverständnis mit einer Änderung der Vertragsbedingungen erteilt. Inzwischen sei festgestellt, dass er mit einem Grad der Behinderung von 50 Prozent schwerbehindert sei, so dass die §§ 80 ff. SGB IX zur Anwendung kämen. Das Ersturteil beruhe somit auf unzutreffenden tatsächlichen Grundlagen. Das Integrationsamt habe nämlich vorher eingeschaltet werden müssen. Im Hinblick auf seine Schwerbehinderung habe der Beklagte eine höhere Zumutbarkeit in Kauf nehmen müssen. Das gelte insbesondere bezüglich der Frage, ob eine unternehmensweite Umorganisation hätte durchgeführt werden müssen oder ob man dem Kläger eine Umschulung hätte anbieten müssen. Die Weiterbeschäftigung des Klägers sei auch nicht unzumutbar, zumal auch das Gutachten von der Existenz nicht arbeitnehmerfreundlicher Vorrichtungen spreche.

Der Kläger beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Pförtner in der Bayerischen S. zu beschäftigen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 18.006,43 brutto nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus € 519,39 seit dem 29.02.2004

aus € 2.510,43 seit dem 31.03.2004

aus € 2.343,48 seit dem 28.04.2004

aus € 2.591,41 seit dem 01.08.2004

aus € 2.510,43 seit dem 01.09.2004

aus € 2.510,43 seit dem 01.10.2004

aus € 2.510,43 seit dem 01.11.2004

aus € 2.510,43 seit dem 01.12.2004

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 3.110,43 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2004 zu bezahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 100.417,17 brutto abzüglich € 11.186,80 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 186,41 netto seit dem 01.01.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.02.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.03.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.04.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.05.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.06.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 665,75 netto seit dem 01.07.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 585,86 netto seit dem 01.08.2005

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.09.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 186,41 netto seit dem 01.10.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.11.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.12.2005

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.01.2006

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 798,90 netto seit dem 01.02.2006

aus € 2.510,43 brutto abzgl. € 772,27 netto seit dem 01.03.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.04.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.05.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.06.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.07.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.08.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.09.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.10.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.11.2006

aus € 2.510,43 brutto abzgl.€ 1.200,00 netto seit dem 01.12.2006

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.01.2007

aus € 2.510,43 brutto abzgl.€ 400,00 netto seit dem 01.02.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.03.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.04.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.05.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.06.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.07.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.08.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.09.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.10.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.11.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.12.2007

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.01.2008

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.02.2008

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.03.2008

aus € 2.510,43 brutto seit dem 01.04.2008

zu bezahlen

5. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 6.220,86 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 3.110,43 seit dem 1.12.2005 aus € 3.110,43 € brutto seit dem 1.12.2006 zu bezahlen.

Hilfsweise

wird hinsichtlich der Ziffer 1. folgendes beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Elektriker zu beschäftigen.

Hilfsweise

wird hinsichtlich der Ziffer 1. des Weiteren beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Beleuchter zu beschäftigten.

Hilfsweise

wird hinsichtlich der Ziffer 1 des Weiteren beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz z.B. auf dem des Hausinspektors oder Hausmeisters zu beschäftigen.

Hilfsweise

wird des Weiteren schließlich beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger in einer anderen Dienststelle des Verwaltungszweiges für Wissenschaft, Forschung und Kunst weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, die gerügte fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Arbeitsgericht sei nicht nachvollziehbar. Die Behauptung des Klägers durch "Aufgabenverteilung" könne die Tätigkeit von Beleuchtern so gestaltet werden, dass der Kläger nur für "Vorbereitungsarbeiten" herangezogen werden müsse, sei unsubstantiiert und von der Sache her zutreffend. Auch der Einsatz als Elektriker scheide aus. Dies sei durch den Sachverständigen belegt. Die Vorstellung, dass "Installationsarbeiten", die ein Elektriker durchführe, leichte Tätigkeiten seien, sei durch nichts belegt und entspreche lediglich der subjektiven Einschätzung des Klägers. Der Beklagte trägt weiter vor, der Schwerbehindertenvertreter der bayerischen Staatsoper sei von Anfang an in die Gespräche mit dem Kläger eingebunden gewesen und habe sich immer wieder bemüht, alle Alternativen und Förderungsmöglichkeiten für den Kläger aufzuzeigen. Eine hausinterne Umsetzung sei angesichts der begrenzten Einsetzbarkeit des Klägers an geeigneter Stelle gescheitert. Eine externe Umschulung habe der Kläger hartnäckig trotz des Einsatzes des Schwerbehindertenvertreters und eines Angebots der Landesversicherungsanstalt verweigert. Der Kläger verkenne im übrigen die Reichweite von § 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX. Der dort niedergelegte individuelle Anspruch schwerbehinderter Menschen habe seine Grenzen. Voraussetzung sei nämlich, dass dem Arbeitgeber ein freier Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, an dem eine den Fähigkeiten und Kenntnissen des Arbeitnehmers entsprechende Beschäftigung möglich sei. Diesen Platz gebe es bei der bayerischen S. nicht. Außerdem stoße auch dieser individuelle Anspruch an die Grenzen von § 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX, nämlich die Grenze der Zumutbarkeit. Die vom Kläger immer wieder ins Feld geführte Teilzeitbeschäftigung können nur beansprucht werden, wenn eine kürzere Arbeitszeit wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig sei. Streitgegenständlich ergebe sich jedoch aus den vorgelegten Attesten und aus dem gerichtlichen Gutachten, dass der Kläger gar nicht mehr in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit auszuüben, so dass eine Verkürzung der Arbeitszeit keine Abhilfe schaffe.

Arbeitgeber, technischer Direktor und auch die Schwerbehindertenvertretung hätten dem Kläger und seinem anwaltlichen Vertreter immer wieder vermittelt, dass eine Umsetzung im Hause nicht möglich sei und dass deshalb mit Nachdruck eine frühzeitige Umschulung außerhalb des Hauses zu befürworten sei. Die LVA habe eine solche Umschulungsmaßnahme auch dank des Einsatzes des Schwerbehindertenvertreters der bayerischen S. bewilligt. Der Kläger habe sich jedoch nach anfänglicher Zustimmung geweigert, diese Möglichkeit einer Umschulung außerhalb der bayerischen S. wahrzunehmen. Zu keinem Zeitpunkt seien Neueinstellungen auf Arbeitsplätze vorgenommen worden, für die der Kläger fachlich oder körperlich geeignet gewesen wären. Die vom Kläger vorgelegten Wiedereingliederungspläne habe der Beklagte aufgrund der widersprüchlichen Attestlage ablehnen müssen. Die Behauptung des Klägers, der Bandscheibenvorfall habe sich "in der Arbeit für den Beklagten ereignet" werde bestritten und sei nicht belegt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 256 ff, 290 ff, 326 ff, 351 ff 364 ff, 414 f, 416 ff, 442 ff, 456 ff, 467 f, 478 ff, 488 ff, 490 f, 496 ff, 503 ff, 519 ff, 561 ff 564 ff, 579 ff, 613 ff, 679 ff d.A.) ergänzend Bezug genommen.

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Beweisbeschlusses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 8.5.07 (Bl. 474 d.A.) sowie hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das bei der Verfahrensakte befindliche Gutachten von Herrn Dr. T. (Bl. 525 ff. d.A.) vollinhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Der Kläger hat weder einen Beschäftigungsanspruch noch einen Verzugslohnanspruch noch einen Schadensersatzanspruch in der geltendgemachten Höhe.

Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wird folgendes ausgeführt:

1. Beschäftigungsanspruch

Ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung als Pförtner, Elektriker, Beleuchter, Hausinspektor bzw. Hausmeister oder in einer anderen Dienststelle des Verwaltungszweigs für Wissenschaft, Forschung und Kunst ist nicht gegeben.

a) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX schwerbehinderte Menschen gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf eine Beschäftigung haben, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Der Arbeitgeber erfüllt diesen Anspruch regelmäßig, wenn er dem Arbeitnehmer die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zuweist. Kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer die damit verbundenen Tätigkeiten wegen seiner Behinderung - wie im vorliegenden Fall der Kläger - nicht mehr wahrnehmen, so führt dieser Verlust nach der Konzeption der §§ 81 ff. SGB IX nicht ohne weiteres zum Wegfall des Beschäftigungsanspruchs. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer kann dann vielmehr Anspruch auf eine anderweitige Beschäftigung haben und, soweit der bisherige Arbeitsvertrag diese Beschäftigungsmöglichkeit nicht abdeckt, auf eine entsprechende Vertragsänderung. Dem Arbeitnehmer wird damit gesetzlich jedoch kein absoluter Anspruch auf Beschäftigung eingeräumt. Der Anspruch beschränkt sich vielmehr auf solche Tätigkeiten, für die er nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen unter Berücksichtigung seiner Behinderung befähigt ist. Kommt eine solche anderweitige Beschäftigung in Betracht, ist der Arbeitgeber gleichwohl dann nicht zur Beschäftigung des schwerbehinderten Menschen verpflichtet, wenn ihm die Beschäftigung unzumutbar ist (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX). Er ist nicht verpflichtet, für den schwerbehinderten Menschen einen zusätzlichen Arbeitsplatz einzurichten.

b) Ein Beschäftigungsanspruch des Klägers besteht bei Anwendung dieser Grundsätze nicht, da er für die einzelnen bezeichneten Tätigkeiten nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht geeignet ist und weil es im übrigen bezüglich einer Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich des zuständigen Staatsministeriums seitens des Klägers keinerlei konkrete Anhaltspunkte bezüglich der nach seiner Auffassung ihm zuzuweisenden Tätigkeit gibt.

aa) Diese Feststellung berücksichtigt die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu beachtende abgestufte Darlegungs- und Beweislast bei Beschäftigungsansprüchen eines schwerbehinderten Menschen.

Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist dann schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die geltend gemachte Rechtsfolge zu rechtfertigen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muss lediglich in die Lage versetzt werden, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen (vgl. BAG, Urt. vom 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 - NZA 2004, 489).

Macht der schwerbehinderte Arbeitnehmer den schwerbehindertenrechtlichen Beschäftigungsanspruch nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX geltend, so hat er nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen. Dagegen hat der Arbeitgeber die anspruchshindernden Umstände vorzutragen. Dazu gehören insbesondere diejenigen, aus denen sich die Unzumutbarkeit der Beschäftigung des Arbeitnehmers ergeben soll. Im Übrigen gilt hier eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast.

Nach der gesetzlichen Konzeption des Schwerbehindertenrechts hat sich der Arbeitgeber um eine behinderungsgerechte Beschäftigung des Arbeitnehmers zu bemühen. Daraus ergibt sich zugleich, dass er den geltend gemachten Beschäftigungsanspruch nicht mit der bloßen Behauptung abwehren kann, er verfüge über keinen geeigneten Arbeitsplatz. Die gebotene sachliche Auseinandersetzung mit dem Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung erfordert eine substantiierte Darlegung des Arbeitgebers, aus welchen Gründen die vom Arbeitnehmer vorgeschlagenen Beschäftigungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Welche Einzelheiten vom Arbeitgeber vorzutragen sind, bestimmt sich nach den Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung der Darlegungen des klagenden Arbeitnehmers. Als Einwände kommen in Betracht, dass entsprechende Tätigkeitsbereiche überhaupt nicht vorhanden seien, keine Arbeitsplätze frei seien und auch nicht frei gemacht werden könnten, der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil nicht erfülle oder die Beschäftigung aus anderen Gründen unzumutbar sei. Diese Substantiierungslast entspricht der Rechtsprechung zu § 138 Abs. 1 und 2 ZPO. Danach wird dem Gegner der primär behauptungsbelasteten Partei eine sekundäre Behauptungslast auferlegt, wenn die darlegungspflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BAG, Urt. vom 10.5.05, Az. 9 AZR 230/04, NZA 2006, 155 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen ist der Sachvortrag des Beklagten gerecht geworden. Der Beklagte hat spezifiziert vorgetragen, dass und warum der Kläger für die Positionen des Hausmeisters, Hausinspektors und Fahrers nicht geeignet ist. Das Arbeitsgericht hat sich hiermit im Einzelnen auseinandergesetzt und ist zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass der Kläger für diese Positionen wegen seiner Qualifikation, insbesondere sprachlichen Kompetenz, aber auch wegen seiner gesundheitlichen Beschränkung nicht geeignet ist. Bezüglich der Tätigkeiten des Beleuchters und Elektrikers hat das sehr sorgfältige Gutachten des zweitinstanzlich befragten Sachverständigen Dr. T. als Ergebnis, dass der Kläger in diesen Tätigkeitsfeldern auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme nicht eingesetzt werden kann, dass aber auch eine Umorganisation der Aufgabenbereiche mit dem Ziel der Schaffung eines bezüglich des Klägers leidensgerechten Arbeitsplatzes ausscheidet.

cc) Soweit der Kläger eine Beschäftigung im übrigen Zuständigkeitsbereich des Verwaltungszweigs für Wissenschaft, Forschung und Kunst begehrt, ist er jegliche Konkretisierung seiner Beschäftigungsvorstellung schuldig geblieben, auf die der Beklagte hätte spezifisch reagieren können. Es ist zwar richtig, dass die Vorschriften des Schwerbehindertenrechts dem Arbeitgeber eine aktive Rolle bei der Feststellung von Beschäftigungsmöglichkeiten zuweisen. Dieses entbindet den schwerbehinderten Arbeitnehmer jedoch nicht davon, unter Inanspruchnahme der ihm zugänglichen Informationsmöglichkeiten (Kontakt mit der Schwerbehindertenvertretung und dem Personalrat bzw. Hauptpersonalrat) Vorstellungen bezüglich der begehrten Beschäftigung zu entwickeln und dem Arbeitgeber zu unterbreiten. Anders als in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.5.2005, a.a.O., zu Grunde liegenden Fall hat der Kläger keine Arbeitsplätze bezeichnet, die er nach seiner Behauptung sowohl auf Grund seiner Vorbildung als auch unter Berücksichtigung seiner Behinderung sowie des festgestellten Krankheitsbildes wahrnehmen kann. Der Kläger in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte auch behauptet, die von ihm beschriebenen Tätigkeiten seien arbeitsplatzbezogen tatsächlich ausgeschrieben worden.

2. Verzugslohnanspruch

Die Klage auf Verzugslohn in der im Klageantrag bezeichneten Höhe ist unbegründet, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum außerstande war, die vertraglich geschuldete Leistung oder eine ihm im Rahmen des Direktionsrechts zuzuweisende Tätigkeit zu erbringen (§ 297 BGB).

Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die nach § 611 BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich nach den §§ 293 ff. BGB. Nach § 296 Satz 1 BGB obliegt es dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die dem Arbeitgeber nach § 296 Satz 1 BGB obliegende Handlung besteht darin, die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung hinreichend zu bestimmen und durch Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes zu ermöglichen. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen.

Die unterlassene Zuweisung eines Arbeitsplatzes führt gleichwohl nicht zu einem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug, weil die Voraussetzungen des § 297 BGB vorliegen. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Fall des § 296 BGB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Dem Arbeitnehmer muss die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistungen möglich sein. Unmöglichkeit und Annahmeverzug schließen sich aus.

Eine den Annahmeverzug ausschließende Unmöglichkeit ist jedoch nicht schon deshalb anzunehmen, weil der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person nur einen Teil, nicht aber alle Arbeiten verrichten kann, die zum Spektrum der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gehören. Bei beschränkter Leistungsfähigkeit auf Grund einer Behinderung ist der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO sogar verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ist es deshalb dem Arbeitgeber möglich und zumutbar, dem nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer Arbeiten zuzuweisen, die seiner verbleibenden Leistungsfähigkeit entsprechen, ist die Zuweisung anderer Arbeiten nach § 106 Satz 1 GewO unbillig.

Wie sich aus der Analyse des Sachverständigen Dr. T. ergibt, war es dem Beklagten nicht möglich, dem Kläger seiner verbleibenden Leistungsfähigkeit, die insbesondere durch das Verbot von Tätigkeiten in Zwangshaltungen gekennzeichnet ist, entsprechende Arbeiten im Bereich der Elektriker bzw. Beleuchter zuzuweisen. Nachdem die übrigen von ihm genannten Tätigkeiten von seiner Qualifikation nicht in Betracht kamen, bzw. Stellen nicht zu besetzen waren (Pförtnerbereich), ist während des streitgegenständlichen Zeitraums eine den Annahmeverzug ausschließende Unmöglichkeit gegeben gewesen.

3. Schadensersatzanspruch

Der Kläger kann den eingeklagten Geldbetrag auch nicht als Schadensersatz verlangen.

Versäumt es der Arbeitgeber schuldhaft, die behinderungsgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX zu ermöglichen, hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe der ihm entgangenen Vergütung nach § 280 Abs. 1 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (BAG, Urteil vom 4.10.2005 - 9 AZR 632/04, DB 2006,902 m.w.N.).

Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern einen Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, damit sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Der Arbeitgeber erfüllt diesen Anspruch regelmäßig, wenn er dem Arbeitnehmer die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zuweist. Kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer die damit verbundenen Tätigkeiten wegen seiner Behinderung nicht mehr wahrnehmen, so führt dieser Verlust nach der Konzeption der §§ 81 ff. SGB IX nicht ohne weiteres zum Wegfall des Beschäftigungsanspruchs. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer kann - wie bereits ausgeführt - vielmehr Anspruch auf eine anderweitige Beschäftigung haben und, soweit der bisherige Arbeitsvertrag diese Beschäftigungsmöglichkeit nicht abdeckt, auf eine entsprechende Vertragsänderung. Kommt eine anderweitige Beschäftigung in Betracht, ist der Arbeitgeber gleichwohl dann nicht zur Beschäftigung des schwerbehinderten Menschen verpflichtet, wenn ihm die Beschäftigung unzumutbar oder mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen verbunden ist, wie nunmehr (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX). Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, für den schwerbehinderten Menschen einen zusätzlichen Arbeitsplatz einzurichten.

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheidet aus, weil er nicht darlegen konnte, dass der Beklagte die Möglichkeit hatte, den Kläger anderweitig - auch nach ggf. erforderlicher Vertragsänderung - weiterzubeschäftigen. Das gilt auch dann, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass ein in den Einzelheiten dokumentiertes Präventionsverfahren nicht stattgefunden hat. Für diesen Fall kommt dem schwerbehinderten Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zwar eine nur eingeschränkte Darlegungslast zu. Gemäß § 84 Abs. 1 SGB IX ist der Arbeitgeber bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, verpflichtet, das Integrationsamt und die Schwerbehindertenvertretung einzuschalten. Der Arbeitgeber hat unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des zuständigen Integrationsamts nach Lösungen zu suchen, um diese Schwierigkeiten zu beseitigen. Ziel dieser gesetzlichen Prävention ist die frühzeitige Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu erreichen. Dem Arbeitgeber wird damit eine aktive Rolle für Eingliederung und gegen Ausgliederung des schwerbehinderten Arbeitnehmers zugewiesen. Dem schwerbehinderten Arbeitnehmer fehlen zumeist zur Beurteilung der Frage, wie eine behinderungsgerechte Beschäftigungsmöglichkeit gefunden oder geschaffen werden kann, die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse. Verletzt der Arbeitgeber seine gesetzlichen Erörterungspflichten, verhindert er damit die Durchführung dieses Präventionsverfahrens. Das hat Folgen für die Darlegungslast. Hat die primär darlegungspflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen kann dem Gegner eine sekundäre Behauptungslast auferlegt werden. Das setzt zwar in der Regel voraus, dass der Prozessgegner die erforderliche Kenntnis hat. Das Wissen, wie ein behindertengerechter Arbeitsplatz in seinem Betrieb einzurichten und auszustatten ist, kann einem Arbeitgeber nicht unterstellt werden. Auf dieses fehlende Wissen kann sich der Arbeitgeber nicht berufen, wenn er seinen Pflichten gemäß § 84 Abs. 1 SGB IX nicht nachgekommen ist.

Denn die Erörterung mit den in § 84 Abs. 1 SGB IX genannten fachkundigen Stellen dient gerade dazu, dass er sich das entsprechende Wissen verschafft. Fand diese Erörterung allerdings statt und kamen die fachkundigen Stellen unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu dem Ergebnis, es gäbe keine Möglichkeiten zur Sicherung der Beschäftigung des Arbeitnehmers, bleibt es bei der primären Darlegungslast des schwerbehinderten Arbeitnehmers. Er hat dann vorzutragen, welche konkreten technischen oder organisatorischen Veränderungen seine behinderungsgerechte Beschäftigung ermöglichen.

Vorliegend hat der Beklagte zwar die Voraussetzungen eines korrekten Präventionsverfahrens deshalb nicht erfüllt, weil er das Integrationsamt ersichtlich bzw. erst im Zusammenhang mit einem Antrag auf Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers eingeschaltet hat. Allerdings begründet nicht schon die Tatsache, dass ein Wiedereingliederungsverfahren nicht durchgeführt wurde, einen Schadensersatzanspruch. Es müssen vielmehr auch bei gehöriger Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements überhaupt Möglichkeiten einer alternativen (Weiter-)Beschäftigung bestanden haben. (vgl. für den Fall einer krankheitsbedingten Kündigung, der kein betriebliches Eingliederungsmanagement vorausgegangen war: BAG, Urt. Vom 23.4.2008, Az.: 2 AZR 1012/06, DB 2008,2091)

Nach dem Ergebnis der in beiden Instanzen eingeschalteten Gutachter war und unter Berücksichtigung der Fähigkeiten des Klägers war für den Beklagten eine behinderungsgerechte Beschäftigung des Klägers nicht möglich. Auch unter Berücksichtigung der veränderten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist daher ein Schadensersatzanspruch nicht gegeben. Auch bei Durchführung des Präventionsverfahrens hätte nach Überzeugung der Kammer eine behinderungs- und leidensgerechte Beschäftigung des Klägers nicht realisiert werden können.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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