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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 24.09.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 987/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 611 |
11 Sa 987/05
Verkündet am: 24.09.2008
In dem Rechtsstreit
erlässt die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Löchel und Hofmann folgendes Schlussurteil:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts München vom 9. August 2005, Az.: 8 Ca 402/04, wird das Schlussurteil vom 9. August 2005 dahingehend abgeändert, dass zusätzlich zu den durch Teilurteil vom 9. April 2008 erfolgten Änderungen Ziffer 8. bis 11. durch folgende Punkte ersetzt werden:
8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger hinsichtlich seines Anspruchs gemäß § 13 seines Arbeitsvertrags vom 9.2.03 den Betrag von 2.351,50 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten seit 16.3.04 zu zahlen.
9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.275,61 € brutto abzüglich 6.163,40 € netto zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils aus 5.616,00 EUR brutto seit 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005 und 01.08.2005 sowie aus 1.811,61 EUR brutto seit 01.09.2005, bis jeweils 14.12.2007 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 24.275,61 € brutto abzüglich 6.163,40 € netto seit 15.12.2007 zu zahlen.
10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.808,00 brutto abzüglich 1.563,88 € netto zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen aus € 2.808,00 brutto in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für den Zeitraum 01.07.2005 bis 14.12.2007 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2. 808,00 € brutto abzüglich 1.563,88 € netto seit 15.12.2007 zu zahlen.
11. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen
12. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/10 und die Beklagte 8/10.
13. Der Streitwert wird auf 164587,95 € festgesetzt.
2. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Lohnsteuerbescheinigung entsprechend der Rechtsvorschrift des § 41 b Abs. 1 Satz 3 EStG über die für ihn im Veranlagungszeitraum 2006 an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abgeführte Lohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag zu erteilen.
3. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (Az.: 5 AZN 747/06) trägt der Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten - soweit Gegenstand dieses Schlussurteils - über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz entstandener Mietkosten, über einen Verzugslohnanspruch in Höhe von 24.275,61 € brutto abzüglich 6.163,40 € netto sowie über einen Anspruch auf arbeitsvertragliche Sonderzahlung in Höhe von 2.808,-- € brutto abzüglich 1.563,88 € netto fällig im Juni 2005.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der am 00. Mai 1963 geborene Kläger ist seit 15. März 2003 bei der Beklagten als Manager Internal Audit zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 0.000,-- € - entsprechend 0.000,00 € netto bei Lohnsteuerklasse 6 - beschäftigt.
Die Beklagte beschäftigt rund 85 Mitarbeiter. Zu ihren Tochterunternehmen gehört die T. GmbH & Co. OHG mit den Geschäftsbereichen "T. D." und "T. ...". Betriebsverfassungsrechtlich besteht für jeden der beiden "Geschäftsbereiche" ein eigenständiger Betriebsrat.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2004. Hiergegen erhob der Kläger Feststellungsklage zum Arbeitsgericht München. Mit dem durch die vorliegenden Berufungen angegriffenen Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9. August 2005, Az.: 8 Ca 402/04 hat dieses - inzwischen rechtskräftig - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die ordentlichen Kündigungen vom 22. Dezember 2003 aufgelöst worden ist.
Mit Schreiben vom 10. August 2005 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut außerordentlich betriebsbedingt, hilfsweise ordentlich betriebsbedingt gekündigt. Mit Teilurteil vom 30.4.2008 hat das Landesarbeitsgericht München das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 30.5.2007 bestätigt, dass das Arbeitsverhältnis durch die beiden Kündigungen vom 10.8.2008 nicht aufgelöst worden ist dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2005 gegen Zahlung einer Abfindung von 20.000,--€ aufgelöst worden ist (Az.: 5 Sa 661/07).
Zwischen den Parteien ist u.a. streitig, ob der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des Groß- und Außenhandels in Bayern vom 23. Juni 1997 (MTV) auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
§ 1 MTV lautet:
§ 1 Geltungsbereich Der Tarifvertrag gilt:
1. räumlich: für das Land Bayern
2. betrieblich: für die Betriebe und Betriebsabteilungen des Groß- und Außenhandels sowie deren Hilfs- und Nebenbetriebe, soweit sie dem Betriebszweck des Hauptbetriebes dienen.
Ausgenommen sind Nebenbetriebe, für die eine besondere tarifliche Regelung gilt."
§ 18 des genannten Tarifvertrags hat folgenden Wortlaut:
"1. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gegenüber der Geschäftsleitung oder der von ihr bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich innerhalb der folgenden Fristen geltend zu machen:
a) Ansprüche wegen Nichtübereinstimmung des ausgezahlten Betrages mit der Entgeltabrechnung bzw. dem Entgeltnachweis: unverzüglich.
b) Ansprüche wegen fehlerhafter Errechnung des Engelts oder der Abzüge: 4 Wochen nach Aushändigung der Entgeltabrechnung.
c) Alle übrigen Ansprüche: 2 Monate nach Fälligkeit (Urlaub 3 Monate nach Ende des Urlaubsjahres).
d) Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 2 Monate nach Ausscheiden.
2. Für Ansprüche des Arbeitsgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber den Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen gelten die Fristen des Absatzes 1 sinngemäß.
3. Die Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht vor Ablauf der in Ziffer 1b) bis d) genannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind (Ausschlußfristen).
4. Sind die Ansprüche fristgerecht geltend gemacht, ist ihre Erfüllung aber von der Geschäftsleitung abgelehnt worden oder erklärt sich die Geschäftsleitung innerhalb von zwei Wochen nicht, so muß der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin sofern er/sie das Arbeitsgericht anrufen will, nach Ablehnung oder nach Fristablauf innerhalb von zwei Monaten Klage erheben. Geschieht dieses nicht, so erlöschen die Ansprüche.
Dies gilt auch sinngemäß für Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin.
5. Bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis ist der Sitz des Betriebes, bei einer Zweigniederlassung deren Sitz Gerichtsstand."
Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 8. Januar 2004 eingegangenen Klage vom 7. Januar 2004 hat der Kläger - soweit nicht bereits rechtskräftig entschieden - die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Gehalts in Höhe von 5.616,-- € brutto seit der Kündigung, zur Zahlung von Mietkostenersatz in Höhe von 2.351,50 €, zur Zahlung einer Sonderzahlung Juni 2005 in Höhe von je 2.808,-- € brutto sowie zur Zahlung von Verzugslohn in Höhe von 24.275,61 € brutto begehrt.
Der Kläger hat in erster Instanz - soweit nicht bereits rechtskräftig ausgeurteilt - beantragt (die Ziffern entsprechen der im Endurteil der ersten Instanz vom 30. Mai 2007 vorgenommenen Nummerierung):
6. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger hinsichtlich seines Anspruchs auf die Erstattung von Umzugskosten gemäß § 13 seines Arbeitsvertrags vom 09.02.2003 einen Betrag von 2.351,50 € zu zahlen;
12. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger hinsichtlich der mit Antrag 5, 6, 10 und 4 geltend gemachten Entgeltforderung Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz bezogen auf die die jeweiligen Bruttobeträge, ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen;
Den auf Erstattung von Umzugskosten bzw. Mietaufwendungen gerichteten Klageantrag hat das Arbeitsgericht München als unbegründet abgewiesen mit der Begründung, arbeitsvertraglich sei lediglich eine Erstattung tatsächlich anfallender Kosten versprochen, Mietaufwendungen seien in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.
Gegen das der Beklagten am 22. August 2005 und dem Kläger - durch Übergabe an ihn persönlich - am 1. September 2005 zugestellte Schlussurteil des Arbeitsgerichts München vom 9. August 2005 haben jeweils die Beklagte mit Schriftsatz vom 22. September 2005, der beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen ist, und der Kläger mit Schriftsatz vom 29. September 2005, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, Berufung eingelegt.
Mit seiner Berufung vom 29. September 2005 begehrt der Kläger unter Abänderung des Schlussurteils vom 9. August 2005 sowie klageerweiternd die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 2.351,50 € Umzugskosten, zur Zahlung der am 30.6.2005 fälligen Sonderzahlung in Höhe von 2.808,-- € brutto abzüglich 1.563,40 € netto sowie zur Zahlung von 24.275,61 € brutto abzüglich 6.163,40 € netto sowie zur Erteilung einer Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006.
Zur Begründung seines Anspruchs auf Zahlung von 2.351,50 € trägt der Kläger vor, die Beklagte habe ihm vorbehaltlos Mietaufwendungen für die Monate März bis einschließlich November 2003 in Höhe von insgesamt 3.248,50 € erstattet. Daraus ergebe sich, dass die Beklagte die Mietkostenzahlungen als Teil der Umzugskosten angesehen habe.
Der Erstattungsanspruch ergebe sich auch aus einer mündlichen Zusage der Personalreferentin D.. Bereits beim Einstellungsgespräch habe ihn Frau D. darüber informiert, dass er gegen Nachweis die Mietaufwendungen als Umzugskosten erstattet bekäme. Ein Einzelnachweis sei entbehrlich. Außerdem folge der Anspruch aus betrieblicher Übung. Das Appartement, das er gemietet gehabt habe, habe 380 € pro Monat gekostet, ein Betrag, der ihm in vollem Umfang erstattet worden sei. Für März 2003 sei ihm lediglich die halbe Miete erstattet worden, weil er erst am 15. März 2003 eingezogen sei.
Das Schriftformerfordernis in § 17 Nr. 3 des Arbeitsvertrages habe aus seiner Sicht nur deklaratorischen Charakter. Die ehemalige Personalreferentin könne auch bezeugen, dass sie jederzeit Entscheidungen in personellen Angelegenheiten getroffen habe, die über eine bloße Personalverwaltung weit hinausgegangen seien.
Der klageerweiternd geltend gemachte Verzugslohnanspruch in Höhe von 24.275,61 € brutto abzüglich 6.163,40 € netto betreffe den Zeitraum 1.4.2005 bis 10.8.2005, in dem das Arbeitsverhältnis fortbestanden habe und in dem sich die Beklagte im Verzug der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers befunden habe.
Der Kläger beantragt:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 9.8.2005 (Gz.: 8 Ca 402/04) dahin abgeändert, dass die Beklagte an den Kläger EUR 2.351,50 Umzugskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.3.2004 zu bezahlen hat.
2a. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.275,61 € brutto zu zahlen abzüglich 6.163,40 € netto
2b. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils aus 5.616,00 EUR brutto seit 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005 und 01.08.2005 sowie aus 1.811,61 EUR brutto seit 01.09.2005, bis jeweils 14.12.2007 zu zahlen.
2c. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 24.275,61 € brutto abzüglich 6.163,40 € netto seit 15.12.2007 zu zahlen.
3a. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.808,00 brutto abzüglich 1.563,88 € zu zahlen.
3b. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen aus € 2.808,00 brutto in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für den Zeitraum 01.07.2005 bis 14.12.2007 zu zahlen.
3c. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2. 808,00 € brutto abzüglich 1.563,88 € netto seit 15.12.2007 zu zahlen.
4. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Lohnsteuerbescheinigung entsprechend der Rechtsvorschrift des § 41 b Abs. 1 Satz 3 EStG über die für ihn im Veranlagungszeitraum 2006 an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abgeführte Lohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag zu erteilen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, 9/10 der Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde des Verfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht unter dem Gz.: 5 AZN 747/06 zu tragen.
6. Im Fall einer Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Aufrechnung wird beantragt, die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, dem behaupteten Anspruch stehe das vertragliche Schriftformerfordernis entgegen. Der Anspruch könne im Übrigen nur dann zur Entstehung gelangen, wenn die ehemalige Personalreferentin zur Abänderung des Vertrags befugt gewesen sei. Der Kläger habe auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine entsprechende Befugnis der Zeugin ergebe. Gegen eine entsprechende Bevollmächtigung der Zeugin spreche, dass weder der Arbeitsvertrag noch die Kündigungen durch die Personalreferentin unterzeichnet worden seien. Vorsorglich werde geltend gemacht, dass die erfolgten Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien und deshalb möglicherweise zu Rückforderungsansprüchen führten.
Unabhängig davon stünden ihr, der Beklagten, sowohl gegenüber dem behaupteten Anspruch auf Mietkostenerstattung wie auch gegenüber den Verzugslohnansprüchen des Klägers Gegenansprüche gegen den Kläger zu, mit denen sie hilfsweise die Aufrechnung erkläre. Sie habe nämlich dem der Kläger für die Zeit von Januar 2004 bis einschließlich März 2005 einen Vergütungsbetrag von 89.240,-- € überwiesen, wovon er, der Kläger, wegen ungerechtfertigter Bereicherung 66.274,92 € zurückzahlen müsse. Unter Zugrundelegung des monatlichen Bruttogehalts des Klägers in Höhe von 5.616,-- € ergebe sich ein monatlicher Nettobetrag von 2.725,13 €, was zu einem monatlich pfändbaren Betrag in Höhe von 1.253,-- € führe. Die Aufrechnung werde erklärt gegenüber eventuell bestehender Gehaltsansprüche des Klägers in Höhe von jeweils monatlich 1.253 € für die Monate April 2005 bis einschließlich November 2005, in der zeitlichen Reihenfolge beginnend mit dem Monat April 2005 sowie hilfsweise gegen den behaupteten Urlaubsgeldanspruch 2005.
Hintergrund des zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsanspruchs sei, dass die Beklagte irrtümlich den gesamten Bruttobetrag aus den Ziffern 5, 6 und 7 des Schlussurteils des Arbeitsgerichts München vom 9. August 2005 in Höhe von zusammen 89.856,-- € an den Kläger überwiesen habe, ohne dass eine Gehaltsabrechnung durchgeführt und lediglich der Nettobetrag in Kläger sowie Lohnsteuer an das Finanzamt und die Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsträger gezahlt worden wären. Die Beklagte habe dann den Kläger sofort mit E-Mail vom 31. August 2005 darüber informiert und darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine Gehaltsabrechnung durchführen werde, aus der sich eine Überzahlung zu Gunsten der Beklagten ergeben werde. Mit weiterer E-Mail des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 1. September 2005 sei der Kläger aufgefordert worden, unverzüglich nach der Abrechnung durch die Beklagte die Überzahlung zu erstatten. Die Beklagte habe dann mit Schreiben vom 29. September 2005 die Abrechnung für den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2005 vorgenommen und dem Kläger entsprechende Gehaltsabrechnungen zugesandt. Daraufhin habe sich der Kläger mit E-Mail vom 15. Oktober 2005 gemeldet und lediglich moniert, es sei unberechtigterweise die Lohnsteuerklasse VI in Ansatz gebracht worden sei und dass die Abrechnung nicht nachvollziehbar sei. Die Beklagte habe dann mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 die Abrechnung nochmals erläutert und den Kläger zur Zahlung von 66.274,92 € bis 10. November 2005 aufgefordert. Hierauf habe sich der Kläger mit E-Mail vom 18. November 2005 bei der Beklagten gemeldet und dieser mitgeteilt, dass er die mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 übersandten Unterlagen überhaupt noch nicht geprüft habe und diese Prüfung erst vornehmen werde, wenn die Beklagte die Gründe für die ausgesprochene außerordentliche und fristlose Kündigung vom 10. August 2005 mitgeteilt habe. Die dreimonatige Ausschlussfrist des § 17 des Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2003 sei gewahrt, nachdem die Überzahlung nach dem 9. August 2003 erfolgt sei und bereits mit Schreiben vom 1.9.2003 die schriftliche Geltendmachung durch die Beklagte erfolgt sei.
Der Kläger erwidert, der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Rückzahlungsanspruch sei gemäß § 18 des auf das Arbeitsverhältnis kraft Allgemeinverbindlichkeit anzuwendenden Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des Groß- und Außenhandels in Bayern vom 23. 6. 1997 im Hinblick auf die dort geregelte Ausschlussfrist erloschen.
Die Beklagte habe am Mittwoch, den 31. August 2005 von der behaupteten Überzahlung Kenntnis erlang. Die Verfallfrist beginne mit dem Zeitpunkt der Überzahlung. Somit habe sie gemäß § 18 1. b des Manteltarifvertrags bis zum Ablauf von vier Wochen ab Kenntnis, mithin bis zum 28. September 2005, Gelegenheit gehabt, ihre Ansprüche gegenüber dem Kläger geltend zu machen. Tatsächlich habe sie ihrer Ansprüche aus der behaupteten Überzahlung am 31. August 2005 gegenüber dem Kläger geltend gemacht. Damit sei die zweite Stufe der Ausschlussfrist in Gang gesetzt worden. Diese Frist, innerhalb derer der Kläger habe reagieren müssen, sei spätestens am 13. September 2005 abgelaufen. Unstreitig habe er jedoch erstmals am 15. Oktober 2005 überhaupt reagiert. Damit habe die Beklagte ihren Rückzahlungsanspruch spätestens am 14. November 2005 gerichtlich geltend machen müssen. Die gerichtliche Geltendmachung sei jedoch erst am 31. Juli 2006 mit der Widerklage vor dem Arbeitsgericht (Az.: 20 Ca 13029/05) erfolgt.
In jedem Fall sei ihm das Schreiben der Beklagten vom 28. September 2005, mit dem die Beklagte den Rückzahlungsanspruch beziffert habe, spätestens am 30. September 2005 vorgelegen, so dass die zweite Stufe der Ausschlussfrist am 1. Oktober 2005 angelaufen sei und am 14. Oktober 2005 geendet habe. Seine Reaktion mittels E-Mail-Nachricht vom 15. Oktober 2005 sei daher außerhalb der Zweiwochenfrist erfolgt. Auf den Inhalt der EMail komme es daher nicht an. Dass er das Schreiben der Beklagten bereits am 30. September 2005 in Händen gehabt habe ergebe sich daraus dass er am Freitag, den 30. September 2005 auf seinem Computer eine Datei mit der Bezeichnung "T.... 8 Ca 402 aus 04, 28.09.05" erstellt und sich in dieser Datei mit der Gehaltsabrechnung vom 28.9.2005 auseinandergesetzt habe. Das Datum der Erstellung des Dokuments lasse sich bei Öffnung der Datei über das Pulldownmenü "Datei", dem Menüpunkt "Eigenschaften" und dort "Allgemein" entnehmen. Auch wenn man das Schreiben vom 28.9.05 als erstmalige Geltendmachung im Sinne des § 18 MTV ansehe, habe jedenfalls am 15. Oktober 2005 die dritte Stufe der Ausschlussfrist begonnen und mit dem 15. Dezember 2005 geendet.
Die Beklagte erwidert, ein Erlöschen des Rückzahlungsanspruchs auf der Basis des § 18 des Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Bayern scheide aus, weil dieser Manteltarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien keine Anwendung finde. Gemäß § 1 Ziffer 2 gelte dieser für "Betriebe des Groß- und Außenhandels". Bei der Beklagten handele es sich jedoch nicht um ein Unternehmen des Groß- und Außenhandels. Nach der Rechtsprechung komme es für die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages gerade nicht auf die Eintragung im Handelsregister an, sondern allein darauf, mit welchen Tätigkeiten die Arbeitnehmer eines Unternehmens überwiegend beschäftigt würden. Sowohl zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags wie auch bei Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. April 2003, wie auch zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 22. Dezember 2003 wie auch zum heutigen Zeitpunkt werde kein Arbeitnehmer der Beklagten im Bereich des Großhandels bzw. des Vertriebs von Computerprodukte beschäftigt. Die Mitarbeiter der Beklagten seien ausschließlich mit Headquarter-Funktionen für die europäischen Tochtergesellschaften der T. ...-Gruppe beschäftigt, die nicht mit dem Großhandel von Computerprodukten zu tun hätten. Der vom Kläger dem Gericht vorgelegte Internetauftritt sei erkennbar der Firma T. ... GmbH & Co. OHG zuzuordnen.
Die Beklagte trägt weiter vor, die Voraussetzungen der tariflichen Ausschlussfrist seien auch nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich bei den von der Beklagten geltend gemachten Rückzahlungsansprüchen nicht um solche wegen fehlerhafter Errechnung des Entgelts und der Abzüge. Vielmehr resultierten die Rückzahlungsansprüche der Beklagten daraus, dass überhaupt keine Abzüge vorgenommen worden seien. Damit sei § 18 Ziffer 1 b MTV nicht anwendbar. Dem Kläger sei es nicht gelungen unter Beweis zu stellen, dass ihm das Schreiben der Beklagten tatsächlich spätestens am 30. September 2005 zugegangen sei.
Der Kläger erwidert, er bestreite die behaupteten Überzahlung in Höhe von 66.274,92 € mit Nichtwissen, nachdem die Beklagte bisher an keiner Stelle Beweis für die behauptete Überzahlung in Form von angeblichen Lohnsteuerzahlungen an das Finanzamt bzw. Beiträgen an die Sozialversicherungsträger in der genannten Höhe erbracht habe.
Zur Anwendbarkeit des Manteltarifvertrag für den Großhandel trägt der Kläger vor, es bestünden keine Zweifel an seiner Anwendbarkeit, da die Beklagte den Großhandel mit Produkten der Computerperipherie in ihren für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmten und daher selbstbindenden Verlautbarungen zum alleinigen Gegenstand ihres Unternehmens erkläre, weil sie der Großhandel mit Produkten der Computerperipherie als Tätigkeitsbereich in ihren Stellenanzeigen für die in Ihrem Unternehmen zu besetzenden Vakanzen gegenüber potentiellen Bewerbern in Aussicht stelle und weil sie den Großhandel tatsächlich betreibe und daher ihre Mitarbeiter ausschließlich mit Arbeitsaufgaben des Handels beschäftige. Im einzelnen führt er aus, sowohl der Handelsregister-Eintrag, wie auch der Eintrag der Beklagten im Register der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern wie auch der Gesellschaftsvertrag vom 13. November 1998 wiesen als Geschäftsgegenstand den Vertrieb von Computerperipherieprodukten aus. Hinzukomme, dass die Entwicklung und Fertigung bei der Beklagten und den von ihr abhängigen Unternehmen zumindest in den letzten Geschäftsjahren keine Rolle mehr spiele. Weiterhin sei auch der Internetauftritt der Beklagten ein Beleg für den Großhandel von Produkten der Computerperipherie.
Unabhängig davon sei festzuhalten, dass die Arbeitnehmer der Beklagten in Übereinstimmung mit den genannten Selbstauskünften zumindest überwiegend, wenn nicht ausschließlich mit Tätigkeiten des Großhandels beschäftigt würden. Dies ergebe sich insbesondere aus den von der Beklagten formulierten Anforderungsprofilen und Aufgabenbeschreibungen für jeden Arbeitsplatz ihrer Mitarbeiter, aus dem sie insbesondere erforderliche Stellenausschreibungen ableite. Aus der Stellenausschreibung hinsichtlich des Tätigkeitsbereichs eines künftigen Mitarbeiters der Rechtsabteilung ergebe sich, dass dieser mit Verträgen und Vertragsverhandlungen erfasst werde, die ausschließlich die von der Beklagten verwendeten Kaufverträge zur Abwicklung ihres operativen Geschäfts im Großhandel beträfen. Ähnliches ergebe sich aus dem Anforderungsprofil und der Aufgabenbeschreibung der Beklagten für die Position des Klägers als Prüfungsleiter in der Abteilung interne Revision. Diese sehe Prüfungen der Tochtergesellschaften vor. Seit seinem Eintritt in die Abteilung Interne Revision im Jahre 2003 habe sein Prüfungsplan auch keine Prüfung bei der Beklagten selbst vorgesehen.
Der Kläger trägt weiter vor, die Hilfsaufrechnung sei auch gemäß § 433 ZPO unzulässig, weil sie nicht sachdienlich sei. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass der maximal pfändbare Betrag 1.214,40 € betrage.
Die Beklagte erwidert im Hinblick auf den Anspruch auf Ersatz von Mietaufwendungen, die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung seien weder vorgetragen noch lägen Sie vor. Erforderlich sei, dass eine gleichartige und wiederholte Praktizierung bezüglich des Betriebs eines Unternehmens als Ganzes existiere. Die Betrachtung eines einzelnen Arbeitsverhältnisses reiche nicht aus.
Der erst in der Berufungsinstanz gestellte Antrag auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 1. April 2005 einschließlich 10. August 2005 sei unzulässig, weil sie, die Beklagte, nicht einwillige und weil die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz auch nicht sachdienlich sei. In der Sache seien die vom Kläger geltendgemachten Gehaltsansprüche erloschen, weil sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist des § 17 Ziffer 5 geltendgemacht worden seien. Eine Geltendmachung durch die Zahlungsklage des Klägers könne allenfalls hinsichtlich solcher Gehaltsansprüche anerkannt werden, über die in dem betreffenden Rechtsstreit auch entschieden worden sei.
Darüber hinaus stehe ihr, der Beklagten, ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil sie einen noch nicht erfüllten Auskunftsanspruch im Hinblick auf anderweitige Bezüge aus Arbeitstätigkeit des Klägers habe. Der Kläger habe auch noch nicht an Eides statt versichert, dass er für die Zeiträume von April 2005 bis einschließlich November 2005 keine Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld I oder II erhalten habe.
Der zur Aufrechnung gestellte Gegenanspruch errechne sich wie folgt:
Ausbezahltes Gesamtbruttogehalt € 89.856,00
Abzüglich Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung € 52.389,18
Abzüglich an die Agentur für Arbeit bezahltes Arbeitslosengeld € 13.885,74
Nettogehaltsanspruch € 23.581,08
Die Abführungen seien auch - wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe - tatsächlich erfolgt.
Zur Anwendbarkeit des Manteltarifvertrags für den Groß- und Außenhandel trägt die Beklagte vor, der Internetauftritt der Beklagten ergebe nicht, dass sie sich mit Großhandel befasse. Es sei zwar richtig, dass das operative Geschäft der T. ... -Gruppe im Vertrieb von Computerprodukten im Wege des Handels bestehe. Allerdings betreibe gerade die Beklagte dieses Geschäft nicht. Sie sei ausschließlich als europäisches Headquarter tätig und halte in dieser Funktion Anteile an den europäischen Gesellschaften der T. ...-Gruppe und erbringe für diese bestimmte Dienstleistungen. Auch die vom Kläger in Bezug genommene Stellenbeschreibung eines Volljuristen ergebe nicht, dass die Beklagte selbst Großhandel betreibe. Die Beklagte unterstütze lediglich in ihrer Funktion als Headquarter-Gesellschaft durch die bei ihr gebildete Rechtsabteilung die operativ tätigen Gesellschaften. Gleiches gelte für die Prüfungstätigkeit des Klägers.
Der Kläger erwidert, die Beklagte bleibe für die Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen beweisfällig. Er bleibe dabei, dass der Internetauftritt der Beklagten ihre Tätigkeit im Großhandel unter Beweis stelle. Die Beklagte habe auch nicht spezifiziert widerlegt, dass die Gesamtheit aller Arbeitnehmer der Beklagten mit Tätigkeiten des Großhandels beschäftigt sei. Im Jahre 2005 hätten von den 83 Arbeitnehmern der Beklagten insgesamt 50 Mitarbeiter über keinen Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten verfügt. Vielmehr sei diese ausschließlich in deren Tochtergesellschaften beschäftigt gewesen. Bei diesen Tochtergesellschaften handele es sich u.a. Tochterunternehmen, die wie die Beklagte ausschließlich den Großhandel von Produkten der Computerperipherie betrieben. Der von der Beklagten angestellte Vergleich zwischen der Tätigkeit des Klägers und seiner Kollegen mit derjenigen von Mitarbeitern einer Unternehmensberatungsgesellschaft sei unzutreffend. Denn im Unterschied zu der Beklagten erbringe eine Unternehmensberatungsgesellschaft ihre Dienstleistungen im Wege des Leistungsaustausches gegenüber Mandanten, die regelmäßig den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen angehörten. Demgegenüber seien die Arbeitnehmer der Beklagten wie der Kläger außerhalb ihres Unternehmens allein für deren Tochtergesellschaften tätig, welche auch ebenfalls und ausschließlich den Großhandel von Produkten der Computerperipherie betrieben. Im Übrigen habe die Beklagte seit dem Eintritt des Klägers am 15. März 2003 weder Umsatzerlöse außerhalb des Großhandels von Produkten der Computerperipherie erwirtschaftet noch in ihren Jahresabschlüsse bilanziert. So habe die Beklagte zumindest im Kalenderjahr 2005 keine Umsatzerlöse im Wirtschaftszweig der "Dienstleistungen" erzielt, so dass ihre Arbeitnehmer auch nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches für ihre Tochtergesellschaften tätig geworden seien.
Der Kläger trägt weiter vor, die Beklagte betreibe einen Gemeinschaftsbetrieb zwischen dem Betrieb der Beklagten und dem Betrieb der T. ... GmbH & Co oHG. Bei der Beklagten würden 83 Arbeitnehmer beschäftigt, bei der T. ... GmbH & Co oHG mindestens 401 Arbeitnehmer. Aufgrund dieser Größenverhältnisse sei für die Frage der Anwendbarkeit des allgemein verbindlichen Manteltarifvertrags für den Großhandel in Bayern entscheidend auf den tatsächlichen Beschäftigungsinhalt der T. ... GmbH & Co oHG abzustellen. Diese betreibe jedoch unstreitig das operative Geschäft des Vertriebs von Computerprodukten im Wege des Großhandels. Selbst wenn man die von den Arbeitnehmern der Beklagten erledigten Aufgaben nicht als originär für den Großhandel ansehen wolle, so seien diese zumindest als Funktionen eines Hilfs- und Nebenbetriebs anzusehen. Dem stehe auch nicht die gesellschaftsrechtliche Funktion der Beklagten als beherrschendes Unternehmen der T. ... GmbH & Co oHG und ihrer anderen Tochtergesellschaften entgegen.
Zur Frage der Mietkostenerstattung macht der Kläger geltend, die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung seien vorliegend ausnahmslos erfüllt. Die umzugsbedingten Mietaufwendungen des Klägers in Höhe von 3.248,50 € für den Zeitraum von März bis November 2003 seien dem Kläger von der Beklagten neunmal in Folge ohne Vorbehalt erstattet worden. Die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2006 eingeräumt, dass alles dafür spreche, dass die mit Erstattung im Dezember nicht fortgesetzt worden sei, weil die außerordentliche Kündigung im Dezember ausgesprochen worden sei. Damit räume die Beklagte selbst ein, dass die die Erstattung der Umzugs bedingten Mietaufwendungen des Klägers in Höhe von monatlich 380,-- € ohne Ausspruch der außerordentlichen und fristlosen Beendigungskündigung weiter fortgesetzt hätte.
Die Klageerweiterung bezüglich des Verzugslohns für die Zeit von April bis August 2005 im vorliegenden Berufungsverfahren sei sachdienlich, weil es sich um Restansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handele, die typischerweise zur Abwicklung eines Arbeitsverhältnisses nach Ausspruch der Kündigung gehörten.
Die Beklagte erwidert, allein aus dem behaupteten gemeinsamen Einsatz von Betriebsmitteln lasse sich ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen nicht herleiten. Entscheidend sei allein eine einheitliche Leitungsmacht für die wesentlichen personellen und mitbestimmungsrechtlichen Entscheidungen. Die wesentlichen personellen und mitbestimmungsrechtlichen Entscheidungen bei der Beklagten bzw. der T. ... GmbH & Co oHG seien zum maßgeblichen Zeitpunkt von unterschiedlichen Personen wahrgenommen worden. In der T. ... GmbH & Co oHG sei dies durch die Geschäftsführer, bei der Beklagten durch Mitarbeiter des Personalbereichs der Beklagten geschehen. Darüber hinaus reichten konzernrechtliche Verpflichtungen zwischen der Beklagten und der T. ... GmbH & Co oHG nicht aus, um einen Gemeinschaftsbetrieb zu begründen. Eine Verbindung zur gemeinschaftlichen Verfolgung eines gemeinsamen arbeitstechnischen Zwecks zwischen der Beklagten und der T. ... GmbH & Co oHG gebe es entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Beide Unternehmen verfolgten zwei völlig unterschiedliche und getrennte arbeitstechnische Zwecke, auch wenn die Beklagte und die T. ... GmbH & Co oHG in vielen Bereichen zusammenarbeiteten. Weiterhin fehle es an einem koordinierten Einsatz der Mitarbeiter beider Unternehmen zur Verfolgung eines gemeinsamen betrieblichen Zecks. Zwar arbeiteten an bestimmten Stellen Mitarbeiter beider Unternehmen zusammen. Diese Zusammenarbeit werde allerdings nicht von einer einheitlichen Leitungsmacht getragen, sondern folge für die Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens allein und ausschließlich deren Zielsetzungen und Aufgaben, die jeweils höchst unterschiedlich sein. Es werde deshalb bestritten, dass die Arbeitsabläufe der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaft sowohl personell, technisch als auch organisatorisch verknüpft seien. Die Beklagte bestreitet, dass 2005 von den 83 Arbeitnehmern insgesamt 50 Mitarbeiter über keinen Arbeitsplatz in ihrem eigenen Betrieb verfügt hätten, weil sie ausnahmslos in Tochtergesellschaften beschäftigt worden seien. Richtig sei, dass eine nicht unerhebliche Anzahl der Mitarbeiter der Beklagten aufgrund ihrer Funktion häufig über mehrere Tage oder Wochen bei Tochtergesellschaften der Beklagten tätig sei. Diese Mitarbeiter hätten allerdings zu jeder Zeit einen eigenen Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten in München, wenn sie nicht bei Tochtergesellschaften tätig gewesen sein. Darüber hinaus habe es im Jahr 2005 eine Handvoll Mitarbeiter gegeben, die tatsächlich dauerhaft bei Tochtergesellschaften beschäftigt gewesen seien und deshalb keinen Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten in München gehabt hätten.
Die Beklagte bestreitet, dass sie, die Beklagte, originäre Funktionen des Großhandels wahrnehme. Richtig sei, dass mit Ausnahme des vom Kläger aufgeführten Beispiels der internen Revision und Prüfung nach Maßgabe des Sarbanes-Oxley-Gesetzes, sämtliche vom Kläger aufgeführten Arbeitsgebiete nicht ausschließlich durch Mitarbeiter der Beklagten für die Tochtergesellschaft erbracht würden. Vielmehr bestünden bei der lokalen Tochtergesellschaft jeweils auch eigene Abteilungen für diese Bereiche, die allerdings von den Mitarbeitern der Beklagten unterstützt würden. Es treffe auch nicht zu, dass jede der vom Kläger aufgelisteten Abteilungen originäre Funktionen des Großhandels wahrnähmen. Großhandel bestehe darin, Waren einzukaufen, gegebenenfalls zu lagern, dann an Wiederverkäufer weiterzuveräußern. Die Beklagte selbst kaufe keine Waren, lagere keine Waren und verkaufe auch keine Waren weiter. Sie erbringe ausschließlich die dargestellten Leistungen im Bereich der übergreifenden Headquarter-Funktionen. Die Beklagte bestreitet, dass 50 Arbeitnehmer der Beklagten in ihren Tochtergesellschaften und insbesondere in Abteilungen der T. ... GmbH & Co oHG gemeinsam eingesetzt würden. Ein gemeinsamer Einsatz von Mitarbeitern der Beklagten und Mitarbeitern der betreffenden Tochtergesellschaften finde nicht statt. Vielmehr hätten die Mitarbeiter der Tochtergesellschaften und die Mitarbeiter der Beklagten, auch wenn sie sich innerhalb der gleichen Abteilungen bewegten, unterschiedliche Aufgaben. Die Beklagte trägt weiter vor, die vom Kläger behauptete Verflechtung der Arbeitgeberfunktionen im personellen Bereich existiere nicht. In der T. ... GmbH & Co oHG würden die wesentlichen personellen und mitbestimmungsrechtlichen Entscheidungen durch die Geschäftsführer getroffen, wohingegen dies bei der Beklagten durch die Mitarbeiter des Personalbereichs der Beklagten erfolge.
Die Beklagte trägt weiter vor, selbst wenn man unterstelle, dass der Manteltarifvertrag und die in ihm enthaltene Ausschlussfrist auf die streitgegenständliche Rückforderung Anwendung finde, sei es nicht zum Erlöschen des geltend gemachten Anspruchs gemäß § 18 Ziff. MTV gekommen. Die erste Stufe der Ausschlussfrist gemäß § 18 Ziff. 1c) MTV sei gewahrt, indem die Beklagte mit Schreiben vom 28. September 2005, also innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit, die Forderung schriftlich geltendgemacht habe. Die geltendgemachten Rückforderungsansprüche seien nämlich erst am 31. August 2005 durch die Überzahlung durch die Beklagte entstanden. Die zweite Stufe der Ausschlussfrist gemäß § 18 Ziff. 4 MTV komme aber nur dann zum Tragen, wenn - was hier nicht der Fall sei - die in der Einleitung von § 18 Ziff. 4 MTV formulierten Bedingungen erfüllt seien. Diese zweite Stufe setze voraus, dass entweder der Kläger die Rückzahlung abgelehnt oder sich nicht innerhalb von 2 Wochen geäußert habe. Der Kläger, der nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet dafür sei, dass die Voraussetzungen des Eingreifens der Ausschlussfrist gegeben seien, habe nicht unter Beweis stellen können, dass er innerhalb von 2 Wochen nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 28. September 2005 keine Erklärung abgegeben habe. Er unterhalte ein Postfach, das er in der Vergangenheit mit Verzögerung entleert habe, weshalb zweifelhaft sei, dass er das Schreiben - wie von ihm behauptet, am 29. September 2005 erhalten habe.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsvortrags wird auf die von Parteien gewechselten Schriftsätze (Bl. 454 ff, 468 ff, 488 ff, 522 ff, 539 ff, 563 ff, 614 ff, 691 ff, 723 ff, 750 ff, 789 ff, 834 ff, 841 ff, 857 ff, 877 ff, 901 ff, 944 ff, 976 ff, 1011 ff, 1057 ff, 1095 ff, 1113 ff, 1136 ff, 1165 ff, 1178 ff, 1187 ff. d.A.) ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufungen sind zulässig. Sie sind statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden gemäß § Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO.
B.
II. Verzugslohn in Höhe von 24.275,61 € brutto
Die Berufung des Klägers bezüglich der klageerweiternd in zweiter Instanz geltend gemachten 24.275,61 € brutto abzüglich des durch Erfüllung erledigten Teil in Höhe von 6.163,40 € netto ist begründet.
Der Kläger hat gemäß § 615 BGB Anspruch auf Zahlung von Verzugslohn in der geforderten Höhe für die Zeit vom 1. April 2005 bis einschließlich 10. August 2005 (Tag des Ausspruchs der weiteren außerordentlichen Kündigung). Berechnung 4 Monate mal 5.616,-- € plus 10/31 mal 5.616,-- € ergibt 24.275,61 € brutto.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. I und II Ziff. 1; 288 Abs. 1 BGB.
III. Umzugskosten 2.351,50 €
Die Berufung des Klägers gegen den die Erstattung von Mietaufwendungen betreffenden klageabweisenden Urteilsspruch des Arbeitsgerichts ist begründet.
Das Arbeitsgericht hat den diesbezüglichen Antrag des Klägers als unbegründet erachtet, weil sich aus § 16 des Anstellungsvertrags nicht ergebe, dass das Gesamtbudget von 5.600,-- € auf jeden Fall gezahlt werde. Nach Ziffer 4. würden Kosten nur übernommen, wenn sie anfielen. Es würden in den vorhergehenden Ziffern auch nur bestimmte Kostenarten erwähnt, laufende Mietkosten seien darin nicht genannt.
Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts dahin gehend, dass sich der Anspruch des Klägers nicht unmittelbar aus der vertraglichen Regelung ergibt. Das Berufungsgericht sieht jedoch den Anspruch des Klägers im Hinblick auf den Gedanken des Rechtsinstituts der betrieblichen Übung als gegeben an.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die betriebliche Übung ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn der oder die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt. Auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer dem Verhalten des Arbeitgebers einen Verpflichtungswillen entnehmen kann (BAG, Urteil v. 29.04.2003, NZA 2004, 1182 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen eines Vertrauensschutzes sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Beklagte hat mit Beginn des Arbeitsverhältnis dem Kläger die Aufwendungen für das von ihm am Arbeitsort gemietete Appartement in Höhe von 380 € pro Monat wiederholt - insgesamt für 8,5 Monate - erstattet. Hieraus kann ein Verpflichtungswillen der Beklagten entnommen werden, dem Kläger die diesbezüglichen Aufwendungen bis zu der im Vertrag festgeschriebenen Obergrenze der mit dem Umzug verbundenen Aufwendungen (5.600,-- €) zu erstatten. Dem steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, diese Leistungen seien möglicher Weise rechtsgrundlos erfolgt. Die Beklagte konnte nämlich keine Erklärung dafür abgeben, wie es zu einer solchen ungewollten rechtsgrundlosen Leistung gekommen sei.
Der betrieblichen Übung steht auch nicht die vereinbarte doppelte Schriftformklausel des Arbeitsvertrags entgegen. Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertragsklauseln - wie sie beim Arbeitsvertrag des Klägers vorliegen - sind gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorrang. Die Schriftformklausel ist zu weit gefasst und daher gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie erweckt beim Arbeitnehmer entgegen der Schutzvorschrift des § 305b BGB den Eindruck, auch eine mündliche individuelle Vertragsabrede bzw. eine betriebliche Übung sei wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 125 Satz 2 BGB unwirksam. (BAG, Urt. vom 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 -).
Der zugesprochene Anspruch errechnet sich wie folgt: Das Gesamtbudget in Höhe von 5.600,-- € minus bereits geleistete Zahlungen in Höhe von 3.248,50 € ergibt den zugesprochenen Betrag von 2.351,50 €.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 1; 291 BGB.
IV. Sonderzahlung in Höhe von 2.808,-- € brutto fällig am 30. 6.2005
Die Berufung des Klägers ist begründet, soweit er in zweiter Instanz die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der am 30.6.2005 fälligen Sonderzahlung in Höhe von 2.808,00 € brutto abzüglich 1.563,88 € netto verlangt.
Der Anspruch ergibt sich aus § 5 des Arbeitsvertrags, nachdem das Arbeitsverhältnis im Fälligkeitszeitpunkt ungekündigt fortbestanden hat und die Beklagte für den streitgegenständlichen Bezugszeitraum (1.1. bis 30.6.2005) wegen des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung von Verzugslohn gemäß § 615 BGB verpflichtet war.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. I und II Ziff. 1; 288 Abs. 1 BGB.
V. Lohnsteuerbescheinigung 2006
Die Berufung des Klägers ist begründet, soweit er - klageerweiternd - in zweiter Instanz die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006 verlangt.
Der Arbeitnehmer hat nämlich einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Herausgabe, Erteilung, Ergänzung und Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung bzw. auf Herausgabe eines Abdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung oder einen Hinweis auf die Abrufmöglichkeit. Dieser ergibt sich nicht unmittelbar aus § 41 b EStG, da diese Vorschrift lediglich die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Finanzamt betrifft. Die individualrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers hat ihren Rechtsgrund in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Küttner-Huber, Personalbuch 2006, "Lohnsteuerbescheinigung" Rz. 18; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 149, Rz. 11)
V. Aufrechnung
Die ausgeurteilten Zahlungsansprüche sind auch nicht - soweit die Beklagte gegen sie mit einem Gegenanspruch in Höhe von 66.274,92 € aufgerechnet hat - durch Aufrechnung erloschen.
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob und inwieweit der Beklagten ein solcher Anspruch ganz oder teilweise zusteht. Der behauptete Anspruch ist nämlich auf Grund der Ausschlussfrist § 18 Ziffer 2 des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 23.6.1997 - gültig ab 1.7.1997 - verfallen.
1. Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen eines Tarifvertrages in seinem Geltungsbereich auch die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 4 TVG). Der MTV ist für allgemein verbindlich erklärt worden (vgl. Bekanntmachung 18. November 1997 im Bundesanzeiger vom 10. Dezember 1997, Bundesanzeiger Nr. 231, S. 14566). Das Arbeitsverhältnis der Parteien fällt auch entgegen der Ansicht der Beklagten in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrags.
Bei der Bestimmung des fachlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrages ist auf die im Arbeits- und Wirtschaftsleben geltenden Begriffsinhalte abzustellen (BAG 25. April 1995 - 3 AZR 528/94 - BAGE 80, 14). Werden die von den Tarifvertragsparteien verwendeten Begriffe nicht definiert, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff nicht in einem Sinne gebraucht haben, der vom allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise abweicht (BAG Urteil vom 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 131 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 56). Der Begriff des Handels bedeutet im funktionalen Sinn die Beschaffung von Gütern und deren Verkauf/Absatz (BAG 26. August 1998 - 4 AZR 471/97 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 66 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 37).
Zwar betreibt die Beklagte selbst keinen Handel. Das verlangt der Tarifvertrag jedoch auch nicht. Gefordert wird nur, dass der Betrieb zum Wirtschaftsbereich Handel gehört. Denn Tarifverträge knüpfen an Wirtschaftszweige an, um die Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs möglichst umfassend und lückenlos zu erfassen (BAG, Urt. vom 24.8.1999, Az.: 9 AZR 529/97, NZA 2000, 724).
Die Beklagte erbringt eine Dienstleistung im Wirtschaftsbereich des Handels. Die Beklagte befasst sich als Muttergesellschaft selbst nicht mit der Beschaffung von Gütern und deren Absatz. Sie übt jedoch unstreitig sogenannte Headquarter-Funktionen gegenüber ihren Tochtergesellschaften aus, die sich mit dem Großhandel von Produkten der Computerperipherie befassen. Diese Headquarter-Funktionen bestehen in einem umfassenden Dienstleistungsangebot gegenüber den Tochtergesellschaften, das entweder in der Zentrale selbst oder durch vorübergehende oder durch auf Dauer angelegte Entsendung von Mitarbeitern der Beklagten in die Organisationen der Tochtergesellschaften besteht. Damit unterhält die Beklagte zwar nicht einen Hilfs- oder Nebenbetrieb, der dem Betriebszweck des Hauptbetriebs dient (§ 1 Ziff. 2 MTV), weil die Beklagte wegen ihrer übergeordneten Stellung ihren Tochtergesellschaften nicht als Neben- oder Hilfsbetrieb zugerechnet werden kann. Gleichwohl wird aus der tariflichen Formulierung deutlich, dass eine umfassende Abgrenzung gewollt ist und dass nur diejenigen einem Handelsbetrieb zugeordneten Organisationseinheiten nicht unter den Tarifvertrag fallen sollen, die entweder nicht dem Betriebszweck des verbundenen Handelsbetriebs dienen oder für die eine besondere tarifliche Regelung nicht gilt. Auf die Art des hierarchischen Bezugs kommt es nicht an.
Dabei ist unstreitig, dass eine etwaige andere als die hier in Rede stehende Tarifregelung, die auf den Betrieb der Beklagten Anwendung finden könnte, nicht ersichtlich ist.
Bei einer Gesamtwürdigung der von den Parteien diesbezüglich vorgetragenen Umstände ist die Kammer daher zu der Auffassung gelangt, dass der MTV auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten Anwendung findet.
2. Der behauptete teilweise zur Aufrechnung gestellte Anspruch der Beklagten ist wegen Verstreichens der Ausschlussfrist verfallen.
Nach dieser Regelung erlöschen alle nicht in § 18 Ziff. 1 a), b) und c) MTV genannten Ansprüche 2 Monate nach Fälligkeit. Erklärt sich der Anspruchsgegner innerhalb von zwei Wochen nach fristgerechter Geltendmachung nicht, erlischt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der zweiwöchigen Frist beim Arbeitsgericht klageweise geltend gemacht wird.
Die Beklagte hat die ihr durch die tarifvertragliche Regelung auferlegten anspruchswahrende Frist der Klageerhebung innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der zweiwöchigen Erklärungsfrist nicht eingehalten.
a) Die Beklagte hat die erste Stufe der Ausschlussfrist zwar eingehalten, indem sie mit Schreiben vom 28. Sept. 2005 ihren mit der Auszahlung des vollen Bruttobetrages am 30. August 2005 fällig gewordenen Rückzahlungsanspruch über 66.274,92 - sein Bestehen unterstellt - geltend gemacht und insbesondere beziffert hat.
b) Allerdings hat sie die weitere Stufe der Ausschlussfrist - die Klageerhebung innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf einer zweiwöchigen Erklärungsfrist nach Erhalt des Geltendmachungsschreibens durch den Kläger - nicht gewahrt.
Diese Frist ist nicht gewahrt, weil sich der Kläger nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs durch die Beklagte erklärt hat und die Beklagte dann nicht innerhalb von zwei weiteren Monaten Klage erhoben hat.
Der Kläger hat zwar am 15. Oktober 2005 mit Email auf das Geltendmachungsschreiben der Beklagten vom 29. September 2005 reagiert, indem er eine detaillierte monatsgenaue Abrechnung verlangte. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob es sich hierbei überhaupt um eine "Erklärung" des Klägers zu der geltendgemachten Forderung im Sinn von § 18 Ziff. 4 MTV handelt. Jedenfalls hat der Kläger seine schriftliche Mitteilung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt derselben abgegeben.
Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, dass ihm das Geltendmachungsschreiben vom 29. September 2005 am 30. Sept. 2005 zugegangen ist. Hierzu hat die Beklagte keine Anhaltspunkte vorgetragen, die einem Zugang am 30. September 2005 (Freitag) entgegenstehen. Selbst wenn der Kläger das Schreiben erst am Samstag, den 31. September 2005, erhalten haben sollte, wäre die Frist mit dem 14. Oktober 2005 abgelaufen gewesen (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 1. Alt. BGB).
Hierzu ist festzuhalten dass der Anspruchsgegner - hier der Kläger - darlegen und beweisen muss, dass die Voraussetzungen für die Anwendung einer Ausschlussklausel, also auch der Eintritt der zweiten Stufe, vorliegen (KassArbR-Dörner, 2. A., Bd. 2, 8.1, Rz. 242; Däubler-Zwanziger, TVG, § 4 TVG, Rz. 1196). Dem ist der Kläger jedoch hinreichend nachgekommen, indem er dargelegt hat, dass er sich erst am 15. Oktober 2005 geäußert hat und dass ihm das Geltendmachungsschreiben am 30. September 2005 zugegangen ist. Hier wäre es Sache der Beklagten gewesen, Tatsachen entgegenzuhalten, aus denen sich ein späterer Zugangszeitpunkt ergibt, z.B. ein späterer Auslauftermin des Schreibens vom 28. 9.2005 (§ 138 Abs. 2 ZPO). Dieses ist nicht geschehen, so dass mit Ablauf des 13. Oktober 2005, die dritte Stufe (Klageerhebung) der Ausschlussfrist zu laufen begonnen hat. Sie war mit Ablauf des 13. Dezember 2005 abgelaufen.
VI. Kostenverteilung des abgeänderten Ersturteils:
Aus der nachfolgenden Übersicht ergeben sich die für die Kostenverteilung zu berücksichtigenden Wertpositionen, bezüglich derer der Kläger entweder obsiegt hat oder bezüglich derer die Kosten der Beklagten gemäß § 91 a ZPO aufzuerlegen sind. Aus dem Verhältnis der Summenpositionen der zweiten und dritten Spalte ergibt sich die Kostenverteilung gemäß §§ 92, 269, 91 a ZPO.
Anträge erster Instanz | Für die Kostenverteilung angenommener Streitwert | In Höhe dieses Streitwerts hat der Kläger obsiegt bzw. sind der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen |
1. Außerordentliche Kündigung vom 22.12.2003 | 16848,00 | 16848,00 |
2. Ordentliche Kündigung vom 22.12.2003 | 5616,00 | 5616,00 |
3. Feststellung einer fehlenden Berechtigung zur Abmahnung vom 10.10.03 | 5616,00 | 5616,00 |
4. Entfernung dieser Abmahnung | 0,00 | 0,00 |
5. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auch nach dem 22.12.2003 weiterhin ein monatliches Gehalt in Höhe von 5.616,- € abzüglich der darauf entfallenden Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben zu zahlen; | 84240,00 | 70354,20 |
6. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger hinsichtlich seines Anspruchs auf die Erstattung von Umzugskosten gemäß § 13 seines Arbeitsvertrags vom 09.02.2003 einen Betrag von 2.351,50 € zu zahlen; | 2351,50 | 2351,50 |
7. Feststellung, dass der Kläger nicht verpflichtet ist Weihnachtsgeld Nov. 2003 i H v 2808 EUR zurückzuzahlen | 2808,00 | 0,00 |
8. Feststellung einer fehlenden Berechtigung zur zweiten Abmahnung vom 10.10.03 | 5616,00 | 5616,00 |
9. Entfernung dieser Abmahnung | 0,00 | 0,00 |
10. Erstattung Reisekosten 5709 EUR | 5709,00 | 5709,00 |
11. Zahlung 15. bis 22.12.03 Arbeitsentgelt (8 Kalendertage durch 31 Kalendertage mal 5616) | 1449,29 | 0,00 |
12. Zinsen für Anträge 5, 6, 10 und 11 | 0,00 | 0,00 |
13. Weiterbeschäftigung | 5616,00 | 5616,00 |
14. die Beklagte zu einer am 30.06.2004 fällig gewordenen Sonderzahlung in Höhe von 2.808,- € abzüglich der darauf entfallenden Lohnsteuer auf Grundlage des § 5 seines Arbeitsvertrags zu verurteilen; | 2808,00 | 2808,00 |
15. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger hinsichtlich der mit Antrag 14 geltend gemachten Entgeltforderung in Höhe von 2.808,- € Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 30.06.2004 zu zahlen; (Zinsen für die Sonderzahlung vom 1. bis 15.) | 0,00 | 0,00 |
16. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 15.03.2003 vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich 26,59 € auf Grundlage des 7. Absatzes des § 5 seines Arbeitsvertrags zu zahlen; Bis zur Urteilsverkündung 14.4.05 fielen 24 Raten a 26,59 an: 638,16 €) | 638,16 | 0,00 |
17. die Beklagte zu verurteilen, auf Grundlage von § 5 des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrags zu einer am 30.11.2004 fällig gewordenen Sonderzahlung in Höhe von 2.808,- € abzüglich der darauf entfallenden Lohnsteuer zu verurteilen; | 2808,00 | 2808,00 |
18. künftige Zahlung von 2 mal 2.808,- € pro Jahr. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.808,00 brutto abzüglich 1.563,88 € zu zahlen. | 16848,00 | 2808,00 |
19. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger hinsichtlich der mit Antrag 17 und 18 geltend gemachten Bruttoentgeltansprüche Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz jeweils nach Eintritt des Verzugs zu zahlen. (Zinsen für die Sonderzahlung vom 1. bis 15.) | 00,00 | 0,00 |
Auflösungsantrag der Beklagten | 5616,00 | 5616,00 |
164587,95 | 131766,7 |
Antrag Ziffer 5. hat sich zu einem Teilbetrag in Höhe von 13.885,88 € durch Klagerücknahme des Klägers mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 ZPO erledigt. Der zunächst unbefristet gestellte Antrag Ziffer 18. wurde mit der Berufung nur noch in Höhe eines Teilbetrags von 2808 € weiterverfolgt, wovon ein Teilbetrag von 1563,88 € netto wegen zwischenzeitlicher Erfüllung für erledigt erklärt wurde. Nachdem das erledigende Ereignis erst nach Rechtshängigkeit stattfand und der Anspruch in Höhe von 2808 € in voller Höhe begründet war, hat in Anwendung von § 91 a ZPO die Beklagte die Kostenlast bezüglich des Streitgegenstands von 2808 € zu tragen.
VII. Aufteilung der Kosten des Berufungsverfahrens
Die Kostenentscheidung bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 97,92, 91 a ZPO. Im Einzelnen gilt folgendes
Berufungsführer | Berufungsangriff | Angenommener Wert des mit der Berufung angegriffenen Streitgegenstands | Ausgang des Berufungsverfahrens (wertmäßig) | Kostenlast Beklagte |
1. Beklagte | Statt 84.240 Zahlung von 16.848 | 67.392 | Verurteilung zur Zahlung von 84.240 minus 13885,80 = 70.354,20 | Berufung erfolglos: 70.354,20 minus 16.848 = 53.506,20 |
2. Beklagte | Keine Sonderzahlungen für 2004 | 2 mal 2.808 = 5.616 | Zahlung von 5.616 | 5.616 |
3. Beklagte | Auflösung des Arbeitsverhältnisses | 5.616 | Keine Auflösung | 5.616 |
4. Kläger | Umzugskosten | 2.351,00 | Zahlung von 2351 | 2.351,-- |
5. Kläger | VWL | 850,88 | 717,93 abgewiesen; Zahlung von 26,59 | 26,59 |
6. Kläger | Verzugslohn April bis Aug 2005 | 44.928,00 | Zahlung von 24.275,61 abzüglich 6163,40 | 24.275,61 |
7. Kläger | Sonderzahlung Juni 2005 | 2.808,00 | Zahlung von 2808 | 2808 |
8. Kläger | Lohnsteuerbescheinigung 2006 | 300,00 | Erteilung der Lohnsteuerbescheinigung | 300 |
9. Kläger | Verzugszinsen für Reisekosten | 248,03 | 248,03 | 248,03 |
Summe | 130109,91 | 94747,43 |
Die Kostenverteilung bezüglich des in Zeile 1. angegebenen Berufungsgegenstands ergibt sich daraus dass das Unterliegen der Beklagten im Wert von(84.240 minus 16.848 =) 67.392 € um die teilweise Klagerücknahme des Klägers in Höhe von 13385,88 € zu reduzieren ist . Die klageerweiternd geltend gemachten Verzugslohnansprüche (Zeile 6.) wurden vom Kläger von zunächst 44.928,00 € auf 24.275,61 € brutto reduziert. Mit dem zuletzt genannten Betrag hatte der Kläger in der Berufung abzüglich eines durch teilweise Erfüllung nach Rechtshängigkeit in Höhe von 6163,40 € erledigten Teils Erfolg. Bezüglich des durch die Erledigung der Hauptsache in Höhe von 6163,40 € erledigten Teils fallen die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten nach § 91 a ZPO zur Last.
Die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde sind Teil der Kosten des Berufungsverfahrens und waren entsprechend aufzuteilen (Germelmann/Müller-Glöge, 6. Auflage, § 72 a ArbGG, Rz.: 54).
C.
Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.
Ende der Entscheidung
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