Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 12.02.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 833/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 286
BGB § 613 a
1. Aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer einer deutschen Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Konzerns im Arbeitsvertrag ausdrücklich verpflichtet wird, seine ganze Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und für Nebentätigkeiten eine schriftliche Genehmigung einzuholen, folgt nicht, dass die Gewährung von Aktienbezugsrechten ("Restricted Stock Units = RSUs) der US-amerikanischen Muttergesellschaft eine (Entgelt-) Leistung des deutschen Arbeitgebers ist.

2. Daran ändert auch nichts. dass die Zuteilung der Aktien in die Entgeltabrechnungen der deutschen Arbeitgeberin aufgenommen und dem Lohnsteuerabzug unterworfen wird, weil der Aktienbezug steuerrechtlich Arbeitslohn darstellt unabhängig davon, ob die Aktien durch den Arbeitgeber oder eine Konzernobergesellschaft gewährt werden. Die steuerrechtliche Qualifizierung ersetzt nicht den schuldrechtlichen Verpflichtungsgrund (im Anschluss an BAG 12.02.2003 - 10 AZR 299/02).

3. Dies gilt insbesondere, wenn die Zuwendung solcher Aktienbezugsrechte in Zuwendungsvereinbarungen ("Award Agreements") zwischen der Muttergesellschaft und dem begünstigten Arbeitnehmer geregelt ist, in denen arbeitsvertragliche Ansprüche auf die Zuwendung der Aktienbezugsrechte ausdrücklich ausgeschlossen werden.

4. Die bloße Erwähnung solcher Bezugsrechte in Gehaltsmitteilungen oder die Darstellung der Auswirkungen einer Verschmelzung des Arbeitgebers mit einem anderen Unternehmen oder der Folgen eines bevorstehenden Betriebsübergangs auf die Rechte bzw. Ansprüche des Arbeitnehmers hat keinen rechtsbegründenden, sondern lediglich informatorischen Charakter. Dem Hinweis, alle Ansprüche gegen den bisherigen Arbeitgeber blieben auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber aufrechterhalten, ist somit keine anspruchsbegründende Wirkung beizumessen.


Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

3 Sa 833/08

Verkündet am: 12.02.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder und die ehrenamtlichen Richter Holzamer und Scheuerl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 22.07.2008 - 26 Ca 3814/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzansprüche wegen vom Kläger behaupteter, nicht rechtzeitiger Aufhebung einer Sperre für den Bezug von Belegschaftsaktien aufgrund von Aktienbezugsrechten, sogenannten Restricted Stock Units (im Folgenden: RSU).

Der Kläger war vom 01.01.2001 bis 24.10.2007 bei der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ging zum 25.10.2007 aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 1) über. Begründet wurde es mit der O. GmbH, die dann von der L. T. Inc. aufgekauft und aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 31.05.2006 mit Ergänzung vom 22.06.2006 auf die A. S. D. GmbH & Co. KG verschmolzen wurde. Die US-Amerikanische Muttergesellschaft der A. S. GmbH & Co. KG ist die A. S. Inc., in der A. S. Inc. wurde im Jahr 2001 die Halbleitersparte der L. T. Inc. gebündelt. Dem Kläger wurde der Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A. S. GmbH & Co. KG mit einem gemeinsamen Schreiben beider Gesellschaften vom 01.06.2006 mitgeteilt, insbesondere auch, dass infolge der Verschmelzung das Arbeitsverhältnis mit allen sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten auf die A. S. GmbH & Co. KG übergehe und die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten unverändert fortgälten. Die A. S. GmbH & Co. KG hafte ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung unbeschränkt für alle, auch rückständige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers. Im April 2007 schlossen sich die A. S. Inc. und die L. Corporation zusammen. Aus der A. S. GmbH & Co. KG wurde sodann die L. GmbH & Co. KG (= Beklagte zu 2)), bei der der Kläger bis zum Betriebsübergang am 24.10.2007 tätig war.

Über den Betriebsübergang von der A. S. GmbH & Co. KG auf die Beklagte, die damals als I. T. DC GmbH firmierte, wurde der Kläger mit Schreiben seiner Arbeitgeberin vom 14.09.2007 informiert. Dort ist unter anderem ausgeführt, dass sich an seinen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten sowie an den Besitzständen einschließlich seiner bisherigen Betriebszugehörigkeit nichts ändere. Da I. DC nicht zum L.-Konzern gehöre, sei I. DC künftig nicht zur Gewährung bislang freiwillig geleisteter konzernbezogener Leistungen wie z. B. RSU?s verpflichtet.

Der Kläger erhielt zunächst Aktienoptionen (Stock Options), die es ihm ermöglichten, Aktien der Muttergesellschaft A. S. Inc. zu erwerben. Die Bewilligung dieser Optionen war jeweils in einer Vereinbarung mit der Bezeichnung "A. S. INC. 2001 LONG TERM IN-CENTIVE PLAN NONSTATUTORY STOCK OPTION AGREEMENT" festgehalten. So erhielt der Kläger unter dem Bewilligungsdatum 27.03.2001 eine Option zum Erwerb von 300 Aktien und unter dem Datum 01.08.2001 eine Option zum Erwerb von 1050 Aktien. Diese Agreements wurden vom Senior Vice President HR der A. S. Inc. und vom Kläger unterzeichnet. In einem Schreiben vom 16.12.2002 teilte die Arbeitgeberin des Klägers diesem unter der Überschrift "2002 Gehaltsüberprüfung" (2002 Salary Review) mit, sie sei erfreut, zu bestätigen, dass sein Grundgehalt auf Euro 80.000,00 brutto angehoben werde. Unter der Überschrift "Aktienoptionen" (Stock Options) wurde mitgeteilt, die Arbeitgeberin sei auch erfreut zu berichten, dass der Kläger 7000 Aktienoptionen erhalten werde. Schließlich erhielt das genannte Schreiben unter der Überschrift "Bonus" eine Mitteilung über Bonuszahlungen.

Seit ca. 2005 erhielt der Kläger Restricted Stock Units (RSU?s), so unter dem 01.12.2005 gemäß "A. S. INC. 2001 LONG TERM INCENTIVE PLAN RESTRICTED STOCK UNIT AWARD AGREEMENT". Die Zuteilung von RSU?s wurde den Arbeitnehmern jeweils durch ein Schreiben der A. S. Inc. angekündigt, in dem auf die Veröffentlichung der A./UBS Financial Services Plans auf einer entsprechenden Internetseite verwiesen wurde. Die Vereinbarung über die Zuteilung von RSU?s (Award Agreement) hat der Kläger jeweils in elektronischer Form akzeptiert.

Nach Ziffer 2 c) dieser Vereinbarung hatte bei Kündigung/Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge einer Maßnahme der Gesellschaft der Übergang des Anteils aufgrund der Maßnahme der Gesellschaft umgehend zu erfolgen und werde sofort unverwirkbar. Ziffer 8 lautet: "Keine erworbenen Rechte: Es ist Ihnen bekannt und Sie stimmen zu, dass die Zuteilung der Restricted Stock Units keine Bestimmung oder Bedingung des Arbeitsverhältnisses und nicht Bestandteil eines Arbeitsvertrages oder sonstiger Arbeitsvereinbarungen mit Ihrem Arbeitgeber oder seinen verbundenen Unternehmen bildet ... Die Zuwendungen aufgrund der Teilnahme an dieser Zuteilung gelten nicht als Bestimmung oder Bedingung des Arbeitsverhältnisses und stellen keinen Bestandteil eines Arbeitsentgelts oder einer Vergütung dar ...".

In einem Mitarbeiterschreiben vom 06.03.2007 wurde den Inhabern von A. RSU?s deren Umwandlung in RSU?s der L. Corporation mitgeteilt.

In einer Mitteilung ("Notification Sheet") über das "Leistungs- (bzw. Beurteilungs-)Jahr" ("Performance Year") 2006 wurde dem Kläger neben Beurteilungsergebnissen ("Rating) sein Jahresgehalt und dessen Zusammensetzung und ferner die Zuerkennung von 1100 Bezugsrechten - mit der Formulierung "Other LTI awarded" - mitgeteilt. Eine entsprechende Mitteilung hatte der Kläger auch schon für das Beurteilungsjahr 2003 erhalten. Im August 2007 verfügte er über 11016 RSU?s.

Im Intranet der L. Corporation wurden zur Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den Betriebsübergang von der Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 1) Mitarbeiterfragen und entsprechende Antworten (sogenannte FAQs) veröffentlicht. Unter anderem enthielten die FAQs die Information, dass sämtliche Aktienoptionen und RSU?s am Vertragsabschlussdatum (gemeint ist der Zeitpunkt des Betriebsübergangs) vorzeitig zugeteilt werden, dass es jedoch einige Geschäftstage dauern werde, um die beschleunigte Zuteilung vorzunehmen, weil es ein von Hand auszuführender Prozess sei.

Die Zuteilung der Aktien erfolgte nicht zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 24.10.2007, sondern erst am 09.11.2007. Am selben Tage verkaufte der Kläger 4408 seiner 11016 Aktien.

Er macht geltend, dass er aufgrund der verspäteten Zuteilung einen Schaden in Höhe von Euro 3.883,45 erlitten habe, der daraus resultiere, dass die Aktien seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs an Kurswert verloren hätten und sich auch der Umtauschkurs von US-Dollar in Euro im selben Zeitraum verschlechtert habe. Die Beklagte zu 2) als frühere Arbeitgeberin des Klägers hafte für diesen Schaden, weil sie die verspätete Zuteilung zu vertreten habe. Die Beklagte zu 2) und nicht ihre amerikanische Muttergesellschaft sei zur Gewährung der Aktienoptionen bzw. RSUs verpflichtet gewesen, denn nur sie habe gegenüber dem Kläger entsprechende Zusagen erteilt. Zwischen ihm und der amerikanischen Muttergesellschaft hätten keine rechtlichen Verbindungen bzw. Vertragsbeziehungen bestanden. Die Aktienoptionen bzw. RSUs seien von der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerinnen gekommen. Dies folge bereits aus dem Schreiben vom 16.12.2002, aber auch aus den sonstigen Mitteilungen, in denen die Optionen bzw. Bezugsrechte erwähnt seien, wie den Jahresgehaltsmitteilungen oder den Gehaltsabrechnungen. Dort sei nirgendwo darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den genannten Rechten um eine außerhalb der arbeitsvertraglichen Beziehungen stehende Zusage der amerikanischen Muttergesellschaft handele. Vom Empfängerhorizont aus gesehen seien die Aktienoptionen und Bezugsrechte eine (zweite) Leistungsvergütung des Arbeitgebers. Dafür spreche auch der auf diese Leistungsvergütung entfallende Lohnsteuerabzug durch den deutschen Arbeitgeber. Der Kläger meint, die Beklagte zu 2) hätte unschwer dafür Sorge tragen können, dass die Aktien im Zeitpunkt des Betriebsübergangs zur Verfügung standen. Die Beklagte zu 1) als Betriebserwerberin hafte für den Schaden gemäß § 613 a Abs. 1 und 2 BGB als Gesamtschuldnerin.

Die Beklagten sind demgegenüber der Ansicht, dass der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht bestehe, weil nicht die Beklagte zu 2) als deutsche Arbeitgeberin des Klägers, sondern allenfalls die amerikanische Muttergesellschaft zur Verschaffung der Bezugsrechte verpflichtet gewesen sei. Entsprechende Ansprüche des Klägers ergäben sich allenfalls aus dem "A. S. INC. 2001 LONG TERM INCENTIVE PLAN RESTRICTED STOCK UNIT AWARD AGREEMENT". Die Vereinbarungen über Aktienoptionen bzw. Bezugsrechte gemäß diesem Plan habe der Kläger jeweils akzeptiert; er selbst beziehe sich auf die dort geregelten Bedingungen. In Ziffer 8 dieser Regelung seien arbeitsvertragliche Ansprüche eindeutig ausgeschlossen. Mangels eines arbeitsvertraglichen Anspruchs scheide auch der Schadenersatzanspruch des Klägers aus, abgesehen davon, dass dem Kläger nicht die Zuteilung der Aktien im Zeitpunkt des Betriebsübergangs versprochen worden sei, sondern lediglich die Verschaffung der Unverfallbarkeit der Bezugsrechte ("vesting" = Rechtsverschaffung). Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es einige Arbeitstage brauche, bis die Aktien zur Verfügung gestellt werden könnten.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 22.07.2008 - 26 Ca 3814/08 -, auf das hinsichtlich des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage auf gesamtverbindliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Euro 3.883,45 zuzüglich Zinsen abgewiesen, weil keine vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten zu 2) gegenüber dem Kläger zur Gewährung von RSUs bzw. Aktien bestünden und deshalb der geltend gemachte Schadenersatzanspruch sowie eine Haftung der Beklagten zu 1) als Betriebserwerberin ausschieden. Eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Zusage der Beklagten auf Übertragung von RSUs der L. Corporation bestehe nicht. Aus dem Schreiben der O. GmbH vom 16.12.2002 folge kein arbeitsvertraglicher Anspruch, weil dort - wenn überhaupt - eine Zusage hinsichtlich der Übertragung von Aktienoptionen und nicht RSUs gemacht worden sei. Angesichts des Ausschlusses arbeitsvertraglicher Ansprüche in Ziffer 8 des "Award Agreement" ergebe sich auch daraus, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) in den Genuss der Zuteilung von RSUs gekommen sei, dass er von seiner Arbeitgeberin im Zusammenhang mit Informationen über seine Gehaltsentwicklung über die Zuteilung der RSUs in formiert wurde und dass der Lohnsteuerabzug durch die Arbeitgeberin durchgeführt worden sei, vom Empfängerhorizont aus betrachtet keine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Beklagten zu 2). Die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug durch den deutschen Arbeitgeber folge aus § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG und sei nicht geeignet, eine schuldrechtliche Beziehung zwischen den Parteien zu begründen. Aus der Gehaltsmitteilung für das Jahr 2006 könne der Kläger keine arbeitsvertragliche Zusage der Beklagten zu 2) herleiten, weil es sich eben nur um eine "Mitteilung" und keine Zusage handele. Somit seien beide Beklagten nicht passivlegitimiert.

Der Kläger hat gegen das ihm am 30.07.2008 zugestellte Endurteil vom 22.07.2008 mit einem am 28.08.2008 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit einem am 14.10.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er tritt der Auffassung entgegen, dass die RSUs eine Leistung der Muttergesellschaft seien. Vielmehr sei Rechtsgrundlage der Arbeitsvertrag, da der Kläger nach dessen § 2 Ziffer 3. ausschließlich für die Arbeitgeberin arbeite und ohne schriftliche Genehmigung bei keiner anderen Firma arbeiten dürfe. Auch aus dem Schreiben der O. GmbH vom 16.12.2002 über die Zusammensetzung seiner Vergütung ergebe sich ein arbeitsvertraglicher Anspruch, weil der Kläger dort von seiner Arbeitgeberin informiert werde, dass sich sein Gehalt aus einem Bruttogehalt, Aktienoptionen und einem Bonus zusammensetze. Die L.-Corporation-Aktien seien also das Zahlungsmittel einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung, ohne dass die L. Corporation insoweit selbst zur Leistung verpflichteter Vertragspartner des Klägers geworden sei. Die ursprünglich arbeitsvertraglich gewährten Aktienoptionen seien später durch RSUs ersetzt worden. Für deren Gewährung könne das "Award Agreement" des Jahres 2001, das sich auf Aktienoptionen beziehe, keine Anspruchsgrundlage sein. Dass sich die amerikanische Konzernmutter selbst nicht an ihre eigenen Spielregeln gehalten habe, spreche nicht dafür, dass diese die alleinige Rechtsgrundlage für die Gewährung von Aktienoptionen sein könne. Im Übrigen lege Ziffer 8 des "Award Agreement" des Jahres 2001 selbst fest, dass der Incentive Plan kein rechtlicher Bestandteil des Arbeitsvertrages sei. Damit sei die Auffassung des Arbeitsgerichts falsch, dass die RSUs deshalb eine Leistung der Muttergesellschaft seien. Der Kläger frägt sich, wen er nach Erhalt des Schreibens vom 16.02.2002 hätte verklagen müssen, wenn nicht seine deutsche Arbeitgeberin, zumal bei der Gehaltsdifferenz in Euro. Er hält daran fest, dass das "A. Award Agreement" schlicht eine Verfahrensregelung darstelle und meint, wenn die vormals von der Arbeitgeberin O. geleisteten Optionen nunmehr ausschließlich eine freiwillige Leistung der amerikanischen Konzernmutter hätten sein sollen, wäre eine eindeutige diesbezügliche Erklärung notwendig gewesen. Eine solche könne dem "Award Agreement 2001" nicht entnommen werden. Nach Auffassung des Klägers enthalten die Vereinbarungen (Agreements) mit den Bewilligungsdaten 27.03.2001 und 01.08.2001 keine Rechtsgrundlage für die Gewährung von Anteilen, zumal - anders als im Schreiben der O. GmbH vom 16.12.2002 - keine bestimmte Anzahl von Aktienoptionen oder RSUs festgelegt würden, die dem Kläger oder einem anderen Angestellten zugeteilt werden. Diese Auffassung werde durch das Schreiben der O. GmbH vom 01.06.2006 bestätigt, in dem mitgeteilt werde, dass ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung der O. GmbH auf die A. S. GmbH & Co. KG diese für alle auch rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers hafte.

Der Kläger hält daran fest, dass die Sperre für den Aktienbezug spätestens zum 25.10.2007 hätte aufgehoben werden müssen und die Beklagte zu 2) die Verzögerung zu vertreten habe. Desgleichen bleibt der Kläger dabei, dass die Beklagte zu 1) als Betriebserwerberin für den Schaden gemäß § 613 a Abs. 1 und 2 BGB mithafte.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 22.07.2008, Aktenzeichen 26 Ca 3814/08, wird aufgehoben.

2. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger Euro 3.883,45 zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.

Hilfsweise wird das Verfahren an das Arbeitsgericht München zurückverwiesen.

3. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.

Beide Beklagten beantragen, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) hält den Vortrag des Klägers dazu, wer zur Gewährung der Bezugsrechte verpflichtet sei, für unschlüssig. Das Schreiben der O. GmbH vom 16.12.2002 könne keine Grundlage für eine Verpflichtung zur Übertragung von Aktienoptionen sowie im Folgenden von RSUs seitens des jeweiligen deutschen Arbeitgebers sein, weil dort lediglich auf den Erhalt von Aktienoptionen hingewiesen werde. Rechtsgrundlage für die Gewährung der Aktienoptionen bzw. RSUs könne nur das jeweilige "Award Agreement" sein, in dessen Ziffer 8 jedoch arbeitsvertragliche Ansprüche ausgeschlossen würden. Auch dem Informationsschreiben des jeweiligen Arbeitgebers des Klägers, insbesondere dem Schreiben vom 14.09.2007 über den beabsichtigten Betriebsübergang, sei keine Haftung der Beklagten zu entnehmen. Im Übrigen habe keine Pflicht zur unverzüglichen Aufhebung der Veräußerungssperre wegen des Betriebsübergangs bestanden. Vielmehr sei lediglich die Anwartschaft unverwirkbar geworden. Ein Verschulden der Beklagten wegen der vom Kläger behaupteten verspäteten Zuteilung der Aktien sei nicht gegeben.

Die Beklagte zu 2) wiederholt ebenfalls ihre im ersten Rechtszug geäußerte Auffassung, dass kein Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger bestanden habe, aus dem dieser einen Anspruch auf Übertragung von RSUs hätte haben können. Das Schreiben der O. GmbH vom 16.12.2002 sei lediglich eine formlose Mitteilung gegenüber dem Mitarbeiter ohne Rechtsbindungswillen. Aus diesem Schreiben gehe gerade nicht hervor, dass O. die Optionen "als Vertragsbestandteil" gewähre. Vielmehr werde ausdrücklich auf die A.-Aktienoptionen hingewiesen, die an der Börse von New York gehandelt würden. Auch enthalte das genannte Schreiben keine Aussagen zu den streitgegenständlichen RSUs. Die Vermutung des Klägers, seine deutsche Arbeitgeberin bezahle ihn mit amerikanischen Aktien der Muttergesellschaft, sei nicht nachvollziehbar. Auch aus den Gehaltsmitteilungen ("Notification Sheets") von 2003 und 2006 sei kein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) abzuleiten, weil sie nicht von der deutschen Arbeitgeberin stammten, sich nicht auf RSUs, sondern Stock Options bezögen und ausdrücklich als Mitteilung und nicht als rechtsverbindliche Erklärung bezeichnet seien. In diesen Mitteilungen erfolge die Information über die Aktienoptionen zudem optisch getrennt von der Mitteilung der Vergütung. Die Optionen seien nicht als deren Bestandteil dargestellt. Auch die Beklagte zu 2) meint, Grundlage für die Gewährung der RSUs sei allein das betreffende "Award Agreement" der A. S. Inc., also der Rechtsvorgängerin der L. Corporation, vom 01.12.2005, das der Kläger nach seinem eigenen Vortrag akzeptiert habe. Diese Vereinbarung betreffe nicht nur die technische Abwicklung. Vor allem werde - nach Ziffer 8 - der deutsche Arbeitgeber des Klägers nicht verpflichtet. Die Beklagte zu 2) pflichtet dem Arbeitsgericht darin bei, dass die lohnsteuerrechtliche Behandlung für die Frage der Rechtsgrundlage zur Gewährung der RSUs unerheblich sei. Auch die Beklagte zu 2) bleibt dabei, dass ein verzugsbegründendes Verhalten und ein Verschulden im Zusammenhang mit der Freischaltung der RSUs gegenüber dem Kläger ausschieden.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 14.10.2008 und 13.01.2009, der Beklagten zu 1) vom 17.12.2008 und 20.01.2009 sowie der Beklagten zu 2) vom 17.12.2008 verwiesen, ferner auf die Sitzungsniederschrift vom 22.01.2009.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass Schadenersatzansprüche wegen verspäteter Zuteilung von Aktien gegenüber den Beklagten ausscheiden, weil die Beklagte zu 2) als Arbeitgeberin des Klägers nicht zur Zuteilung bzw. "Freischaltung" verpflichtet war, sondern allein die US-Amerikanische Muttergesellschaft, und deshalb auch eine Haftung der Beklagten zu 1) als Betriebserwerberin ausscheidet.

Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht vollumfänglich sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung und verweist somit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Lediglich ergänzend wird hierzu - und vor allem zu den mit der Berufung vorgebrachten Angriffen - ausgeführt:

1. Die Argumentation, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Beklagte zu 2) keine vertragliche Verpflichtung eingegangen sei, dem Kläger Aktien bzw. RSUs zu gewähren, weil allein der Arbeitsvertrag Rechtsgrundlage sein könne, der in § 2 festlege, dass der Kläger ausschließlich für seine - damalige - Arbeitgeberin O. GmbH arbeite und eine Arbeit bei einer anderen Firma der schriftlichen Genehmigung bedürfe, geht bereits im Ansatz fehl.

Denn aus dem Umstand, dass der Kläger seine gesamte Arbeitskraft der deutschen Tochtergesellschaft eines US-amerikanisch geführten Konzerns zur Verfügung zu stellen hatte und weitere Tätigkeiten nicht ohne deren Genehmigung ausüben durfte, zwingt keinesfalls zur Annahme, die Aktienoptionen bzw. Aktienbezugsrechte, die zweifelsohne nicht ohne Existenz dieses Arbeitsverhältnisses gewährt worden wären, seien dem Kläger auf arbeitsvertraglicher Grundlage eingeräumt worden.

Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt ausgeführt (BAG 28.05.2008 - 10 AZR 351/07; BAG 16.01.2008 - 7 AZR 887/06; BAG 12.02.2003 - 10 AZR 299/02), die Ansprüche aus einer Aktienoptionsgewährung stünden nicht immer in demselben synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wie die vertraglich vom Arbeitgeber geschuldete Vergütung. Es seien zwar Fallkonstellationen denkbar, in denen Aktienoptionen arbeitsvertraglich als Teil der geschuldeten Vergütung vereinbart werden; eine rechtliche Verpflichtung oder eine tatsächliche Vermutung für eine solche Vertragsgestaltung bestehe aber nicht. Maßgeblich seien stets die konkreten vertraglichen Vereinbarungen. Die Frage, wer aus einem Aktienoptionplan verpflichtet werde, lasse sich nicht einheitlich beantworten. Die Beantwortung dieser Frage hänge von den jeweiligen rechtsgeschäftlichen Beziehungen im Rahmen von Optionsprogrammen ab. Parteien des Gewährungs- oder Optionsvertrags seien in der Regel der bezugsberechtigte Arbeitnehmer und diejenige Gesellschaft, auf deren Aktien die Optionen lauten.

Diese Grundsätze, die auch für Vereinbarungen über Bezugsrechte von RSUs gelten und denen die Berufungskammer folgt, schließen nicht aus, dass eine eigene Verpflichtung des konzernangehörigen Arbeitgebers begründet werden kann. Solches bedarf jedoch der ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung. Fehlt eine solche Vereinbarung, steht der Vertrag über die Gewährung von Aktienoptionen oder Bezugsrechten rechtlich selbständig neben dem Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers mit der Tochtergesellschaft, der regelmäßig nur das Motiv für den Abschluss eines Optionsgewährungsvertrags darstellt (BAG 16.01.2008 - 7 AZR 887/06; BAG 12.02.2003 - 10 AZR 299/02).

Dass der Kläger mit seiner deutschen, konzernangehörigen Arbeitgeberin eine Vereinbarung getroffen hätte, wonach diese ihm gegenüber verpflichtet wäre, Aktienoptionen bzw. Aktienbezugsrechte der US-Amerikanischen Muttergesellschaft zu verschaffen, ist nicht ersichtlich.

2. Aus dem für das Arbeitsverhältnis des Klägers nach wie vor maßgebenden Arbeitsvertrag vom 16./18.11.2000 ergibt sich eine solche Bestimmung nicht.

3. Die Voraussetzungen einer entsprechenden betrieblichen Übung sind nicht dargetan.

4. Auch aus den vom Kläger zur Begründung seiner Auffassung herangezogenen Schreiben, in denen die Aktienoptionen bzw. Bezugsrechte erwähnt sind, folgt keine Verschaffungspflicht der deutschen Tochtergesellschaft gegenüber dem Kläger.

a) Dies gilt zum einen für das Schreiben der O. GmbH, also der damaligen Arbeitgeberin des Klägers, vom 16.12.2002.

Abgesehen davon, dass dieses Schreiben nicht die jetzt streitgegenständlichen RSUs, sondern Aktienoptionen betrifft, enthält es hinsichtlich der Stock Options keine rechtsgestaltende bzw. -begründende Willenserklärung, sondern lediglich eine Information, also eine sogenannte Wissenserklärung. Solche nachrichtlichen Mitteilungen berichten über tatsächliche Umstände, Meinungen, Rechtsansichten, (angenommene) Rechtsfolgen etc.; sie wollen jedoch nicht eine Rechtsfolge konstitutiv begründen.

Hinsichtlich der Aktienoptionen geht das Fehlen eines Rechtsbegründungswillens der damaligen Arbeitgeberin des Klägers schon daraus hervor, dass die Ankündigung der Optionsgewährung mit dem Verb "advise" verknüpft ist, das in diesem Zusammenhang die Bedeutung von "informieren" hat (vgl. Oxford Advanced Learner`s Dictionary, 7. Aufl., Wort "advise"). Dagegen wird im selben Schreiben die Gehaltserhöhung mit dem Verb "confirm" angekündigt, das "bestätigen" bedeutet und jedenfalls eher geeignet ist, eine rechtsbegründende Wirkung darzustellen. Entgegen der Annahme des Klägers wird im Schreiben vom 16.12.2006 die Gewährung von Aktienoptionen nicht als Teil des Gehalts beschrieben, sondern neben das Gehalt des Klägers und den ihm versprochenen Bonus gestellt.

Auch durch den Inhalt des Passus über die Aktienoptionen wird deutlich, dass es sich um eine Leistung der Konzernmutter und nicht der deutschen Gesellschaft handelt. Denn der Wert der Option wird nicht in Euro, sondern US-Dollar ausgedrückt; außerdem wird auf die "A. Class A shares" hingewiesen, die an der Börse von New York gehandelt würden. Dagegen sind die Beträge des Jahresgehalts und der Bonusleistungen im Schreiben vom 16.12.2002 in Euro ausgedrückt.

b) Auch den "Notification Sheets" für die Jahre 2003 und 2006 ist kein Rechtsfolgewille dahingehend zu entnehmen, dass die deutsche Arbeitgeberin des Klägers sich verpflichten wolle, ihm Aktienoptionen bzw. RSUs - hier als "LTI", also Long Term Incentives - verschaffen wolle. Dies folgt zum einen schon daraus, dass die genannten Mitteilungen solche der Muttergesellschaft und nicht der deutschen Arbeitgeberin des Klägers sind. Zum anderen zeigt schon die Bezeichnung der Schreiben, dass es sich um eine (offizielle) Information und keinen konstitutiven Rechtsgestaltungsakt handelt (vgl. Oxford Advanced Learner?s Dictionary, Wort "notification"). Im Übrigen sind auch in diesen Mitteilungen die Aktienoptionen bzw. LTIs nicht als Teil des Gehalts dargestellt, sondern unterhalb des Betrags des Jahresgehalts gesetzt.

c) Auch das Schreiben der A. S. GmbH & Co. KG sowie der O. GmbH vom 01.06.2006 an den Kläger enthält nichts anderes als Informationen, jedoch nicht eine konstitutive Begründung oder Erneuerung von Ansprüchen des Adressaten gegenüber der deutschen Arbeitgeberin. Zweck und Inhalt dieses Schreibens ist allein die Information über den Vorgang der Verschmelzung beider Unternehmen und ihrer Folgen für das Arbeitsverhältnis. Wenn in diesem Schreiben mitgeteilt wird, die A. S. GmbH & Co. KG hafte ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung unbeschränkt für alle, auch rückständige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, bedeutet dies lediglich einen Hinweis auf die - selbstverständliche und sich aus dem Gesetz ergebende - Rechtsfolge der Verschmelzung als einer Universalsukzession in die Rechte und Pflichten der beteiligten Gesellschaften, die auch die Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen einschließt. Die Mitteilung über Rechtsfolgen hat aber mit dem Willen, Ansprüche konstitutiv zu begründen, nichts zu tun.

d) Gleiches gilt für das Informationsschreiben der damaligen Arbeitgeberin des Klägers A. S. GmbH & Co. KG vom 14.09.2007. Inhalt und Zweck dieses Schreibens ist es, die gemäß § 613 a Abs. 5 BGB gesetzlich vorgeschriebene Informationspflicht über den Betriebsübergang, seine Gründe und Folgen etc. zu erfüllen. Ihm ist dagegen nicht der Wille zu entnehmen, Ansprüche des Empfängers begründen zu wollen.

e) Dass aus den Zuwendungsschreiben der US-Amerikanischen Muttergesellschaft, die der Kläger wie die anderen Arbeitnehmer der deutschen Tochtergesellschaft vor Zuteilung der Aktienoptionen bzw. RSUs erhalten haben, kein Anspruch gegen die deutsche Tochtergesellschaft abzuleiten ist, liegt auf der Hand. Denn zum einen stammen diese Schreiben eben nicht von der deutschen Arbeitgeberin des Klägers. Zum anderen erfolgt die Zuwendung bzw. Zuteilung nach dem gesamten Inhalt des Schreibens durch die Konzernmutter. Vor allem aber wird die deutsche Tochtergesellschaft und Arbeitgeberin des Klägers an keiner Stelle des Schreibens erwähnt.

f) Auch aus dem Umstand, dass der Geldwert der Ausübung von Aktienoptionen bzw. Bezugsrechten von der deutschen Tochtergesellschaft abgerechnet und hiervon Lohnsteuer einbehalten wurde, führt nicht zur Annahme, bei der Gewährung von Aktienoptionen bzw. Aktienbezugsrechten handele es sich stets um arbeitsvertragliches Entgelt. Denn diese Verfahrensweise ist den steuerrechtlichen Vorschriften geschuldet, wonach der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Aktienoption oder des Bezugsrechts steuerrechtlich Arbeitslohn darstellt, unabhängig davon, ob die Option oder das Bezugsrecht durch den Arbeitgeber oder durch eine Konzernobergesellschaft, also einen Dritten, eingeräumt wurde (BAG 12.02.2003 - 10 AZR 299/02 - im Anschluss an BFH 23.07.2001 - VI B 63/99). Die steuerrechtliche Qualifikation ersetzt nicht den schuldrechtlichen Verpflichtungsgrund bzw. verschafft dem Arbeitnehmer keinen weiteren Schuldner. Auch der Bundesfinanzhof (a.a.O.) differenziert ausdrücklich zwischen den schuldrechtlichen Beziehungen und den steuerrechtlichen Konsequenzen.

5. Einzige denkbare Rechtsgrundlage für die Gewährung zunächst der Aktienoptionen, dann der RSU?s, ist das vor der jeweiligen Zuwendung zwischen der Konzernmuttergesellschaft und dem Kläger getroffene "Award Agreement", also die Vereinbarung über die Zuwendung.

a) Dass es sich hierbei um vertragliche Vereinbarungen - und nicht lediglich, wie der Kläger meint, um Informationen über Verfahrensregeln - handelt, folgt zum einen schon aus der Bezeichnung "Agreement", und daraus, dass diese Vereinbarungen, so die "Award Agreements" über Aktienoptionen mit Zusagedaten 27.03.2001 und 01.08.2001 sowie das "Award Agreement" betreffend RSUs mit Zusagedatum 01.12.2005, von einem Vertreter der Muttergesellschaft und dem Kläger abgezeichnet bzw. vom Kläger elektronisch akzeptiert wurden. Vor allem aber ergibt sich aus dem Inhalt dieser "Award Agreements", dass sie Rechte des begünstigten, konzernangehörigen Arbeitnehmers und entsprechende Verpflichtungen der Muttergesellschaft begründen wollen. Es wird von "Zuwendung" bzw. "zuwenden" gesprochen, wobei die Zahl der Aktien bzw. Anteile genannt und Zuteilungs- bzw. Auszahlungstag und die sonstigen Bezugsbedingungen, gerade auch bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit einer (Konzern-)Gesellschaft, festgelegt werden. Auf diese Bedingungen, insbesondere Ziffer 2. c) des "Award Agreement" beruft sich gerade auch der Kläger zur Begründung seines Anspruchs auf Zuteilung und des daraus folgenden Schadenersatzanspruchs wegen verspäteter Zuteilung. In Ziffer 8 des jeweiligen "Award Agreement" ist ausdrücklich festgelegt, dass die Zuwendung nicht im Rahmen arbeitsvertraglicher Beziehungen erfolgt. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen.

b) Diese Regelung ist eindeutig. Der Kläger, der vom jeweiligen "Award Agreement" Kenntnis hatte und es abzeichnete bzw. akzeptierte, musste aufgrund dieser ganz eindeutigen Bestimmungen wissen, dass die Aktienoptionen und später die Zuwendung von RSUs durch die US-amerikanische Muttergesellschaft erfolgte und nicht Bestandteil seines Arbeitsvertrages mit der deutschen Tochtergesellschaft war. Auch vom Horizont eines verständigen Empfängers her gesehen konnte hieran kein vernünftiger Zweifel bestehen.

Daran ändern die oben genannten Mitteilungen - auch - der deutschen Arbeitgeberin des Klägers, in denen die Aktienoptionen oder die Bezugsrechte erwähnt wurden, nichts. Denn es ist in Konzernen durchaus üblich und allgemein bekannt, dass sogenannte Konzernleistungen, die den Beschäftigten verschiedener Konzerngesellschaften nach konzerneinheitlichen Richtlinien von der Konzernobergesellschaft gewährt und von dieser oder einer anderen Konzerngesellschaft "verwaltet" werden, vom jeweiligen Vertragsarbeitgeber - hier also der deutschen Konzerngesellschaft und Arbeitgeberin des Klägers -bekannt gegeben und an den jeweiligen Arbeitnehmer ausgereicht werden. Die Tochtergesellschaft fungiert dabei in Bezug auf das der Leistungsgewährung zugrunde liegende Vertragsverhältnis als Ausführungsorgan bzw. "Zahlstelle", in rechtlicher Hinsicht somit als Erfüllungsgehilfin im Sinne von § 278 BGB.

6. Nach allem kann der Auffassung des Klägers, die Aktienoptionen bzw. Aktienbezugsrechte (RSUs) seien Zahlungsmittel des Vergütungsanspruchs des Klägers, nicht gefolgt werden. Wenn der Kläger die Frage stellt, wen anderes als seine deutsche Arbeitgeberin er denn auf Zuteilung der Aktien hätte verklagen sollen, ergibt sich aus der Gewährung dieser Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen ihm und der Konzernobergesellschaft die Erkenntnis, eben diese Obergesellschaft verklagen zu müssen.

7. Mangels Passivlegitimation der Beklagten zu 2) in Bezug auf die Verpflichtung, Aktien zuzuteilen, scheiden eine Haftung der Beklagten zu 1) auf Schadenersatz gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB sowie eine Mithaftung der Beklagten zu 1) als Betriebserwerberin gemäß § 613 a Abs. 1 und 2 BGB aus.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

9. Die Revision wird nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu erheben, wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück