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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 963/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 242 | |
BGB § 613 a Abs. 5 | |
BGB § 613 a Abs. 6 |
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 26. Juni 2008
In dem Rechtsstreit
hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Johann Abbold und Claudia Bianco für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 10.9.2007 - 8 Ca 18551/06 - wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte 3/4 und der Kläger 1/4.
3. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 01.10.1976 als Patentmanager im Geschäftsbereich "C.M.D." - also in der M-Sparte - beschäftigt. Arbeitsort war der Betrieb M.
Nachdem die M-Sparte bei der Beklagten seit Jahren defizitär war, veräußerte sie im Jahre 2005 diesen Geschäftsbereich. Am 06.06.2005 schlossen die Beklagte und die pp. Corporation mit Sitz in T. ein Rahmenvertrag ("Master Sale and Purchase Agreement"). Der hierin geregelte Verkauf der M-Sparte an die pp.-Gruppe wurde zum Stichtag am 30.09.2005 im Wege der Einzelrechtsübertragung auf pp.-Landesgesellschaften umgesetzt. Für Deutschland wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 12.09.2005 und Eintragung in das Handelsregister am 16.09.2005 die pp. GmbH & Co. oHG (im folgenden pp.) gegründet. Gesellschafter der pp. waren die pp. Management GmbH und die pp. Wireless GmbH, jeweils mit einem Stammkapital in Höhe von € 25.000,00. Alleinige Gesellschafterin dieser beiden GmbHs war die pp. Mobile Holding B.V. mit Sitz in den N., die ihrerseits 100-prozentige Tochter der Obergesellschaft der pp.-Gruppe, der pp. Corporation ist.
Der pp. wurde der deutsche Teil des Geschäftsbereiches C.M.D. aufgrund eines "Local Asset Transfer Agreements" übertragen. Hiernach gingen die in Deutschland gelegenen Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens sowie die hierauf entfallenden Forderungen und Verbindlichkeiten auf pp. über. Hiermit verbunden war auch die Übernahme diverser sonstiger Verbindlichkeiten, wie insbesondere der Pensionszusagen an Mitarbeiter des Geschäftsbereichs C.M.D..
Der pp. Corporation wurde ein sogenannter negativer Kaufpreis, den der Kläger mit € 350 Millionen beziffert, überweisen. Zudem sieht der Rahmenvertrag mit der pp. Corporation vor, dass dieser die von der Beklagten gehaltenen auf die M-Sparte bezogenen Schutzrechte, Patente und Marken übertragen werden. Dies ist nur teilweise umgesetzt worden. Die Schlüsselpatente wurden jedenfalls auf die pp. Corporation übertragen.
Mit Schreiben vom 29.08.2005 teilte die Beklagte dem Kläger und den anderen betroffenen Mitarbeitern mit, dass die Aktivitäten des Geschäftsbereiches C.M.D. zum 01.10.2005 auf die pp. übergehen würden. Bezüglich des Wortlauts des Schreibens wird auf die Anlage K 1 (Bl. 16 d.A.) Bezug genommen.
Ab 1.10.2005 erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung für pp.. Ab 01.01.2006 wurde sein Jahreszielgehalt auf € 102.400,90 erhöht und sein Beitrag für die Altersversorgung für 2005 neu festgelegt.
Am 28.09.2006 stellte die pp. Antrag auf Insolvenzeröffnung. Mit Schreiben ebenfalls vom 28.09.2006 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die pp.. Das Amtsgericht München eröffnete mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren und bestellte Herrn Rechtsanwalt Dr. pp. zum Insolvenzverwalter. Ebenfalls am 01.01.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der pp. eröffnet.
Mit seiner am 28.12.2006 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage begehrt der Kläger vor allem die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe. Sein Widerspruch vom 28.09.2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die pp. verhindert. Die Frist des § 613a Abs. 6 BGB habe nicht zu laufen begonnen, weil die Beklagte ihn nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang informiert habe.
Dagegen ist die Beklagte der Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei auf die pp. übergegangen. Der Widerspruch des Klägers sei gemäß § 613a Abs. 6 BGB verfristet, da er mit Schreiben vom 29.08.2005 ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Das Unterrichtungsschreiben erfülle alle gesetzlichen Voraussetzungen. So sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass das Geschäftsgebiet "C.M.D. zum 01.10.2005" auf pp. übertragen werde. Damit seien Zeitpunkt und Gegenstand des Übergangs genannt worden. Als Grund für den Übergang sei angegeben worden, dass das Geschäftsgebiet "aufgrund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf pp." übertragen werde. Damit sei der Rechtsgrund ausreichend bezeichnet worden. Auch über die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen sei ausreichend informiert worden, da die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang schlagwortartig mitgeteilt worden seien, indem man darauf hingewiesen habe, dass der Geschäftsbereich C.M.D. vollständig auf pp. übertragen werde. Hiermit sei auch mitgeteilt worden, dass bei der Beklagten im Gebiet C.M.D. keine Arbeitsplätze mehr vorhanden seien. Die den Betriebsübergang veranlassenden wirtschaftlichen Gründe müsse der Betriebsveräußerer den Arbeitnehmern nicht mitteilen. Auch die Identität des Betriebserwerbers sei ausreichend klar gestellt worden. Die Firmenbezeichnung "pp. GmbH & Co. oHG" sei genannt worden, ebenso die Anschrift des Erwerbers auf Seite 2 des Unterrichtungsschreibens. Es sei für die Arbeitnehmer hinreichend deutlich gewesen, dass es sich bei der Angabe "H.-platz, M." um die Adresse von pp. handele. Außerdem verbiete es der Grundsatz des Vertrauensschutzes, das im Urteil des BAG vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05 neu postulierte Kriterium der Mitteilung der Anschrift des Betriebserwerbers rückwirkend anzuwenden; hilfsweise sei das Verfahren gemäß § 234 EG dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Bei dem Widerspruch des Klägers handele es sich um einen unzulässigen Massenwiderspruch, weil er nicht zur Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte eingesetzt worden sei. Neben dem Kläger hätten etwa die Hälfte der vom Betriebsübergang betroffenen ca. 3.300 Mitarbeiter mit weitest gehend gleichlautenden Schreiben aufgrund eines von der IG Metall erstellten Musters widersprochen. Zudem sei ein Großteil der Widerspruchsschreiben, so auch der Widerspruch des Klägers, gebündelt im Rahmen einer Aktion der IG-Metall übergeben worden. Die IG Metall habe hierdurch versucht, auf die Beklagte Druck auszuüben, um den Geschäftsbereich insgesamt zurückzunehmen bzw. die betroffenen Mitarbeiter großzügig abzufinden. Dies ergebe sich aus verschiedenen Veröffentlichungen der Gewerkschaft (Anlagen B 5 - B 8, Bl. 121 ff d.A.).
Das Widerspruchsrecht des Klägers sei außerdem verwirkt, weil der Kläger erst 12 Monate nach Betriebsübergang und 13 Monate nach Zugang des Unterrichtungsschreibens dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen habe. Der Kläger habe seine Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr für die Beklagte erbracht und durch seine Tätigkeit bei pp. zum Ausdruck gebracht, dass er diese als seinen Arbeitgeber akzeptiere. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass der Kläger zum 01.12.2005 eine Gehaltserhöhung erhalten habe und sein Beitrag für die betriebliche Altersversorgung rückwirkend festgelegt worden sei.
Mit Endurteil vom 10.9.2007 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe, und die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Patentmanager weiter zu beschäftigen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei nicht auf die pp. übergegangen, da der Kläger dem Betriebsübergang wirksam nach § 613 a Abs. 6 BGB widersprochen habe. Die Monatsfrist für den Widerspruch habe nicht zu laufen begonnen, da die Unterrichtung der Beklagten nach § 613 a Abs. 5 BGB fehlerhaft gewesen sei. Es fehle jedenfalls an einer ordnungsgemäßen Mitteilung zum Grund des Übergangs (§ 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB). Erforderlich sei auch eine Unterrichtung über den Hintergrund des Übergangs, was in der Regel eine Mitteilung seiner rechtlichen Grundlage und seiner Begründung umfasse. Die Beklagte habe nur die rechtliche Grundlage des Übergangs benannt. Ihre Angaben seien insoweit zwar rechtlich zutreffend, würden jedoch ein fehlerhaftes Bild vermitteln. Es fehle ein Hinweis auf die Vertragswerke mit den verschiedenen Beteiligten. Informationen über die Vereinbarungen mit der pp. Corporation und der Übernehmerin pp. wären für die Arbeitnehmer ein wichtiger Hinweis darauf gewesen, dass sie als Mitarbeiter in Deutschland anders als bisher nunmehr in einer isolierten Firma zusammen gefasst sein würden. Außerdem sei die Bezeichnung Kaufvertrag angesichts der Beigabe von finanziellen Mitteln durch die Beklagte irreführend. Eine Zahlung durch den Verkäufer sei nämlich jedenfalls für das herkömmliche Verständnis des Kaufvertrages atypisch. Schließlich sei die Aussage fehlerhaft, das Geschäftsgebiet solle an pp. übertragen werden. Patente und Markenrechte hätten nämlich an die pp. Corporation gehen sollen.
Der Widerspruch des Klägers sei kein rechtsmissbräuchlicher Massenwiderspruch. Der Kläger habe mit seinem Widerspruch das Interesse verfolgt, zur Beklagten zurückzukommen. Eine ausschließlich kollektive Zielrichtung liege damit nicht vor. Es schade nicht, wenn mit dem Widerspruch die Hoffnung verbunden gewesen sei, zumindest eine Abfindung zu erreichen. Schließlich habe der Kläger das Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Es fehle bereits am Zeitmoment, denn die verwirkende Zeit beginne erst mit der Kenntnis des Berechtigten über die wesentlichen Grundlagen seines Rechts zu laufen. Diese Kenntnis habe der Kläger erst mit Stellung des Insolvenzantrags erlangt. Außerdem fehle es am Umstandsmoment, denn der Kläger habe keine Tatsachen gesetzt, die darauf hingedeutet hätten, er wolle nicht mehr mit der Beklagten vertraglich verbunden sein.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Endurteil Bezug genommen.
Die Beklagte hat zwischenzeitlich eine vorsorgliche Kündigung zum 28.2.2008 ausgesprochen. Diese Kündigung hat der Kläger in einem anderen Verfahren angegriffen, das ausgesetzt ist.
Gegen das den Beklagtenvertretern am 22.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.10.2007 Berufung eingelegt und diese am 21.1.2008 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Unter Vertiefung und teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags rügt sie zunächst, das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an die Unterrichtungspflichten gegenüber den von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern überspannt. Nach dem Gesetz müsse nicht über den Hintergrund, sondern über den Grund des Übergangs unterrichtet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei mit dem Grund in erster Linie der Rechtsgrund für den Betriebsübergang wie Kaufvertrag oder Pachtvertrag gemeint. Das Informationsschreiben vom 29.8.2005 erfülle die gesetzlichen Anforderungen, denn darin werde der Kaufvertrag als Grund für den Übergang genannt. Die Arbeitnehmer hätten nicht über mehrere Vertragswerke zwischen der Beklagten und der pp.-Gruppe unterrichtet werden müssen. Für den Übergang des Arbeitsverhältnisses sei nämlich allein der Betriebsübergang auf die pp. relevant gewesen. Die Bezeichnung "Kaufvertrag" sei nicht irreführend, sondern juristisch zutreffend. Eine Verpflichtung, über Zahlungen an die Konzernmutter bzw. die Übertragung der Patent- und Markenrechte zu unterrichten, habe nicht bestanden. Der Kläger sei auch über die Adresse des Betriebserwerbers ordnungsgemäß informiert worden, nämlich durch die Nennung der Adresse des Herrn Dr. pp. auf Seite 2 des Informationsschreibens. Jedenfalls verbiete es der Grundsatz des Vertrauensschutzes, das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neu aufgestellte Erfordernis der Information über die Adresse rückwirkend anzuwenden. Insbesondere deshalb sei eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs herbeizuführen.
Das Arbeitsgericht habe außerdem verkannt, dass der Widerspruch des Klägers Teil eines kollektiven Massenwiderspruchs und damit unzulässig sei, weil er nicht zur Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte eingesetzt worden sei. Die Beklagte habe ausführlich dargelegt, dass ein mit der IG Metall abgestimmtes Verhalten der widersprechenden Arbeitnehmer vorgelegen habe. Schließlich sei das Widerspruchsrecht des Klägers gemäß § 242 BGB verwirkt. Das Arbeitsgericht gehe irrig davon aus, dass weder die Erhöhung des Monatseinkommens noch die rückwirkende Festlegung des Beitrags für die Altersversorgung bei der Beklagten das begründete Vertrauen habe erwecken können, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Der Beklagten seien die Vertragsänderungen im Zeitpunkt ihrer Umsetzung bekannt geworden, da sie seit dem Übergang des Bereichs C.M.D. auf pp. am 01.10.2005 die Personalakten für pp. auf Grundlage eines Dienstleistungsvertrages geführt habe. Außerdem sei der Kläger bis zum Zeitpunkt des Widerspruchs gegenüber der Beklagten untätig geblieben. Sie habe sich darauf eingerichtet gehabt, dass es bei dem Übergang der Arbeitsverhältnisse auf pp. bleibe. Diese Annahme habe sich umso mehr verfestigt, je länger keine Widersprüche von Seiten der betroffenen Arbeitnehmer erfolgt seien. Damit sei das Umstandsmoment erfüllt.
Die Beklagte stellt folgende Anträge:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 8 Ca 18551/06 - vom 10. September wird abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Hilfsweise zu 1. und 2 regt die Beklagte an,
dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
a. Ist Art 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzlich Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhaben mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23/EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?
b. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:
Ist eine Auslegung des § 613 a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?
c. Falls auch die Frage 2 mit Nein beantwortet wird:
Ist eine Auslegung des § 613 a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?
d. Ist Art. 3 Abs. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?
e. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:
Ist Art. 3 Abs. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?
Der Kläger stellt folgende Anträge:
1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
2. Hilfsweise zu 1. wird beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei als Schadensersatz einen Betrag entsprechend der der Klagepartei aus dem anzuwendenden Sozialplan mit der Beklagten zustehenden Abfindungsbetrag in Höhe von € 235.048,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
3. Hilfsweise zu 1. und 2. wird beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu bezahlen.
Seinen Weiterbeschäftigungsantrag hat der Kläger im Verhandlungstermin vom 12.6.2008 zurückgenommen. Die Beklagte hat klar gestellt, dass sich ihr Klageabweisungsantrag auch auf die Hilfsanträge des Klägers bezieht.
Der Kläger hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Die Ansicht der Beklagten, das Schreiben vom 29.08.2005 informiere ausreichend über den Grund des Betriebsübergangs, sei nicht richtig. Die Beklagte nenne zwar formal einen Rechtsgrund. Sie wäre aber auch verpflichtet gewesen, die ihr bekannte wirtschaftliche Lage zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs im Einzelnen mitzuteilen. Insbesondere habe die Beklagte nicht informiert, dass bereits zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs der Bereich C.M.D. tägliche Verluste von rund 1,5 Millionen Euro geschrieben und die pp. Corporation von der Beklagten als Starthilfe 350 Millionen Euro erhalten habe. Die Beklagte habe weder über den Restrukturierungsaufwand noch über die Leistungsfähigkeit der Konzernmutter, die Firmenstruktur, die Rentenrückstellungen bei der t. Konzernmutter und die Personal- und Führungsstruktur der pp. informiert. Außerdem habe die Verwendung des Begriffes "Kaufvertrag" den Eindruck erweckt, dass etwas gegen Vergütung weggegeben worden sei, wie es der Bestimmung des § 433 BGB entspreche. Der tatsächliche Vorgang bei der Veräußerung des Geschäftsbereiches C.M.D. durch die Beklagte entspreche nicht den Vorstellungen, die der normale Arbeitnehmer mit dem Begriff "Kaufvertrag" verbinde. Der Begriff "Kaufvertrag" sei deshalb deutlich irreführend angesichts der Beigabe von finanziellen Mitteln durch die Beklagte. Auch über die Adresse des Betriebserwerbers sei der Kläger nicht ordnungsgemäß informiert worden. Ein unzulässiger Massenwiderspruch sei nicht gegeben; allein der Umstand, dass der Kläger den Widerspruch mit Hilfe seiner rechtsschutzgewährenden Gewerkschaft IG Metall abgefasst habe, sei nicht ausreichend, um ihm einen unlauteren Zweck oder rechtsmissbräuchliches Handeln zuzuschreiben. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts scheide aus, da sowohl das Zeitmoment als auch das Umstandsmoment nicht erfüllt sei. Insbesondere habe der Kläger gegenüber der Beklagten zu keiner Zeit Tatsachen gesetzt, die darauf hingedeutet hätten, dass er jedenfalls mit pp. verbunden sein wolle und nicht mehr mit der Beklagten. Allein die Weiterarbeit auch über einen längeren Zeitraum genüge hierfür nicht. Gehaltserhöhungen habe es auch bei der Beklagten jährlich gegeben.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 64 Abs. 2 c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht nach § 613 a Abs. 1 BGB auf die pp. übergegangen ist, weil der Kläger dem Übergang wirksam widersprochen hat. Dieses Ergebnis deckt sich mit Entscheidungen anderer Kammern des Landesarbeitsgerichts (z.B. Urteil vom 21.5.2008 - 4 Sa 1181/07; Urteil vom 28.5.2008 - 5 Sa 891/08; Urteil vom 4.6.2008 - 11 Sa 886/07), deren Ausführungen in diesem Urteil teilweise übernommen werden.
1. Der Kläger konnte dem Betriebsübergang am 28.9.2006 noch widersprechen, weil er durch das Schreiben der Beklagten vom 29.8.2005 nicht ordnungsgemäß gemäß § 613 a Abs. 5 BGB unterrichtet worden war. Dies hatte zur Folge, dass die Monatsfrist zur Erklärung des Widerspruchs (§ 613 a Abs. 6 BGB) nicht in Lauf gesetzt wurde (BAG vom 13.7.2006 - 8 AZR 303/05 - NZA 06, 1273).
a) Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsübergangs unterrichtet (§ 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB).
Grundsätzlich ist der bisherige Arbeitgeber zwar nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt.
§ 613a Abs. 5 BGB gebietet jedoch eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist (BAG, Urteil vom 31.01.2008 - 8 AZR 1116/06 - BB 2008, 1342).
Bei Anwendung dieser Grundsätze hätte die Beklagte den Kläger jedenfalls darüber unterrichten müssen, dass die Überführung ihrer "Aktivitäten" in die pp. lediglich einen Teil der Übernahme der M-Sparte der Beklagten durch die pp.-Gruppe darstellte, dass im Rahmen der Vereinbarungen der Beklagten mit der T. pp. Corporation die Patent- und Markenrechte der Beklagten nicht auf die Erwerberin pp. übergingen, sondern auf die pp. Corporation und dass die Beklagte dieser Gesellschaft Mittel in Höhe von € 350 Mio. zur Verfügung stellte, was die Beklagte nicht bestritten hat und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Die Verpflichtung zu solchen Informationen ergibt sich daraus, dass durch die genannten Umstände die wirtschaftliche Absicherung der Arbeitnehmer in gravierender Weise verschlechtert wurde. Es handelt sich um eine Folge i.S.d. § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB, die für die Entscheidung der Arbeitnehmer über ihren Widerspruch von erheblicher Bedeutung sein konnte. Vor der Übertragung auf die pp. hatten die Arbeitnehmer in der Beklagten einen Arbeitgeber, bei dem der Bereich C.M.D.nur einen im Verhältnis zum gesamten Unternehmen kleinen Teil darstellte. Im Falle einer Stilllegung dieses Bereichs hätte nicht nur ein Interessenausgleich und ein Sozialplan aufgestellt werden müssen, sondern die Arbeitnehmer hätten sich möglicherweise bei Kündigungen auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen im Unternehmen berufen können. Die Übertragung auf die pp. verschlechterte die wirtschaftliche Absicherung der Arbeitnehmer in gravierender Weise.
Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurde, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Sie führte weiter dazu, dass die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen übernahm, während positive Vermögenswerte wie die Ausgleichzahlungen und die Patent- und Markenrechte nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis der Kläger Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.
Hätte die Beklagte die oben angeführten Informationen erteilt, so hätten die Mitarbeiter erkennen können, dass die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Erwerberin pp. letztlich vom Willen ihrer Konzernmutter abhängig war. Diese sollte nicht nur die wirtschaftlich bedeutsamen Patent- und Markenrechte erwerben, sondern auch die Ausgleichszahlung der Beklagten erhalten. Wenn sie - wie die Beklagte dies auf Seite 8 des Schriftsatzes vom 7.5.2007 vorträgt - der pp. die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Vermögensgegenstände überließ, so bedeutet dies auch, dass die Konzernmutter letztlich über die Zahlungsfähigkeit der pp. entscheiden konnte, nämlich dadurch, dass sie beispielsweise ihre Unterstützungszahlungen einstellte oder die Nutzungsmöglichkeit bezüglich der Patent- und Markenrechte entzog.
Die Tendenz des Anhörungsschreibens, die Mitarbeiter über die mit dem Übergang verbunden Risiken im Unklaren zu lassen, ergibt sich auch aus der formaljuristisch nicht zu beanstandenden, aber spitzfindigen Unterscheidung zwischen der im ersten und vierten Absatz angesprochenen pp. und der pp., also der T. Corporation. Die Ausführungen im dritten und vierten Absatz zu dieser Muttergesellschaft sind ohne Unterrichtung über die Vereinbarungen zwischen dieser und der Beklagten zum einen ohne Belang, weil diese Gesellschaft nicht die Erwerberin war. Zum anderen vermittelten die Informationen den Arbeitnehmern den Eindruck, bei einem weltweit führenden Unternehmen gut aufgehoben zu sein.
b) Das Informationsschreiben erfüllt aus ähnlichen Gründen auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB zum Grund für den Übergang.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zwar mit dem Grund in erster Linie der Rechtsgrund für den Betriebsübergang wie Kaufvertrag, Pachtvertrag, Umwandlung etc. gemeint. Allerdings reicht die Angabe des dem Betriebsübergang zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts allein nicht aus. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechts zu entscheiden. Deshalb müssen dem Arbeitnehmer zumindest schlagwortartig die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt werden, die sich im Falle seines Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken können (BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05 - NZA 07,682; BAG vom 13.7.2006 - 8 AZR 305/05 - NZA 06,1268). Solche Informationen hat die Beklagte entgegen der von ihr vertretenen Auffassung nicht dadurch erteilt, dass sie über den Eintritt der pp. in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sowie über deren Haftung unterrichtete (Seite 20 des Schriftsatzes Beklagten vom 7.5.2007). Solche Informationen betreffen die Folgen des Übergangs (§ 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB), nicht aber den Grund oder die unternehmerischen Überlegungen. Zu solchen unternehmerischen Überlegungen, die bei der Abfassung des Informationsschreibens bestanden haben müssen, schweigt sich das Schreiben aus. Es informiert über den Übergang der "Aktivitäten des Geschäftsgebietes C.M.D." und sagt nichts dazu, dass die Patent- und Markenrechte an die pp. Corporation übertragen werden sollten. Insoweit kann offenbleiben, ob das Schreiben eine ausdrückliche Falschinformation enthält und ob Patente und Markenrechte als "Aktivitäten" angesehen werden können. Die Fehlerhaftigkeit der Information ergibt sich aus ihrer bewussten Unvollständigkeit, die schon oben bei den Ausführungen zu § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB behandelt wurde. Es fehlt die wichtige Miteilung, dass die Übertragung auf die pp. Teil der Vereinbarung mit der pp. Corporation ist.
In diesem Zusammenhang teilt die Kammer die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass auch die Bezeichnung "Kaufvertrag" ohne Erläuterung der beiden Verträge irreführend ist. Unter einem Kaufvertrag wird allgemein ein Rechtsgeschäft verstanden, bei dem für den Kaufgegenstand Geld bezahlt wird. Wenn dies - wie hier - anders ist und der "Verkäufer" an die Muttergesellschaft der "Käuferin" € 350 Mio. zahlt, so kann dies für die Ausübung des Widerspruchsrechts durch die Arbeitnehmer von Bedeutung sein. Diese Umstände verdeutlichen die unternehmerischen Überlegungen der Beklagten dazu, welche Gegenleistungen für die Übernahme des Geschäftsbereichs als angemessen angesehen wurden.
c) Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob das Fehlen einer Anschrift des Sitzes der Betriebsübernehmerin einen widerspruchsrelevanten Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 613 a Abs. 5 BGB beinhaltet und ob insoweit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre (s. hierzu ausführlich LAG München - 4 Sa 1181/07 sowie LAG Düsseldorf vom 29.4.2008 - 6 Sa 148/08).
2. Der Widerspruch des Klägers ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil er Teil eines unzulässigen kollektiven Massenwiderspruchs gewesen sei. Dies hat das Arbeitsgericht ausführlich und überzeugend begründet, weshalb zunächst auf seine Ausführungen auf den Seiten 9 und 10 des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch nach dem Sachvortrag der Beklagten nicht von einem fehlenden Eigeninteresse des Klägers ausgegangen werden kann. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrages durch pp. widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt waren aus seiner Sicht die Fortführung des Betriebes und sein Arbeitsplatz mehr als gefährdet. Allein der Umstand, dass zur Einlegung des Widerspruchs von dritter Seite Formulierungshilfen geleistet bzw. ein Großteil der Widersprüche gebündelt abgegeben wurden, spricht nicht gegen ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers. Sofern von dritter Seite mit der Einlegung der Widersprüche Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte und somit auch andere Zwecke verfolgt sein könnten, fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, dass der Kläger an diesem Vorhaben beteiligt war oder aufgrund dieser Motivation gehandelt hat.
3. Schließlich war das Widerspruchsrecht des Klägers am 29.9.2006 nicht verwirkt, obwohl der Kläger erst 13 Monate nach der Information über den Betriebsübergang und 12 Monate nach dem tatsächlichen Übergang seines Arbeitsverhältnisses dem Übergang widersprochen hat. Das Arbeitsgericht hat die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wiedergegeben und zutreffend angenommen, dass es jedenfalls am Umstandsmoment fehlt. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Gehaltserhöhung durch die pp. ebenso wenig wie die rückwirkende Festlegung des Beitrags für die Altersversorgung einen besonderen Umstand darstellt, der ein Vertrauen der Beklagten auf eine künftige Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnte. Vielmehr sind dies übliche Vorgänge im Rahmen einer Tätigkeit. Der Kläger hat zu keiner Zeit Zeichen gesetzt, die darauf hindeuten könnten, dass er mit der Betriebsübernehmerin vertraglich gebunden bleiben wolle und nicht mehr mit der Beklagten. Seine Weiterarbeit und das Entgegennehmen von Leistungen gehen nicht über das Sich Abfinden mit der faktischen Lage hinaus, nach der die Arbeitgeberfunktion nun einmal zunächst von der pp. ausgeübt wurde. Diese Umstände stellen keine Bestätigung einer vertraglichen Bindung mit dem neuen Arbeitgeber da.
Angesichts der irreführenden Information der Beklagten über den Betriebsübergang ist im übrigen das von ihr behauptete Vertrauen in das Ausbleiben von späteren Widersprüchen nicht schutzwürdig. Zumindest überwiegt vor dem bezeichneten Hintergrund das Interesse des Vertrauensschutzes der Beklagten nicht das Interesse des Klägers an der Ausübung seines Widerspruchsrechts (ebenso LAG München vom 17.4.2008 - 4 Sa 1063/07 und vom 4.6.2007 - 11 Sa 886/07).
Soweit sich die Beklagte auf ein Urteil der erkennenden Kammer vom 12.10.2006 (2 Sa 990/05 - BB 2007, 502) bezieht, wird darauf hingewiesen, dass der dort zu entscheidende Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar ist. Der Kläger in dem dortigen Verfahren hatte zunächst ein Teilversäumnisurteil gegenüber der Betriebserwerberin erwirkt und dann etwa zwei Monate später dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprochen.
4. Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof wegen der von der Beklagten gestellten Fragen ist nicht veranlasst. Zum einen betreffen die Fragen überwiegend die Verpflichtung zur Unterrichtung der Anschrift des Betriebserwerbers. Auf diese Frage kommt es aus den oben genannten Gründen im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich an. In ihrer Berufungsbegründung geht auch die Beklagte davon aus, dass die Fragen nur dann dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen seien, wenn die Begründetheit der Klage von der Nennung der Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben abhängt. Zum anderen teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten nicht, das Bundesarbeitsgericht habe in seinem Urteil vom 13.7.2006 (8 AZR 305/05 - NZA 2006, 1268) über das Gesetz hinausgehende Erfordernisse für die Information des Arbeitnehmers aufgestellt. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts beruht vielmehr auf einer Auslegung des § 613 a Abs. 5 BGB (ähnlich LAG München vom 21.5.2008 - 4 Sa 1181/07).
Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass sich die Feststellung über das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht auf die Zeit ab 1.3.2008 bezieht. Der Kläger hat die Unwirksamkeit der zum 28.02.2008 ausgesprochenen Kündigung mit einer eigenen Klage geltend gemacht und deshalb im vorliegenden Verfahren den Antrag auf Weiterbeschäftigung zurückgenommen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Trotz der Zurückweisung der Berufung hat der Kläger wegen seiner teilweisen Klagerücknahme einen Teil der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
IV.
Dieses Urteil ist für den Kläger nicht anfechtbar, denn er ist nicht beschwert. Die Zulassung der Berufung für die Beklagte beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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