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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 987/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Wenn nach einer arbeitsvertraglichen Regelung (auch) jede betriebsbedingte Kündigung ausgeschlossen ist, muss bei der Beurteilung der Frage, ob im Falle einer dennoch aus betriebsbedingten Gründen mit Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur Altersgrenze dem Arbeitgeber zuzumuten ist, zu Lasten des Arbeitgebers berücksichtigt werden, dass sich der Arbeitgeber mit Vereinbarung der Kündigungsbeschränkung "sehenden Auges" der Kündigungsmöglichkeit begeben hat.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 987/06

Verkündet am: 8. März 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Preibisch und Leicht für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 27.06.2006 - 7 Ca 475/05 - wird auf die Berufung des Klägers geändert.

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 26.01.2005 nicht aufgelöst wurde.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer mit Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung, sowie von einem vom Kläger gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.

Der im Kündigungszeitpunkt 54-jährige Kläger war seit September 1984 als Forstbediensteter beim Beklagten gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 6.500,00 € beschäftigt aufgrund einer "Genehmigung" vom 05.09.1985, mit der erklärt ist, dass der Kläger nach Ablauf des Probejahres zu den Bedingungen der Fürstlichen Beamtenordnung von 1917 in der zur Zeit gültigen Fassung beschäftigt wird. Nach § 3 Abs. 3 der Beamtenordnung können unwiderruflich angestellte Beamte gegen ihren Willen nur nach Maßgabe der Dienststrafordnung vom 14.11.1902 aus dem Dienst entlassen werden. Der Geschäftsbereich Forst und Forstbewirtschaftung des Beklagten wurde zum 01.01.2005 auf die neu gegründete T. GmbH & Co. KG übertragen. Hierüber wurde der Kläger mit Schreiben vom 01.12.2004, ihm zugegangen am 08.12.2004, informiert. Er widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 05.01.2005. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum nächstmöglichen Termin, nach Berechnung des Beklagten zum 31.08.2005, weil er keinerlei Forst- und Forstbewirtschaftung mehr betreibe.

Der Kläger hält diese Kündigung bereits wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 2 BGB für unwirksam, aber auch deshalb, weil jegliche Kündigung aus anderen als den in der Dienststrafordnung genannten Gründen, vor allem Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen, aufgrund der Bezugnahme auf die Fürstliche Beamtenordnung ausgeschlossen sei. Statt einer Kündigung hätte der Beklagten den Kläger nach dessen Auffassung in den einstweiligen Ruhestand versetzen oder aber an die T. GmbH & Co. KG "ausleihen" können.

Der Beklagte hält die Kündigung dagegen für wirksam, weil durch die Bezugnahme auf die Fürstliche Beamtenordnung nur eine ordentliche Kündigung, nicht aber eine mit Auslauffrist ausgesprochene außerordentliche Kündigung ausgeschlossen sei. Eine Ausleihe an die T. GmbH & Co. KG sei nicht zumutbar, da der Beklagte keine Forstwirtschaft mehr betreibe. Unzumutbar sei auch die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand unter Fortzahlung der Vergütung bis zur Altersgrenze, mithin über 11 Jahre hinweg.

Das Arbeitsgericht Regensburg hat mit Urteil vom 27.06.2006, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, die Kündigung sei nicht wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam. Auch verstoße die Kündigung nicht gegen § 626 Abs. 1 BGB, weil ein wichtiger Grund vorliege. Die im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Fürstliche Beamtenordnung entspreche nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen und sei, soweit sie zwingendes Arbeitsrecht einschränke, unwirksam. Allerdings sei ihr der unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten zulässige Wille der Parteien zu entnehmen, eine Kündigungsmöglichkeit allein in Ausnahmefällen zu eröffnen und jedenfalls die ordentliche Kündbarkeit auszuschließen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund könne jedoch nicht ausgeschlossen werden. Somit könne sich der Beklagte auf einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB in Form des Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers berufen. Ansonsten wäre das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis auf Dauer sinnentleert; es sei unzumutbar, wenn auf lange Zeit die Vergütung ohne Gegenleistung gezahlt werden müsste. Mildere Mittel als die Entlassung hätten nicht zur Verfügung gestanden bzw. seien für den Beklagten unzumutbar. Auch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen sei es dem Beklagten nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum Eintreten des Rentenalters des Klägers fortzusetzen. Ein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits sei nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen nicht gegeben.

Der Kläger hat gegen das ihm am 03.08.2006 zugestellte Endurteil vom 27.06.2006 mit einem am 30.08.2006 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 27.09.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er ist der Auffassung, da die Beschränkung des außerordentlichen Kündigungsrechts auf bestimmte Kündigungsgründe nicht per se unwirksam sei, müsse gefragt werden, ob für den Kündigenden insoweit eine unzumutbare Erschwerung vorliege. Hier sei bedeutsam, dass keine tarifliche Regelung, sondern eine von Arbeitgeber selbst speziell für seine Verhältnisse und seine Situation geschaffene Regelung vorliege. Der Verzicht auf das Lösungsrecht aus personen- und betriebsbedingten Gründen habe eine unübersehbare Parallele im Beamtenrecht. Hier wie dort könne die Anwendung des Grundsatzes von der Unabdingbarkeit des § 626 BGB nicht undifferenziert unter völliger Ausklammerung der Frage der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit postuliert werden. Dies werde der Interessenlage bei der Einstellung, dem beim Kläger erweckten Vertrauen und dem auch vom Beklagten gewollten Gleichklang mit den staatlichen Beamtenregelungen nicht gerecht. Vom Beklagten werde nichts Unzumutbares verlangt, wenn er an der selbst gewählten Vertragskonstellation festgehalten werde. Er habe die Ausweichmöglichkeit der Ruhestandsversetzung, die über beamtenrechtliche Vorbilder noch hinausgehe. Auch komme eine "Ausleihe" des Klägers an eine andere Firma in Betracht, wie sie zu früheren Zeiten auch praktiziert worden sei. Nach allem komme es auf die Ausübung des Widerspruchsrechts gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger und die Motive hierfür nicht an.

Der Kläger beantragt deshalb:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 27.06.2006 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 26.01.2005 aufgelöst wurde.

3. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.08.2005 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits vorläufig nach den Bedingungen, die zuletzt gegolten haben, weiter zu beschäftigen.

4. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er tritt - unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags - dem Erstgericht darin bei, dass die Parteien lediglich die ordentliche Kündigung hätten ausschließen können, nicht aber die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit. Der Kläger habe auch nicht einem Beamten gleichgestellt werden sollen und können. Der Beklagte betont, der Kläger hätte seinen Arbeitsplatz noch jetzt, wenn er nicht den Wegfall seiner Beschäftigungsmöglichkeit durch seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die T. GmbH & Co. KG selbst herbeigeführt hätte. Die Kündigung halte auch dem Ultima-Ratio-Prinzip und der gebotenen Interessenabwägung stand.

Hinsichtlich des sonstigen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 27.09.2006, des Beklagten vom 01.12.2006 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 25.01.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Die Kündigung vom 26.01.2005 scheitert zwar nicht an der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB, aber am Fehlen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Da die genannte Kündigung unwirksam ist, hat der Kläger Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, weil dem Beklagten nichts Unmögliches oder Unzumutbares abverlangt wird.

I.

Die vom Beklagten mit Auslauffrist ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 26.01.2005 ist unwirksam.

1. Die Kündigung scheitert nicht an der vom Kläger angenommenen Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB, da der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nach Übergang des Betriebs bzw. Betriebsteils, in dem der Kläger beschäftigt war, auf die T. GmbH & Co. KG einen Dauertatbestand darstellt, der für die Anwendung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB keinen Raum lässt (BAG vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97).

2. Die Kündigung scheitert jedoch am Fehlen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 2 BGB.

2.1 Es ist davon auszugehen, dass die Parteien arbeitsvertraglich nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von 3 Jahren eine Kündbarkeit nur noch im Form einer außerordentlichen Kündigung aus den in §§ 9, 10 der sog. Dienststrafordnung enumerativ angeführten Gründen vereinbart haben. Nicht anders ist die Bezugnahme in der "Genehmigung" vom 05.09.2005 auf die Fürstliche Beamtenordnung - und insbesondere auf dessen § 3 Abs. 3 - zu sehen. Dass die Fürstliche Beamtenordnung und die Dienststrafordnung, die eine Befugnis zu hoheitlichem Handeln suggerieren, den Geist überholter und nicht mehr gültiger Adelsprivilegien atmen und in mancherlei Weise rechtsstaatlichen Grundsätzen sowie vor allem zwingendem Arbeitsrecht widersprechen, liegt auf der Hand. Die Berufungskammer geht davon aus, dass dies beiden Parteien bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bekannt war. Dem Arbeitsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass die Bezugnahme auf die Fürstliche Beamtenordnung den Willen zum Ausdruck bringe, allein in Ausnahmefällen eine Kündigungsmöglichkeit zu eröffnen.

Die "Genehmigung" vom 05.09.1985 stellt auch eine vertragliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses dar, weil jedenfalls die "Erklärung" des Klägers vom 12.09.1985, er unterwerfe sich hiermit den Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Fürstlich T. Beamten sowie der geltenden Fürstlichen Dienststrafordnung, als Annahme des Arbeitsvertragsangebot des Beklagten zu sehen ist.

2.2 Somit ist aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien zunächst die ordentliche Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen aber auch die außerordentliche Kündigung aus anderen als den sich aus der Dienststrafordnung ergebenden Gründen, insbesondere die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung.

Dies bedeutet jedoch nicht - wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat -, dass die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung schlechterdings, d.h. ausnahmslos unzulässig und damit unwirksam wäre. Denn auch dann, wenn arbeitsvertraglich ein wesentlicher Teil der an sich als wichtiger Grund geeigneten Kündigungssachverhalte, insbesondere auch betriebsbedingte Gründe, ausgeschlossen ist, kann dies das Recht des Arbeitgebers nicht beseitigen, sich vom Arbeitsverhältnis zu lösen, wenn er ansonsten den Arbeitnehmer notfalls bis zum Erreichen der Pensionsgrenze weiterbeschäftigen müsste und ihm dies unzumutbar ist (vgl. BAG vom 08.04.2003 - 2 AZR 355/02; BAG vom 06.10.2005 - 2 AZR 362/04; BAG vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97). Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, die Unabdingbarkeit eines Rechts des Arbeitgebers zur außerordentlichen Kündigung ergebe sich schon aus verfassungsrechtlichen Überlegungen, nämlich aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG (so BAG vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 mit weiteren Nachweisen).

Dies ändert jedoch nichts daran, dass nach den getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in aller Regel nach § 626 Abs. 1 BGB unzulässig ist. Diese vom Beklagten selbst - im Zusammenwirken mit dem Kläger - gesetzte Einschränkung des Kündigungsrechts muss auch der Beklagte akzeptieren, wenn nicht, wie ausgeführt, ganz ausnahmsweise das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis auf Dauer sinnentleert wäre, weil eine Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann und deshalb auf unzumutbar lange Zeit Vergütung ohne Gegenleistung gezahlt werden müsste.

Dies gilt im vorliegenden Falle nicht anders als in den Fällen der tarifvertraglichen Kündigungsbeschränkungen im öffentlichen Dienst.

2.3 Nach dem bisher Ausgeführten liegt auf der Hand, dass nicht jeder Wegfall eines Beschäftigungsbedarfs auf Dauer, wie er als betriebsbedingter Grund für eine ordentliche Kündigung geeignet ist, die an sich arbeitsvertraglich in Bezug auf einen solchen Grund für unzulässig erklärte außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag. Gerade weil es auf eine unzumutbare Störung des Austauschverhältnisses für die restliche denkbare Zeit bis zur Verrentung ankommt, kann eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit aufgrund von betriebsbedingten Erfordernissen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Wegen dieser gesteigerten Anforderungen bei der Prüfung des wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zählt das Fehlen jeglicher auch anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. Kündigungsvermeidungsmöglichkeiten hier bereits zum wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB, der vom Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen ist (vgl. BAG vom 08.04.2003 - 2 AZR 355/02; BAG vom 06.10.2005 - 2 AZR 362/04, beide zur tariflichen Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst).

Das Berufungsgericht pflichtet dem Erstgericht darin bei, dass nach dem (Teil-)Betriebsübergang des Geschäftsbereichs Forst und Forstbewirtschaftung zum 01.01.2005 die Möglichkeit, den Kläger vertragsgemäß als Forstbediensteten beim Beklagten selbst zu beschäftigen, auf Dauer weggefallen ist. Das Berufungsgericht folgt dem Erstgericht auch darin, dass die dadurch eingetretene Störung des Austauschverhältnisses für möglicherweise 11 Jahre bis zur Erreichung der Altersgrenze des Klägers an sich als wichtiger Grund für die betriebsbedingt ausgesprochene außerordentliche Kündigung geeignet ist.

Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht jedoch nicht in der Annahme, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei dem Beklagten nach Lage der Dinge unzumutbar.

Denn zum einen ist die hier vorliegende Beschränkung - auch des Rechts zur außerordentlichen Kündigung - keine Folge einer dem Beklagten zwingend auferlegten normativen Ordnung, sei es staatlichen Rechts oder gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG oder § 5 Abs. 4 TVG normativ geltender tarifvertraglicher Bestimmungen, sondern selbst gesetzter Regeln. Der Beklagte hat sich selbst sehenden Auges eine quasi-normative Ordnung gegeben und diese durch arbeitsvertragliche Vereinbarung in das Arbeitsverhältnis einbezogen. Er hat sich damit, wie das Arbeitsgericht richtig gesehen hat, nach dem Inhalt der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sehenden Auges des Grundrechtsschutzes begeben. Auch wenn dies nicht schrankenlos zulässig ist, muss es doch beim Maßstab der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses Berücksichtigung finden (ähnlich LAG Rheinland-Pfalz vom 19.09.1997 - 3 Sa 278/97). Der Beklagte hat seine Berufsfreiheit selbst gewählt beschränkt; dies kann, worauf der Kläger im Berufungsverfahren zu Recht hingewiesen hat, bei der Frage der Zumutbarkeit im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB nicht unberücksichtigt bleiben. Wenn schon eine ähnlich weitgehende Kündigungsbeschränkung durch eine dem Arbeitgeber "übergestülpte" normative Ordnung - wie z.B. im öffentlichen Dienst mit einer ähnlich drastischen Kündigungsbeschränkung aufgrund Tarifvertrages - wie hier - nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung dazu führt, dass nur in "extremen Ausnahmefällen" eine Kündigungsmöglichkeit im Anwendungsbereich des Kündigungsausschlusses in Betracht kommen kann (vgl. z.B. BAG vom 06.10.2005 - 2 AZR 362/04; BAG vom 08.04.2003 - 2 AZR 355/02), muss dies erst recht für eine selbst gewählte Kündigungsbeschränkung gelten.

Dies bedeutet, dass trotz an sich gegebener unzumutbarer dauerhafter Störung des Austauschverhältnisses an die nach dem oben Ausgeführten gebotene Prüfung jeglicher anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Kündigung gesteigerte Anforderungen anzulegen sind. Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Beklagten nicht gerecht.

Es reicht insoweit nicht aus darzulegen, dass im vertraglichen Beschäftigungsbereich des Klägers keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind. Vielmehr oblag es dem Beklagten, alle Möglichkeiten sinnvoller Weiterbeschäftigung, insbesondere unter Berücksichtigung einer etwaigen Umschulung, auszuloten und konkret vorzutragen, warum dies nicht in Betracht kam. Vor allem aber ist nicht ersichtlich, dass es dem Beklagten unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, auf andere Arbeitgeber, auf die er einen bestimmenden Einfluss tatsächlicher oder rechtlicher Art hinsichtlich der Stellenbesetzung hätte geltend machen können - z.B. auch die T. GmbH & Co. KG - einzuwirken mit dem Ziel, den Kläger im Rahmen einer "Dauerausleihe" zu beschäftigen. Eine solche Ausleihe hat nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers in der Vergangenheit bereits stattgefunden. Der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die genannte Kommanditgesellschaft steht einer solchen Prüfungsobliegenheit nicht entgegen. Denn er richtet sich gegen den Austausch des Arbeitgebers, nicht jedoch gegen den Wechsel des Einsatzorts und -gebiets im Rahmen des arbeitsvertraglich Zulässigen.

2.4 Nach allem scheitert die Kündigung am Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, weil nicht vom Fehlen jeglicher, auch anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten des Klägers auszugehen ist.

II.

Aus dem nämlichen Grunde (s.o. zu I.2.3 und I.2.4) hat der Kläger nach dem vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 27.02.1985, DB 1985, 1297) entwickelten Grundsätzen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits. Der Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, dass eine solche Weiterbeschäftigung unter Ausschöpfung unter aller zur Gebote stehender Mittel - Fortbildung bzw. Umschulung oder Einsatz bei anderen Arbeitgebern im Einflussbereich des Beklagten - unmöglich oder unzumutbar wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen. Einzelheiten sind der nachfolgenden Belehrung zu entnehmen.

Ende der Entscheidung

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