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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 215/08
Rechtsgebiete: BetrVG, KSchG, Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag vom 23.05.2002 für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und die Auszubildenden der bayerischen Metall- und Elektroindustrie


Vorschriften:

BetrVG § 77
BetrVG § 87
KSchG § 2
Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag vom 23.05.2002 für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und die Auszubildenden der bayerischen Metall- und Elektroindustrie
1. Gem. § 5 Ziffer 1 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages vom 23.5.2002 für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und die Auszubildenden der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (LGRTV) unterliegt die Einführung der Entlohnungsarten Zeit-, Akkord- oder Prämienlohn und damit auch deren Änderung der Mitbestimmung des Betriebsrates.

2. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung verstößt somit nicht gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG, da die Einführung einer bestimmten Lohnart und der Wechsel der Lohnart gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegt und die Bestimmung und die Änderung der Lohnart durch die tarifliche Regelung im LGRTV erlaubt ist.

3. Der Änderung der Entlohnungsart von Akkord- in Zeitlohn steht auch nicht die Anmerkung zu § 5 Ziffer 1 der LGRTV entgegen.

4. Die Betriebsparteien können mit einer neuen Betriebsvereinbarung den bisher durch Betriebsvereinbarung geregelten Akkordlohn in einen Zeitlohn abändern (Ablösungsprinzip).

5. Die ablösende Betriebsvereinbarung wirkt gem. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG für die betreffenden Arbeitnehmer unmittelbar, soweit sie nicht in bestehende günstigere individualrechtliche Vereinbarungen eingreift.

Einer Änderungskündigung bedarf es in diesem Falle nicht. Eine Klage gegen eine vorsorglich zusätzlich ausgesprochene Änderungskündigung ist unbegründet (BAG vom 24.8.2004 1 AZR 419/93).


Landesarbeitsgericht München

URTEIL

3 Sa 215/08

Verkündet am: 24.07.2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder und die ehrenamtlichen Richter Herr Kuhlemann und Herr Pirsch

im Namen des Volkes

folgendes

Urteil:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12.12.2007 - 36 Ca 11690/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Umstellung der Entlohnung der Klägerin von Akkordlohn auf einen festen Zeitlohn, ferner um die Wirksamkeit einer mit demselben Ziel ausgesprochenen Änderungskündigung, sowie um die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter besteht.

Die am 0.0.1951 geborene Klägerin steht seit 28.01.1988 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, einem tarifgebundenen Unternehmen der Metallindustrie, das in D. Insassenschutzsysteme (Airbags) herstellt. Im dortigen Betrieb sind etwa 905 regelmäßig beschäftigt, davon 239 in der Montage. Die Klägerin war zunächst als Verpackerin im Zeitlohn und ab 09.06.1989 als Montiererin im Akkordstundenlohn beschäftigt. Hierzu unterzeichneten die Parteien einen sog. Personalbogen vom 28.01.1988 und sodann vom 11.05.1989. Beide Verträge enthalten folgende Klausel:

"Im Übrigen findet für das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag der Bayerischen Metallindustrie in seiner jeweils gültigen Fassung sowie alle Betriebsvereinbarungen Anwendung."

Im letztgenannten Personalbogen ist unter "Lohn" ausgeführt: "Lohnart: Akk.-Std.-Lohngruppe: 1"

Die Akkordlohnregelung hatte die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat zuletzt durch Betriebsvereinbarung "Nummer 01 Entlohnung Produktion" vereinbart. Durch Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 "Nummer 01 Entlohnung Produktion" hoben die Betriebsparteien im Interesse der Standortsicherung und zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unter anderem auch die bisherige Betriebsvereinbarung "Nummer 01 Entlohnung Produktion" ersatzlos auf und vereinbarten die Umstellung aller Tarifmitarbeiter im Werk D. ab 01.07.2005 von Akkord- in den Zeitlohn.

In § 5 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages vom 24.10.2002 für die gewerblichen Arbeitnehmer, für die Angestellten und für die Auszubildenden der Bayerischen Metall-und Elektroindustrie (LGRTV) sind allgemeine Bestimmungen über die Form der Arbeit und ihre Entlohnung für gewerbliche Arbeitnehmer enthalten. § 5 Ziffer 1 des LGRTV lautet:

"§ 5 Allgemeine Bestimmungen über die Formen der Arbeit und ihre Entlohnung für gewerbliche Arbeitnehmer

1. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer erfolgt je nach der Organisation des Arbeitsablaufes und der Voraussetzungen der Arbeit an den Arbeitsplätzen. Die Arbeit wird einzeln oder in Gruppen ausgeführt. Sie wird in Zeit-, Akkord- oder Prämienlohn vergeben.

Die Einführung dieser Entlohnungsarten und die damit verbundene Festlegung des Geltungsbereichs ist mit dem Betriebsrat zu vereinbaren. Im Nichteinigungsfall ist gem. § 29 Abschn. D MTV-Arbeiter zu verfahren."

Die Anmerkung zu § 5 Ziff. 1 des LGRTV hat folgenden Wortlaut:

"Die tarifliche Bestimmung tritt an die Stelle des § 87 Abs. (1) Ziff. 10 und Abs. (2) BetrVG.

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers im Akkord zu arbeiten, vorausgesetzt, daß die tariflichen Bestimmungen bezüglich der Akkordarbeit eingehalten werden, er also auch persönlich zur Leistung von Akkordarbeiten in der Lage ist.

Bei Überführung von Zeitlohnarbeit in Akkordarbeit bedarf es keiner Änderungskündigung, vorausgesetzt, daß damit für den Arbeitnehmer keine Änderung seiner Lohngruppe verbunden ist.

Die ständige Überführung eines Akkordarbeiters in Zeitlohn kann entweder im Vereinbarungsweg oder durch Änderungskündigung erfolgen. Das gleiche gilt für die ständige Überführung von Prämienlohn in Zeitlohn."

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 01.06.2005 die Überführung ihres bisherigen Akkordlohnes in einen Zeitlohn mit. Da die Klägerin sich hiermit nicht einverstanden erklärte, unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 18.07.2005 von einer gegenüber der Klägerin, die nach § 8 Nummer 2 Abs. 3 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie nur noch aus wichtigem Grund kündbar war, beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist zum 28.02.2006.

Der Betriebsrat erhob hiergegen am 22.07.2005 Bedenken. Darauf sprach die Beklagte mit Schreiben vom 28.07.2005 die angekündigte Änderungskündigung aus.

Zuvor - am 22.07.2005 - hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart, der sich unter anderem auf die Ablösung des für alle tariflichen Mitarbeiter an den Produktionslinien geltenden tariflichen Akkordlohnsystems durch das tarifliche Zeitlohnsystem bezieht. In Anlage 3 hierzu sind die Mitarbeiter - darunter auch die Klägerin - aufgeführt, denen gegenüber für den Fall, dass sie die Weiterbeschäftigung im Zeitlohn nicht annehmen, eine betriebsbedingte Änderungskündigung ausgesprochen werden sollte. Die Klägerin erhielt ab 01.07.2005 Monatslohn der Lohngruppe 5 sowie eine im genannten Interessenausgleich und Sozialplan vereinbarte "freiwillige Zulage" in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen Durchschnittslohn und dem Monatslohn der Lohngruppe 5, die in drei Stufen zum 01.07., 01.10.2005 und 01.01.2006 in drei gleichen Stufen gekürzt wurde und nunmehr völlig weggefallen ist.

Die Klägerin macht geltend, dass die Umstellung von Akkord- auf Zeitlohn durch die Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 unwirksam sei, weil nach der Anmerkung (2) zu § 5 Ziffer 1 LGRTV für die ständige Überführung von Zeit- in Akkordlohn eine individualrechtliche Vereinbarung oder eine wirksame Änderungskündigung vorliegen müsse, die hier nicht gegeben sei. Soweit § 5 Ziffer 1 LGRTV vorsehe, dass die Einführung der Entlohnungsarten mit dem Betriebsrat zu vereinbaren sei, regele dies nur die kollektivrechtliche Zulässigkeit der Änderung, deren Durchführung im Einzelfall jedoch der individualrechtlichen Vereinbarung oder einer (wirksamen) Änderungskündigung vorbehalten sei. Mangels tarifvertraglicher Öffnungsbestimmung hätten die Betriebsparteien somit unzulässig Einfluss auf die Lohnhöhe genommen. Die Änderungskündigung sei nicht sozial gerechtfertigt; die im Interessenausgleich vereinbarte Namensliste führe nicht zur Anwendung des § 1 Abs. 5 KSchG, weil diese Bestimmung weder auf außerordentliche noch auf Änderungskündigungen anwendbar sei.

Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, der Wechsel von Zeit- zum Akkordlohn sei schon aufgrund der abgeschlossenen Betriebsvereinbarung eingetreten. Die Auslegung von § 5 Nr. 1 LGRTV und der Anmerkung hierzu ergebe, dass eine individuelle Vereinbarung mit der Klägerin oder eine Änderungskündigung entbehrlich seien. Die Änderungskündigung sei lediglich vorsorglich ausgesprochen worden und werde - bei Anwendung von § 1 Abs. 5 KSchG - von einem wichtigen Grund getragen.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 12.12.2007, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung, der Unwirksamkeit des Wegfalls des Akkordlohns gemäß Betriebsvereinbarung und des Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses über den 30.06.2005 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Umstellung der Entlohnungsform sei durch die Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 mit normativer Wirkung zum 01.07.2005 eingetreten, ohne dass es der Zustimmung der Klägerin oder einer Änderungskündigung bedurft hätte. Die Betriebsvereinbarung verstoße weder gegen den Tarifvorrang gemäß § 87 Abs. 1, Einleitungssatz BetrVG noch gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, weil sie mit den tariflichen Regelungen, insbesondere mit § 5 Nr. 1 LGRTV in Einklang stehe. Der Tarifvertrag überlasse die Einführung und auch die Änderung von Entlohnungsformen der Regelung durch Betriebsvereinbarung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Anmerkung zu § 5 Nr. 1 LGRTV. Der Arbeitsvertrag stehe dem Wechsel der Entlohnungsart nicht im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip entgegen, weil die Erwähnung der Akkordentlohnung dort angesichts der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf Tarifverträge lediglich als Hinweis auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses praktizierte Entlohnungsart zu verstehen sei. Die Änderungsschutzklage sei unbegründet, weil die vom Arbeitgeber angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen bereits aufgrund anderer Umstände eingetreten sei. Dem allgemeinen Feststellungsantrag fehle das Feststellungsinteresse.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 20.02.2008 zugestellte Endurteil vom 12.12.2007 mit einem am 05.03.2008 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 21.04.2008, einem Montag, eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie hält daran fest, dass die Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 gegen den Tarifvorrang des § 87 Abs. 1 BetrVG und auch gegen das Günstigkeitsprinzip verstoße und meint, der Tarifvertrag weise lediglich darauf hin, dass die Änderung der Entlohnungsart mit dem Betriebsrat abzustimmen sei. Die individualrechtliche Zulässigkeit sei vom Tarifvertrag nicht gedeckt. Vielmehr hätte hier der Wechsel der Entlohnungsart einer wirksamen Änderungskündigung bedurft. Dies ergebe sich aus der Anmerkung zu § 5 Nr. 1 LGRTV, die kein "Tarifvertrag zweiter Klasse" und deren Wortlaut eindeutig sei. Die Klägerin ist der Auffassung, die Erwägungen des Arbeitsgerichts zum Günstigkeitsprinzip gingen fehl, weil die vom Erstgericht zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (vom 24.08.2004 - 1 AZR 419/03) einen anderen Sachverhalt betreffe. Sie bleibt ferner dabei, dass die Kündigungsschutzklage erfolgreich sei, weil ein die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtfertigender Grund fehle und § 1 Abs. 5 KSchG nicht anwendbar sei. Auch fehle ein Vortrag der Beklagten zum wirksamen Zustandekommen des Interessenausgleichs.

Schließlich meint die Klägerin, in Bezug auf die allgemeine Feststellungsklage bestehe ein Feststellungsinteresse, weil nicht auszuschließen sei, dass weitere Änderungstatbestände bzw. Kündigungen erfolgen würden.

Sie beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12.12.2007, Az.: 36 Ca 11690/05, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 28.07.2005, der Klägerin zugegangen am 28.07.2005, zum 28.02.2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

3. Es wird festgestellt, dass der Wegfall des Akkordlohns gemäß Betriebsvereinbarung der Beklagten mit dem Betriebsrat der Beklagten am Standort D., Betriebsvereinbarung Nr. 01, Entlohnung und Produktion, vom 24.06.2005 unwirksam ist.

4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin über den 30.06.2005 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter fortbesteht.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.

Sie pflichtet den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils bei und betont, die Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 verstoße nicht gegen den Tarifvorrang. Die Anmerkung zu § 5 Nr. 1 LGRTV spreche von einer "ständigen" Überführung. Der Wechsel der Entlohnungsart durch Betriebsvereinbarung sei keine ständige Überführung, da ablösende Betriebsvereinbarungen jederzeit möglich seien. Die genannte Anmerkung regele den Fall, dass die Überführung in den Zeitlohn nicht mehr durch Betriebsvereinbarung geändert werden könne. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Akkord-Stundenlohn begründe nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Vergütung im Akkordlohn, wenn gleichzeitig im Arbeitsvertrag eine allgemeine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag erfolgt sei, der den Wechsel von Akkord- zu Zeitlohn zulasse. Was die vorsorgliche Änderungskündigung betreffe, sei § 1 Abs. 5 KSchG anwendbar. Zur Wirksamkeit des Interessenausgleichs sei ausreichend vorgetragen, ebenso zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 21.04.2008 und der Beklagten vom 23.05.2008 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 02.07.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsgericht folgt dem Erstgericht sowohl im Ergebnis als auch in der - überzeugenden - Begründung und verweist zunächst gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Lediglich ergänzend und in knapper Form sowie unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe der Urteile des Landesarbeitsgerichts München vom 17.01.2007 - 9 Sa 518/06 und 9 Sa 454/06 - sowie vom 10.01.2007 - 10 Sa 914/06 - wird zu den mit der Berufung vorgebrachten Angriffen ergänzend ausgeführt:

1. Der Antrag auf Feststellung, dass der Wegfall des Akkordlohns gemäß Betriebsvereinbarung "Nummer 01 Entlohnung Produktion" vom 24.06.2005 unwirksam ist, ist unbegründet.

a) Durch die genannte Betriebsvereinbarung wurde ab 01.07.2005 der bis dahin geltende Akkordlohn wirksam auf Zeitlohn umgestellt. Diese Änderung gilt nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG auch für das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die in der Produktion beschäftigt ist. Wegen der normativen Wirkung einer Betriebsvereinbarung bedurfte es hierzu keiner Zustimmung der Klägerin (vgl. BAG 24.08.2004 - 1 AZR 419/03).

b) Die Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 verstößt nicht gegen den Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, obwohl es sich bei der Entlohnungsart um eine Arbeitsbedingung handelt. Denn die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG weicht hier gegenüber dem Tarifvorrang des § 87 Abs. 1, Eingangssatzteil BetrVG zurück, weil die Einführung einer bestimmten Lohnart und der Wechsel zwischen Lohnarten dem Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterfallen (BAG 24.08.2004 - 1 AZR 419/03).

c) Die genannte Betriebsvereinbarung verstößt auch nicht gegen § 87 Abs. 1 Eingangssatzteil BetrVG, weil die Tarifvertragsparteien in § 5 Nr. 1 LGRTV die Einführung und auch den Wechsel der Lohnarten für eine Regelung durch die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung geöffnet haben. Dies hat das Landesarbeitsgericht München in den Entscheidungen vom 17.01.2007 (9 Sa 454/06 und 9 Sa 518/06) sowie 10.01.2007 (10 Sa 914/06) überzeugend herausgearbeitet. § 5 Nr. LGRTV vom 24.05.2002 kennt als mögliche Lohnformen den Zeit-, Akkord- oder Prämienlohn. Der Tarifvertrag schließt keine dieser Lohnformen aus, sondern überlässt die Einführung dieser Entlohnungsarten - und damit auch die Änderung - einer Vereinbarung des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat.

d) Dem steht auch die Anmerkung zur genannten Tarifbestimmung nicht entgegen. Den genannten Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts München und dem Erstgericht im vorliegenden Falle ist darin zuzustimmen, dass die von der Klägerin für richtig gehaltene Auslegung der Anmerkung - die zweifellos Tarifvertragscharakter hat - den Sinn der grundlegenden Bestimmung, die in der Anmerkung (lediglich) erläuternd verdeutlicht werden sollte, geradezu in ihr Gegenteil verkehren würde. Durch die Ausgestaltung als "Anmerkung" wird entsprechend dem allgemeinen und auch dem im Tarifgeschehen üblichen Sprachgebrauch verdeutlicht, dass nicht Eigenständiges festgelegt wird ähnlich der Verwendung von sog. Klammerzusätzen (vgl. BAG 24.08.2004 -1 AZR 419/03).

Dadurch wird die Anmerkung zu § 5 Abs. 1 LGRTV weder inhaltsleer noch paradox oder unverständlich. Denn zum einen kann sie die Bedeutung haben, dass dort der Fall einer auf unbestimmte Zeit - eben "dauerhaft" - beabsichtigten Überführung von Akkord- zum Zeitlohn geregelt ist, während die "Hauptnorm" des § 5 Abs. 1 LGRTV sich auf den aus kollektivrechtlicher Sicht gängigen Anwendungsfall eines wiederholten Wechsels der Entlohnungsart durch einander zeitlich nachfolgende, ablösende Betriebsvereinbarungen bezieht. Dies bedeutet, dass eine solche, stets unter dem Vorbehalt eines erneuten Wechsels der Entlohnungsart stehende Überführung von Akkord- in Zeitlohn - mithin eine nicht "ständige" Überführung - "lediglich" einer Betriebsvereinbarung bedarf, wogegen für eine "auf Dauer angelegte Überführung" eine wirksame individualrechtliche Vertragsänderung erforderlich ist (so LAG München vom 17.01.2007 - 9 Sa 454/06 und 9 Sa 518/06).

Zum anderen kann die Anmerkung zu § 5 Abs. 1 LGRTV eine eigenständige Bedeutung dann entfalten, wenn es sich um einen Wechsel der Entlohnungsform in einem betriebsratslosen Betrieb handelt.

Der Auffassung der Klägerin, die Tarifvertragsparteien hätten die zum Zwecke eines Wechsels der Entlohnungsart zu schließenden Betriebsvereinbarungen ihrer normativen Wirkung berauben wollen, der Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung sei also nur notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für den Wechsel vom Akkord- zum Zeitlohn, ist nach allem nicht zu folgen.

e) Die Betriebsparteien konnten mit der Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 den bisherigen Akkordlohn wirksam ablösen. Es gilt insoweit das Ablösungsprinzip (BAG 24.08.2004 - 1 AZR 419/03). Das Günstigkeitsprinzip kommt hier nicht zur Anwendung, weil die Arbeitsvertragsparteien hinsichtlich der Entlohnungsart ihr Arbeitsverhältnis betriebsvereinbarungsoffen gestaltet haben.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt hier auch keine arbeitsvertragliche Vereinbarung vor, die die Entlohnungsart "Akkordlohn" festschreibt, sondern lediglich ein deklaratorischer Hinweis auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Entlohnungsart.

Die Auslegung der arbeitsvertraglichen Klausel "Lohnart: Akk.-Std.-Lohngruppe 1" ergibt, dass keine ausschließliche Beschäftigung der Klägerin im Akkord vereinbart worden ist. Eine solche Klausel bedeutet im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Vereinbarung der Anwendung der für den Betrieb einschlägigen gültigen Tarifverträge nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dass die Klägerin im Rahmen der tariflichen Regelungen als Akkordarbeiterin beschäftigt werden soll, nicht aber, dass sich die Beklagte verpflichtet hätte, sie unter Ausschluss der tariflichen Regelungen über den Wechsel von Akkord- zu Zeitlohnarbeit auf jeden Fall im Akkord zu beschäftigen. Die Nennung der Akkordvergütung im Arbeitsvertrag der Parteien ist deshalb ebenso deklaratorisch gemeint wie zum Beispiel die Erwähnung eines Tariflohns in Höhe von DM 10,70 oder die Beschäftigung in der Abteilung 330/F. (vgl. BAG 21.02.2001 - 4 AZR 35/00).

f) Die mit der Betriebsvereinbarung vom 24.06.2005 vorgenommene Umstellung von Akkord- auf Zeitlohn hält einer Überprüfung nach den Maßstäben des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stand. Bereits wegen der tariflichen Gleichwertigkeit der verschiedenen Lohnformen in § 5 Ziffer 1 LGRTV ist es nicht zu beanstanden, dass die Betriebsparteien trotz der damit verbundenen Lohnminderung zum Zeitlohn übergegangen sind (vgl. LAG München 17.01.2007 - 9 Sa 454/06 und 9 Sa 518/06 im Anschluss an BAG 24.08.2004 - 1 AZR 419/03).

2. Da nach dem bisher Ausgeführten der Übergang von Akkordlohn zum Zeitlohn ab 01.07.2005 bereits durch die Betriebsvereinbarung Nummer 01 vom 24.06.2005 bewirkt wurde, geht die Änderungskündigung vom 28.07.2005, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ins Leere. Nachdem eine Änderungsschutzklage keinen Erfolg haben kann, wenn die vom Arbeitgeber angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen bereits aufgrund anderer Umstände eingetreten ist (vgl. z. B. BAG 06.09.2007 -2 AZR 368/06), war die gegen die Änderungskündigung vom 28.07.2005 gerichtete Änderungsschutzklage schon aus diesem Grunde abzuweisen.

3. Mit der vom Arbeitsgericht gegebenen Begründung - auf die auch insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen wird - war der allgemeine Feststellungsantrag zurückzuweisen. Die Klägerin hat auch im Berufungsverfahren nicht darzulegen vermocht, aus welchen Umständen sich ergeben soll, dass weitere Änderungstatbestände, sei es im Rahmen von Schriftsatzkündigungen oder direkt an die Klagepartei gerichtet, oder aber andere Änderungstatbestände aufgrund von Betriebsvereinbarungen, konkret zu befürchten sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen. Im Einzelnen gilt:

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision einlegen.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.



Ende der Entscheidung

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