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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 434/07
Rechtsgebiete: BayHSchG, BayHSchPG, BV, GG
Vorschriften:
BayHSchG Art. 35 | |
BayHSchPG Art. 31 | |
BV Art. 3 | |
BV Art. 118 | |
GG Art. 3 | |
GG Art. 20 | |
GG Art. 75 |
2. Art.35 BayHSchLG und die Nachfolgebestimmung des Art.31 Bay HSchPG sind nicht verfassungswidrig.
3. Die Erteilung eines Lehrauftrags im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses kann im Falle ihrer Unwirksamkeit grundsätzlich nicht in eine auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung umgedeutet werden.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 18. Oktober 2007
In dem Rechtsstreit
hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Bunge und Seliger für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 07.03.2007 - 36 Ca 11543/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Fortbestand eines vom Kläger als Arbeitsverhältnis angesehenen Beschäftigungsverhältnisses sowie um einen gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Weiterbeschäftigung des Klägers zu unveränderten Bedingungen als Lehrbeauftragter an der T. M.
Der Kläger war aufgrund von Lehraufträgen, die von Semester zu Semester schriftlich erteilt wurden, seit mehreren Jahren als Lehrbeauftragter für Leichtathletik an der T. M. tätig. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 25.07.2006 mit, die T. M. sehe sich gezwungen, den mit Schreiben vom 02.05.2006 erteilten Lehrauftrag mit sofortiger Wirkung zu widerrufen, nachdem er mit Schreiben seines Rechtsanwalts einen Anspruch auf Bestand eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht habe. Die Bestellung zum Lehrbeauftragten erfolgte jeweils "gemäß Art. 35 Abs. 1 BayHSchLG". Nach Art. 35 Abs. 1 Satz, 2. Halbsatz BayHSchLG stehen Lehrbeauftragte in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum F.. Das BayHSchLG ist inzwischen durch das BayHSchPG vom 23.05.2006 abgelöst worden. Auch dort ist - in Art. 31 Abs. 1 - vorgesehen, dass zur Ergänzung des Lehrangebots Lehraufträge erteilt werden können und die Lehrbeauftragten in der Regel für ein Semester durch die Hochschule bestellt werden, wobei sie in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum F. stehen. Daneben können gemäß Art. 33 des genannten Gesetzes wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als Lehrkräfte für besondere Aufgaben in einem privat-rechtlichen Dienstverhältnis beschäftigt werden.
Der Kläger ist der Auffassung, zwischen den Parteien sei ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, das mit Schreiben vom 25.07.2006 gekündigt worden sei. Diese Kündigung sei mangels eines Kündigungsgrundes rechtsunwirksam. Deshalb sei der Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet. Art. 35 BayHSchLG sei verfassungswidrig.
Der Beklagte ist der Auffassung, zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden, sondern ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, gegen dessen Zulässigkeit keine Bedenken bestünden. Das Handeln der T. M. sei nicht privat-rechtlicher Natur gewesen.
Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 07.03.2007, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25.07.2006 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht, und auf Weiterbeschäftigung des Klägers als Lehrbeauftragten zu unveränderten Bedingungen an der T. M. abgewiesen, weil die Bestellungsschreiben des Beklagten keine auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärungen enthielten und die Bedenken des Klägers gegen die Wirksamkeit von Art. 35 BayHSchLG nicht durchgriffen. Der behauptete Verstoß gegen die Höchstzahl der Semesterwochenstunden führe nicht zur Fiktion eines Arbeitsverhältnisses. Auch der Weiterbeschäftigungsantrag sei unbegründet.
Der Kläger hat gegen das ihm am 12.04.2007 zugestellte Endurteil vom 07.03.2007 mit einem am 14.05.2007 - einen Montag - per Fax eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit einem am 12.07.2007 eingegangen Schriftsatz begründet.
Er ist der Auffassung, das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses scheitere nicht am Fehlen diesbezüglicher Willenserklärungen. Auch sei der Lehrauftrag gesetzeswidrig gewesen, weil er höchstens acht Semesterwochenstunden habe enthalten dürfen. Da nicht anzunehmen sei, dass der Beklagte vorsätzlich gegen geltendes Recht habe verstoßen, sondern gesetzeskonform habe handeln wollen, ergebe eine entsprechende Auslegung, dass er den Kläger dennoch hätte beschäftigen wollen - dann aber eben im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger meint, selbst wenn mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen wäre, dass kein Arbeitsverhältnis vorliege, sondern ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, sei dieses nicht durch den Widerruf vom 25.07.2006 beendet worden, weil ein Sofortvollzug nicht angeordnet worden sei und der Kläger gegen den Widerruf Widerspruch erhoben habe.
Der Kläger beantragt:
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 12.07.2007 folgende Berufungsanträge angekündigt:
I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 07.03.2007, Az. 36 Ca 11543/06, wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25.07.2006 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht.
III. Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Parteien durch den Widerruf vom 25.07.2006 nicht beendet worden ist.
IV. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Lehrbeauftragten an der T. M. weiter zu beschäftigen.
V. Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Er stellt nunmehr (vgl. Sitzungsniederschrift vom 18.10.2007, Seite 2) nur die Anträge gemäß Ziffern I., II., IV. und V..
Der Beklagte beantragt kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.
Er bleibt dabei, dass kein Arbeitsverhältnis, sondern ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art vorgelegen habe. Ein solches Dienstverhältnis sei durch die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse zu begründen, nicht ausgeschlossen. Art. 33 Abs. 4 GG stehe nicht entgegen. Für einen Willen des Beklagten zur privat-rechtlichen Regelung bestehe kein Anhaltspunkt. Dies gelte auch, wenn die Wochenstundenzahl überschritten worden sei, was ebenso bestritten werde wie die Unzulässigkeit des Lehrauftrags, eine Pflicht des Beklagten zur Beschäftigung des Klägers in einem Arbeitsverhältnis und die Berechtigung zur Umdeutung der Erklärungen des Beklagten in privat-rechtliche Willenserklärungen. Deshalb scheide auch der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsantrag aus.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht und mit völlig zutreffender Begründung angenommen, dass dem allgemeinen Feststellungsantrag das erforderliche Feststellungsinteresse fehle und der Kündigungsschutzklage sowie dem Weiterbeschäftigungsantrag der Erfolg zu versagen sei, weil ein privat-rechtliches Arbeitsverhältnis nicht bestehe. Deshalb wird zunächst gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Ergänzend wird ausgeführt:
Das Berufungsgericht tritt dem Arbeitsgericht darin bei, dass Art. 35 BayHSchLG nicht verfassungswidrig ist. Der bayerische Gesetzgeber hat seine Gesetzgebungskompetenz nicht überschritten, da dem Bund zwar nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG eine Gesetzgebungskompetenz zum Erlass von Rahmenvorschriften für die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen zusteht, Art. 35 BayHSchLG jedoch diese Kompetenz wahrt. Auch Art. 33 Abs. 4 und 5 GG ist nicht verletzt, denn der Staat ist danach nicht gezwungen, ein Beschäftigungsverhältnis, dessen Gegenstand nicht die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist, in der Rechtsform des privat-rechtlichen Arbeitsverhältnisses auszugestalten. Der Bereich der öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse ist nicht auf hoheitliche Tätigkeit beschränkt. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art. 3 GG, Art. 118 BV) ist nicht verletzt, da es für die Ausgestaltung von Lehraufträgen an Hochschulen sachliche Gründe - flexible Ergänzung des Lehrangebots nach Bedarf, insbesondere "Studentenaufkommen" gibt. Auch der Sozialstaatsgrundsatz (Art. 20 GG, Art. 7/3 Abs. 1 Satz 1 BV) ist nicht missachtet, da die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein durch die vom Kläger beanstandete Gesetzesbestimmung nicht verletzt ist (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann, GG, 10. Aufl., Art. 20 Rn. 29), dem Gesetzgeber ein weiter gesetzgeberischer Spielraum zur Verwirklichung des Sozialstaatsgebots zusteht und der Kernbereich der Sozialstaatlichkeit nicht verletzt ist. Im Übrigen hat der Kläger im Berufungsverfahren seine Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit des Art. 35 BayHSchLG nicht weiter vertieft.
Das Berufungsgericht vermag dem Kläger nicht darin zu folgen, dass die Überschreitung der Semesterwochenstundenzahl in den Lehraufträgen zu deren Unwirksamkeit führt. Vielmehr ist anzunehmen - und zwar schon aus dem Gesichtspunkt des Schutzes des Lehrbeauftragten -, dass eine Teilunwirksamkeit nicht den gesamten Lehrauftrag erfasst. Gänzlich unvertretbar erscheint dem Berufungsgericht die Annahme, der Beklagte habe im Falle der Unwirksamkeit des Lehrauftrages ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis begründen wollen. Hierfür fehlt, vor allem angesichts des ausdrücklichen Wortlauts der jeweiligen Lehraufträge, jeglicher Anhaltspunkt. Eine Umdeutung in entsprechender Anwendung von § 140 BGB scheidet deshalb aus.
Darüber hinaus gilt generell, dass die Unwirksamkeit der Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse des Klägers als öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse für sich genommen nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses führen würde. Denn die verfassungsrechtlich oder öffentlich-rechtlich begründete Unwirksamkeit vermag das Fehlen eines für die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses erforderlichen Willens, einen privat-rechtlichen Vertrag zu begründen, nicht zu ersetzen. Dies hat das Arbeitsgericht richtig gesehen.
Aus den genannten Gründen kommt auch der geltend gemachte arbeitsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch nicht in Betracht.
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu erheben, wird hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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