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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 13.06.2006
Aktenzeichen: 11 Ta 186/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 4, 2. Alternative
1. Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ist es zulässig, einen Rechtsanwalt nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beizuordnen (§ 121 Absatz 3 ZPO).

2. Liegen im Fall der Beiordnung eines auswärtigen Anwalts die Voraussetzungen zur Beiordnung eines Verkehrsanwalts gemäß § 121 Absatz 4, 2. Alternative ZPO vor und werden durch die Beiordnung des auswärtigen Anwalts die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts entstehenden Reisekosten erstattungsfähig. Dieses ist, sofern von der bedürftigen Partei beantragt, im Beiordnungsbeschluss zu bestimmen.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN Beschluss

11 Ta 186/06

In Sachen

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München ohne mündliche Verhandlung am 13. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Beschlüsse des Arbeitsgerichts München vom 3. April 2006 sowie 26. April 2006, Az. 22 Ca 3582/06, werden die bezeichneten Beschlüsse abgeändert, soweit die Prozesskostenhilfe nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgt ist. Der Beschluss vom 3. April 2006 wird insoweit wie folgt gefasst:

1. Dem Kläger wird rückwirkend auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe gewährt und mit derselben Rückwirkung Rechtsanwalt Pösl beigeordnet.

2. Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind aus der Landeskasse bis zu dem Betrag zu erstatten, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wäre.

3. Die Raten werden auf 0,0 € festgesetzt.

2. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Mit Beschluss vom 3. April 2006 hat das Arbeitsgericht München dem Kläger rückwirkend auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe und mit derselben Rückwirkung seinen Prozessvertreter "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 4. April 2006, der beim Arbeitsgericht München am 5. April 2006 eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, den Beiordnungsbeschluss dahin gehend abzuändern, dass die Beiordnung nicht zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts erfolgt, sondern auch auf die Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder erstreckt wird und auch diese aus der Staatskasse vergütet werden.

Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 26. April 2006 unter Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung zurückgewiesen mit der Begründung, besondere Umstände seien nicht ersichtlich, die den Kläger gehindert hätten einen ortsansässigen Anwalt zu mandatieren.

Gegen diesen Beschluss, dem das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit der sofortigen Beschwerde vom 8. Mai 2006 mit dem Begehren, die Prozesskostenhilfe auch auf die Fahrt- und Abwesenheitskosten zu erstrecken.

Zur Begründung trägt er vor, der Kläger bestreite seinen Lebensunterhalt lediglich mit Leistungen nach SGB II und sei nicht in der Lage, die Kosten für eine Fahrt nach München zur Beauftragung eines in München ansässigen Anwalts zu tragen. Eine telefonische Besprechung sei ihm nicht zumutbar.

Die mit Schriftsatz vom 8. Mai 2006 eingelegte und beim Arbeitsgericht München am 9. Mai 2005 eingegangene sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 127 Abs.2 Satz 2 ZPO) sowie form- (§ 569 Abs.2 S.1 ZPO) und fristgerecht (§§ 569 Abs. 1 S. 1; 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingelegt.

Gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde bestehen auch sonst keine Bedenken. Ist ein Prozesskostenhilfebeschluss - wie hier - mit Einschränkungen versehen, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt das Recht der Beschwerde zu. Das folgt daraus, dass der Umfang der Beiordnung für den dem Rechtsanwalt zustehenden Vergütungsanspruch maßgeblich ist (§ 122 Abs. 1 BRAGO = § 48 Abs. 1 RVG; Thüringer LAG, Beschl. vom 21. Juli 1997 Az.: 8 Ta 100/97, LAGE ZPO § 121 Nr. 4 m.w.N)

Die sofortige Beschwerde ist im Wesentlichen begründet. Zwar ist es im arbeitsgerichtlichen Verfahren zulässig, einen Rechtsanwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beizuordnen. Der Klägervertreter hat jedoch Anspruch auf Erstattung von Reisekosten, soweit die Kosten der Beiordnung eines Verkehrsanwalts erspart wurden.

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die angegriffene Einschränkung der Prozesskostenhilfebewilligung im Grundsatz zwar zulässig ist. Dies folgt aus § 11 a 'Abs. 3 ArbGG i. V. m. § 121 Abs. 3 ZPO (vgl. BAG, Beschl. vom 18. Juli 2005, AZB 65/03; NZA 2005, 1078).

Die Reisekosten des Klägervertreters sind jedoch insoweit aus der Staatskasse erstattbar, als die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart wurden.

Unter besonderen Umständen hat nämlich eine Partei das Recht, dass ihr zur Vermittlung des Verkehrs mit dem - am Gerichtsort ansässigen - Prozessbevollmächtigten ein Rechtsanwalt beigeordnet wird (§ 121 Abs. 4, 2. Alt. ZPO). Soweit unter diesen Voraussetzungen durch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart werden, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts entstehenden Reisekosten erstattbar (BAG, a.a.O. sowie OLG Nürnberg Beschl. vom 6. Oktober 2004, Az.: 10 WF 3403/04, NJW 2005, 687) .

Im vorliegenden Falle liegen diese Voraussetzungen vor, da der Kläger von seinem Wohnort Nürnberg aus eine mehr als 150 km weite Anreise nach München hätte unternehmen müssen, um dort persönlich einen Anwalt zu beauftragen. Es ist einem Rechtsuchenden grundsätzlich nicht zumutbar, einen auswärtigen Anwalt schriftlich oder telefonisch zu beauftragen und zu unterrichten (vgl. BAG a.a.O.). Es ist zwar richtig, dass die tatsächlichen und rechtlichen Fragen des vorliegenden Verfahrens nicht kompliziert sind. Gleichwohl erscheint aus Sicht des Beschwerdegerichts eine Verweisung des Klägers auf eine lediglich fernmündliche oder schriftliche Kontaktaufnahme mit einem Anwalt in München nicht angemessen.

Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 78 S. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG)

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