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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 532/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 1
BetrVG § 77
BGB § 179
BGB § 427
1. Kollektivvereinbarungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz können mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für und gegen die Arbeitnehmer eines Betriebs nur zwischen dem für diesen Betrieb gebildeten Betriebsrat und dem Inhaber dieses Betriebs als Arbeitgeber geschlossen werden.

2. Mehrere Unternehmen bzw. Arbeitgeber eines Konzerns können mit mehreren Betriebsräten, die in Betrieben der Konzernunternehmen gebildet sind, gleichlautende, in einer einheitlichen Urkunde zusammengefasste und von den Vertretern der Jeweiligen beteiligten Betriebsräte unterzeichnete Betriebsvereinbarungen schließen. Diese Betriebsvereinbarungen wirken gem. § 77 Abs.4 Satz 1 BetrVG normativ in den jeweiligen Betrieben, deren Betriebsparteien die Urkunde unterzeichnet haben.

3. Eine solches "Betriebsvereinbarungsbündel" kann auf der Arbeitgeberseite von Organmitgliedern der Konzernobergesellschaft für diese und zugleich in Vollmacht für die Tochtergesellschaften unterzeichnet werden.

4. § 77 BetrVG schließt im Falle des Scheiterns des Zustandekommens einer Betriebsvereinbarung wegen fehlender Vetrtetungsmacht der auf der Arbeitgeberseite handelnden Personen eine Haftung eines dritten Unternehmens gegenüber den Arbeitnehmern des Betriebs gem. § 179 Abs.1 BGB auf Erfüllung oder Schadenersatz aus. Dies gilt entsprechend für eine Haftung des dritten Unternehmens wegen Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) und aus Rechtsscheinsgrundsätzen.

5. Zur Umdeutung einer Betriebsvereinbarung in eine Gesamtzusage.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 532/06

Verkündet am: 21. September 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Deurer und Mayer für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23.03.2006 - 26 Ca 13158/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 14.826,80 €.

Die Klägerin war seit 01.01.2001 bei der "d. GmbH" als verantwortliche Redakteurin in Frankfurt/Main beschäftigt. Die d. GmbH, die bis 1998 im Eigentum eines Unternehmers stand und im Jahr 1992 mit der ehemaligen Nachrichtenagentur der DDR - ADN - fusionierte, wurde im Dezember 1998 an die P.-Gruppe veräußert, die damals zum Medienkonzern von Leo Kirch gehörte.

Im Zuge der Verschmelzung der P. AG und der S. GmbH zur P. AG im November 2000, die zu mehreren Umzügen von Betrieben und Betriebsteilen führte, wurde unter dem 07.12.2000 eine "Betriebsvereinbarung zwischen der P. AG und deren Tochterunternehmen und dem Betriebsräten der P.AG und deren Tochterunternehmen anlässlich der Durchführung der Betriebsänderungen" abgeschlossen. Rubrum, Präambel und § 1 Nr. 1.1 und 1.2 dieser Betriebsvereinbarung lauten:

"Sozialplan

der

P. AG, ..., und deren Tochtergesellschaften, sämtlich vertreten durch den Vorstand der P. AG

- nachstehend Unternehmen genannt -

und

den Betriebsräten der P. AG und deren Tochtergesellschaften, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzenden

- nachstehend Betriebsräte genannt -

Präambel

Die Betriebsparteien erkennen die Gründung der Senderfamilie durch die Verschmelzung der P. AG mit der S. GmbH zur P. AG als einen strategisch und wirtschaftlich sinnvollen Schritt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem komplexen und hochkompetitiven Medienmarkt an. Die P. AG will sich noch stärker als bisher als moderner, attraktiver Arbeitgeber am Arbeitsmarkt positionieren.

Vor dem Hintergrund schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen den nachfolgenden Sozialplan, der evt. Wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierungen oder durchzuführender Umzüge ausgleicht.

§ 1 Geltungsbereich

1.1. Der Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens, die während der Laufzeit dieses Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz)

- an einen anderen Standort verlagert wird oder

- deren Arbeitsplatz unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt wegfällt.

Das Gleiche gilt für die Arbeitnehmer/innen, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG andere wirtschaftliche Nachteile durch die Verschmelzung des Unternehmens erleiden.

1.2 Der Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer/innen der S. GmbH, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG zur D. GmbH (...) oder deren Tochtergesellschaften wechseln, wird im § 16 geregelt."

Nach § 2 der Betriebsvereinbarung sollte diese am 07.09.2000 in Kraft treten und bis 31.12.2005 laufen.

§ 6 der Betriebsvereinbarung enthält eine Abfindungsregelung für Arbeitnehmer/innen, die in den § 1 und § 2 des Sozialplans genannten sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich fallen und ihr Arbeitsverhältnis - unter anderem - durch Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, einer arbeitgeberseitig veranlassten Eigenkündigung oder eines arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrags zur Vermeidung einer betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigung verlieren.

In § 17 Ziffer 17.9 der Betriebsvereinbarung ist bestimmt, dass unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne dieses Sozialplanes der Konzern P. AG (P. AG samt Tochterunternehmen) zu verstehen ist.

Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ist für die Arbeitgeberseite von den Vorstandsmitgliedern der Beklagten U. sowie L. unterzeichnet. Auf der Betriebsratsseite ist die Betriebsvereinbarung von den Vertretern der jeweiligen Betriebsräte unterzeichnet.

Die Gesellschaftsanteile der d. GmbH wurden gemäß notariellem Kaufvertrag vom 08.09.2003 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.06.2003 an die S.Beteiligungs-GmbH im Rahmen eines sog. Management Buy-outs verkauft.

§ 11 des Kaufvertrags lautet:

"§ 11 Freistellung P7S1 Betriebsvereinbarung

Die Käuferin wird P. oder, auf Verlangen der P., die mit P. im Sinne von §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen (nachfolgend "P. Gruppe" genannt) von der Inanspruchnahme durch Arbeitnehmer der d. und d,/v. aus der P. Betriebsvereinbarung freistellen, sofern und soweit die Ansprüche nicht vor dem Stichtag entstanden sind oder die Betriebsenderungen nach §§ 111 BetrVG nicht vor dem Stichtag stattfanden."

Über das Vermögen der d. GmbH wurde am 01.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem Betriebsrat am 01.11.2004 einen Interessenausgleich und Sozialplan ab. Dessen § 2 lautet:

"§ 2 Frühere Vereinbarungen

Es wird vorsorglich vereinbart, dass frühere Vereinbarungen, die dieser Vereinbarung entgegenstehen, außer Kraft treten. Unberührt hiervon bleibt die Betriebsvereinbarung zwischen der P. AG und dem Betriebsrat der d. GmbH vom 07.12.2000."

Am 04.12.2004 schloss die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter einerseits und der P. GmbH andererseits einen sog. dreiseitigen Vertrag, demzufolge des Arbeitsverhältnis der Klägerin einvernehmlich zum 05.11.2004 aus betriebsbedingten Gründen enden und die Klägerin mit Wirkung vom 06.11.2004 in ein bis 30.04.2005 befristetes Arbeitsverhältnis eintreten sollte. § 1 Ziffer 1.3 des dreiseitigen Vertrages enthält folgende Bestimmung:

1.3 Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem bis zum Ablauf des 05.11.2004 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber und anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Diese Erledigung gilt ausdrücklich nicht für Lohn- und Gehaltsansprüche bis zum Ablauf des 05.11.2002, ggf. bestehende Ansprüche aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere sowie Ansprüche des Arbeitgebers wegen ausgereichter Arbeitgeber-Darlehen oder Überlassung firmeneigener Gegenstände.

Laut Pressemeldungen vom 08.11.2004 übernahm die A. AG die d. GmbH im Rahmen einer sog. übertragenden Sanierung.

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 14.826,18 €.

Sie hat im ersten Rechtszug vorgebracht, sie habe aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 (im folgenden auch "P.-Sozialplan" oder "Sozialplan" genannt) unmittelbar Anspruch auf Zahlung der Abfindung gegenüber der Beklagten. Es handele sich um einen Rahmensozialplan, der alle Betriebsänderungen bei der Beklagten und deren Tochtergesellschaften während der Laufzeit umfasse. Dies werde aus dem Titel des Sozialplans deutlich. Die Klägerin erfülle alle in Ziffer 1.1 des Sozialplans genannten Voraussetzungen. Die Abfindung sei nicht ausschließlich die Folge der Verschmelzung der beteiligten Unternehmen trotz der Präambel des Sozialplans. Die sozialplanpflichtige Betriebsänderung liege hier im Verkauf einer unterkapitalisierten GmbH. Infolge eines von der Beklagten verursachten strukturellen Defizits sei die Insolvenz der im Herbst 2003 veräußerten d. GmbH nur eine Frage der Zeit gewesen. Die Auslagerung der Tochtergesellschaft aus dem Konzern, d.h. der Inhaberwechsel, sei eine Betriebsänderung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich auch aus Treu und Glauben nicht weigern, ihren Verpflichtungen aus dem Sozialplan nachzukommen, denn sie habe seit 1999 mehrere Patronatserklärungen abgegeben, die auch Bestandteil der Verkaufsunterlagen an das Management gewesen seien. Auch habe ein Vertreter der Beklagten, deren Bereichsleiter Personal, den Arbeitsvertrag der Klägerin unterzeichnet.

Die Klägerin hat betont, der Anwendung des Sozialplans stehe nicht entgegen, dass ihr Arbeitgeber seit der Veräußerung der d. GmbH im Jahr 2003 keine Tochtergesellschaft der Beklagten mehr gewesen sei. Denn eine dauerhafte Konzernzugehörigkeit werde nirgendwo als Voraussetzung für die Anwendung des Sozialplans gefordert. Nach der von der Klägerin im ersten Rechtszug geäußerten Auffassung haftet die Beklagte gesamtschuldnerisch aus den Verpflichtungen des Sozialplans. Der Insolvenzsozialplan schließe diese Haftung nicht aus. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verfristet, weil die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist die Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen nicht erfasse.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.826,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat dies damit begründet, dass die Klägerin nie Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen sei. Diese sei aus dem Sozialplan nur gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern verpflichtet. Sie habe die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nur in Vertretung ihrer Tochterunternehmen abgeschlossen. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 bestehe rechtlich gesehen aus fünf einzelnen Betriebsvereinbarungen, die in einer Urkunde zusammengefasst seien. Eine Betriebsvereinbarung zwischen der Muttergesellschaft und dem Betriebsrat einer Tochtergesellschaft sei gemäß § 77 BetrVG nicht möglich, weil es insoweit an der Rechtsfähigkeit der Betriebsparteien fehle.

Nach der von der Beklagten im ersten Rechtszug geäußerten Auffassung ist der persönliche und sachliche Geltungsbereich des P.-Sozialplans für die Klägerin nicht eröffnet, weil die d. GmbH nur bis 07.09.2002 zum P.-Konzern gehört habe, die Klägerin im Zeitpunkt des behaupteten Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr Arbeitnehmerin einer Konzern-Tochtergesellschaft gewesen sei, weil vom Sozialplan lediglich Restrukturierungen im Zusammenhang mit der Integration der Senderfamilie - Standortverlagerungen oder Umzüge - erfasst seien, nicht aber die Stilllegung der d. GmbH im Rahmen einer Insolvenz, und weil schließlich durch den Insolvenzsozialplan vom 01.11.2004 die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ihre Wirkung verloren habe. Eine Geltung beider Kollektivregelungen nebeneinander sei nicht möglich. Auch stelle ein Gesellschafterwechsel für sich genommen keine Betriebsänderung dar.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug weiter vorgebracht, der geltend gemachte Anspruch sei durch die Verzichtsklausel im dreiseitigen Vertrag vom 03.12.2004 ausgeschlossen. Auch habe die Klägerin aufgrund des Erwerbs des Geschäftsbetriebs der d. GmbH durch die S. Beteiligungsgesellschaft A. AG seinen Arbeitsplatz gemäß § 613a BGB nicht verloren. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB scheide aus, weil diese Vorschrift auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar sei.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 23.03.2006, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug ergänzend Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, weil die Beklagte aus der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 lediglich ihren eigenen Arbeitnehmern gegenüber, nicht jedoch den Arbeitnehmern der Tochterunternehmen gegenüber verpflichtet sei. Mit der genannten Betriebsvereinbarung hätte rechtlich gesehen insgesamt vier Arbeitgeberinnen mit den in ihren Betrieben bestehenden Betriebsräten eine inhaltsgleiche Betriebsvereinbarung geschlossen, wobei die Beklagte zugleich in Vertretung ihrer Tochterunternehmen gehandelt habe. Vertragspartner einer Betriebsvereinbarung seien gemäß § 77 Abs. 1 und 2 BetrVG Betriebsrat und Arbeitgeber, soweit sie einander im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn gegenüber stünden. Dementsprechend gelte die vom Betriebsrat der d. GmbH abgeschlossene Betriebsratsvereinbarung räumlich nur für diejenige Organisationseinheit, für die der Betriebsrat gewählt sei. Rechtswirkungen entfalte die Betriebsvereinbarung also nur für die nach Betriebsverfassungsrecht füreinander zuständigen Betriebspartner. Die Klägerin als ehemalige Arbeitnehmerin eines Tochterunternehmens der Beklagten könne daher aus der genannten Betriebsvereinbarung keine Rechte gegenüber der Beklagten herleiten. Die Passivlegitimation der Beklagten scheide auch deshalb aus, weil der Sozialplan gemäß § 1 für Arbeitnehmer/innen des Unternehmens gelten solle, die während der Laufzeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis "mit dem Unternehmen" stehen. Die Klägerin habe jedoch nicht in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden. Die Bestimmung in § 17 Ziffer 17.9 der Betriebsvereinbarung, wonach unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne des Sozialplans der Konzern P. AG zu verstehen sei, mache lediglich deutlich, welche Arbeitgeberinnen zu den Verpflichteten dieser Betriebsvereinbarung gehörten, treffe jedoch keine Aussage darüber, wer Schuldner der versprochenen Sozialplanleistungen sei.

Aus Absatz 2 der Präambel ergebe sich auch, dass die Beklagte nicht über ihre Verpflichtungen gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern hinaus eine originäre vertragliche Bindung gegenüber den Betriebsräten ihrer Tochterunternehmen habe eingehen wollen. Selbst wenn ein entsprechender Wille bestanden hätte, wäre eine solche Vereinbarung unwirksam gewesen mangels Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im allgemeinen zivilrechtlichen Sinn. Dieser könne nicht in eigenen Namen mit Dritten Geschäfte abschließen; nur gegenüber dem eigenen Arbeitgeber könnten Ansprüche entstehen. Eine Haftung der Beklagten nach § 179 Abs. 1 BGB scheide schon deshalb aus, weil der Anspruch auf Erfüllung oder Schadenersatz dem "anderen Teil", hier also dem Betriebsrat der d. GmbH, und nicht der Klägerin selbst zustehe. Darüber hinaus seien keine hinreichenden Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber den Arbeitnehmern ihrer Tochterunternehmen eine Art Garantieerklärung oder Bürgschaft für die sich aus dem Sozialplan ergebenden Zahlungsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgebern habe übernehmen wollen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 02.04.2006 zugestellte Endurteil vom 23.03.2006 mit einem am 27.04.2006 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit einem am 03.07.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor, dem Sozialplan vom 07.12.2000 sei der eindeutige Wille der Beklagten zu entnehmen, alle Arbeitnehmer des Konzerns abzusichern und dafür einstehen zu wollen. Das Arbeitsgericht habe den Begriff des Arbeitgebers zu eng gesehen. Entscheidend sei die Zuständigkeit des Betriebsrats. Die Beklagte habe sich gegenüber allen Betriebsräten und damit allen Arbeitnehmern der Betriebe verpflichten wollen. Aus der Definition des Unternehmens in § 17 Ziffer 9 des Sozialplans ergebe sich, dass die Beklagte auf der Arbeitgeberseite Vertragspartner habe sein wollen. Für eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht der Beklagten als Vertreterin der d. GmbH bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 fehle ein entsprechender Vortrag.

Nach Auffassung der Klägerin ist der Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 eröffnet, da die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis mit dem "Unternehmen" im Sinne von § 1 des Sozialplans gestanden sei. Der Verlust deren Arbeitsplatzes sei auf den Verkauf der d. GmbH im Jahr 2003 zurückzuführen. Nach dem Sozialplan könne ein Arbeitsplatz auch später wegfallen. § 6 Ziffer 11 des Sozialplans sehe sogar Abfindungen an bereits Ausgeschiedene vor.

Jedenfalls kann die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nach Auffassung der Klägerin in eine Gesamtzusage umgedeutet werden. Die Beklagte habe eine Art Garantieerklärung im Sinne einer Haftung für jeden Arbeitnehmer des Konzerns abgegeben. Die Patronatserklärung in § 11 des Kaufvertrags vom 08.09.2003 sei hierfür ein Indiz.

Schließlich ergibt sich nach Ansicht der Klägerin eine Haftung der Beklagten auf Zahlung der Sozialplanabfindung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten. Denn die Beklagte habe alle Arbeitnehmer sozial absichern wollen.

Die Klägerin beantragt deshalb,

das Urteils des Arbeitsgerichts München vom 23.03.2006 "aufzuheben" und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, ferner, die Beklagte zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 enthalte keine Vereinbarung der Beklagten mit dem Betriebsrat der d. GmbH, sondern Betriebsvereinbarungen der Konzernunternehmen mit den jeweiligen Betriebsräten, die aus Praktikabilitätsgesichtspunkten in einer Urkunde zusammengefasst worden seien. Hierbei hätten der Vorstandsvorsitzende der Beklagten U. sowie das Vorstandsmitglied L. in Vertretungsbefugnis für "sämtliche" Tochtergesellschaften gehandelt.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialplanabfindung im Falle der Klägerin nicht gegeben seien, weil deren Arbeitgeberin aus dem Konzern ausgegliedert worden sei und der Sozialplan nur Betriebsänderungen erfassen wolle, die im Zusammenhang mit der Fusion stünden. Die Beklagte habe die d. GmbH nicht stillgelegt.

Die von der Klägerin angenommene "Multiplizierung" des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitgebers werde von der ganz herrschenden Meinung in der Literatur zu Recht abgelehnt.

Auch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ergibt sich der Beklagten zufolge kein Anspruch der Klägerin.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 28.06.2006 und der Beklagten vom 02.08.2006 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 07.09.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht die geltend gemachte Forderung weder auf kollektivrechtlicher noch auf individualrechtlicher Grundlage zu.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Sozialplanabfindung gemäß Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 auf kollektivrechtlicher Grundlage. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1. Die Klägerin kann keine Abfindung gemäß § 6 der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 als einer Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der Beklagten einerseits und dem Betriebsrat der d. GmbH andererseits, verlangen.

Zu Recht hat das Erstgericht ausgeführt, Kollektivvereinbarungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz, insbesondere Betriebsvereinbarungen im Sinne von § 77 Abs. 1 BetrVG, könnten mit Wirkung für und gegen die Arbeitnehmer eines Betriebes nur zwischen dem für diesen Betrieb gebildeten Betriebsrat und dem Inhaber dieses Betriebes als Arbeitgeber geschlossen werden. Denn nur in diesen Grenzen besteht die kollektivrechtliche Regelungs- und Rechtsetzungsmacht der Betriebsparteien. Der Betriebsrat kann nur für die Organisationseinheit, für die er gewählt ist, und für deren Arbeitnehmer Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden treffen; der Arbeitgeber tritt dem Betriebsrat in seiner Eigenschaft als Inhaber und betriebsverfassungsrechtlicher Entscheidungsträger für diesen Betrieb gegenüber. Deshalb hatte die Beklagte gemäß §§ 2 Abs. 2, 77 Abs. 1 BetrVG lediglich die Kompetenz, mit ihrem eigenen Betriebsrat Kollektivvereinbarungen und somit auch die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 zu schließen.

Eine Betriebsvereinbarung mit persönlichem Geltungsbereich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehrerer Unternehmen des P.-Konzerns wäre - worauf die Beklagte bereits im ersten Rechtszug mehrfach hingewiesen hat - nur als Konzernbetriebsvereinbarung möglich gewesen. Eine solche scheidet jedoch mangels Existenz eines Konzernbetriebrats zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 aus. Dem trägt auch § 18 Ziffer 18.3 der Betriebsvereinbarung Rechnung. Die von der Klägerin angenommene Erweiterung des Arbeitgeberbegriffs in der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 bzw. die der Auffassung der Klägerin zugrunde liegende Vervielfältigung des Vertragspartners ein und derselben Betriebsvereinbarung auf Betriebsratsseite finden im geltenden Recht keine Stütze.

Nach allem konnte sich die Beklagte nicht im Wege des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 gegenüber dem Betriebsrat der d. GmbH verpflichten, deren Arbeitnehmern Sozialplanleistungen, insbesondere Abfindungen, zu gewähren.

2. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf die geltend gemachte Abfindung aufgrund einer zwischen der Beklagten und deren eigenem Betriebsrat getroffenen Kollektivvereinbarung in Gestalt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in Betracht.

Denn auch dadurch würden kollektivrechtliche Ansprüche - mit unmittelbarer und zwingender Wirkung gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG - für Arbeitnehmer anderer Betriebe und eines anderen Arbeitgebers begründet. Auch dem Betriebsrat der Beklagten und dieser selbst fehlt hierzu die kollektivrechtliche Regelungsmacht. Erstgericht und Beklagte haben mit Recht auf die beschränkte Rechtsfähigkeit des Betriebsrats hingewiesen.

3. Dagegen kann sich ein Sozialplansabfindungsanspruch gemäß § 6 der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 daraus ergeben, dass diese Betriebsvereinbarung rechtlich gesehen ein Bündel von Betriebsvereinbarungen mit identischem Wortlaut enthält, geschlossen jeweils zwischen der Beklagten sowie den beteiligten Tochterunternehmen einerseits und jedem einzelnen Betriebsratsgremium des betreffenden Unternehmens andererseits. Ein solches "Sozialplanbündel" hat das Erstgericht zutreffend angenommen.

Dafür spricht schon die Bezeichnung auf dem Deckblatt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 "Betriebsvereinbarung zwischen der P. AG und deren Tochterunternehmen und den Betriebsräten der P. AG und deren Tochterunternehmen". Schon die Nennung der Beklagten und deren Tochterunternehmen einerseits sowie der Betriebsratsgremien - im Plural - zeigt, dass entgegen der Auffassung der Klägerin nicht eine einzige Betriebsvereinbarung vorliegt, sondern mehrere, die in einer Urkunde zusammengefasst sind. Diese Annahme wird bestärkt durch die Gestaltung des Rubrums unter der Überschrift "Sozialplan", wo wiederum die P. AG und deren Tochtergesellschaften, sämtlich vertreten durch den Vorstand der P. AG genannt sind, ferner die Betriebsräte der P. AG und deren Tochtergesellschaften, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzenden - nachstehend: Betriebsräte genannt. Auch in Absatz 2 der Präambel ist von Arbeitgeber und "Arbeitnehmervertretungen" die Rede.

Aus alledem ergibt sich eindeutig die Annahme, dass hier gleichlautende Betriebsvereinbarungen geschlossen wurden. Dem steht die Sammelbezeichnung der Beklagten und deren Tochterunternehmen als "Unternehmen" in der Betriebsvereinbarung - insbesondere in § 17 Ziffer 17.9 - nicht entgegen. Es handelt sich hier offensichtlich eine sprachliche Vereinfachung zur Vermeidung der Wiederholung der Wendung "P. AG und deren Tochtergesellschaften".

Allerdings scheidet ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aufgrund der zwischen ihrer damaligen Arbeitgeberin - der d. GmbH - und deren Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 von vornherein aus, weil sich die Ansprüche aus dieser Betriebsvereinbarung aus den oben (zu 1. und 2.) genannten Gründen nur gegen die eigene Arbeitgeberin der Klägerin richten können. Die Beklagte ist insoweit nicht passivlegitimiert.

Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin scheidet ein solcher Anspruch schon deshalb aus, weil dem Vorstand der P. AG die Vertretungsmacht gefehlt habe, für die d. GmbH zu handeln.

Allenfalls ansatzweise denkbar wäre es, dass durch Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der d. GmbH und deren Betriebsrat den Arbeitnehmern dieser Gesellschaft unmittelbar Sozialplanansprüche verschafft werden sollten aufgrund eines "Sozialplans zu Lasten eines Dritten" - der Beklagten -, verbunden mit einer Art Einstands-, Garantie- oder Haftungsübernahmeerklärung der Beklagten.

Dafür fehlen indes aufgrund der geschilderten klaren Struktur der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 als eines Bündels gleichlautender Betriebsvereinbarungen jegliche Anhaltspunkte. Dass die Beklagte und der Betriebsrat der d. GmbH oder die anderen Betriebsratsgremien diese Konstruktion für nicht ausreichend gehalten hätten und deshalb die Konzernmuttergesellschaft eine kollektiv-rechtlich begründete Mithaftung oder Einstandspflicht hätte übernehmen wollen, ist nicht ersichtlich. Im übrigen scheidet eine solche Konstruktion nach dem eigenen Vortrag der Klägerin schon deshalb aus, weil die Grundlage für eine solche Mithaftung bzw. Einstandspflicht eine wirksame Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der d. GmbH und ihrem Betriebsrat, wäre, dies jedoch mangels Vertretungsmacht des Vorstandes der Beklagten für die d. GmbH ausscheiden soll.

4. Auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB als Mitinhaberin eines gemeinschaftlichen Betriebes scheidet aus. Hierzu fehlt es an einem Tatsachenvortrag der Klägerin. Die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages der Klägerin durch einen personalverantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten reicht insoweit nicht aus.

5. Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin auch nicht zur Zahlung der Abfindung in entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB verpflichtet.

Zwar kann entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bei einem Vertrag zugunsten Dritter, als der ein Sozialplan angesehen werden kann, der "andere Teil" im Sinne von § 179 Abs. 1 BGB auch der Dritte sein (vgl. Palandt/Heinrichs, 64. Aufl., § 179 Rdn. 5 mit Rechtsprechungs-Nachweisen).

Eine Haftung der Beklagten auf Zahlung der Abfindung ergibt sich jedoch auch dann nicht aus § 179 Abs. 1 BGB, wenn man den Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe keine Vertretungsmacht zum Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 mit Wirkung für und gegen die d. GmbH gehabt, als zutreffend unterstellt. Denn die Rechtswirkungen einer Betriebsvereinbarung sind in § 77 BetrVG abschließen geregelt. Dies schließt eine unmittelbare Haftung eines dritten Unternehmens als vollmachtloser Vertreter auf Erfüllung oder Schadenersatz in Bezug auf eine - gerade nicht zustande gekommene - Betriebsvereinbarung aus. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin für richtig gehaltene Anwendung dieser Vorschrift systemfremd sei.

6. Dies gilt entsprechend für die von der Klägerin hilfsweise angenommene Haftung aus Rechtsscheinsgrundsätzen, soweit es sich um eine kollektivrechtlich begründete Haftung handeln soll.

Die Klägerin meint, die Beklagte habe gegenüber den Betriebsratsgremien und den Arbeitnehmern den Eindruck erweckt, es werde zugunsten der Arbeitnehmer der Tochterfirmen eine (auch) kollektivrechtlich begründete Anspruchsgrundlage für die Zahlung der Sozialplanleistungen durch die Beklagte - und nicht die Tochtergesellschaften - geschaffen. Ein solches Verhalten der Beklagten ergibt sich jedoch auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht. Die Verhandlungsführung durch die Beklagte auf Arbeitgeberseite in Bezug auf die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 zwingt nicht zu der Annahme, dass die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, sie selbst - und nicht die jeweilige Tochtergesellschaft - solle alleinige Schuldnerin der Sozialplanleistungen sein. Dass die Beklagte über die möglichen und zulässigen betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsformen hinaus und entgegen der sodann gewählten Gestaltung eines Bündels gleichlautender Betriebsvereinbarungen den Eindruck zu erwecken suchte, die Arbeitnehmer auch der Tochtergesellschaften könnten sich an sie selbst als Muttergesellschaft wenden, um ihre Sozialplanansprüche durchzusetzen, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte mag auf der Arbeitgeberseite für alle beteiligten Unternehmen den Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in den Einzelheiten bestimmt haben. Dies ist in einem straff geführten Konzern nichts Ungewöhnliches. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse im Sinne der Übernahme einer entsprechenden unmittelbaren Zahlungs- oder Einstandspflicht ziehen, zumal dann, wenn eine solche im Widerspruch zu den betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten steht.

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich allenfalls, dass die Beklagte durchgehend deutlich gemacht hat, sie werde dafür sorgen, dass die in der abzuschließenden und sodann abgeschlossenen Betriebsvereinbarung geregelten (Sozialplan-)Ansprüche bedient werden können. Nichts anderes ergibt sich letztlich aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000. Damit ist jedoch lediglich gesagt, dass die Beklagte ihre Tochterunternehmen ggf. so finanziell ausstatten werde, dass die Sozialplanabfindungen bezahlt werden könnten. Nicht gesagt ist damit, dass die Beklagte selbst den Arbeitnehmern auf Zahlung dieser Ansprüche haften wolle.

Im Übrigen würde dieser Rechtsschein nach Übernahme der Geschäftsanteile der d. GmbH durch die S. Beteiligungs-GmbH mit Kaufvertrag vom 08.09.2003 nicht mehr wirken. Denn von diesem Zeitpunkt an war die d. GmbH keine Tochtergesellschaft der Beklagten mehr im Verbund des P.-Konzerns. Einen Rechtsschein dahin, dass die Beklagte für die Zahlung von Sozialplanabfindungen durch nichtkonzernangehörigen Unternehmen gutstehen wolle, hat sie jedoch nicht erzeugt. Eine solche Wirkung ergibt sich nach dem oben Ausgeführten auch nicht aus der Freistellungsklausel in § 11 des Kaufvertrages vom 08.09.2003. Insoweit handelt es sich lediglich um eine rein vorsorgliche Klausel, die ausschließlich die Käuferin absichern, nicht jedoch den Arbeitnehmern der d. GmbH gegenüber Zahlungspflichten begründen will.

Im Übrigen stellt entgegen der Annahme der Klägerin ein bloßer Gesellschafter- oder Inhaberwechsel für sich genommen keine Betriebsänderung dar.

7. Für eine Durchgriffshaftung der Beklagten gegenüber den Arbeitnehmern der d. GmbH auf Zahlung der Sozialplanabfindungen (vgl. aus der umfangreichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof und des Bundesarbeitsgerichts: BAG vom 24.11.2004, Az. 8 AZR 1/05; BAG vom 14.12.2004, Az. 1 AZR 504/03; BAG vom 31.07.2002, Az. 10 AZR 420/01; BAG vom 08.09.1998, Az. 3 AZR 185/97; BAG vom 10.02.1995, Az. 5 AZR 677/97; BGH vom 14.11.2005, Az. II ZR 178/03) ist nichts dargetan und auch nichts ersichtlich. Die bloße Pauschal-Behauptung, die Beklagte habe ein Unternehmen mit von ihr verursachtem strukturellem Defizit veräußert, reicht insoweit nicht aus.

II.

Auch auf individualrechtlicher Grundlage ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht.

1. Er ergibt sich zum einen nicht aus einer - ggf. konkludenten - individualvertraglichen Übernahme einer Garantie- oder Einstandspflicht in Bezug auf die Erbringung der Sozialplanansprüche, wie sie in der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 geregelt sind.

Dass die Beklagte über die Begründung von Ansprüchen ihrer Arbeitnehmer auf kollektivrechtlicher Grundlage hinaus jedem einzelnen Arbeitnehmer einer der Tochtergesellschaften gegenüber einzelvertragliche Ansprüche zubilligen wollte, ist nicht ersichtlich. Für einen solchen einzelvertraglichen Verpflichtungswillen fehlen konkrete Anhaltspunkte. Für die Übernahme der behaupteten Garantie- oder bürgschaftsrechtlichen Verpflichtung gegenüber den Arbeitnehmern der Konzerngesellschaften fehlt somit die erforderliche Tatsachengrundlage.

Ein unmittelbarer individualvertraglicher Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einer Umdeutung der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in eine Gesamtzusage gegenüber den Arbeitnehmern der d. GmbH und der sonstigen Tochtergesellschaften.

Eine solche Umdeutung nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen (vgl. z.B. BAG vom 29.10.2002, Az. 1 AZR 573/01) scheitert schon daran, dass hier keine unwirksamen Kollektivvereinbarung vorliegt, sondern ein wirksames Bündel von Betriebsvereinbarungen, so dass für die Annahme, der Arbeitgeber habe sich im Falle der kollektivrechtlichen Unwirksamkeit jedenfalls individualrechtlich gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern verpflichten wollen, kein Anlass besteht. Die Beklagte - und ihre Tochtergesellschaften - gingen zu Recht davon aus, dass für die Begründung wirksamer Sozialplanansprüche der Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 (genauer: der Abschluss gleichlautender Betriebsvereinbarungen) genüge.

Dass die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in § 1 Ziffer 1.2 und § 16 Sonderreglungen in Bezug auf die diejenigen Arbeitnehmer enthält, die zum D. (gleich: D. GmbH) wechseln, die beim Abschluss der Betriebsvereinbarung nicht beteiligt war, ändert nichts daran, dass ein - ggf. hypothetischer - individualrechtlicher Verpflichtungswille der Beklagten fehlt. Denn nach dem Inhalt der genannten Sonderregelungen handelt es sich auch bei diesen Arbeitnehmern um solche, die unter den persönlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung(en) fallen.

2. Aus demselben Grunde - fehlen eines individualrechtlichen Verpflichtungswillens - scheidet ein Anspruch der Klägerin aus einem zwischen der Beklagten und der d. GmbH geschlossenen Vertrag zugunsten Dritter aus.

Dies folgt auch daraus, dass die Beklagte und die d. GmbH nicht auf zwei Seiten eines individualrechtlichen Vertrags einander gegenüberstehen, sondern jeweils auf einer Seite - der Arbeitgeberseite - der Betriebsvereinbarung(en) vom 07.12.2000.

3. Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch in individualrechtlicher Hinsicht auf Rechtsscheingrundsätze stützen will, gilt das oben (zu 1.6) Ausgeführte entsprechend. Die Beklagte hat allenfalls den Eindruck erweckt, sie werde ihre Tochtergesellschaften so ausstatten, dass diese den Sozialplan würden bedienen können. Dagegen hat sie nicht den Eindruck erweckt, sie wolle selbst entsprechende Verpflichtungen als unmittelbar Haftende übernehmen.

III.

Da die Beklagte nach allem nicht passivlegitimiert ist, kann dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abfindungszahlung gegeben sind.

Dies indes nicht der Fall, weil die Arbeitgeberseite nach dem Inhalt des Sozialplans nur Zahlung von Abfindungen verpflichtet sein soll, wenn ein Arbeitnehmer aus ihren eigenen Diensten oder aus denjenigen eines Unternehmens, das im Zeitpunkt des Ausscheidens (noch) zum P.-Konzern gehört, ausscheiden würde. Dies ist im Falle der d. GmbH seit 08.09.2003 nicht mehr der Fall. Dafür, dass die Betriebsvereinbarung allen Arbeitnehmern zu Ansprüchen verhelfen sollte, die einem Unternehmen zugehören, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 konzernzugehörig war - es aber im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglicherweise nicht mehr sein würde - fehlt jeder Anhaltspunkt. Ein so weites Verständnis wird - trotz des von der Klägerin herangezogenen Wortlauts des § 1 Ziffer 1.1 der Betriebsvereinbarung ("und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG ... wegfällt") - vom Zweck der Regelung, wie er vor allem in der Präambel zum Ausdruck kommt, nicht mehr gedeckt. Vielmehr will die Betriebsvereinbarung Leistungen zum Ausgleich lediglich derjenigen Nachteile gewähren, die im Zuge der Verschmelzung der P. AG mit der S. GmbH zur P. AG entstehen. Mit dem Ausscheiden eines Tochterunternehmens, hier der d. GmbH, aus dem P.-Konzern ist die ratio der Gewährung von Leistungen aus der genannten Betriebsvereinbarung entfallen.

Nicht zuletzt ist die Klägerin - wenn sie aufgrund des dreiseitigen Vertrages vom 03.12.2004 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und dieses nicht aufgrund der Übernahme der d. GmbH durch die A. AG gemäß § 613a BGB aufrecht erhalten geblieben ist nicht aufgrund einer Betriebsänderung ausgeschieden, die im weitesten Sinne mit der Gründung der "Senderfamilie" zu tun hat, sondern aufgrund eines in der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nicht mitbedachten und geregelten Falles - der Insolvenz der d. GmbH. Die Präambel der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ist nach allem Auslegungsrichtlinie für die einzelnen nachfolgenden Bestimmungen.

Die Frage eines Nebeneinanders der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 und des Insolvenzsozialplans vom 01.11.2004 bzw. der Ablösungswirkung der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2000 durch den Insolvenzsozialplan stellt sich somit nicht.

IV.

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

V.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG) zugelassen. Auf die nachfolgenden Hinweise wird verwiesen.

Ende der Entscheidung

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