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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 397/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 613 a
Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Klägerin ausreichend über einen Betriebsübergang unterrichtet wurde und ihr Widerspruchsrecht verwirkt ist
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 397/07

Verkündet am: 10. Januar 2008

In dem Rechtsstreit

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Cornelia Oberrainer und Irmgard Maushammer für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9.3.2007 - 39 Ca 4856/06 - wie folgt abgeändert:

1. In Ziffer 2 heißt es am Anfang nun: "Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 36.170,24 brutto abzüglich € 13.542,40 netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 467,08 seit 1.2.2006 sowie aus je weiteren € 1.846,73 ..."

2. In der bisherigen Ziffer 4 und neuen Ziffer 3 heißt es in der ersten Zeile € 3.134,07 statt € 5.777,34. Die Passage "aus € 2.642,27 ... seit 1.12.2005'" und das Wort "weiteren" entfallen.

3. In der bisherigen Ziffer 5 und neuen Ziffer 4 wird der Betrag von € 1.062,45 durch den Betrag von € 497,43 ersetzt.

4. Die bisherige Ziffer 6 wird zur Ziffer 5.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin und unter Zurückweisung ihrer Anschlussberufung im Übrigen wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 9. März 2007 - 39 Ca 4856/06 - wie folgt ergänzt:

6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 28.199,45 brutto abzüglich € 9.936,-- netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 1.846,73 seit 1.3.2007, aus € 1.948,12 seit 1.4.2007, aus € 2.004,88 seit 1.5.2007, aus € 1.948,12 seit 1.6.2007, aus € 2.723,12 seit 1.7.2007 und aus je weiteren € 1.948,12 seit 1.8.2007, 1.9.2007, 1.10.2007 und 1.11.2007 zu bezahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, in die Versorgungseinrichtung der Beklagten bei der B.-Pensionskasse in pp. für die Klägerin mit der Personalnummer pp. weitere € 451,82 vermögenswirksame Leistungen einzubezahlen.

III. Von den erstinstanzlichen Kosten tragen die Beklagte 85 % und die Klägerin 15 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Beklagte 91 % und die Klägerin 9 %.

IV. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen, für die Klägerin dagegen nicht.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Außerdem macht sie Vergütungs- und weitere Leistungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils wirksam widersprochen hat.

Die Klägerin war seit 1.10.1970 als kaufmännische Angestellte bei der Beklagten beschäftigt und zuletzt als Sachbearbeiterin im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) in P. beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung waren auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Bayerischen Chemischen Industrie anzuwenden.

Mit Schreiben vom 15.10.2002 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Versorgungszusage. Darin heißt es u.a., jährliche Bemessungsgrundlage für die Firmenrente sei der jährliche Versorgungsaufwand, der sich durch die Umwandlung nachfolgend aufgeführter Entgeltbestandteile ergebe und für den Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2005 erbracht werde. Es ist dann ein Gesamtumwandlungsbetrag von € 1.062,46 angegeben, darunter vermögenswirksame Leistungen von € 388,02 sowie das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld von € 497,43 (Bl. 64 ff d.A.).

Mit zwei Gesamtbetriebsvereinbarungen vom 10.1.2003 wurde das System der variablen Vergütungsbestandteile bei der Beklagten neu geregelt. Es handelt sich um die Gesamtbetriebsvereinbarung "Variable Unternehmensergebnis-Komponente" (VUEK; Bl. 39 ff d.A.) sowie die Gesamtbetriebsvereinbarung "Leistungsorientierte Einkommenskomponente" (LEK; Bl. 49 ff d.A.).

Mit Wirkung zum 1.11.2004 übertrug die Beklagte den Geschäftsbereich CI auf den neu gegründete Firma ppx. GmbH. Für die von dem Teilbetriebsübergang übertroffen Arbeitnehmer fanden Informationsveranstaltungen statt, u.a. am 19.8.2004. Mit Schreiben vom 22.10.2004 informierte die Beklagte die Klägerin über den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die ppx. GmbH (Bl. 12 ff. d.A.).

Ab 1.11.2004 erbrachte die Klägerin ihre Arbeitsleistung für die ppx. GmbH. Dieses Unternehmen stellte am 20.5.2005 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.8.2005 eröffnet. In einem vorformulierten und handschriftlich ergänzten Schreiben vom 19.7.2005 (Bl. 18, 19 d.A.) rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten, das Informationsschreiben vom 22.10.2004 entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen und löse deshalb den Lauf der Widerspruchsfrist nicht aus. Die gegebenen Informationen seien offensichtlich unzutreffend. Sie erwarte eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs. Nach deren Eingang werde sie über einen Widerspruch entscheiden. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. Die Klägerin arbeitete bis zum 31.12.2005 bei der ppx. GmbH in Liquidation. Ab 1.1.2006 wurde sie nicht mehr beschäftigt und erhielt keine Vergütung mehr. Am 12.1.2006 kündigte die ppx. GmbH in Liquidation das Arbeitsverhältnis zum 30.4.2006.

Mit Schreiben vom 20.1.2006 (Bl. 23, 24 d.A.), das der Beklagten am 24.1.2006 zuging, widersprach die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die ppx. GmbH. Mit einer am 7.4.2006 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien weiterhin ein Arbeitsverhältnis besteht.

Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses am 20.1.2006 noch widersprechen können, da das Informationsschreiben der Beklagten unvollständig und unrichtig gewesen sei. Ihr Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Die Klägerin hat erstinstanzlich weiter Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit vom Januar 2006 bis Januar 2007, variable Vergütungsbestandteile (VUEK und LEK), das tarifliche Weihnachtsgeld für die Jahre 2005 und 2006 sowie das Urlaubsgeld für das Jahr 2006 geltend gemacht. Außerdem habe die Beklagte aufgrund der Versorgungszusage vom 15.12.2002 im Rahmen der Entgeltumwandlung € 1.062,46 netto an die Versorgungseinrichtung zu entrichten. Gleiches gelte für die vermögenswirksamen Leistungen für die Monate Januar bis Oktober 2006 in Höhe von € 323,35 netto.

Dagegen ist die Beklagte der Auffassung, zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis mehr. Dieses sei wirksam auf die ppx. GmbH übergegangen, da die Klägerin innerhalb der Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 dem Übergang nicht widersprochen habe. Ihr Informationsschreiben sei inhaltlich richtig und vollständig gewesen. Jedenfalls sei das Widerspruchsrecht mehr als ein Jahr nach der erteilten Information verwirkt.

Mit Endurteil vom 9.3.2007 hat das Arbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben und wie folgt erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 38.359,49 (i.W.: achtunddreißigtausenddreihundertneunundfünfzig 49/100 Euro) brutto abzüglich € 14.352,-- (i.W.: vierzehntausenddreihundertzweiundfünfzig Euro) netto nebst Zinsen in Höhe 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 1.846,73 (i.W.: eintausendachthundertsechsundvierzig 73/100 Euro) seit 1.2.2006 sowie auf je weiteren € 1.846,73 (i.W.: eintausendachthundertsechsundvierzig 73/100 Euro) seit 1.3.2006, 1.4.2006, 1.5.2006, 1.6.2006, 1.7.2006, 1.8.2006, 1.9.2006, 1.10.2006, 1.11.2006, 1.12.2006, 1.1.2007 und 1.2.2007 zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 417,34 (i.W.: vierhundertsiebzehn 34/1000 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1.5.205 zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 5.777,34 (i.W.: fünftausendsiebenhundertsiebenundsiebzig 34/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 2.645,27 (i.W. zweitausendsechshundertdreiundvierzig 27/200 Euro) seit 1.12.2006 sowie aus € 490,80 (i.W. vierhundertneunzig 80/100 Euro) seit 1.7.2006 zu bezahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, in die Versorgungseinrichtung der Beklagten bei der Bayer - Pensionskasse in L. für die Klägerin mit der Personalnummer pp. den Gesamtumwandlungsbetrag für das Jahr 2005 in Höhe von € 1.062,45 (i.W.: eintausendzweiundsechzig 45/100) netto einzubezahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, in die Versorgungseinrichtung der Beklagten bei der Bayer - Pensionskasse in L. für die Klägerin mit der Personalnummer pp. vermögenswirksame Leistungen für die Zeit vom 1.1.2006 bis einschließlich 31.10.2006 in Höhe von € 319,05 (i.W.: Euro dreihundertneunzehn 05/100) netto einzubezahlen.

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien damit begründet, die Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB sei durch das Informationsschreiben vom 22.10.2004 nicht in Lauf gesetzt worden, da es die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung nicht erfülle. Es enthalte keine Information zu den in § 613 a Abs. 1 und 2 BGB geregelten Haftungsfragen. Es fehle auch eine Information darüber, ob tarifvertragliche Normen kollektivrechtlich oder individualrechtlich fort gelten. Nicht maßgeblich sei, ob die Haftungsfragen im konkreten Einzelfall für die Ausübung bzw. Nichtausübung des Widerspruchsrechts ursächlich waren.

Die Klägerin habe ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Für die Erfüllung des Umstandsmoments sei es nicht ausreichend, dass die Klägerin nach dem Insolvenzantrag untätig war. Vielmehr habe die Beklagte mit einer solchen Untätigkeit rechnen müssen, weil sie in ihrem Informationsschreiben deutlich mit dem Verlust des Arbeitsplatzes bei einem Widerspruch gedroht habe. Auch wegen des Schreibens der Klägerin vom 19.7.2005 habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass die Klägerin bei Verlust ihres Arbeitsplatzes bei der ppx. GmbH in Liquidation von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen werde.

Für die Zeit von Januar 2006 bis Januar 2007 habe die Klägerin aus Annahmeverzug Anspruch auf Zahlung ihrer Arbeitsvergütung abzüglich des enthaltenen Arbeitslosengeldes (Ziffer 2 des Urteils). Die Beklagte habe die wirtschaftliche Situation der Erwerberin unzutreffend dargestellt und durch ihr treuwidriges Verhalten den verspäteten Widerspruch der Klägerin verursacht. Deshalb könne sich die Beklagte nicht auf ein Fehlen des Angebots der Arbeitsleistung ihr gegenüber berufen. Die Klägerin habe ihre Ansprüche auch rechtzeitig innerhalb der dreimonatigen Verfallfrist des § 17 Ziffer 2 des Manteltarifvertrages für die Chemische Industrie (MTV) geltend gemacht. Es sei als unzulässige Rechtsausübung zu werten, wenn sich die Beklagte auf den Verfall berufe. Für das Jahr 2004 habe die Beklagte der Klägerin eine variable Unternehmensergebnis-Komponente in Höhe von € 417,34 brutto nach der entsprechenden Gesamtbetriebsvereinbarung zu bezahlen (Ziffer 3 des Urteils). Der Klägerin stehe weiterhin das tarifliche Weihnachtsgeld für die Jahre 2005 und 2006 in Höhe von insgesamt vom € 5.086,54 brutto sowie das tarifliche Urlaubsgeld für das Jahr 2006 i.H.v. € 490,80 zu (§§ 3, 5 und 10 des Tarifvertrages über Einmalzahlungen und Altersvorsorge in der Chemischen Industrie; Ziffer 4 des Urteils). Aufgrund der Versorgungszusage vom 15.10.2002 sei die Beklagte zur Zahlung von € 1.062,46 netto in die bei ihr bestehende Versorgungseinrichtung verpflichtet (Ziffer 5 des Urteils). Die Beklagte habe die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht nachgewiesen. Nach § 15 des Tarifvertrages über Einmalzahlungen und Altersvorsorge stünden der Klägerin vermögenswirksame Leistungen für Januar bis Oktober 2006 in Höhe von € 319,05 zu (Ziffer 6 des Urteils).

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts sowie des Sachvortrags der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene Endurteil Bezug genommen.

Gegen dieses den Beklagtenvertretern am 25.4.2007 und der Klägervertreterin am 10.5.2007 zugestellte Endurteil hat die Beklagte am 3.5.2007 Berufung eingelegt und diese am 24.7.2007 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist für sie bis zum 25.7.2007 verlängert worden war. Die Klägerin hat am 5.6.2007 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 20.6.2007 wieder zurückgenommen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht für fehlerhaft. Der Widerspruch der Klägerin vom 20.1.2006 gegen den Betriebsübergang sei verspätet, da das Informationsschreiben vom 22.10.2004 nicht unvollständig oder fehlerhaft gewesen sei. Die Aussagen zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber seien ausreichend. Die Klägerin sei über den Übergang des Arbeitsverhältnisses unterrichtet worden. Der Begriff des Übergangs bezeichne auch den Austausch des Vertragspartners. Damit sei die Beendigung der Haftung der Beklagten zum Ausdruck gebracht worden. Ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a BGB sei nicht erforderlich gewesen. Die gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres nach dieser Bestimmung sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der Normalsituation günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich entschieden habe, den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu akzeptieren, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben. Jedenfalls könne sich der nicht widersprechende Arbeitnehmer nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf das Fehlen einer solchen Information berufen. Ein Widerspruchsrecht könne nicht geltend gemacht werden, wenn sich eine behauptete Fehlinformation nicht auf das übergegangene Arbeitsverhältnis auswirken könne. Das Arbeitsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden sei. Es habe keine Verpflichtung zur Information über Details der finanziellen Ausstattung des Erwerbers bestanden. Der ppx. GmbH seien zahlreiche Materialgüterrechte, Markenrechte, Patentrechte sowie weitere kostenfreie Nutzungsrechte eingeräumt worden. Eine Fehlinformation über die wirtschaftliche Ausstattung der ppx. GmbH habe es nicht gegeben.

Jedenfalls sei das Widerspruchsrecht der Klägerin verfristet bzw. verwirkt. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspreche dem Regelungszweck des Gesetzes. Danach müsse sich der Arbeitgeber Klarheit darüber verschaffen können, mit welchen der betroffenen Arbeitnehmer er weiterhin rechnen kann. Deshalb müsse in analoger Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruches gelten. Wenn man dies verneine, sei das Widerspruchsrecht jedenfalls verwirkt. Für das Umstandsmoment sei es ausreichend, dass die Klägerin die ppx. GmbH als ihren neuen Arbeitgeber akzeptiert und mehr als ein Jahr für diese gearbeitet habe. Die Klägerin habe zu mehreren Zeitpunkten einen möglichen Widerspruch unterlassen, so bei Bekanntwerden des Antrags auf Insolvenzeröffnung, bei der Aufforderung zur Nachinformation im Juli 2005, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nach der Gläubigerversammlung im Oktober 2005. Die Klägerin habe treuwidrig versucht, solange wie möglich noch das volle Entgelt bei der ppx. GmbH zu erhalten, um sich dann wieder bei der Beklagten einzuklagen. Wer sich - wie die Klägerin - fehlerhaft unterrichtet führe, müsse zeitnah eine Entscheidung darüber treffen, gegenüber welchem Arbeitgeber er sich eines Arbeitsverhältnisses berühmen wolle.

Die zugesprochenen Leistungsansprüche würden schon deshalb nicht bestehen, weil es nach dem 1.11.2004 kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gegeben habe. Jedenfalls würden solche Ansprüche nicht in der vom Arbeitsgericht zugesprochenen Höhe bestehen. Vor Zugang des Widerspruchs bestehe kein Annahmeverzug. Weiter habe das Arbeitsgericht zu Unrecht einen Verfall der Ansprüche nach § 17 MTV Chemie verneint. Die Entgeltumwandlung im Zeitraum 2003 bis 2005 sei durchgeführt worden. Dies ergebe sich auch aus einer E-Mail der Zeugin B. (Bl. 520 d.A.). Das Arbeitsgericht habe insoweit die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Wer sich eines Anspruchs berühme, sei dafür darlegungs- und beweisbelastet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 9.3.2007, Az.: 39 Ca 4856/06 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Endurteil für weitgehend zutreffend. Das Arbeitsgericht habe zu Recht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien festgestellt und demzufolge auch den Zahlungsansprüchen der Klägerin weitgehend stattgegeben. Das Informationsschreiben der Beklagten sei nicht nur wegen der vom Arbeitsgericht angenommen Fehler, sondern auch aus weiteren Gründen unzureichend. Eine Begrenzung der Unterrichtung auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen sei vom Wortlaut und Zweck des § 613 a Abs. 5 BGB nicht gedeckt. Die Informationen zur finanziellen Ausstattung der ppx. GmbH seien unzutreffend gewesen. Durch das Unterrichtungsschreiben sei der unzutreffende Eindruck erweckt worden, die Betriebserwerberin verfüge über eine gute Liquidität und glänzende Zukunftsaussichten.

Das Widerspruchsrecht sei weder verfristet noch verwirkt gewesen. Jedenfalls aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 19.7.2005 habe die Beklagte mit einem Widerspruch gegen den Teilbetriebsübergang rechnen müssen. Durch ihre weitere Arbeit bei der Insolvenzschuldnerin habe sie sich nicht treuwidrig verhalten. Ein früherer Widerspruch hätte in einer rechtlich völlig undurchschaubaren Situation dazu geführt, dass sie bereits vor dem 31.12.2005 keine Einkünfte mehr gehabt hätte. Bei einem Widerspruch hätte sie nämlich keine Zahlungen mehr vom Insolvenzverwalter erhalten.

Das Arbeitsgericht habe zu Recht Annahmeverzugslohnansprüche zugesprochen. Die Beklagte habe die Klägerin durch ihre fehlerhaften Informationen daran gehindert, ihre Arbeitsleistung früher gegenüber der Beklagten anzubieten. Die Beklagte habe insbesondere durch ihre Nichtreaktion auf das Schreiben vom 19.7.2005 zu erkennen gegeben, dass sie die Klägerin nicht beschäftigen werde. Die Ausschlussfrist nach § 17 MTV Chemie greife nicht, da die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässig Rechtsausübung sei. Die Beklagte müsse die Erfüllung der Ansprüche auf Gehaltsumwandlung darlegen und beweisen.

Mit ihren Schriftsätzen vom 25.9.2007, 10.10.2007 und 2.11.2007 hat die Klägerin ihre erstinstanzliche Klage über die vom Arbeitsgericht zugesprochenen Ansprüche hinaus im Wege der Anschlussberufung erweitert und macht nun auch Annahmeverzugslohn für die Monate Februar bis Oktober 2007 sowie vermögenswirksame Leistungen für November und Dezember 2006 sowie für das Jahr 2007 geltend.

Im Wege der Anschlussberufung stellt die Klägerin folgende Anträge:

7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 22.095,21 brutto abzüglich € 7.728,-- netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 1.846,73 seit 1.3.2007, auf € 1.948,12 seit 1.4.2007, aus € 2.004,88 seit 1.5.2007 und aus je weiteren € 1.948,12 seit 1.8.2007 und 1.9.2007 zu bezahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, in die Versorgungseinrichtung der Beklagten bei der Bayer-Pensionskasse in L. für die Klägerin mit der Personalnummer pp. weitere € 451,82 abzugsfrei einzubezahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 3.052,12 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 1.104,-- netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 1.948,12 seit 1.102007 zu bezahlen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 3,052,12 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 1.104,-- netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus € 1.948,12 seit 1.11.2007 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Sie hält die Anschlussberufung schon für unzulässig. Mit ihrer Berufungsrücknahme habe die Klägerin umfassend auf das Rechtsmittel der Berufung in der zweiten Instanz verzichtet. Die Klageerweiterungen seien auch nicht sachdienlich. Die Klägerin hätte ihre weiteren Ansprüche in dem Verfahren über die vorsorgliche Kündigung der Beklagten zum 31.12.2007 (Az.: 38 Ca 6080/07 beim Arbeitsgericht München) rechtshängig machen müssen. Im Übrigen würden die geltend gemachten Ansprüche deshalb nicht bestehen, weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden haben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 23.7.2007, 25.10.2007 sowie 22.11.2007 (nachgelassener Schriftsatz) sowie der Klägerin vom 25.9.2007 und 22.11.2007 (nachgelassener Schriftsatz) Bezug genommen, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 8.11.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit es um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geht (Ziffer 1 des angefochtenen Endurteils). Bezüglich der anderen Ziffern ist die Berufung dagegen teilweise begründet, insbesondere weil manche vom Arbeitsgericht zugesprochene Ansprüche gemäß § 17 Abs. 2 MTV verfallen sind.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Es hat dieses Ergebnis ausführlich und überzeugend begründet. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird deshalb zunächst auf die Begründung des Arbeitsgerichts hierzu verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend und zu den Angriffen der Beklagten im Berufungsverfahren wird Folgendes ausgeführt:

Die Auffassung der Beklagten, ein Hinweis auf die Haftungsregelung des § 613 a Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich gewesen, wird den hohen Anforderungen, die das Bundesarbeitsgericht an die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers stellt, nicht gerecht. Im Urteil vom 13.7.2006 (8 AZR 305/05 - NZA 06, 1268) führt das Bundesarbeitsgericht aus, zu den rechtlichen Folgen nach § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehöre auch die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs. 2 BGB. Es überzeugt nicht, wenn die Beklagte argumentiert, die gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber dem Normalfall des Austauschs des Vertragspartners günstigere Regelung, die für einen Arbeitnehmer, der den Übergang des Arbeitsverhältnisses akzeptiere, keine Bedeutung habe. Zum einen bezieht sich die Unterrichtungspflicht nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht nur auf Nachteile, die dem Arbeitnehmer infolge des Betriebsübergangs entstehen können, sondern auf die "rechtlichen Folgen". Die gesamtschuldnerische Haftung gehört zu den rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs (ebenso LAG Düsseldorf in zahlreichen ähnlich gelagerten Verfahren, z.B. Urteil vom 4.7.2007 - 7 (18) Sa 416/06; LAG München vom 24.10.2007 - 11 Sa 396/07). Auch der Gesetzeszweck gebietet es nicht, die gesamtschuldnerische Haftung nach § 613 a Abs. 2 BGB aus der Unterrichtungspflicht herauszunehmen. Der Arbeitnehmer soll durch die Unterrichtung eine umfassende Grundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts haben. Bei der Entscheidung des Arbeitnehmers über einen möglichen Widerspruch können auch solche Umstände von Bedeutung sein, die den Arbeitnehmer schützen, etwa die gesamtschuldnerische Haftung nach § 613 a Abs. 2 BGB. Das Arbeitsgericht hat es auch zu Recht als nicht maßgeblich angesehen, ob die Haftungsfragen im konkreten Einzelfall für die Entscheidung der Klägerin über einen Widerspruch von Bedeutung waren (ebenso LAG Düsseldorf und die 11. Kammer des LAG München aaO). Weder der Gesetzeswortlaut noch der Gesetzeszweck bieten eine Grundlage dafür, auf solche Motive des Arbeitnehmers abzustellen. Im Übrigen lassen sich die Motive, die bei der Entscheidung des Arbeitnehmers über einen möglichen Widerspruch eine Rolle gespielt haben, im Nachhinein kaum feststellen. Ein Abstellen auf solche inneren Umstände könnte zu dem nicht nachvollziehbaren Ergebnis führen, dass Unterrichtungsschreiben mit einem identischen Inhalt bei einem Arbeitnehmer als ausreichend und bei einem anderen als nicht ausreichend angesehen werden.

Im Berufungsverfahren geht die Beklagte selbst nicht mehr davon aus, im Unterrichtungsschreiben sei über die befristete gesamtschuldnerische Haftung nach § 613 a Abs. 2 BGB informiert worden. Ihr Argument, mit der Information über dem Übergang des Arbeitsverhältnisses sei auch über den Austausch des Vertragspartners und das Ende der Haftung der Beklagten unterrichtet worden, bezieht sich auf den Abs. 1 des § 613 a BGB, nicht jedoch auf den Abs. 2.

Unerheblich ist, ob das Informationsschreiben in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst wurde. Eine solche Abstimmung mindert weder die gesetzlichen Anforderungen an die Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB noch schließt sie einen Widerspruch der Klägerin aus.

Das Widerspruchsrecht der Klägerin ist nicht in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG durch Fristablauf erloschen. Es fehlt an der Analogievoraussetzung einer planwidrigen Gesetzeslücke. Der Gesetzgeber hat vielmehr Vorschläge, eine Höchstfrist für den Widerspruch festzulegen, bewusst nicht aufgegriffen (BRDrucksache 831/1/02 Seite 2 und BT-Drucksache 14/8128 Seite 4; BAG vom 15.2.2007 - 8 AZR 431/06 - NZA 07, 793). Das Bundesarbeitsgericht geht erkennbar davon aus, dass eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht in Betracht kommt, denn andernfalls bestünde keine Veranlassung zu der Feststellung in dem oben genannten Urteil, hinsichtlich des Zeitmoments für eine Verwirkung könne nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden.

Die Kammer teilt auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass eine Verwirkung des Widerspruchsrechts am 20.1.2006 noch nicht eingetreten war. Es hat nicht nur die allgemeinen Grundsätze zur Verwirkung treffend dargestellt, sondern auch wesentliche Umstände des konkreten Einzelfalls wiedergegeben. In seinem Urteil vom 15.2.2007 (aaO) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Die Länge des Zeitablaufs sei in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, seien, desto schneller könne ein Anspruch verwirken. Es müssten letztlich besondere Verhaltensweisen des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist es nicht treuwidrig, dass die Klägerin erst dann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprach, als sie von der ppx. GmbH i.L. nicht mehr beschäftigt wurde und von dieser keine Vergütung mehr erhielt. Damit hat die Klägerin in einer rechtlich schwierigen Situation versucht, möglichst lange ihre Existenzgrundlage zu sichern. Dies ist aus der Sicht der Klägerin verständlich und für die Beklagte nicht unzumutbar. Die Beklagte weist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass eine zeitlich unbegrenzte Widerspruchsmöglichkeit dem Gesetzeszweck und dem Grundsatz von Treu von Glauben widersprechen würde. Ihre Argumentation, durch den im Juli 2005 vorbehaltenen Widerspruch habe sich die Klägerin dauerhaft eine Rückkehrmöglichkeit zur Beklagten sichern wollen, überzeugt aber letztlich nicht. Die Beklagte hätte es nämlich in der Hand gehabt, eine frühere Entscheidung der Klägerin über die Ausübung ihres Widerspruchsrechts herbeizuführen. Sie hätte entsprechend der Aufforderung im Schreiben der Klägerin vom 19.7.2005 weitere Informationen über den Betriebsübergang erteilen können. Mit Erfüllung ihrer gesetzlichen Unterrichtungspflicht hätte die Monatsfrist für den Widerspruch nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB begonnen.

Soweit die Beklagte auf ein Urteil der erkennenden Kammer vom 12.10.2006 (2 Sa 990/05 - BB 2007, 502) hinweist, sind die konkreten Umstände des Einzelfalls nicht mit denen der Klägerin vergleichbar. Der Kläger in dem dortigen Verfahren hatte zunächst ein Teilversäumnisurteil gegenüber der Betriebserwerberin erwirkt und dann etwa zwei Monate später dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprochen.

Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts München in einem ähnlich gelagerten Verfahren eine Verwirkung angenommen hat (Urteil vom 31.7.2007 - 8 Sa 220/07). Der dortige Kläger hat ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wie die Klägerin widersprochen (am 25.1.2006), war aber bereits zum 30.1.2005 von der ppx. GmbH i.L. gekündigt worden. Die Klägerin hatte also länger als der dortige Kläger Veranlassung, ihre vom Insolvenzverwalter bezogene Vergütung nicht durch einen Widerspruch zu gefährden. Im Übrigen ist durchaus nachvollziehbar, dass die Klägerin im Juli 2005 weitere Informationen verlangte und sich einen Widerspruch lediglich vorbehielt, nicht jedoch aussprach. Ihr war möglicherweise an einer besseren Informationsgrundlage für ihre Entscheidung über einen Widerspruch gelegen. Jedenfalls brachte sie gegenüber der Beklagten zum Ausdruck, dass diese nicht in die Wirksamkeit des Betriebsübergangs vertrauen solle.

Die durch dieses Urteil bestätigte Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, bezieht sich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 8.11.2007. Dagegen wird keine Feststellung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2007 hinaus getroffen. Diese Frage ist Gegenstand des Rechtsstreits über die Kündigung der Beklagten zum 31.12.2007 (38 Ca 6080/07 beim Arbeitsgericht München).

2. Die Berufung ist zu einem geringen Teil begründet, soweit das Arbeitsgericht der Klägerin Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug ab Januar 2006 zugesprochen hat (Ziffer 2 des angefochtenen Endurteils). Die Beklagte geriet nämlich erst mit dem Widerspruch der Klägerin in Annahmeverzug.

Ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 615 Satz 1 BGB setzt neben einem erfüllbaren Arbeitsverhältnis insbesondere ein Angebot der Arbeitsleistung voraus (§§ 294 ff BGB). Gemäß § 294 BGB muss die Leistung dem Gläubiger grundsätzlich so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden. Nach § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Insbesondere nach einer Arbeitgeberkündigung wird ein Angebot für entbehrlich gehalten (§ 296 BGB), da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen müsse und für diese Mitwirkungshandlung eine Zeit im Kalender bestimmt sei (ErfK/Preis, § 615 BGB Rn 39 ff m.w.N.).

Hier war ein Angebot der Klägerin jedenfalls vor ihrem Widerspruch nicht nach § 296 BGB entbehrlich, denn die Beklagte hatte nicht zu erkennen gegeben, dass sie die Klägerin nicht beschäftigen wolle. Das Schweigen der Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 19.7.2005 hat keinen solchen Erklärungsinhalt. Die Klägerin forderte in ihrem Schreiben die Beklagte nicht auf, sie zu beschäftigen. Vielmehr erbrachte sie ihre Arbeitsleistung bis zum 31.12.2005 gegenüber der ppx. GmbH. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt bestand keine Veranlassung für die Beklagte, der Klägerin eine Arbeit anzubieten.

Hieran änderte sich zum 1.1.2006 zunächst nichts. Vor ihrem Widerspruch bot die Klägerin der Beklagten ihre Arbeitsleistung weder tatsächlich noch wörtlich an. Ihre tatsächliche Arbeit und das darin liegende Angebote gegenüber der ppx. GmbH wirkte nicht gegenüber der Beklagten (Schneider/Sittard, BB 2007, 2230). Die Kammer schließt sich der Auffassung des Arbeitsgerichts, ein Angebot der Klägerin sei in entsprechender Anwendung des § 162 BGB entbehrlich gewesen, nicht an. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht ähnlich wie das Arbeitsgericht angenommen, die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung könne ein treuwidriges Verhalten darstellen und ein Angebot entbehrlich machen (BAG vom 13.7.2006 - 8 AZR 382/05 - NZA 06, 1406). Vorliegend kann allerdings ein treuwidriges Verhalten der Beklagten nicht angenommen werden. Die Beklagte hat eine Unterrichtung nicht völlig unterlassen und ihre fahrlässig verursachten Unterrichtungsfehler stellen kein treuwidriges Verhalten dar. Unbestritten ist das Unterrichtungsschreiben mit den Arbeitnehmervertretungen erörtert und abgestimmt worden. Nicht jeder Fehler bei der Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB begründet den Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens. In diesem Zusammenhang sind auch die Umstände zu berücksichtigen, aus denen die Beklagte ableiten möchte, die Klägerin habe ihr Widerspruchsrecht verwirkt. Die Klägerin hat lange mit ihrem Widerspruch zugewartet und von einer Verdienstmöglichkeit bei der Erwerberin ppx. GmbH Gebrauch gemacht. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht unzumutbar, wenn sie vor dem Gebrauchmachen von ihrem Widerspruchsrecht nicht durch Vergütungsansprüche aus Ausnahmeverzug abgesichert ist, sondern erst nach einem entsprechenden Angebot gegenüber der Beklagten.

Mit dem Widerspruch der Klägerin geriet die Beklagte allerdings ab 24.1.2006 in Annahmeverzug. Er stellt ein wörtliches Angebot der Klägerin dar (§ 295 BGB) und aufgrund dieses Widerspruchs hätte die Beklagte der Klägerin einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zuweisen müssen.

Die Vergütungsansprüche der Klägerin sind nicht nach § 17 MTV verfallen, wobei es nicht darauf ankommt, ob das Berufen auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist. § 17 Abs. 2 MTV bestimmt:

"Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist."

Der Vergütungsanspruch der Klägerin für Januar 2006 war frühestens zum Monatsende fällig. Die Geltendmachung mit Schreiben vom 23.3.2006 (Bl. 71 d.A.) erfolgte damit rechtzeitig. Die Vergütungsansprüche für die weiteren Monate wurden jeweils innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist eingeklagt.

Damit verringert sich das Verdienst der Klägerin für Januar 2006 auf € 761,48 (€ 2.950,73 : 31 x 8) und das anrechenbare Arbeitslosengeld auf € 294,40 (€ 36,80 x 8).

3. Die Berufung ist begründet, soweit das Arbeitsgericht in Ziffer 3 des angefochtenen Urteils € 417,34 brutto als variable Unternehmensergebnis-Komponente für das Jahr 2004 zugesprochen hat. Der Anspruch ist nach § 17 Abs. 2 MTV verfallen. Nach Ziffer 5.1. der entsprechenden Gesamtbetriebsvereinbarung war der Anspruch im April 2005 fällig mit der Folge, dass er grundsätzlich bis Ende Juli 2005 hätte geltend gemacht werden müssen. Tatsächlich erfolgte eine Geltendmachung erst im Schreiben vom 28.3.2006 (Bl. 73 d.A.). Es kann offen bleiben, ob der Anspruch tatsächlich schon Anfang August 2005 verfallen ist, denn jedenfalls ist es auch bei Berücksichtigung der fehlerhaften Unterrichtung über den Betriebsübergang durch die Beklagte keine unzulässige Rechtsausübung, wenn sich die Beklagte auf einen Verfall vor dem 28.3.2006 beruft (§ 17 Abs. 2 Satz 2 MTV). Im Jahr 2004, für das die Klägerin die Leistung verlangt, war sie bis Oktober für die Beklagte tätig. Trotz des Betriebsübergangs zum 1.11.2004 hätte die Klägerin zumindest eine anteilige Leistung gegenüber der Beklagten geltend machen können. Im Übrigen ging die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 12.7.2005 schon im Juli 2005 davon aus, unzureichend unterrichtet worden zu sein und dem Betriebsübergang möglicherweise widersprechen zu können. Die Erwerberin ppx. GmbH hatte keine vom Unternehmensergebnis der Beklagten abhängige Leistung für das Jahr 2004 gewährt und jedenfalls im Hinblick auf ihren Insolvenzantrag war nicht mehr mit einer solchen Leistung zu rechnen. Gleichwohl hat die Klägerin mit einer Geltendmachung bis zum 28.3.2006 gewartet. Eine frühere schriftliche Geltendmachung wäre ihr ohne Weiteres zumutbar gewesen.

4. Die Berufung ist begründet, soweit das Arbeitgericht in Ziffer 4 des angefochtenen Urteils eine tarifliche Jahresleistung für das Jahr 2005 in Höhe von € 2.643,27 zugesprochen hat. Auch dieser Anspruch ist nach § 17 Abs. 2 MTV verfallen. Nach § 6 Abs. 1 des Tarifvertrages über Einmalzahlungen und Altersvorsorge war er zum 30.11.2005 fällig und hätte damit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 MTV bis Ende Februar 2006 schriftlich geltend gemacht werden müssen. Aus ähnlichen Gründen wie bei der variablen Unternehmensergebnis-Komponente für das Jahr 2004 stellt das Berufen auf die Ausschlussfrist keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Klägerin hatte am 20.1.2006 dem Betriebsübergang widersprochen und hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls aber bis Ende Februar 2006 den Anspruch gegenüber der Beklagten, die sie ausweislich ihres Widerspruchs als ihre Arbeitgeberin ansah, geltend machen können.

Dagegen ist die Berufung unbegründet, soweit es um die Jahresleistung für das Jahr 2006 und das tarifliche Urlaubsgeld 2006 geht. Beide Ansprüche wurden innerhalb der Ausschlussfrist des § 17 Abs. 2 MTV schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Das Urlaubsgeld, das unbestritten Ende Juni 2006 fällig war, wurde mit dem am 12.9.2006 der Beklagten zugestellten Schriftsatz vom 1.9.2006 gerichtlich geltend gemacht, die am 30.11.2006 fällige Jahresleistung für 2006 in dem der Beklagten am 30.1.2007 zugestellten Schriftsatz vom 16.1.2007.

5. Die Berufung ist begründet, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte in Ziffer 5 des Endurteils verurteilt hat, einen über € 497,43 hinausgehenden Betrag zu zahlen. Die über diesen Betrag hinausgehenden Ansprüche sind nämlich verfallen.

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Anspruchs vorgetragen, in Höhe des geltend gemachten und vom Arbeitsgericht zugesprochenen Betrages seien Zahlungen weder direkt an sie noch an die Versorgungseinrichtung erfolgt. Die Gehaltsumwandlung ergebe sich aus der Versorgungszusage vom 15.10.2002.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Beklagte habe die Erfüllung der umgewandelten Ansprüche nicht nachgewiesen. Ihre Ausführungen im Berufungsverfahren führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die Erfüllung des Anspruchs ist eine für die Beklagte günstige Behauptung, die diese darzulegen und zu beweisen hat. Sie hat jedoch weder dargelegt, wie die umgewandelten Beträge geleistet worden sein sollen, noch hat die ordnungsgemäß Beweis angeboten. Da sie nicht behauptet, selbst eine Einzahlung bei der Versorgungseinrichtung vorgenommen zu haben, kommt nur eine Erfüllung durch die ppx. GmbH in Betracht. Im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 6.2.2007 hat die Beklagte die Zeugin B. nicht zum Beweis einer Zahlung durch die ppx. GmbH angeboten, sondern zu Fragen in Verbindung mit den Personalunterlagen der Klägerin. Die im Berufungsverfahren vorgelegte E-Mail der Zeugin B. (Bl. 520 d.A.) sagt nicht Konkretes zu einer Zahlung durch die ppx. GmbH, sondern enthält die Aussage, die Frage könne nur von der ppx. GmbH beantwortet werden.

In Höhe des Urlaubsgeldes von € 497,43 ist der Anspruch nicht verfallen. Ausweislich der vorgelegten Entgeltabrechnung für Dezember 2006 (Bl. 32 d.A.) erfolgte die Gehaltsumwandlung im Dezember 2005. Die dreimonatige Ausschlussfrist begann damit Anfang 2006 und war bei Geltendmachung mit den Schreiben vom 23. und 28.3.2006 noch nicht verfallen.

Die weiteren von der Gehaltsumwandlung betroffenen Beträge sind verfallen. Sie wurden in den o.g. Schreiben nicht geltend gemacht. In der am 16.4.2006 zugestellten Klage wurden vermögenswirksame Leistungen in Höhe von € 388,20 verlangt, die Leistungen der übrigen von der Gehaltsumwandlung betroffenen Beträge erst im Schriftsatz vom 29.11.2006. Dadurch wurde die dreimonatige Ausschlussfrist nicht gewahrt. Aus dem oben genannten Gründen ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf den Verfall der Ansprüche zu berufen. Es war der Klägerin nicht unzumutbar, ihre Ansprüche innerhalb der bis Ende März 2006 laufenden Ausschlussfrist schriftlich gegenüber der Beklagten geltend zu machen, denn sie ging vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten aus. Eine solche Geltendmachung war nicht deshalb entbehrlich, weil die ppx. GmbH die von der Gehaltsumwandlung betroffenen Beträge am 13.1.2006 abgerechnet hatte. Diese Abrechnung ist kein Anerkenntnis durch die Beklagte. Wenn die Klägerin die Zahlung der abgerechneten Beträge von der Beklagten mit der Begründung verlangt, die ppx. GmbH habe die in ihrer Gehaltsabrechnung enthaltene Gehaltsumwandlung nicht durchgeführt, so muss innerhalb der Ausschlussfrist die Erfüllung von der Beklagten verlangen.

6. Bezüglich der vermögenswirksamen Leistungen (Ziffer 6 des angefochtenen Endurteils) ist die Berufung schon unzulässig. Der pauschale Hinweis der Beklagten auf die "Nichtwahrung der Ausschlussfrist des § 17 MTV Chemie" ist keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil i.S.d. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.

Im Übrigen ist dieser Hinweis auch unbegründet. Bei einer Zahlung der vermögenswirksamen Leistungen als Einmalzahlung, wie sie für das Jahr 2005 abgerechnet wurde (Bl. 32 d.A.), ist diese nämlich erst am 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres fällig (§ 15 Abs. 6 des Tarifvertrages über Einmalzahlungen und Altersvorsorge). Die Klägerin hat ihren Anspruch schon während des Jahres 2006, also vor Fälligkeit geltend gemacht.

II.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

1. Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft, obwohl die Klägerin ihre am 5.6.2007 eingelegte Berufung später wieder zurückgenommen hat.

Die Rücknahme der Berufung führt nämlich nur zum Verlust des konkret eingelegten Rechtsmittels, nicht jedoch des Rechts auf Berufung generell (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., Rn 17 zu § 516). Im Übrigen ist die Anschlussberufung selbst dann statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat (§ 524 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dies gilt erst recht, wenn er eine eingelegte Berufung wieder zurückgenommen hat.

Der Statthaftigkeit der Anschlussberufung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin mit ihr neue Anträge verfolgt, über die in dem angefochtenen Urteil nicht entschieden wurde. Eine Anschlussberufung setzt nämlich keine Beschwer voraus und kann auch zum Zweck einer Klageerweiterung erfolgen (Zöller aaO Rn 31 und 33 zu § 524; BAG vom 29.9.1993 - 4 AZR 693/92 - NZA 94, 761).

Die Anschlussberufung der Klägerin wurde innerhalb der Berufungserwiderungsfrist eingelegt (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

2. Es ist unerheblich, dass die Beklagte in die Klageerweiterung nicht eingewilligt hat. Es handelt sich nämlich nicht um eine Klageänderung nach § 263 ZPO, sondern um eine Erweiterung der Klageanträge nach § 264 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin macht für weitere Zeiträume Leistungen geltend, die sie in bereits in erster Instanz verfolgt hat. Im Übrigen wäre eine Klageänderung sachdienlich, denn der bisherige Prozessstoff insbesondere zur Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien kann berücksichtigt werden.

3. Die Anschlussberufung ist auch begründet.

Die Vergütungsansprüche der Klägerin für Februar bis Oktober 2007 ergeben sich aus § 615 BGB. Unbestritten hat die Klägerin ihre Ansprüche jeweils innerhalb der Ausschlussfrist des § 17 Abs. 2 MTV schriftlich geltend gemacht. Die Beklagte hat auch keine Einwendungen gegen die Höhe der Forderungen erhoben.

Der Anspruch auf Abführung der vermögenswirksamen Leistungen ergibt sich aus § 15 Abs. 1 des Tarifvertrages über Einmalzahlungen und Altersvorsorge. Auch insoweit hat die Beklagte keine Einwände gegen die Höhe des Anspruchs geltend gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt das beiderseitige Obsiegen bzw. Unterliegen in beiden Instanzen.

IV.

Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Dagegen besteht kein Grund, für die Klägerin die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG (Nichtzulassungsbeschwerde) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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