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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 23.10.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 548/03
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG
Vorschriften:
ZPO § 91 Abs. 1 | |
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1 |
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 23. Oktober 2003
In dem Rechtsstreit
hat die zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Wilhelm Weigert und Georg Mayer für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16.04.2003 - 38 Ca 13405/02 - abgeändert und die Klage auf Kosten des Klägers abgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Sonderzuwendung anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums.
Der Kläger ist seit 1977 bei der Beklagten beschäftigt. Diese besteht seit 1974. Im Jahr 2000 erreichten die ersten Mitarbeiter eine 25-jährige Betriebszugehörigkeit. Allen sechs Jubilaren gratulierte die Beklagte mit einem Anschreiben und zahlte jeweils DM 1.200,00 brutto als Jubiläumsgeld aus. Im Jahre 2001 gab es kein 25-jähriges Dienstjubiläum. Im Januar 2002 erhielten zwei weitere Mitarbeiter anlässlich ihres 25-jährigen Dienstjubiläums ein Jubiläumsgeld in Höhe von 613,55 Euro brutto.
Der Kläger hatte am 01.04.2002 sein 25-jähriges Dienstjubiläum und erhielt keine Geldzuwendung.
Er vertritt die Auffassung, ein Anspruch ergebe sich aus betrieblicher Übung und dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Mit Endurteil vom 16.04.2003 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 613,55 Euro brutto zu bezahlen.
Gegen dieses der Beklagten am 06.05.2003 zugestellte Endurteil richtet sich ihre Berufung vom 28.05.2003, die am 04.08.2003 begründet worden ist, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Sie ist der Auffassung, ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstehe allenfalls nach einem längeren Zeitraum von mindestens drei Jahren. Die Jubiläumsgelder seien nur fünf Quartale gewährt worden. Dies sei eine zu schmale Tatsachengrundlage, um ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer anzunehmen. Im März 2002 habe sie beschlossen, auf Grund steigender Verluste im Januar und Februar 2002 keine freiwilligen Leistungen mehr zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Er sei der einzige Arbeitnehmer, der anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums kein Jubiläumsgeld erhalten habe. Die Zahlung sei begründungslos verweigert worden. Es werde bestritten, dass es irgendeine sachliche Begründung für die Leistungsverweigerung gebe.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung ist begründet, denn nach Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung nicht entstanden und ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Das Arbeitsgericht hat die generellen Voraussetzungen einer betrieblichen Übung zutreffend wiedergegeben. Das Berufungsgericht teilt allerdings die Auffassung des Arbeitsgerichts nicht, dass durch die Zahlung eines Jubiläumsgeldes an insgesamt acht Arbeitnehmer innerhalb eines Zeitraums von etwa 2 1/4 Jahren ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entstehen konnte, die Zahlung solle dauerhaft gewährt werden.
In Rechtsprechung und Literatur ist nicht ganz geklärt, nach welchem Zeitraum bzw. nach wie vielen Zahlungen ein Anspruch aus betrieblicher Übung in der Regel entsteht. Häufig wird angenommen, nach mindestens dreijähriger Gewährung könne der Arbeitnehmer in der Regel eine dauerhafte Bindung des Arbeitgebers annehmen.
Teilweise wird aber auch auf die dreimalige Gewährung der Leistung abgestellt. Die meisten veröffentlichten Urteile befassen sich mit Gratifikationen, die nur einmal jährlich an die gesamte Belegschaft geleistet wurden. Die Urteile zu monatlichen Leistungen betreffen zum größten Teil Fälle, in denen die Leistungen für mindestens drei Jahre gewährt wurden.
Bei dem vorliegenden Jubiläumsgeld konnte der Kläger selbst bei der gleichartigen Zahlung an acht Arbeitnehmer nicht von einer dauerhaften Bindung der Beklagten ausgehen. Zum einen ist der Zeitraum, in dem die Leistung gewährt wurde, relativ kurz. Das gewährte Jubiläumsgeld unterscheidet sich außerdem von einer typischen Sonderzuwendung dadurch, dass es nicht an die gesamte Belegschaft gezahlt wurde, sondern nur an einzelne Arbeitnehmer, die ihr 25-jähriges Dienstjubiläum hatten. Bei Zahlungen an einzelne Personen gibt es eine deutlich geringere Basis für einen Vertrauenstatbestand als bei Leistungen, die der gesamten Belegschaft gewährt werden. Außerdem liegt es bei Zahlungen an einzelne Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nahe, dass sich der Arbeitgeber über die Rechtsfolgen seiner Leistungsgewährung keine großen Gedanken macht. Entsprechend ist ein Vertrauen des Arbeitnehmers auf eine dauerhafte Bindung nicht besonders schutzwürdig. Anders als bei Sonderzuwendungen für die gesamte Belegschaft ist es keineswegs selbstverständlich, dass sich die Zahlungen an einzelne Mitarbeiter in der gesamten Belegschaft herumsprechen.
2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Dieser Grundsatz verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist daher verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter stellt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (BAG v. 19.03.2003 - 10 AZR 365/02).
Nach dem Sachvortrag der Beklagten hat diese im März 2003 beschlossen, wegen steigender Verluste keine freiwilligen Leistungen mehr zu erbringen. Danach hat die Beklagte zwei Gruppen von Arbeitnehmern gebildet. Der Gruppe von Arbeitnehmern, die bis Januar 2002 ihr 25-jähriges Dienstjubiläum hatten und ein Jubiläumsgeld erhielten, steht die Gruppe der Arbeitnehmer gegenüber, deren 25-jähriges Dienstjubiläum später liegt und die keine Leistungen erhalten sollen.
Es ist davon auszugehen, dass diese Gruppenbildung sachlich gerechtfertigt ist. Der Kläger hat nämlich den Sachvortrag der Beklagten nur bestritten. Dies genügt angesichts der bei ihm liegenden Darlegungs- und Beweislast nicht. Wer einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend macht, trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast (ErfK/Preis, 2000, § 611 BGB Rn. 748; LAG Nürnberg v. 24.06.1992 - 3 Sa 1134/91 - LAGE § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 11). Dies ergibt sich daraus, dass eine sachwidrige Gruppenbildung Anspruchsvoraussetzung ist. Der Kläger hat weder dargelegt, dass es die beschriebene Gruppenbildung tatsächlich gar nicht gibt, noch, dass es keine sachlichen Gründe für die schlechtere Behandlung der Jubilare ab März 2002 gibt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
III.
Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, denn insbesondere die Frage, ob in der Regel bei dreimaliger Gewährung einer Leistung oder erst nach einem Zeitraum von drei Jahren ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht, hat grundsätzliche Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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