Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 498/06
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 1
BGB § 613 a
ZPO § 50
ZPO § 256
1. Macht der gekündigte Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess ausschließlich geltend, die Kündigung sei unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung bereits gem. § 613 a BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergegangen sei, ist die Kündigungsschutzklage unschlüssig (im Anschluss an BAG 18.04.2002, Az 364/01 und BAG 15.12.2005, Az 8 AZR 202/05).

2. Der für einen Betriebinhaberwechsel im Sinne von § 613 a BGB erforderliche Übergang der Leitungsmacht (BAG 15.12.2005, Az 8 AZR 202/05) muss sich auf die Leitung des Betriebs im Alltagsgeschäft beziehen. Nicht ausreichend ist es, dass ein anderes Unternahmen als der (bisherige) Arbeitgeber, z. B. eine Konzernobergesellchaft, die wirtschaftlichen Geschicke des Betriebs bestimmt.

3. Die Bemühungen einer Konzernobergesellschaft, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer im Konzern zu vereinheitlichen, sind für die Frage des Übergangs der Leitungsmacht im Sinne von § 613 a BGB unmaßgeblich.

4. Der Umstand, dass ein Mitarbeiter der Obergesellschaft gegenüber der Presse bekanntgibt, ein bestimmtes Produkt des Betriebs einer Tochtergesellschaft werde nicht mehr weiterentwickelt, spricht nicht dafür, dass die Obergesellschaft den Betrieb der Tochtergesellschaft im Sinne von § 613 a BGB übernommen hätte.

5. Wenn zwischen dem bei der Obergesellschaft gebildeten Betriebsrat und der Tochtergesellschaft vereinbart wird, dieser Betriebsrat solle auch für die Mitarbeiter der Tochtergesellschaft zuständig sein, spricht dies nicht zwingend für die Übernahme der betrieblichen Leitungsmacht in Bezug auf die Tochtergesellschaft durch die Obergesellschaft.

6. Es stellt keine Umgehung des § 613 a BGB dar, wenn einzelne Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft über längere Zeit bei der Obergesellschaft eingesetzt sind, ohne dass deren Vergütung von dieser getragen wird. 7. Eine Verpflichtung der Obergesellschaft zur Beschäftigung von Arbeitnehmern einer Tochtergesellschaft setzt eine entsprechende Gestaltung des Arbeitsvertrags bzw. Arbeitsverhältnisses und - bei Fehlen der Zusage einer solchen Beschäftigung durch die Obergesellschaft gegenüber dem Arbeitnehmer - einen bestimmenden Einfluss des Vertragsarbeitgebers auf die Obergesellschaft voraus.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 498/06

Verkündet am: 9. November 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Abbold und Cibis für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23.03.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer von der Beklagten zu 1. ausgesprochenen ordentlichen Kündigung, um die vom Kläger begehrte Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist - hilfsweise um die Verpflichtung der Beklagten zu 2., in das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1. als Arbeitgeberin einzutreten -, ferner um die vom Kläger geltend gemachte Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger wurde mit Anstellungsvertrag vom 05.02.2001 von der Firma G. GmbH & Co. KG als Mitarbeiter für das Qualitätsmanagement eingestellt. Seine Tätigkeit bezog sich auf das Qualitätsmanagement des Softwareprogramms "A.", eines Warenwirtschaftsprogramms, das speziell für mittelständische Unternehmen in Deutschland entwickelt worden war. Die Tätigkeit des Klägers bestand darin, dieses Programm in Zusammenarbeit mit der Entwicklungsabteilung auf Fehler zu testen und auftretende Fehler an die Entwicklungsabteilung zu melden. Laut Organigramm vom 05.02.2003 war er dem Bereich Product Management zugeordnet. Die Firma G. wurde 2001 von der Beklagten zu 2. erworben. Da sich der bisherige Standort in G. als zu klein für die Zahl der Mitarbeiter erwies, erfolgte ein Umzug nach F.. Am 31.12.2002 wurde die Firma G. GmbH & Co. KG in die Firma M. GmbH & Co. KG - die Bezeichnung der Beklagten zu 1. - geändert. Nach einer Mitteilung des Amtsgerichts München - Registergericht - vom 22.06.2005 ist die Beklagte zu 1. mittlerweile aufgelöst. Die Firma ist erloschen. Als Tag der Eintragung und Bestätigung ist der 17.06.2005 genannt. Nach einer Presseveröffentlichung vom 18.09.2003 erklärte ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2., dass nach der im Jahr 2003 herausgegebenen 4. Version des Programms "A." eine neue Version nicht entwickelt werde.

Im Verlauf des Sommer 2003 zogen die Mitarbeiter der Beklagten zu 1. von F. an den Standort der Beklagten zu 2. in U. um, wo sie in einem Großraumbüro der Muttergesellschaft untergebracht wurden, für die die Beklagte zu 1. an die Beklagte zu 2. Miete zahlte. Bereits am 01.07.2002 hatten die Mitarbeiter der Beklagten zu 1. einen sog. Integrationsbrief erhalten, der sich mit der Eingruppierung in die M.Gehaltsgruppen, der Angleichung des Gehaltssystems von 13 auf 12 Monatsgehältern, der Vereinheitlichung der Arbeitszeit auf 40 Stunden, der Übernahme des Versicherungssystems der M. GmbH, der Angleichung des Urlaubs an die M. GmbH und der Übernahme des M.-Bonussystems befasste. Dieser Brief ist vom damaligen Personalchef der Beklagten zu 2. unterzeichnet. Nach dem Umzug wurde ab Herbst 2003 nach und nach die Struktur der Beklagten zu 1. geändert. Aber auch die Beklagte zu 2., die Mitarbeiter der Beklagten zu 1. übernahm, änderte ihre Strukturen. Im November 2003 wurden Mitarbeiter der ehemaligen Abteilungen der Beklagten zu 1. "Product Management A.", "Product Service A." und "A. Development" in einem Team unter der Bezeichnung "A. Core" zusammengefasst. Der Kläger, der diesem Team nicht angehörte, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in fest definierte betriebliche Strukturen eingebunden. Er erbrachte vielmehr Tätigkeiten für die Beklagte zu 2., wobei streitig ist, ob es sich hierbei um reine Erprobungsmaßnahmen handelte oder ob der Kläger insoweit planmäßige Arbeiten im Rahmen der arbeitstechnischen Zwecke der Beklagten zu 2. leistete.

Bis zu diesen strukturellen Änderungen, also änderte sich jedoch an den Strukturen bei der Beklagten zu 1. nichts. Vielmehr arbeiteten die Mitarbeiter dieser Gesellschaft zunächst in ihren bisherigen Strukturen in den neuen Räumlichkeiten mit den mitgebrachten Gerätschaften und Büro-Ausstattungsgegenständen, vor allem PCs, weiter.

Der Betriebsrat des Standorts Unterschleißheim der Beklagten zu 2. hielt und erklärte sich auch für die Mitarbeiter der Beklagten zu 1. zuständig. Ob auch die Beklagte zu 2. dies verlautbarte, ist streitig.

Mit Schreiben vom 28.09.2004 kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 31.12.2004, nachdem der hierzu angehörte Betriebsrat der Beklagten zu 2. der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 22.09.2004 widersprochen hatte.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei zum Zeitpunkt der Kündigung bereits Arbeitnehmer der Beklagten zu 2. gewesen, weil sein Arbeitsverhältnis spätestens im Sommer 2003 im Wege des Betriebsinhaberwechsels gemäß § 613a BGB auf die Beklagte zu 2. übergegangen sei. Ein Gemeinschaftsbetrieb sei durch den Umzug nicht entstanden. Auch sei der Kläger nach dem Umzug für die Beklagte zu 2. tätig geworden. Zumindest habe diese Gesellschaft durch die fortgesetzte Beschäftigung des Klägers in ihrem Großraumbüro eine konzerweite Weiterbeschäftigungspflicht begründet.

Die Beklagten haben im ersten Rechtszug die Parteifähigkeit der Beklagten zu 1. und in beiden Rechtszügen die Passivlegitimation der Beklagten zu 2. bestritten. Sie sind der Auffassung, die Klage sei deshalb unschlüssig, weil aus der Begründung nicht hervorgehe, warum die Kündigung unwirksam sei und ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. bestehe. Die Beklagten tragen vor, der Arbeitsplatz des Klägers bei der Beklagten zu 1. sei ersatzlos weggefallen, weil das Produkt "A." nicht mehr weiterentwickelt werde. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Beklagten zu 1. sei wegen der Einstellung des Geschäftsbetriebs nicht mehr möglich gewesen. Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme durch die Beklagte zu 2., mit der kein Arbeitsverhältnis bestanden habe, sei nicht gegeben. Diese Gesellschaft habe nach dem Umzug der Beklagten zu 1. nach U. die Leitungsmacht des Betriebs der Tochtergesellschaft nicht übernommen. Ein Betriebsübergang liege nicht vor. Die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1. sei durch die Beklagte zu 2. nicht weitergeführt worden. Auch sei die Identität des bisherigen Betriebs nicht gewahrt geblieben. Vielmehr habe die Beklagte zu 2. ihre bestehenden Betriebsstrukturen lediglich ausgeweitet. Sie habe einzelne Mitarbeiter der Beklagten zu 1. ohne Beibehaltung der Betriebsmethoden und Arbeitsorganisation übernommen.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 23.03.2006 - 23 Ca 16803/04 -, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage abgewiesen, weil die Beklagte zu 1. im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage noch existiert habe, die Kündigung aber nicht an § 613a Abs. 4 BGB scheitere, weil ein Betriebsübergang von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. nicht angenommen werden könne. Denn die Identität der wirtschaftlichen Einheit sei nicht gewahrt geblieben. Da der Kläger nicht Mitglied des "A. Teams" geworden sei, scheide auch ein Übergang des Arbeitsverhältnisses wegen eines auf diesen etwaigen Betriebsteil bezogenen Teilübergangs aus. Die Übernahme von Personal bedeute für sich allein keinen Betriebsübergang. Somit entfalle auch eine Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten zu 1.. Mangels Betriebsübergangs sei der Kläger auch nicht Arbeitnehmer der Beklagten zu 2. gemäß § 613a Abs. 1 BGB geworden. Die Voraussetzungen für eine konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht lägen nicht vor. Es bestehe weder eine Übernahmeverpflichtung der Beklagten zu 2. noch eine Selbstbindung dieser Gesellschaft in Richtung einer Übernahme. Für eine Umgehung des § 613a BGB seien ausreichende Anhaltspunkte nicht vorhanden.

Der Kläger hat gegen das ihm am 12.04.2006 zugestellte Endurteil vom 23.03.2006 mit einem Berufungsgericht am 24.04.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 12.06.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt insbesondere vor, es sei ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen der Beklagten zu 2. gewesen, wonach ab Sommer 2002 für sämtliche Betriebe der M. GmbH der Betriebsrat der Beklagten zu 2. zuständig sein und insoweit die betrieblichen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte nach dem BetrVG wahrnehmen solle. Über diesen Vorgang sei auch der Gesamtbetriebsrat der Beklagten zu 2. informiert worden. Seit diesem Zeitpunkt habe die Betriebsleitung der Beklagten zu 2. betreffend die Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. eng mit dem Betriebsrat zusammengearbeitet. Der Betriebsrat sei in Bezug auf diese Arbeitnehmer nicht anders behandelt worden als die bereits vorhandenen Arbeitnehmer der Beklagten zu 2. auch habe der Kläger dann mit Schreiben vom 10.12.2002 die Mitteilung erhalten, für ihn gelte die betriebliche Altersvorsorge der Beklagten zu 2.. Nach Auffassung des Klägers ist nach dem Sommer 2002 und insbesondere nach dem Umzug im Sommer 2003 die Identität der übertragenen wirtschaftlichen Einheit - wie sie am Standort F. bestand - erhalten geblieben. Die Mitteilung der Zuständigkeit des Betriebsrats der Beklagten zu 2. für die übernommenen Mitarbeiter habe die Bedeutung, dass die Beklagte zu 2. auch die tatsächliche Leitung in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten übernommen habe. Allein schon die geäußerte Absicht, die Leitungs- und Organisationsgewalt zu übernehmen, begründe den Betriebsübergang. Nach dem Beweis des ersten Anscheins sei es zu einem solchen Übergang gekommen. Der vorläufige Höhepunkt der wirtschaftlichen Leitungsmacht sei erreicht worden, als durch den Leiter der Abteilung S. der Beklagten zu 2. im Herbst 2003 verkündet worden sei, dass das Produkt "A." keine Neuentwicklung mehr erfahren solle. Der Betriebsübergang scheitere auch nicht am Fehlen eines Rechtsgeschäfts. Letztlich ist der gesamte Sachverhalt dem Kläger zufolge auch unter dem Gesichtspunkt einer Umgehung des § 613a BGB zu betrachten. Denn normalerweise hätte eine eigenständige unternehmerisch handelnde Firma - anders als die Beklagte zu 1. - nicht hingenommen, dass ihrer Arbeitnehmer zwar von ihr bezahlt werden, aber über Jahre hinweg nicht für ihre betrieblichen Zwecke eingesetzt werden, wie dies spätestens seit dem Umzug und allerspätestens mit der Erklärung des Aus für das Warenwirtschaftsprogramm geschehen sei. Schließlich liegt nach Ansicht des Klägers eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vor.

Der Kläger beantragt deshalb,

das Urteil des Arbeitsgerichts München - 23a Ca 16803/04 - abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, sowie die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen

die Berufung zurückzuweisen.

Sie rügen verspäteten neuen Sachvortrag des Klägers und bringen vor, die Behauptung, die Beklagte zu 2. habe im Sommer 2002 den Mitarbeitern der Beklagten zu 1. mitgeteilt, der bei der Beklagten zu 2. bestehende Betriebsrat sei nunmehr auch für sämtliche Mitarbeiter der Beklagten zu 1. zuständig, sei unzutreffend und unsubstantiiert. Eine etwaige Mitteilung durch ein Betriebsratsmitglied sei der Beklagten zu 2. nicht zuzurechnen. Dasselbe gelte auch in Bezug auf die Mitteilung an den Gesamtbetriebsrat. Die Beklagten stellen in Abrede, dass die Beklagte zu 2. Entscheidungen für die Beklagte zu 1. getroffen habe. Die Leitung von deren Betrieb sei nach wie vor durch den Prokuristen der Beklagten zu 1. und den hierfür zuständigen Mitarbeiter dieser Gesellschaft ausgeübt worden. Beide seien nicht Arbeitnehmer der Beklagten zu 2. gewesen. Zur behaupteten Arbeitsleistung des Klägers für die Beklagte zu 2. trägt diese vor, es habe sich nur um Testverfahren zur Erprobung des Klägers gehandelt. Die Beklagten bestreiten, dass sie die tatsächliche Leitung der Beklagten zu 1. in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ab Sommer 2002 wahrgenommen hätten. Diese tatsächliche Leitung sei nach wie vor bei den genannten Mitarbeitern der Beklagten zu 1. und - hinsichtlich der Personalleitung - beim Personalleiter der Beklagten zu 1. geblieben. Die Beklagten meinen, der Kläger trage nicht vor, ab wann er Weisungen von der Beklagten zu 2. - und durch welchen Mitarbeiter der Beklagten zu 2. - erhalten habe. Mangels Übernahme der Leitungsmacht durch die Beklagte zu 2. scheide somit ein Betriebsübergang und damit ein Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers aus, abgesehen davon, dass keine Identitätswahrung vorliege. Zu keinem Zeitpunkt habe es bei der Beklagten zu 2. Abteilungen gegeben, die zuvor bei der Beklagten zu 1. existiert hätten. Auch fehle es an einem Rechtsgeschäft als Grundlage des behaupteten Betriebsübergangs. Eine unzulässige Umgehung des § 613a BGB liegt nach Auffassung der Beklagten ebenso wenig vor wie eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 09.06.2006 und der Beklagten vom 14.08.2006 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 19.06.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Die gegen die von der Beklagten zu 1. erklärte Kündigung vom 28.09.2004 gerichtete Kündigungsschutzklage ist unschlüssig. Der Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist, ist unbegründet. Die Beklagte zu 2. ist auch nicht verpflichtet, in das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1. als Arbeitgeberin einzutreten. Sie ist schließlich nicht verpflichtet, den Kläger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über "den Feststellungsantrag" zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Mitarbeiter weiterzubeschäftigen.

1. Die gegen die von der Beklagten zu 1. ausgesprochene Kündigung vom 28.09.2004 gerichtete Kündigungsschutzklage ist unschlüssig.

Denn der Kläger stützt den Kündigungsschutzantrag gegen die Beklagte zu 1. als Betriebsveräußerin allein auf die Behauptung, der Betrieb sei bereits vor der Kündigung auf die Beklagte zu 2. als Erwerberin übergegangen. Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt jedoch nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie, der auch das Berufungsgericht folgt, voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch im Falle eines Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach Betriebsübertragung geht damit mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist aber unbegründet, denn ein Arbeitsverhältnis besteht schon nach dem eigenen Vorbringen des gegen die Veräußerin vorgehenden Klägers nicht mehr (vgl. BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05 - im Anschluss an BAG vom 20.03.2003 - 8 AZR 312/02 - und BAG vom 18.04.2002 - 8 AZR 346/01).

Der Kläger hat sich das zu seinem Sachvortrag in Widerspruch stehende Vorbringen der Beklagten auch nicht wenigstens hilfsweise zu Eigen gemacht und seine Klage auch nach einem Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2006 nicht "auch" hierauf gestützt (BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05 - im Anschluss an BAG vom 18.04.2002 - 8 AZR 364/01).

2. Der Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist, ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Antrag ist zulässig.

Die Beklagte zu 1. ist in Bezug auf den vorliegenden Rechtsstreit (noch) parteifähig. Insoweit wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts (zu 1. der Entscheidungsgründe) verwiesen.

Das für den Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da der begehrten Feststellung trotz ihrer lediglich ideellen Rechtskraftwirkung angesichts der zahllosen Einzelfragen und -probleme, die im Verlauf bzw. Vollzug eines Arbeitsverhältnisses entstehen können, eine in prozessökonomischer Hinsicht sinnvolle, hinreichende Befriedungswirkung zukommt.

b) Der Antrag auf Feststellung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zu 2. ist jedoch unbegründet.

Die Berufungskammer folgt den Grundsätzen, wie sie von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs zum Betriebsübergang entwickelt wurden (vgl. BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05; BAG vom 27.10.2005 - 8 AZR 568/04; BAG vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/06; BAG vom 14.05.2006 - 8 AZR 299/05; BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04; BAG vom 16.02.2006 - 8 AZR 204/05; EuGH vom 11.03.1997 - C-13/95; EuGH vom 15.12.2005 - C-232/04 und C-233/04). Danach setzt § 613a Abs. 1 BGB den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus, wobei die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit erforderlich ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach den ausgeübten Tätigkeiten und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu. In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) stellt jedoch ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge. In Betriebsmittel geprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen.

Im Zeitpunkt des Übergangs muss die Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für den Betrieb der übertragenen Einheit verbunden ist, vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen. Die Inhaberschaft geht dann über, wenn der neue Betriebsinhaber die wirtschaftliche Einheit nutzt und fortführt und - bei Übernahme der Betriebsmittel in mehreren Schritten - die Entscheidung über den Betriebsübergang nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Der Erwerber muss den Zugriff auf die besonders wichtigen Betriebsmittel erhalten und den Betrieb im Alltagsgeschäft tatsächlich durch Erteilung entsprechender Weisungen leiten (BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05). Betriebsinhaber ist nach diesen Grundsätzen derjenige, der den Betrieb im eigenen Namen führt und nach außen als sein Inhaber auftritt. Unmaßgeblich ist demgegenüber, wer wirtschaftlich die Geschicke des Betriebs bestimmt (BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05).

Das Erstgericht ist aufgrund des Vortrags des Klägers - im Anschluss an das im Verfahren der Einstweiligen Verfügung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. ergangene Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20.07.2005 - 9 Sa 340/05 - davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs, nämlich im Sommer 2002 und spätestens im Sommer 2003, die Identität der übernommenen wirtschaftlichen Einheit nicht gewahrt geblieben ist. Die Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen durch den sog. Integrationsbrief beinhalte ebenso wenig einen Betriebsübergang wie die räumliche Umsetzung der Mitarbeiter samt Büroausstattung im Sommer 2003 vom Standort F. in das Großraumbüro der Beklagten zu 2. in U.. Soweit es sich bei dem "A. Team" um eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit gehandelt habe, scheide ein Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers aufgrund einer Übernahme dieses Teams durch die Beklagte zu 2. schon deshalb aus, weil der Kläger nicht Mitglied dieser Einheit gewesen sei.

Diese rechtliche Würdigung des Erstgerichts - und auch des Landesarbeitsgerichts München in der Entscheidung vom 20.07.2005 (9 Sa 340/05) - erscheint aus der Sicht im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz zutreffend. Denn der erstinstanzliche Vortrag des Klägers zur Wahrung der wirtschaftlichen Einheit im - unklar gebliebenen - Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs entspricht nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen. Aufgrund dieses Vortrages ist nicht erkennbar geworden, dass die vom Umzug betroffenen Mitarbeiter gerade in ihrer organisatorischen Verbundenheit, wie sie bei der Beklagten zu 1. bestand, übernommen wurden, dass also die Betriebsstruktur bzw. -organisation wenigstens vorübergehend noch erhalten geblieben ist in dem Sinne, dass die bisherigen betrieblichen Gliederungen entsprechend ihrem Aufgabenbezug nach wie vor erkennbar waren.

Nachdem jedoch die Beklagten im zweiten Rechtszug unstreitig gestellt haben, dass sich nach dem im Sommer 2003 erfolgten Umzug von F. nach U. und nach dem vom Kläger so bezeichneten allerspätesten Zeitpunkt des Betriebsübergangs - der Verlautbarung durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu 2., es werde für das Produkt "A." keine neue Version mehr geben - an den Strukturen bei der Beklagten zu 1. nichts geändert habe, ist davon auszugehen, dass zu den vom Kläger für einen Betriebsübergang angebotenen Zeitpunkten, nämlich dem frühesten im Sommer 2002, dem spätesten im Sommer 2003 und dem allerspätesten im September 2003, und in den Wochen danach die wirtschaftliche Identität der umgezogenen Organisationseinheiten, so wie sie bei der Beklagten zu 1. bestand, erhalten geblieben ist.

Allerdings scheitert der vom Kläger behauptete Betriebsübergang daran, dass die Beklagte zu 2. zu keiner dieser drei Zeitpunkte die Leitungsmacht in Bezug auf die vom Umzug betroffenen Organisationseinheiten übernommen und tatsächlich ausgeübt hat. Die Beklagte zu 2. hat diese Organisationseinheiten nicht im Alltagsgeschäft eigenverantwortlich, d.h. im eigenen Namen, nach außen hin erkennbar geführt.

Die Beklagten haben den Übergang dieser Leitungsmacht dezidiert und ins Einzelne gehend in Abrede gestellt. Sie haben vorgetragen, die Beklagte zu 2. habe keine Entscheidungen für die Beklagte zu 1. getroffen. Die Leitung von deren Betrieb sei nach wie vor durch den Prokuristen der Beklagten zu 1. und den im Organigramm vom 05.02.2003 als "Country Manager" bzw. "Managing Director" bezeichneten Mitarbeiter sowie durch den Personalleiter der Beklagten wahrgenommen worden. Dass die Leitung des Betriebs von diesen Personen auf Mitarbeiter der Beklagten der 2. übergegangen wäre und diese durch entsprechende Weisungen in Bezug auf die Führung des Betriebs der Beklagten zu 1. Leitungsfunktionen im Alltagsgeschäft übernommen hätten, ist aufgrund des Vortrages des Klägers ebenso wenig ersichtlich wie die denkbare Konstellation, dass die bisherigen Leitungspersonen der Beklagten zu 1. ihre Leitungsfunktion nunmehr nach außen - und vor allem auch für die Mitarbeiter - erkennbar im Namen der Beklagten zu 2. ausgeübt hätten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich an den Leitungsverhältnissen und -befugnissen nach den vom Kläger vorgetragenen möglichen Betriebsübergangszeitpunkten nichts geändert hat.

Zu Recht haben das Erstgericht und das Landesarbeitsgericht München - dieses im Verfahren im 9 Sa 340/05 - darauf hingewiesen, dass die Bemühungen der Konzernmuttergesellschaft zur Vereinheitlichung von Arbeitsbedingungen nicht zur Annahme eines Betriebsübergangs führen. Denn solche Bestrebungen sind in zentralistisch geführten Konzernen ein gängiges Phänomen. Sie dienen der Herstellung einer einheitlichen Außenansicht der Konzerngesellschaften und einer Identifizierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Konzerngesellschaften mit dem Konzern und seinen Produkten. Damit sind sie typischer Ausfluss der Lenkung der wirtschaftlichen Geschicke der konzernangehörigen Betriebe durch die Obergesellschaft, die nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung (BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05) für die Frage der Leitungsmacht unmaßgeblich ist. Für die Frage der Ausübung der Leitungsmacht in den Konzernbetrieben sind die Bestrebungen zur Vereinheitlichung der Konzern-Arbeitsbedingungen nach allem nicht aussagekräftig. Sonst würden solche Bemühungen tendenziell zum Übergang aller Konzernbetriebe auf die Konzern-Muttergesellschaft führen.

Dasselbe gilt hinsichtlich der Zusage einer konzernweit bestehenden betrieblichen Altersversorgung an die Mitarbeiter der Beklagten zu 1. und in Bezug auf Äußerungen, diese Mitarbeiter seien (nunmehr) "M.".

Auch die Bekanntgabe der Aufgabe der grundlegenden Weiterentwicklung des Produkts "A." durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu 2. ist entgegen der Auffassung des Klägers ohne Aussagekraft für die Frage, wer die Leitung der vom Umzug betroffenen Organisationseinheiten ausgeübt hat. Denn bei der Frage, wer die Leistungsmacht eines Betriebs oder Betriebsteils im betrieblichen "Alltagsgeschäft" innehat, geht es um die Vorgänge, die Gegenstand der Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrats vor allem in personellen und sozialen Angelegenheiten sind, nicht dagegen um die wirtschaftlichen Grundsatzentscheidungen, deren Umsetzung die Muttergesellschaft kraft ihres konzernrechtlichen Weisungsrechts einer Tochtergesellschaft auferlegen kann. Solche Entscheidungen - wie hier die Änderung der Produktpalette - fallen typischerweise aus konzernstrategischen Gründen in der Konzern- oder Teilkonzernspitze und gerade nicht in der Betriebsleitung des Betriebs einer Konzerntochter oder -enkelin. Sie sind - entsprechend dem oben Ausgeführten - Kennzeichen der Bestimmung der wirtschaftlichen Geschicke des Betriebs und damit für die Frage des Übergangs der betrieblichen Leitungsmacht im Alltagsgeschäft unerheblich. Die Bekanntgabe durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu 2., das Produkt "A." werde keine weitere Version erfahren, hat somit nicht die ihr vom Kläger beigelegte Bedeutung.

Schließlich folgt aus der Wahrnehmung von Beteiligungsrechten durch den am Standort U. der Beklagten zu 2. bestehenden Betriebsrat auch in Bezug auf die nach dort umgezogenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten zu 1. keinesfalls zwingend, dass die Beklagte zu 2. nach dem Umzug die tatsächliche Leitungsmacht in Bezug auf die vom Umzug betroffene wirtschaftliche Einheit übernommen hätte. Dies gilt selbst dann, wenn - was das Landesarbeitsgericht München im Urteil vom 20.07.2005 (9 Sa 340/05) angenommen hat - zwischen der Beklagten zu 2. und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat Einigkeit bestand, dass dieser nun auch für die Mitarbeiter der Beklagten zu 1. zuständig sein solle. Denn eine solche Ausdehnung der Zuständigkeit kann auf vielerlei Motiven beruhen, so auf dem durchaus begrüßenswerten Bestreben, im Konzern möglichst keine mitbestimmungsfreien Arbeitverhältnisses zu haben, oder auf der vorsorglichen Erwägung, sich für den Fall, dass ein Gemeinschaftsbetrieb vorliege, betriebsverfassungsrechtskonform zu verhalten.

Nach allem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht hinreichend ein nach außen verlautbarter Wille der Beklagten zu 2., die betriebliche Leitungsmacht der vom Umzug betroffenen wirtschaftlichen Einheit in der Beklagten zu 1. zu übernehmen.

c) Eine Umgehung des § 613a BGB ist nicht ersichtlich.

Dass die Beklagte zu 1. über längere Zeit hinweg Mitarbeiter letztlich zum Nutzen der Muttergesellschaft eingesetzt hat, ohne dass deren Vergütung von dieser unmittelbar bezahlt oder refinanziert wurde, hat mit der Aufgabenverteilung im Konzern zu tun. Wenn ein Tochterunternehmen wie die Beklagte zu 1. den Weisungen der Muttergesellschaft entsprechend ihre Arbeitnehmer für die übergeordneten Zwecke des Konzerns einsetzt, geschieht dies durchaus in Vollzug der Zwecksetzung des Tochterunternehmens bzw. der Zweckbestimmung ihres Betriebs oder ihrer Betriebe, die aus gesellschaftsrechtlichen Gründen von der Obergesellschaft vorgegeben sein mag. Der Kläger, der gerade dies beanstandet, vermengt unzulässigerweise das Geschehen auf der betrieblichen Leitungsebene mit den gesellschaftsrechtlichen Leitungsverhältnissen im Konzern.

Es kann nach allem keine Rede davon sein, dass die Beklagte zu 2. oder beide Beklagten im Zusammenwirken das gesetzliche Instrumentarium des § 613a BGB zweckwidrig dazu instrumentalisiert hätten, die von dieser Vorschrift angeordneten Rechtsfolgen zu vermeiden. § 613a BGB will einen Sachverhalt der vorliegenden Art nach seinem Sinn und Zweck nicht erfassen. Die vom Kläger angenommene Umgehung liegt nicht vor.

3. Die Beklagte zu 2. ist nicht verpflichtet, in das Arbeitsverhältnis des Klägers als Arbeitgeberin einzutreten.

Insoweit hat das Erstgericht mit Recht darauf hingewiesen, eine Übernahmeverpflichtung ergebe sich weder unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag noch aus anderen vertraglichen Absprachen oder einer Zusage des Arbeitgebers. Soweit sich der Kläger auf den als Anlage K15 vorgelegten "Arbeitnehmervertrag Great Plains" bezieht, aus der sich eine konzernweite Verpflichtung ergeben soll, neben seiner bisherigen Arbeitgeberin für alle Tochter-, Enkel- und sonstigen Unternehmen der M., also auch für die Beklagte zu 2., als Arbeitnehmer tätig zu werden, ist den Beklagten darin beizupflichten, dass es sich erkennbar nicht um einen echten Arbeitsvertrag handelt, sondern um Richtlinien im Sinne einer erweiterten Betriebsordnung bzw. um eine sog. policy, also um Grundsätze, die unternehmensübergreifend für die Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften gelten sollen.

Vor allem aber ergibt sich aus diesem Dokument - insbesondere dessen Ziffer 1. - keineswegs eine Verpflichtung, für sämtliche konzernangehörigen Gesellschaften ohne weiteres tätig zu werden. Denn dort ist nicht von einer konzernweiten Arbeitspflicht die Rede, sondern davon, dass der Kläger seine Fähigkeiten und Bemühungen der Förderung der Interessen von G. und seiner Tochtergesellschaften, und zwar mit seiner gesamten Arbeitszeit, widmen werde. Diese auf den gesamten Konzern bezogene Loyalitäts- und Förderungspflicht, mithin eine Nebenpflicht, ist nicht mit einer konzernweiten Arbeitspflicht als Hauptpflicht gleich zu setzen. Aus dem Anstellungsvertrag vom 05.02.2001 wiederum ergibt sich unter § 2 lediglich ein erweitertes Weisungsrecht des Arbeitgebers dahin, dass dem Kläger auch eine andere zumutbare Tätigkeit als die eines Mitarbeiters Qualitätsmanagement im Unternehmen oder in verbundenen Unternehmen zugewiesen werden kann. Die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitspflicht schließt somit eine "Entsendung" in ein anderes Konzernunternehmen ein, jedoch stets in Erfüllung der Arbeitspflicht des Klägers gegenüber seinem Arbeitgeber, der Beklagten zu 1.. Dagegen enthält die genannte arbeitsvertragliche Bestimmung nicht eine Verpflichtung der Muttergesellschaft, den Kläger zu beschäftigen.

Aus dem gleichen Grunde folgt aus dem Einsatz des Klägers im Rahmen der Betriebsorganisation der Beklagten zu 2. nach dem Umzug nach U. weder eine Verpflichtung noch eine "Selbstbindung" oder ein Vertrauenstatbestand dahin, dass der Kläger im Falle eines Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten zu 1. von der Beklagten zu 2. konzernweit eingesetzt werden müsste.

Sonstige Umstände, aus denen sich eine solche "Selbstbindung" der Beklagten zu 2. mit dem Inhalt ergäbe, alle von der Einstellung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1. betroffenen Arbeitnehmer - ggf. sukzessive - zu übernehmen, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat diese, auch nach dem Vortrag des Klägers, eben nur diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten zu 1. übernommen, die sie jeweils haben wollte.

Nach allem scheidet die vom Kläger hilfsweise geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten zu 2., in das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1. als Arbeitgeberin einzutreten, aus.

4. Auch der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nicht.

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass ein Arbeitsverhältnis des Klägers mit dieser Gesellschaft nicht bestand und besteht.

Zum anderen scheidet nach dem oben (zu 3.) Ausgeführten eine Verpflichtung der Beklagten zu 2. zur konzernweiten Beschäftigung des Klägers aus. Des Weiteren besteht kein Vertrauenstatbestand bzw. keine "Selbstbindung" dahin, dass die Beklagte zu 2. den Kläger bei Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen der Beklagten zu 1. weiterbeschäftigen müsste. Zu Recht hat das Erstgericht darauf verwiesen, dass eine solche Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten zu 2. daran scheitert, dass die Beklagte zu 1. als Tochtergesellschaft keinen bestimmenden Einfluss auf die Beklagte zu 2. als Muttergesellschaft in Bezug auf die Beschäftigung des Klägers bei dieser hatte. An diesem Kriterium der unternehmensübergreifenden Beschäftigungspflicht ist mangels einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Grundlage festzuhalten. Daran ändert auch entgegen der Auffassung des Klägers die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.11.2004 (2 AZR 24/04) nichts, die insoweit eindeutig ist und im übrigen nicht eine Konstellation der vorliegenden Art betrifft, sondern die Obliegenheit der Arbeitgeberseite zur Kündigungsvermeidung als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Rechtswirksamkeit einer Kündigung im Sinne von § 1 KSchG.

Eine Verpflichtung der Beklagten zu 2. zur Weiterbeschäftigung des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 1 AÜG.

Denn zum einen fehlt es schon an der Gewerbsmäßigkeit der behaupteten Überlassung und zum anderen ist anzunehmen, dass der Kläger nicht auf Dauer, sondern lediglich bis zur bereits absehbaren Einstellung der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1. aufgrund der Entscheidung, keine Neuversion des Produkts "A." mehr zu entwickeln, in der Betriebsorganisation der Beklagten zu 2. tätig werden sollte und tätig geworden ist. Es liegt somit eine sog. Konzernleihe im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG vor.

5. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

6. Die Revision wird nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu erheben, wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück