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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 11 TaBV 75/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 37 Abs. 6
Kostenübernahmeverpflichtung eines Arbeitgebers für die Schulung eines Konzernbetriebsratsmitglied bei noch nicht rechtskräftig entschiednen Streit über die Wirksamkeit der Konstituierung des Konzernbetriebsrats - Einzelfallentscheidung.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

11 TaBV 75/06

Verkündet am: 24. November 2006

In dem Beschlussverfahren

hat die siebte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 20. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter von Zezschwitz und Birwé beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 4) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 22.3.2006, Az.: 19 a BV 145/05, wird der Beschluss vom 22.3.2006 wie folgt abgeändert:

Die Beteiligte zu 6) wird verpflichtet, für den Beteiligten zu 4) die Kosten für eine demnächst durchzuführende Schulung durch den Schulungsträger ver.di b+b zuzüglich Kosten für einen Tagungsraum, Verpflegung für den Beteiligten zu 4) sowie der Referenten, jeweils kalkuliert auf der Basis einer Mindestteilnehmerzahl von 6 Personen, sowie die Fahrtkosten des Beteiligten zu 4) zum und vom Schulungsort zu übernehmen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin die Kosten für eine Schulung eines Konzernbetriebsratsmitglieds zu übernehmen hat.

Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 6) bestehende Betriebsrat. Der Beteiligte zu 4) ist gewähltes Mitglied des Betriebsrats. Die durch Antragsrücknahme ausgeschiedenen Beteiligten zu 2), 3) und 5) waren bis zur letzten im Mai 2006 durchgeführten Betriebsratswahl ebenfalls Betriebsratsmitglieder.

Die Arbeitgeberin ist Teil des Konzerns der V. AG mit Sitz in B. in der Schweiz, die über ihren Bereich "V." in Deutschland, der Schweiz und Luxemburg betreibt.

In Deutschland bestehen folgende konzernzugehörige Unternehmen:

 UnternehmenZahl der ArbeitnehmerSitz
S. GmbH338Hamburg
S.GmbH (Beteiligte zu 6)94München
B. GmbH380, davon 6 und weitere 23 im Bereich örtlicher Betriebsräte 
H.GmbH95, davon 22 im Geltungsbereich eines örtlichen Betriebsrats 
V. GmbH Hamburg
V.AG Bern (Schweiz)

Alleinige Muttergesellschaft ist die V. AG. Eine Gesellschaft mit Sitz im Inland, die die Aufgabe einer Teilkonzernspitze übernommen hat, besteht nicht. Die Geschäftsführer der inländischen konzernangehörigen Unternehmen erhalten ihre Anweisungen von der Gesellschafterin aus der Schweiz unmittelbar.

Am 30.11.2004 fand eine konstituierende Sitzung zur Bildung eines Konzernbetriebsrats statt, an der Betriebsratsmitglieder der bei der Beteiligten zu 6), der S. mbH sowie der H.GmbH bestehenden Betriebsräte teilnahmen.

Zwischen dem in dieser Sitzung konstituierten Konzernbetriebsrat und den inländischen konzernangehörigen Unternehmen ist ein Beschlussverfahren derzeit in dritter Instanz beim Bundesarbeitsgericht anhängig, in dem es um einen Auskunftserteilungsanspruch des Konzernbetriebsrats gegen die Firma S. mbH geht. Die Vorinstanzen (Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 13.6.2005, Az. 29 BV 1/05 sowie Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 17.2.2006, Az. 6 TaBV 6/05) haben den Antrag des Konzernbetriebsrats zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass sich der Konzernbetriebsrat nicht wirksam konstituiert habe, weil es an einem wirksamen diesbezüglichen Beschluss des Betriebsrats der F.S. mbH fehle und weil sich im Übrigen ein Konzernbetriebsrat auch nicht wirksam gemäß § 50 Absatz 1 BetrVG habe konstituieren können.

Mit Beschluss vom 3.3.2005 hat der Beteiligte zu 1) (Betriebsrat) beschlossen, die Beteiligten zu 2) bis 5) zu einem Seminar des Veranstalters ver.di b+b mit dem Titel "Einführung in die Arbeit des Konzernbetriebsrats" zu entsenden. Der voraussichtliche Durchführungsort der Schulung sollte Hamburg sein und die Seminardauer zwei Tage betragen, wobei die Kosten für die Schulung bei 6 Teilnehmern 1.950 € zzgl. Mehrwertsteuer beträgt. Hinzu kommen Kosten für einen Tagungsraum zwischen 36 € und 49 € einschließlich Mehrwertsteuer pro Person und Tag. Der Geschäftsführer der Firma V. GmbH hat ein Schreiben des Konzernbetriebsrats mit der Bitte um Kostenübernahme für das Seminar zurückgewiesen und - unabhängig davon, dass er aus seiner Sicht nicht der richtige Ansprechpartner sei - eine solche Schulung als nicht erforderlich abgelehnt.

Mit ihrem beim Arbeitsgericht München am 31.5.2005 eingegangenen Antrag im Beschlussverfahren haben der Betriebsrat sowie der Beteiligte zu 4) die gerichtliche Verpflichtung der Arbeitgeberin beantragt, die Kosten für die bezeichnete Schulung zu übernehmen.

Zur Begründung haben sie ausgeführt, eine Schulung der Konzernbetriebsratsmitglieder sei erforderlich. Der Konzernbetriebsrat sei ordnungsgemäß gebildet worden, da ein Konzern bestehe. Aus Sicht der Antragsteller sind die inländischen konzernzugehörigen Unternehmen abhängige Unternehmen, da sie im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens stehen und das herrschende Unternehmen die V. AG in Bern in der Schweiz sei. Sie haben darauf verwiesen, dass ein Konzernbetriebsrat auch dann zu bilden sei, wenn das herrschende Unternehmen seinen Sitz im Ausland habe, aber mindestens zwei abhängige Unternehmen im Inland lägen.

Die Beteiligten zu 1) bis 5) haben in erster Instanz beantragt:

Die Beteiligte zu 6) wird verpflichtet, für die Beteiligten zu 2) bis 5) die Kosten für eine demnächst durchzuführende Schulung durch Schulungsträger ver.di b+b zuzüglich Kosten für einen Tagungsraum, Verpflegung für die Teilnehmenden, die Referenten sowie die Fahrtkosten zum und vom Schulungsort zu übernehmen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt

die Zurückweisung des Haupt- und Hilfsantrags.

Sie hält den Antrag für unbegründet. Nach ihrer Auffassung wurde ein Konzernbetriebsrat nicht wirksam errichtet, da die Unternehmen, deren Betriebsräte den Konzernbetriebsrat errichtet hätten, keinen konzernbetriebsratsfähigen Konzern bildeten. Sie hat darauf verwiesen, dass ein Konzernbetriebsrat nicht gebildet werden könne, wenn das herrschende Unternehmen eines Konzerns seinen Sitz im Ausland habe und die Muttergesellschaft die einheitliche Leitung nicht durch Zwischenentscheidungen einer inländischen Teilkonzernspitze, sondern unmittelbar selbst ausübe. Auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitsgerichts Hamburg sowie des Landesarbeitsgerichts Hamburg hat die Arbeitgeberin ausdrücklich Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 22. März 2006, der dem Betriebsrat sowie dem Beteiligten zu 4) am 19.5.2006 zugestellt wurde, hat das Arbeitsgericht München die gestellten Anträge abgewiesen.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, der Schulungsanspruch für Konzernbetriebsratsmitglieder erfordere zum einen die Existenz eines Konzernbetriebsrates und zum anderen die Erforderlichkeit im Sinne von § 37 Absatz 6 BetrVG. Die zu vermittelnden Kenntnisse seien für die Arbeit des Konzernbetriebsrats nicht erforderlich, weil noch nicht rechtskräftig und somit letztlich geklärt sei, ob ein Konzernbetriebsrat zu bilden sei oder nicht. Für die Feststellung der Erforderlichkeit komme es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats an. Es müsse ein aktueller betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die zu erwartenden Kenntnisse für das zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt würden. Das Bundesarbeitsgericht habe sich dahingehend geäußert, dass die Teilnahme an einer Schulung zum Thema "Konzernbetriebsrat" nicht erforderlich sei, einen Streit über die Rechtmäßigkeit der Bildung des Konzernbetriebsrats beizulegen. Die beabsichtigte Schulung konzentriere sich demgegenüber auf Verfahrens- und Ablauffragen im Zusammenhang mit der Bildung eines neuen Konzernbetriebsrats.

Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München wenden sich die Beteiligten zu 1) sowie zu 4) mit ihrer beim Landesarbeitsgericht München am 19.6.2006 eingegangenen Beschwerde vom selben Tag. Die Beteiligten zu 2), 3) und 5) haben ihren Antrag zurückgenommen, nachdem sie seit der Betriebsratswahl 2006 nicht mehr Mitglieder des Betriebsrats sind.

Zur Begründung führen sie aus, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts gehe es im vorliegenden Verfahren nicht um die Frage ob, überhaupt ein Konzernbetriebsrat gebildet werden könne, sondern um die Frage, ob der Betriebsrat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Schulungsteilnahme habe für erforderlich halten dürfen.

Die Frage, ob im vorliegenden Fall ein Konzernbetriebsrat gebildet werden könne, sei in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Arbeitsgericht Hamburg und LAG Hamburg hätten sich zwar dagegen ausgesprochen. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hierzu liege jedoch noch nicht vor. Die Rechtsprechung habe selbst in extremen Fällen der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl wegen Verkennung von Betriebsrats-Strukturen anerkannt, dass Sach-, Reise und Schulungskosten vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nur bei völliger Verkennung der Sachlage sei dies ausgeschlossen worden.

Der Betriebsrat sowie der Beteiligte zu 4) beantragen:

I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München 19a BV 145/05 vom 22. März wird aufgehoben.

II. Die Beteiligte zu 6) wird verpflichtet, für den Beteiligten zu 4) die Kosten für eine demnächst durchzuführende Schulung durch den Schulungsträger ver.di b+b zuzüglich Kosten für einen Tagungsraum, Verpflegung für die Teilnehmenden, der Referenten sowie die Fahrtkosten zum und vom Schulungsort zu übernehmen.

Der Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, das Bundesarbeitsgericht habe in der vom Betriebsrat zitierten Entscheidung lediglich über die tatsächlich entstandenen und erstattungsfähigen Kosten zu entscheiden gehabt. Auch das LAG Düsseldorf habe nur über die Erstattung von tatsächlich entstandenen Aufwendungen entschieden. Der Betriebsrat sei auch hier dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet.

Da im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes eine Teilkonzernspitze (Konzern im Konzern) als eine wesentliche materielle Voraussetzung für die wirksame Konstituierung eines Konzerns auch nach Auffassung des Betriebsrats nicht vorhanden sei, gebiete es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zunächst die rechtsverbindliche Klärung der Rechtsfrage abzuwarten, bevor unter extremer Verkennung der Rechtslage vermeidbare Kosten produziert würden.

Hinsichtlich des weiteren Ergebnisses der Anhörung wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze (Blatt 137 ff. sowie 144 ff. d.A.) ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist teilweise begründet. Die Beteiligten zu 1) und 4) können von der Arbeitgeberin die Übernahme der durch die beabsichtigte Teilnahme des Beteiligten zu 4) an der geplanten Schulungsveranstaltung "Einführung in die Arbeit des Konzernbetriebsrats" kalkuliert auf der Basis einer Teilnehmerzahl von mindestens 6 Teilnehmern verlangen.

1. Die Arbeitgeberin ist gemäß den §§ 40 Abs. 1; 37 Abs. 6 BetrVG verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, die dadurch entstehen, dass der Beteiligte zu 4) als Mitglied des Konzernbetriebsrats an der geplanten Schulung teilnimmt.

a) Gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Der Arbeitgeber hat demnach sowohl die sachlichen als auch die persönlichen Kosten der Tätigkeit des Betriebsrats und seiner Mitglieder zu tragen. Das ist die notwendige Konsequenz der Ausgestaltung des Betriebsratsamtes als unentgeltliches Ehrenamt und des Umlage- und Benachteiligungsverbots nach §§ 41 und 78 Satz 2 BetrVG. Weder das Einzelbetriebsratsmitglied noch die Arbeitnehmerschaft in ihrer Gesamtheit sollen durch die im gesetzlichen Rahmen durchgeführte Betriebsratstätigkeit finanziell belastet werden.

Der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers besteht nur insoweit, als die entstehenden Kosten für die Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich sind. Ob dies der Fall ist, ist weder nach der subjektiven Sicht des Betriebsrats noch unter rückblickender Betrachtung von einem rein objektiven Standpunkt aus zu beurteilen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Kosten im Zeitpunkt ihrer Verursachung bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände für erforderlich gehalten werden durften, damit der Betriebsrat seine Aufgaben sachgerecht erfüllen kann (vgl. Fitting u.a., 23. Aufl. § 40, Rz. 9 m.w.N.)

Die Vermittlung von Kenntnissen durch eine Schulung ist nur dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn diese Kenntnisse unter Berücksichtigung der konkreten Situation im Betrieb und im Betriebsrat benötigt werden, damit die Betriebsratsmitglieder ihre derzeitigen oder demnächst anfallenden gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen können. Für die Frage, ob die konkreten Aufgaben des einzelnen Betriebsratsmitgliedes seine Schulung erforderlich machen, ist darauf abzustellen, ob nach den Verhältnissen des einzelnen Betriebes Fragen anstehen oder in absehbar naher Zukunft anstehen werden, die der Beteiligung des Betriebsrats unterliegen und für die im Hinblick auf den Wissenstand des Betriebsrats eine Schulung eines Betriebsratsmitgliedes gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebsrat als erforderlich anzusehen ist, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann. Soweit es sich nicht um die Vermittlung so genannter Grundkenntnisse handelt, muss daher ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. BAG, Beschl. vom 24.7.1991, Az. 7 ABR 12/90, zitiert nach JURIS).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Berufungskammer zu der Auffassung gelangt, dass der Betriebsrat in der konkreten Situation der Beschlussfassung über die Teilnahme am 3.3.2005 eine Teilnahme des Beteiligten zu 4) als zur Ausübung der Beteiligungsrechte als Konzernbetriebsratsmitglied für erforderlich ansehen konnte. Die geplante Veranstaltung bezieht sich auf zu erwerbende Kenntnisse, die von dem Beteiligten zu 4) in naher Zukunft benötigt werden.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung vom 24.7.1991 in dem dort entschiedenen Fall die Schulungsteilnahme eines Konzernbetriebsratsmitglieds für nicht erforderlich gehalten und die damit zusammenhängende Kostenübernahmepflicht des Arbeitgebers abgelehnt hat. Tragender Grund für die ablehnende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war nämlich, dass die Teilnahme an der geplanten Schulung deswegen als nicht erforderlich eingestuft wurde, weil sie nicht dem Zweck dienen könne, der nach der ausdrücklichen Begründung im Beschluss des Betriebsrats mit der Schulung Teilnahme verfolgt werden sollte. Zweck der Entsendung war nämlich, die unter den Beteiligten streitige Frage nach der Rechtmäßigkeit der Bildung des Konzernbetriebsrats zu klären bzw. den entsandten Betriebsratsmitgliedern Kenntnisse zur Beantwortung dieser Frage zu vermitteln. Dem habe jedoch - so das Bundesarbeitsgericht - die Schulungsteilnahme nicht dienen können. Die Teilnahme an der Schulung sei auch nicht der richtige Weg gewesen, den Streit der Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Bildung des Konzernbetriebsrats beizulegen, insbesondere sei sie kein geeignetes Mittel gewesen zur Vorbereitung einer entsprechenden gerichtlichen Klärung.

Demgegenüber ist im vorliegenden Fall der Zweck der Teilnahme des Beteiligten zu 4) an der Schulung nicht die Klärung der streitigen Frage der Rechtmäßigkeit der Bildung des Konzernbetriebsrats, sondern die Vermittlung von Kenntnissen zur sachgerechten Ausübung des Amtes eines Konzernbetriebsratsmitglieds. Nachdem der Beteiligte zu 4) erstmals in das Amt eines Konzernbetriebsratsmitglieds berufen wurde, war die im Beschluss vom 3.3.2005 zum Ausdruck kommende Einschätzung des Betriebsrats bezüglich der Erforderlichkeit der Teilnahme an der Schulung sachgerecht.

c) Der Kostenübernahmepflicht der Arbeitgeberin steht auch nicht entgegen, dass zwischen den Beteiligten Streit darüber besteht, ob ein Konzernbetriebsrat wirksam errichtet wurde und dass in dem derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Beschlussverfahren in den beiden Vorinstanzen die Wirksamkeit der Bildung des Konzernbetriebsrats verneint wurde. Die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit der Konstituierung eines Konzernbetriebsrats am 30.11.2004 schließt nämlich einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG nicht aus, weil die Unwirksamkeit der Bildung des Konzernbetriebsrats nicht offenkundig ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 29.4.1998, Az.: 7 ABR 42/97, NZA 1998,1133, entschieden, dass ein Mitglied eines Betriebsrats bezüglich der Kosten, die vor rechtskräftigem Abschluss des Anfechtungsverfahrens entstanden sind, Kostenübernahme nach § 40 Absatz 1 BetrVG verlangen kann, sofern die die Nichtigkeit der Betriebsratswahl nicht offenkundig ist. Nachdem im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats am 3. März 2005 wie auch im Zeitpunkt der Anhörung vor dem Beschwerdegericht nicht geklärt war und ist, ob und inwieweit die Bildung des Konzernbetriebsrats unwirksam war, hat der Betriebsrat den ihm im Rahmen des § 40 Absatz 1 BetrVG zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Frage der Bildung eines Konzernbetriebsrats bei einem Konzern mit Sitz der Muttergesellschaft im Ausland bei Nichtvorhandensein einer Konzernspitze im Inland in der Literatur kontrovers diskutiert wird. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass für die Unwirksamkeit des Beschlusses des Betriebsrats der Firma S. mbH vom 9.11.2004 bzw. des weiteren Beschlusses vom 16.11.2004 gute Argumente sprechen, dass die Unwirksamkeit jedoch nicht offenkundig ist.

2. Die Beschwerde ist erfolglos und daher insoweit zurückzuweisen, soweit sie eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Kostenübernahme für die Teilnahme des Beteiligten zu 4) ohne Kostenbegrenzung vorsieht.

Der dem Grunde nach gegebene Anspruch auf Übernahme der durch die geplante Schulung entstehenden Kosten ist nämlich im Hinblick auf den im Rahmen des § 40 BetrVG zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahingehend einzuschränken, dass eine Kostenübernahme nur insoweit zu erfolgen hat, als die von der Arbeitgeberin für den Beteiligten zu 4) zu übernehmenden Kosten der geplanten Schulung auf der Basis der Teilnahme von mindestens 6 Schulungsteilnehmern kalkuliert werden.

III.

Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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