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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 689/06
Rechtsgebiete: BetrAVG, BGB


Vorschriften:

BetrAVG § 1
BGB § 611
1. Sagt der Arbeitgeber Arbeitnehmern im Wege der Gesamtzusage Leistungen widerruflich zu, kann auch der Widerruf durch Gesamtzusage erfolgen.

2. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie in einer Weise bekannt gemacht werden, die den Arbeitnehmern typischerweise eine Kenntnisnahme ermöglichen. Auf eine tatsächliche Kenntnisnahme durch die betroffenen Arbeitnehmer kommt es nicht an. (im Anschluss an BAG 24.01.2006, Az 3 AZR 583/04)


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 689/06

Verkündet am: 19. Oktober 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter von Wildmoser und Schelhas für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 09.10.2003 - 4 Ca 55/01 - in Ziffern 1 und 2 geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger betriebliche Altersversorgung weiter nach Richtlinien aus dem Jahr 1962 zu gewähren oder ob diese zwischenzeitlich wirksam abgelöst wurde.

Der am 11.02.1940 geborene Kläger war seit 01.05.1965 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern als Vermessungsingenieur zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 9.250,00 DM beschäftigt. Seit Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente zum 01.03.2001 ist das Arbeitsverhältnis beendet.

Nach einer mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen "Betriebsvereinbarung Nr. 2" vom 15.06.1956, die ohne inhaltliche Änderung durch eine "Betriebsvereinbarung Nr. 2" vom 15.03.1957 ersetzt wurde, konnte eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach einmaliger freier Wahl des Arbeitnehmers erfolgen durch Überversicherung bei der Angestelltenversicherung (BfA), Abschluss einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluss einer 10 prozentigen Rentenzahlung bei vorzeitiger Invalidität (Allianz) oder Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), wobei die Beträge mit 2/3 vom Arbeitgeber und einem 1/3 vom Arbeitnehmer getragen wurde. Diese Regelungen sind in "Richtlinien ... für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenzuwendungen an ständige Arbeiter und Angestellte" vom 18.07.1962 näher erläutert, wobei das Gesamtruhegeld eines Betriebsangehörigen nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit 50 % des durchschnittlichen Monatsarbeitsverdienstes der letzten 12 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles betragen und für jedes weitere volle Dienstjahr um 1 % bis zum 35. Dienstjahr, somit bis zum Höchstsatz von 75 % steigen sollte. Zur Berechnung der Ruhestandszuwendung des Arbeitgebers sollten vom Gesamtruhegeld abgesetzt werden die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie nicht auf freiwilligen Beträgen beruhten, an denen sich der Arbeitgeber nicht beteiligt hatte, ferner die Renten aus der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversicherung bei der VBL. Nach § 8 der genannten Richtlinien sollten diese jederzeit geändert werden können, wenn grundsätzliche Änderungen der in den Rentenversicherungsgesetzen oder den Satzungen der VBL festgelegten Vorschriften für die Beitrags- und Rentenbemessung dies erforderlich machten.

Die "Betriebsvereinbarung Nr. 2" des Jahres 1957 wurde mit Wirkung vom 01.03.1964 durch eine "Betriebsvereinbarung Nr. 2" vom 04.03.1964 ersetzt, die wiederum ein einmaliges freies Wahlrecht des Arbeitnehmers vorsah zwischen der Überversicherung bei Angestelltenversicherung (BfA), dem Abschluss einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluss einer 10 prozentigen Rentenzahlung bei vorzeitiger Invalidität (Allianz) oder der Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), wobei die Beträge wiederum zu 2/3 vom Arbeitgeber und 1/3 von Arbeitnehmer getragen werden sollten. Der Kläger entschied sich auf der Basis dieser Betriebsvereinbarung für eine Versicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Diese Anstalt stellte ihr Versorgungssystem zum Jahr 1967 auf eine Gesamtversorgung um. Seitdem regelt § 65 Abs. 6 der Satzung, dass die Zusatzrente ruht, soweit der Arbeitnehmer Versorgungs- und versorgungsähnliche Bezüge vom Arbeitgeber erhält. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten befürchtete deshalb, dass trotz erheblicher Beiträge des Arbeitgebers zur VBL aufgrund der in den Richtlinien 1962 geregelten betrieblichen Altersversorgung die Ansprüche der Mitarbeiter auf Gesamtversorgung gemäß diesen Richtlinien vorrangig seien, dass sie mithin eine entsprechende betriebliche Altersversorgung gewähren müsste, obwohl gerade für eine solche zusätzliche Versorgung mit ihren Beiträgen die Zusatzversicherung bei der VBL aufgebaut wurde, die ihrerseits wegen der Ruhens-Regelung nicht zum Tragen käme. Dies hätte dazu geführt dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin die entsprechenden Beiträge zur VBL insoweit vergebens aufgewandt hätte.

Auf diese Änderung reagierten zunächst weder die Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. die Betriebsparteien noch die Tarifparteien. Erst mit Tarifvereinbarung vom 17.11.1973 wurde (in § 2) bestimmt, dass die Rechtsvorgängerin den Arbeitnehmer bei der VBL im Rahmen der Pflichtversicherung so zu versichern hat, dass der Arbeitnehmer eine Anwartschaft auf eine dynamische Versorgungsrente (Gesamtversorgung) für sich und seine Hinterbliebenen erwerben kann. Dementsprechend besagt die "Betriebsvereinbarung Nr. 2" in der Fassung vom 29.11.1973 in § 3, dass die Zusatzversicherung bei der VBL (Gesamtversorgung) in der Tarifvereinbarung vom 07.11.1973 gesondert geregelt ist. Ansonsten entsprechen die Regelungen der Betriebsvereinbarung vom 29.11.1973 in den hier wesentlichen Punkten den Bestimmungen der Vorgänger-Betriebsvereinbarungen.

In einer Hausmitteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 03.12.1974 (Nr. 35/74) wurde das System der betrieblichen Altersversorgung nach dieser Änderung erläutert. Im 5. Absatz dieser Hausmitteilung, deren Zugang beim Kläger streitig ist, wird darauf hingewiesen, dass die Richtlinien zwar ergänzend für die Höherversicherung und die Kapitalversicherung, nicht jedoch für die VBL-Gesamtversorgung gälten; letzteres ergebe sich einerseits aus der VBL-Satzung und andererseits aus dem Charakter der VBL-Versicherung als volldynamischer Gesamtversorgung. Allerdings wurde diese Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs der Altersversorgungsrichtlinien im Text der Richtlinien erst unter dem 22.12.1980 durch eine entsprechende Neufassung umgesetzt, indem in § 1 Abs. 3c bestimmt ist, dass die Richtlinien nicht für Arbeitnehmer gelten, für die seitens des Arbeitgebers gemäß Betriebsvereinbarung vom 29.11.1973 eine Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossen wurde.

In der Hausmitteilung Nr. 14/81 vom 18.03.1981, deren Zugang beim Kläger ebenfalls streitig ist, wies die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf die Richtlinienänderung hin. Absatz 3 dieser Hausmitteilung lautet:

"Wir möchten besonders auf § 1 Abs. (3)c) hinweisen, wonach diese Richtlinien für diejenigen Arbeitnehmer unser Gesellschaft nicht gelten, für die eine Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossen wurde."

Mit Wirkung vom 01.01.1985 wurde die VBL-Satzung (erneut) geändert. Der Bruttoversorgungssatz von höchstens 75 % wurde beibehalten. Es wurde eine Nettoversorgungsobergrenze von höchstens 91,75 % des einzusetzenden Nettoentgelts eingeführt. Der Kläger und die anderen bei der VBL versicherten Arbeitnehmer konnten durch diese Änderung bei der VBL keine Leistungen erreichen, die denen der Richtlinien des Jahres 1962 entsprachen. Die Regelungen für die Arbeitnehmer, die sich nicht für eine Versicherung bei der VBL entschieden hatten und für die die Richtlinien des Jahres 1980 noch anwendbar waren, wurden nicht geändert.

Der Kläger erfuhr durch Kollegen, dass auf Grund der Änderung der Richtlinien im Jahre 1980 die Beklagte den ca. 20 bis 30 Arbeitnehmern, die eine VBL-Versicherung gewählt hatten, die mit den RL 1962 gewährten Ansprüche nicht mehr gewährleistete. Auf seine Nachfragen teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 07.02.2000 mit, sie erkenne lediglich Anwartschaften, die bis zum 01.08.1980 entstanden seien, an. Diese Anwartschaften seien danach auf Grund der geänderten Richtlinien nicht mehr gewachsen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm gegenüber sei mit den Richtlinien 1962 eine vertragliche Zusage erteilt worden, die die Beklagte nie wirksam widerrufen habe. Jedenfalls liege aber ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil Arbeitnehmer, die nicht die VBL-Versorgung gewählt hätten, weiterhin die alte Versorgungshöhe erhielten.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass ihm bzw. ggf. seinen Hinterbliebenen zusätzliche, betriebliche Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuwendung nach Maßgabe der Richtlinien der pp. AG für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuwendung vom 18.07.1962 zustehen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, durch die Mitteilung der RL 1980 sei eine Teilkündigung erfolgt, die nach damaligen Recht wirksam gewesen sie und mangels Kündigungsschutzklage entsprechend §§ 4, 7 KSchG Wirkung entfalte. Jedenfalls habe sie mit den neu gefassten Richtlinien die alten Richtlinien wirksam widerrufen. Das sei auch gerechtfertigt gewesen, da sie nicht die vollen Kosten für die Betriebsrente des Klägers habe tragen wollen, obwohl sie gleichzeitig Beiträge zur VBL abgeführt habe. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht München hat die Klage auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 07.10.2004 - 3 Sa 1400/03 - abgewiesen, weil die mit den Richtlinien vom 18.07.1962 dem Kläger in Form einer Gesamtzusage gegebenen Altersversorgungszusage mit einem Bruttoversorgungssatz von maximal 75 % durch die Richtlinien vom 22.12.1980 wirksam widerrufen worden und für diesen Widerruf ein Zugang bei jedem einzelnen Arbeitnehmern, also auch dem Kläger, nicht erforderlich sei. Ausreichend sei vielmehr die im Unternehmen übliche Bekanntgabe. Der Widerruf habe billigem Ermessen entsprochen und verstoße nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrund-satz. Schließlich ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus Schadenersatzgesichtspunkten.

Auf die Revision des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24.01.2006 - 3 AZR 583/04 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 07.10.2004 aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es hat ausgeführt, dass die durch die Richtlinie 1962 begründeten Ansprüche des Klägers nach den Vereinbarungen der Parteien aufgrund der Neufassung der Versorgungszusage durch die Richtlinien 1980 zu Lasten des Klägers geändert werden konnten. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sei jedoch nicht klärbar, ob diese neu gefassten Richtlinien Vertragsbestandteil geworden sind. Da der Widerruf von Gesamtzusagen wiederum durch Gesamtzusage erfolgen könne, komme es vorliegend darauf an, ob die Hausmitteilung Nr. 14/81 vom 18.03.1981 im Betrieb so bekannt gemacht worden sei, dass der Kläger davon typischerweise hätte Kenntnis erlangen können. Maßgeblich sei, ob das Rundschreiben in der Betriebsstätte des Klägers in üblicherweise zur Kenntnis gebracht worden sei.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Revisionsverfahren sowie der rechtlichen Erwägungen des Revisionsgerichts wird auf das genannte Urteil des Bundesarbeitsgerichts verwiesen.

In Bezug auf den unstreitigen Sachverhalt und den streitigen Vortrag der Parteien im ersten Rechtszug, die erstinstanzlich gestellten Anträge sowie die rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts wird auf das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 09.10.2003 - 4 Ca 55/01 - verwiesen.

Wegen des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren 3 Sa 1400/03 wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 28.01.2004 und des Klägers vom 15.03.2004 und 15.07.2004 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22.07.2004 verwiesen.

Nach Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht hat die Beklagte vorgetragen, die Hausmitteilung Nr. 14/81 sei betriebsüblich bekannt gemacht worden. Sie sei in der Betriebsstätte des Klägers, dem Neubauamt R. (jetzt: Niederlassung R.), am 31.03.1981 eingegangen, dort wie alle anderen Hausmitteilungen der Hauptverwaltung ins Personal-Journal eingetragen und mit der Personalnummer 193/Pers. bearbeitet worden. Sie sei in dreifacher Kopie an die Außenstellen übersandt worden, des Weiteren sei ein Aushang am schwarzen Brett beim Neubauamt R. erfolgt. Dort sei die Hausmitteilung in den Umlauf gegeben und somit den Bediensteten zur Kenntnis gebracht und nach Umlauf in der zuständigen Akte abgelegt worden. Diese Sachbearbeitung habe die Zeugin S. als damals einzige Personalsachbearbeiterin des Neubauamts Donauausbau R. durchgeführt. Das ergebe sich aus den entsprechenden Eintragungen im Personal-Journal.

Die Beklagte hält an ihrem Antrag fest,

das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 09.10.2003 "aufzuheben", die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten "des Berufungsverfahrens" aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt nach wie vor,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er bringt nach Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Bundesarbeitsgericht vor, der Vortrag der Beklagten zur betriebsüblichen Bekanntgabe der Hausmitteilung Nr. 14/81 sei unsubstantiiert. Die Angaben der Zeugin S. seien nicht aufgrund eigener Erinnerung erfolgt, sondern basierten offensichtlich auf der vorherigen Durchsicht der entsprechenden Passage des Personal-Journals nach Zurverfügungstellung durch die Beklagte. Der Kläger, der sämtliche Angaben der Beklagten zur Sachbearbeitung der genannten Hausmitteilung bestreitet, meint, ggf. könne nur die Anordnung der von der Beklagten vorgetragenen Geschäftsbehandlung bewiesen werden, nicht aber die Durchführung gemäß dieser Anordnung. Vor allem habe Frau S. den Aushang nicht selbst vorgenommen. Dies gelte auch für die Durchführung des Umlaufs, der generell lax gehandhabt worden sei. Alles in allem sei die Hausmitteilung Nr. 14/81 weder in betriebsüblicher Art und Weise in den Umlauf gelangt noch ausgehängt worden.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren 3 Sa 689/06 wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 30.06.2006 und 08.08.2006, des Klägers vom 22.09.2006 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 12.10.2006 verwiesen.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S. und A.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.10.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Die durch die Richtlinien 1962 begründeten Ansprüche des Klägers wurden von der Arbeitgeberin widerrufen und durch eine Versorgungszusage nach Maßgabe der Richtlinien 1980 ersetzt.

Dieser Widerruf war zulässig. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des zurückverweisenden Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 24.01.2006 - 3 AZR 583/04 - verwiesen.

Er wurde zudem in der Betriebsstätte des Klägers in einer Weise bekannt gemacht, die es diesem typischerweise ermöglichte, davon Kenntnis zu nehmen (BAG vom 15.02.2005 - 9 AZR 116/04; BAG vom 10.12.2002 - 3 AZR 92/02; BAG vom 24.01.2005 - 3 AZR 583/04). Da das genannte Rundschreiben in der Betriebsstätte des Klägers - dem damaligen Neubauamt R. - den Arbeitnehmern in üblicher Weise zur Kenntnis gebracht wurde, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger davon tatsächlich Kenntnis genommen hat.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass die Hausmitteilung Nr. 14/81 durch Umlauf im Betrieb in einer Weise bekannt gemacht wurde, die es dem Kläger typischerweise ermöglichte, davon Kenntnis zu nehmen. Darauf, ob er dieses Rundschreiben auch aufgrund eines Aushangs am Schwarzen Brett in seiner Betriebsstätte typischerweise hätte zur Kenntnis nehmen können - wovon nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auszugehen ist - kommt es somit nicht an.

Die Berufungskammer ist aufgrund der Aussage der Zeugin S davon überzeugt, dass die Hausmitteilung Nr. 14/81 der Belegschaft des Neubauamts Donauausbau R. durch Umlauf in der von der Beklagten in den Grundzügen beschriebenen Weise bekannt gegeben wurde und dass der Kläger hierdurch von der genannten Hausmitteilung Kenntnis nehmen konnte. Dies gilt auch dann, wenn solche Umläufe lax gehandhabt wurden, wenn am Schwarzen Brett ausgehängte Hausmitteilungen teilweise verschollen oder in Umlauf gebrachte Hausmitteilungen entweder nach langer Zeit "aus der Versenkung" wieder aufgetaucht sind und sodann einfach abgelegt wurden oder wenn sie schlichtweg verschwunden sind, wie dies vom Zeugen A. im wesentlichen bestätigt wurde. Denn auch wenn es bei solchen Umläufen immer wieder zu solchen Unzuträglichkeiten kam, so ist doch im konkreten Fall der Umlauf der Hausmitteilung Nr. 14/81 korrekt verlaufen und diese Hausmitteilung nebst Anlage (Richtlinie) nach vollständigem Umlauf und Unterzeichnung durch die Beschäftigten des Neubauamtes - darunter der Kläger - ordnungsgemäß abgelegt worden. Dass es in anderen Fällen nicht so war, schließt eine regelgerechte Sachbehandlung im vorliegenden Fall nicht aus.

Die Zeugin S. hat anhand des entsprechenden Ausschnitts des Personal-Journals beschrieben, dass sie bei jeder Hausmitteilung die Art der Erledigung - Übermittlung an die Außenstellen, Aushang, Umlauf, Ablage - vermerkt und diese Verfügung durch "den Chef" hat unterzeichnen lassen, so dass die entsprechenden Exemplare, versehen mit jeweils einer solchen Unterschrift, an die 3 Außenstellen und in den Umlauf gegangen sind. Sie hat in Bezug auf den Umlauf erläutert, dass sie nach der Unterzeichnung durch "den Chef" im Amt in R. auf die Rückseite der Hausmitteilung oder, wenn dort kein Platz war, ggf. einem Extrablatt unter der Zeile "Kenntnisnahme, Datum, Nr. der Hausmitteilung" eine oder - meistens - 2 Spalten vorgesehen hat, innerhalb derer sie Zeilen mit Punkten gemacht und links davon jeweils den Namen des Mitarbeiters geschrieben hat. Sie hat weiter beschrieben, dass sie sodann eine Umlaufmappe nahm, und dort auf der Vorder- bzw. Rückseite die Dienstnummern der einzelnen Mitarbeiter in Kästchen hineinschrieb, weil diese auch dort und nicht nur auf der Hausmitteilung bzw. der angehefteten Namensliste unterzeichnen sollten. Die Zeugin hat weiter erklärt, dass sie die Hausmitteilung, ggf. mit der angehefteten Namensliste, in die Umlaufmappe tat und diese sodann über den Büroboten in den Umlauf bringen ließ. Der Aussage der Zeugin zufolge hat sie nach Rückkehr des Umlaufs zu ihr geprüft, ob alle Mitarbeiter unterschrieben hatten und, wenn eine Person nicht sowohl außen als auch innen ihre Unterschrift geleistet hatte, den Umlauf an die betreffende Person wieder zurückgegeben.

Die Zeugin hat durchaus eingeräumt, dass der Umlauf 3 oder 4 Wochen benötigte, ehe er wieder bei ihr war, und dass die vielen Hausmitteilungen - manchmal pro Woche 3 oder 4 - von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen oft sehr lax behandelt wurden. Sie habe jedoch immer geschaut, ob alle unterschrieben hatten. Wenn jemand länger krank gewesen sei, sei der Umlauf an dessen Arbeitsplatz entsprechend lange gelegen oder sie habe die Mappe ohne die Unterschrift der betreffenden Person bekommen und in ihrem Schreibtisch zusammen mit anderen Unterlagen für diese Person in einer eigenen Mappe gesammelt, damit die Unterschrift - ungeachtet einer Abnahme des entsprechenden Aushangs - nachgeholt werden könne. Obwohl der Aushang dann weggekommen sei, habe sie ja die Unterschrift des betreffenden Mitarbeiters in der Umlaufmappe gehabt.

Die Zeugin hat anhand des Ausschnitts aus dem Personal-Journal erläutert, sie habe das "Datum der Erledigung", wie es sich in Spalte 3 des Personal-Journals findet, nach Rückkehr des Umlaufs zu ihr in Spalte 8 des Journals eingetragen und auch die Eintragungen in Spalten 9 bis 12 erst nach Beendigung des Umlaufs ausgefüllt. Dabei hat sie erläutert, dass sie unter "Datum der Erledigung" das Datum der ursprünglichen Verfügung verstehe, an dem der Chef auf der Hausmitteilung unten rechts unterschrieben habe. Im konkreten Fall habe sie in Spalte 10 vermerkt, dass eine Anlage dabei gewesen sei, was sich aus der Eintragung "divers" in dieser Spalte ergebe - die Zeugin hat insoweit eine Betriebsvereinbarung als Anlage vermutet - und das umgelaufene Schriftstück unter der in Spalte 11 vermerkten Aktenbezeichnung abgelegt.

Die Berufungskammer, die keinen Anlass hat, daran zu zweifeln, dass der von der Beklagten als Anlage B10 in Kopie vorgelegte Auszug mit dem Originalauszug aus dem Personal-Journal übereinstimmt, ist aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin S., an deren Glaubwürdigkeit nicht gezweifelt wird, davon überzeugt, dass diese den Umlauf mit der Hausmitteilung Nr. 14/81 erst dann ablegte, als sie sich vergewissert hatte, dass der Kläger durch seine Unterschriften auf dem Umschlagdeckel und der Rückseite der Hausmitteilung bzw. einer angehefteten Namensliste seine Kenntnisnahme dokumentiert hatte. Denn obwohl die Umläufe der Aussage der Zeugin zufolge lange dauerten und von den Mitarbeitern oft sehr lax gehandhabt, d.h. lange liegen gelassen wurden, erscheint es dem Gericht ausgeschlossen, dass die Zeugin von ihrer ehern geübten Handhabung der Erledigung solcher Hausmitteilungen in diesem einen Fall abgewichen wäre und die Spalten bis 8 bis 12 des Journals bereits vor Beginn des Umlaufs ausgefüllt hätte. Die Aussage der Zeugin ist in Bezug auf die Veranlassung des Umlaufs sowie dessen Behandlung nach Rückkehr zu ihr in sich stimmig und plausibel. So hat sie durch Eintragung des Datums der ursprünglichen Verfügung betreffend die Art der Erledigung - hier 31.03. - sichergestellt, dass es sich bei dem zu ihr "zurückgekehrten" Schriftstück um dasjenige handelte, das sie zuvor in den Umlauf gegeben hatte. Auch hat sie durch Wiederholung der ursprünglichen Verfügung in Spalte 9 des Journals im Sinne einer zusätzlichen Kontrolle sichergestellt, dass die weitere Geschäftsbehandlung der ursprünglichen Verfügung entsprach. Dass es die Zeugin war, die diese Geschäftsbehandlung vornahm, ergibt sich aus der in Spalte 7 des Journals eingetragenen Personalnummer der Zeugin, die diese gewissermaßen wie aus der Pistole geschossen nennen konnte - ebenso wie im übrigen die Namen der an den ersten Stellen der Namensliste auf der Rückseite der jeweiligen Hausmitteilung bzw. dem angehefteten Extrablatt. All dies zeigt, dass die von der Zeugin geschilderte Sachbehandlung trotz der langen Dauer der Umläufe erst dann ihr Ende fand, wenn - abgesichert durch mehrfache Kontrollen - der jeweilige Umlauf, versehen mit sämtlichen Unterschriften, wieder bei der Zeugin angelangt war.

Die Berufungskammer ist aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin auch davon überzeugt, dass es sich bei der im vorlegten Auszug des Personal-Journals unter der in Spalte 1 eingetragenen Geschäftsnummer 193 um die Hausmitteilung Nr. 14/81 vom 18.03.1981 handelte. Das geht aus dem Datum in Spalte 2 "Tag und Nummer des Schreibens" hervor, sowie aus der Wiedergabe des Kurzinhalts des Schriftstücks in Spalte 6: "Hausmitteilung Richtlinien f. d. Gewährung v. zusätzl. betrieblichen Ruhestands- etc. Zuwendungen". Des Weiteren ist die Berufungskammer davon überzeugt, dass die Richtlinien der Hausmitteilung in der Umlaufmappe beilagen, weil die Zeugin sonst nicht in Spalte 10 eingetragen hätte: "Div.". Aus dieser Eintragung und der Aussage der Zeugin ergibt sich auch, dass sich jedenfalls ein Exemplar der Richtlinien noch in der Umlaufmappe befand, als der Umlauf zur Zeugin zurückgelangt war, weil sie sonst die entsprechende Eintrag in Spalte 10 nicht gemacht hätte. Angesichts der in sich stimmigen Aussage der Zeugin ist es unerheblich, dass diese die Überschrift von Spalte 10 "Z.d.A. oder w. an" offensichtlich damals missverstanden hat; diese Kürzel dürften "zu den Akten oder wieder an ..." bedeuten. Ebenso ist unerheblich, ob dem Umlauf die Richtlinien in erforderlicher Stückzahl für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beilagen. Denn nach dem soeben Ausgeführten war jedenfalls ein Exemplar der Richtlinien bei Rückkehr des Umlaufs zur Zeugin noch vorhanden. Dies bedeutet, dass der Kläger jedenfalls die Möglichkeit zur Kenntnisnahme dieses einen Exemplars hatte.

Die Zeugin erschien der Berufungskammer auch äußerst glaubwürdig. Sie erschien als das Muster einer gewissenhaften Verwaltungsbediensteten, die sich voll mit ihrer Tätigkeit identifiziert und penibel auf die Einhaltung der ihr vorgegebenen Verfahrensabläufe geachtet hat. Die Zeugin konnte sich - was bei ihrer langjährigen Tätigkeit nicht verwundert - gut an die wesentlichen Einzelheiten der Geschäftsbehandlung solcher Umläufe erinnern, hat jedoch verständliche Erinnerungslücken, z.B. hinsichtlich der Bedeutung der Überschriften-Kürzel in Spalte 10, nicht zu verdecken gesucht. Auch hat sie nicht den Eindruck zu erwecken gesucht, als ob sie sich noch an die konkrete Sachbehandlung des Umlaufs in Bezug auf die Hausmitteilung Nr. 14/81 erinnern könnte, was nach dieser langen Zeit und angesichts der Unmenge von Hausmitteilungen mehr als verwunderlich gewesen wäre. Sie hat allerdings sehr anschaulich und plausibel die Bedeutung der Eintragungen in das Personal-Journal zu erläutern vermocht. Dafür, dass sie insoweit ihr Erinnerungsvermögen überschätzt hätte, ergab sich kein Anhaltspunkt. Schließlich hat sie nicht versucht, den Sachverhalt dort zugunsten ihres früheren Arbeitgebers zu schönen, wo es Schwachpunkte der Geschäftsbehandlung solcher Umläufe gab, z.B. hinsichtlich der fehlenden Dokumentation des Datums der Rückkunft des Umlaufs bei der Zeugin und vor allem in Bezug auf die fehlende Dokumentation des Datums der Anbringung sowie Abnahme der Aushänge am Schwarzen Brett.

Auch wenn es in Bezug auf die Umläufe - und vor allem die Aushänge - vielfältige Unzuträglichkeiten gab, wie sie in der glaubhaften Aussage des sorgsam differenzierenden und abwägenden und nicht zuletzt glaubwürdigen Zeugen A. zu Tage getreten sind, geht die Berufungskammer nach allem davon aus, dass der Kläger aufgrund des Umlaufs der Hausmitteilung Nr., 14/81 typischerweise von ihr hätte Kenntnis erlangen können.

Damit ist die von der Beklagten angestrebte und nach den vertraglichen Vereinbarungen zulässige Änderung - Widerruf der Richtlinien 1962 und Ersetzung durch die Richtlinien 1980 - tatsächlich Vertragsbestandteil geworden. Die Beklagte ist deshalb nicht verpflichtet, dem Kläger bzw. ggf. seinen Hinterbliebenen zusätzliche betriebliche Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuwendung nach Maßgabe der Richtlinien der pp. AG für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuwendung vom 18.07.1962 zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei legt das Berufungsgericht den Kostenantrag der Beklagten dahin aus, dass nicht lediglich die Kosten des Berufungsverfahrens, sondern des gesamten Rechtsstreit dem Kläger auferlegt werden mögen.

Die Revision wird nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu erheben, wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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