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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 24.06.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 1384/03
Rechtsgebiete: GewO, SGB IV, SGB I


Vorschriften:

GewO § 107 Abs. 3 Satz 2
SGB IV § 28 g
SGB I § 32 Abs. 1
Wenn der liquidationsberechtigte Chefarzt an einen (hier nichtärztlichen) Mitarbeiter direkt eine freiwillige finanzielle Zuwendung erbringt, verstößt die Belastung dieser Zahlung - auch wenn es sich hierbei nicht um steuer- und sozialversicherungsfreies Trinkgeld im Sinne des §§ 107 Abs. 3 Satz 2 GewO, 3 Nr. 51 EStG, 14 SGB IV, sondern um damit sozialversicherungspflichtiges Entgelt handelt - mit dem Arbeitgeberanteil des Gesamtsozialversicherungsbetrags seitens des gemeinsamen Arbeitgebers und damit der nachträgliche Abzug auch des entsprechenden Arbeitgebersozialversicherungsbeitrages von der Arbeitsvergütung des Arbeitnehmers gegen §§ 28 g SGB IV, 32 Abs. 1 SGB I, wonach der Arbeitgeber nur Anspruch auf den vom Arbeitnehmer zu tragenden hälftigen Sozialversicherungsanteil im Rahmen des Lohnabzugsverfahrens hat, so dass eine Überwälzung des Arbeitgeberanteils auf den begünstigten Arbeitnehmer damit grundsätzlich unzulässig ist.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 1384/03

Verkündet am: 24.06.2004

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Visarius und Dirks für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Teil-Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. September 2003 - 3 Ca 3344/02 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht im Wege der Feststellungs- und Leistungsklage geltend, dass der Beklagte als ihr Arbeitgeber nicht befugt sei, auch den Arbeitgeberanteil des entsprechenden Gesamtsozialversicherungsbeitrages von der Mitarbeiterbeteiligung in Abzug zu bringen ist, die sie als gelegentliche finanzielle Zuwendung vom jeweiligen Chefarzt/Ordinarius auf Grund ihrer Mitwirkung im Rahmen dessen privatärztlicher, privatliquidationsberechtigender Nebentätigkeit erhält.

Die Klägerin ist seit ca. 27 Jahren als Medizinisch-Technische Assistentin im ..., dessen Träger der Beklagte ist, tätig und bezieht Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb (der Anlage 1a) BAT. Zusätzlich erhält sie vom jeweiligen Chefarzt ihrer Abteilung gelegentlich freiwillige Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe, weil sie auch Tätigkeiten im Bereich dessen privatärztlicher, privatliquidationsberechtigender Nebentätigkeit verrichtet. Diese Zahlungen erfolgen seitens des Chefarztes jeweils ohne Abzüge unmittelbar an die Klägerin, wobei dieser die erfolgte Zahlung an die beim Beklagten hierfür zuständige ... - meldet. Der Beklagte rechnet diese Zahlungen nachträglich Steuer- und sozialversicherungsrechtlich als Arbeitsvergütung der Klägerin dergestalt ab, dass er zunächst durch Abzug der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einen Bruttobetrag der geleisteten Zahlung ermittelt und vom restlichen Betrag sodann die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sowie die Lohnsteuer abzieht und mit dem Gesamtbetrag der Abzüge die Klägerin bei einer folgenden Gehaltsabrechnung belastet.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte als Arbeitgeber die auf die Zuwendungen des Chefarztes entfallenden Arbeitgeberanteile selbst tragen müsse und diese nicht aus den Zuwendungen bzw. dem Liquidationsfonds entnehmen dürfe.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind konkret die in dieser Weise ausbezahlten und dergestalt nachträglich sozialversicherungsrechtlich behandelten Mitarbeiterbeteiligungszahlungen seitens des jeweiligen Chefarztes im Zeitraum vom Dezember 1999 bis Dezember 2002 in Höhe von insgesamt 3.342,91 Euro (insgesamt 3.800,00 DM sowie insgesamt 1.400,00 Euro).

Nachdem der Beklagte zunächst die "sachliche Zuständigkeit" des angerufenen Arbeitsgerichtes bestritten hatte, hatte das Arbeitsgericht München mit Beschluss vom 16.05.2002 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen diesen Beschluss wurde mit Beschluss der Berufungskammer vom 13.11.2002 zurückgewiesen. Die gegen letzteren Beschluss eingelegte, zugelassene, Rechtsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 05.03.2003 zurückgewiesen (5 AZB 76/02, Bl. 96 f d.A.).

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen sowie des streitigen Vorbringens nebst der rechtlichen Ausführungen und der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Teil-Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 19.09.2003 Bezug genommen, mit dem dieses den teilweise im Wege der Stufenklage erhobenen Klageanträgen im Wesentlichen, unter Teilabweisung der Klage hinsichtlich eines wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 70 BAT als verfallen angesehenen Einzelbetrages, mit der Begründung stattgegeben hat, dass der Beklagte durch die von ihm gewählte Form der Abrechnung der Mitarbeiterbeteiligung und den von ihm durchgeführten Abzug auch des Arbeitgeberanteils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages von der gezahlten Mitarbeiterbeteiligung und damit letztlich vom Lohn der Klägerin gegen sozialversicherungsrechtliche Vorschriften, insbesondere § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 32 SGB I, verstoßen habe. Bei den an die Klägerin ausbezahlten Mitarbeiterbeteiligungen handle es sich um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV, wobei unabhängig davon, ob sich diese Mitarbeiterbeteiligung als "Trinkgeld" im rechtlichen Sinne - wie nicht anzunehmen - darstelle, deren Behandlung seitens des Beklagten in jedem Fall gegen die sozialrechtlichen Vorschriften verstoße. Nach § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI seien die Beiträge bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien, von den Versicherten und den Arbeitgebern je zur Hälfte zu tragen, wobei zum Nachteil der Sozialleistungsberechtigten hiervon abweichende privatrechtliche Vereinbarungen nichtig seien. Die Mittel, aus denen der Beklagte seinen Arbeitgeberanteil zahle, stünden nicht in seinem Eigentum, sondern würden aus dem vom Ordinarius zur Verfügung gestellten Liquidationsfonds entnommen, also aus Mitteln des Chefarztes selbst. Für seine Behauptung, von Seiten des Ordinarius würde gegenüber der Klägerin bereits bei Auszahlung der Mitarbeiterbeteiligung dargestellt, dass es sich hierbei um die Zuwendung an sie selbst einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils handle, habe der Beklagte kein Beweismittel angeboten, wobei hierbei zu berücksichtigen wäre, dass auch in diesem Fall der Beklagte diese Mittel nicht auf den Liquidationsfonds anrechnen dürfte, da hierdurch letztlich die Beteiligung des ärztlichen Personals gemindert würde, weil in diesem Fall diese Mittel letztlich dem Beklagten, nicht dem ärztlichen oder nichtärztlichen Personal, zufließen würden, was auch der einschlägigen Regelung des Bayerischen Hochschullehrergesetzes widersprechen würde. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, durch Leistungen Dritter ohne eigene Einflussmöglichkeiten zu eigenen Aufwendungen gezwungen zu werden, da er durch die Kostenerstattung nach der Hochschullehrernebentätigkeitsverordnung einen Anteil der Liquidationserlöse des Ordinarius als Kompensation auch für die Inanspruchnahme seiner Arbeitnehmer erhalte und es deshalb dem Beklagten möglich wäre, seine Einnahmen zu erhöhen und gegebenenfalls den von ihm zu zahlenden Arbeitgeberanteil auszugleichen.

Gegen dieses dem Beklagten am 17.11.2003 zugestellte Teil-Endurteil richtet sich seine Berufung mit Schriftsatz vom 20.11.2003, beim Landesarbeitsgericht München eingegangen am 21.11.2003, zu deren Begründung er innerhalb der offenen Berufungsbegründungsfrist vorgetragen hat, dass die seitens des Chefarztes gezahlten Mitarbeiterbeteiligungen Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV darstellten, wobei - wie nunmehr unter Zeugenbeweis gestellt - bei der Begleichung klarstellende Hinweise der auszahlenden Ärzte - mit der Folge einer entsprechenden Vereinbarung - erfolgt seien, dass in den Zuwendungen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung jeweils enthalten seien, was die Ordinarien auch bei ihrer jeweiligen Meldung dieser Zahlungen an die ... ausdrücklich vermerkt hätten und im Übrigen allgemeiner Verwaltungspraxis hinsichtlich der Steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Poolzahlungen entsprochen habe. Demgemäß könne entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes von einem Verstoß gegen § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 32 SGB I nicht die Rede sein, da der Normzweck ersterer Bestimmung darin bestehe, die Beitragslast zwischen dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber zu verteilen und den Beitrag hälftig zu Lasten jeweils des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers festzulegen, unabhängig von der aus dem Gesetz folgenden Zahlungsverpflichtung und Beitragsschuld gem. §§ 173 f SGB VI. In der Meldung der ausbezahlten Mitarbeiterbeteiligung durch den Ordinarius an den Beklagten werde abschließend die Grundlage dafür geschaffen, dass der Beklagte das unter Einbeziehung der Mitarbeiterbeteiligung anzusetzende Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV zutreffend ermittle und die darauf lastenden Sozialversicherungsbeiträge abführe. Hierbei handle es sich auch nicht um "Trinkgelder" oder einer Situation entsprechend dem Troncsystem im Spielbankenbereich. In den gemeldeten Zahlungen auf die Mitarbeiterbeteiligung in der jeweils genannten absoluten Höhe seien damit sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung enthalten; dementsprechend sei dies bei der Mitversteuerung und Mitversicherung seitens des Beklagten zu berücksichtigen. Die Mitarbeiterbeteiligung könne nicht bedeuten, dass der einzelne Mitarbeiter aus dem Erhaltenen auch Pflichten eines Dritten, insbesondere seines Arbeitgebers, begründen solle - der Arbeitgeber könne nicht durch die Tatsache, dass der Ordinarius freiwillig zusätzliche Leistungen erbringe, belastet werden, zumal eine solche Parteivereinbarung auf einen Vertrag zu Lasten Dritter hinauslaufen würde.

Der Beklagte beantragt:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.09.2003, Az.: 3 Ca 3344/02, wird aufgehoben, soweit nicht die Klage "im Übrigen abgewiesen wurde".

II. Die Klage wird in Gänze abgewiesen.

Die Klägerin trägt im Zweiten Rechtszug zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass es zwischen dem Klinikdirektor/Ordinarius und der Klägerin keine Vereinbarung über die Mitarbeiterbeteiligung gebe, zumal diese nach der Regelung in Art. 8 a BayHSchLG freiwillig sei und auch die nichtärztlichen Mitarbeiter keinen individualrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Mitarbeiterbeteiligung hätten. Ausgehend von der Ansicht der Beklagten, dass hier sozialversicherungspflichtiges Entgelt gemäß § 14 SGB IV vorliege, sei die Mitarbeiterbeteiligung auch dementsprechend zu behandeln - es handle sich hierbei sonach um sozialversicherungspflichtiges Entgelt, das im Zusammenhang mit der Beschäftigung der Klägerin beim Beklagten gewährt werde, so dass hierfür auch die Vorschriften über die im Innenverhältnis zwischen dem Beklagten als Arbeitgeber und der Klägerin als Arbeitnehmern hälftig zu teilenden Sozialversicherungsbeiträge gelten würden. Es wäre demnach rechtswidrig, wenn der Beklagte als Klinikumsträger den Ordinarius/Klinikdirektor anweisen würde, die Mitarbeiterbeteiligung an die Klägerin einschließlich aller Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen; dies würde den sozialrechtlichen Vorschriften widersprechen und wäre damit nichtig. Der Beklagte handle widersprüchlich, wenn er einerseits § 14 SGB IV angewendet wissen wolle, aber andererseits die Pflichten aus den Sozialgesetzbüchern ablehne.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 17.12.2003, vom 15.01.2004, vom 28.01.2004, vom 29.01.2004, vom 09.02.2004, vom 13.02.2004 und vom 22.03.2004, nebst der jeweiligen Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes - ausgehend von der Unterliegensquote des Beklagten im angefochtenen Teil-Endurteil vom 19.09.2003 (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG), jedenfalls in diesem Urteil auch ausdrücklich zugelassene (§ 64 Abs. 3, Abs. 4 ArbGG) - damit statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht nimmt Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichtes München (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und weist im Hinblick auf das tatsächliche Vorbringen und die rechtlichen Erwägungen der Parteien im Berufungsverfahren ergänzend und zusammenfassend auf folgendes hin.

1. Der Feststellungsantrag sowie der Leistungsantrag sind als solche - beim Beklagten als ... und in der beantragten Formulierung zulässig (§ 256 Abs. 1, 253 ZPO; vgl. auch BAG; U. v. 03.03.1999, AP Nr. 21 zu § 611 BGB Croupier).

2. Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, verstößt die Belastung der Mitarbeiterbeteiligung, die die Klägerin als nichtärztliche Mitarbeiterin im Bruttobetrag direkt vom liquidationsberechtigten Chefarzt/Ordinarius - freiwillig, ohne Rechtspflicht (Art. 8 a Abs. 1 Satz 3 BayHSchLG), aber im Falle der Zahlung unter Verrechnung auf dessen gesetzlich vorgegebene Pflichtbeteiligungsquote (Art. 8 a Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 BayHSchLG) - erhält, mit den Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung bei der nachträglichen Abrechnung durch ihn als Arbeitsentgelt gegen zwingende sozialrechtliche Vorschriften, so dass der Beklagte auch zur Neuberechnung der Vergütung der Klägerin hinsichtlich der abgerechneten Mitarbeiterbeteiligungsbeträge verpflichtet ist.

a) Es kann im Ergebnis offenbleiben, ob es sich bei den freiwillig geleisteten Zuwendungen des liquidationsberechtigten Chefarztes an das an seiner liquidationsrelevanten Nebentätigkeit mitwirkende ärztliche und - hier - nichtärztliche Personal des Beklagten als Krankenhausträgers um Trinkgeld (im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 2 GewO) handelt oder - wie mit dem Arbeitsgericht eher anzunehmen - um, damit grundsätzlich sozialversicherungspflichtiges, (Brutto)Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV.

Handelt es sich jeweils um Trinkgeld, wäre dieses, soweit steuerfrei - wie angesichts der kumulierten jährlichen Zuwendungsbetragssumme im vorliegenden Fall offensichtlich (gem. § 3 Nr. 51 EStG aF, § 106 Abs. 4 LStR der jeweiligen Fassung bis Ende 2001, seit 2002 sind Trinkgelder in voller Höhe steuerfrei gestellt) -, nicht dem Arbeitsentgelt gem. § 14 SGB IV zuzurechnen (§ 1 Arbeitsentgeltverordnung - ArEV - ) und damit sozialversicherungsfrei - so dass die im Ergebnis (allein) auf die fehlende Berechtigung zur Entnahme auch des Arbeitgeberanteils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages aus der Mitarbeiterbeteiligung gerichteten Klageanträge schon aus diesem Grund Erfolg haben müssten.

Handelt es sich bei der Mitarbeiterbeteiligung nicht um Trinkgeld im rechtlichen Sinne, sondern um deshalb zwangsläufig sozialversicherungspflichtiges Entgelt im Sinn des § 14 SGB IV (siehe auch BAG, B. v. 05.03.2003, 5 AZB 76/02, aaO - II. 2. der Gründe -, nachdem die Klägerin arbeitsvertraglich gegenüber dem Beklagten auch zur Mitarbeit bei der privatärztlichen Nebentätigkeit des Chefarztes verpflichtet ist, s.u.), verstößt die Entnahme auch der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung hieraus gegen §§ 32 Abs. 1 SGB I, 28d f SGB IV. Nachdem bei/durch Tätigkeiten der Klägerin im liquidationsrelevanten Nebentätigkeitsbereich des Chefarztes Vertragsbeziehungen mit diesem nicht bestehen/entstehen, sondern die Klägerin auch insoweit allein ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zum Beklagten als Arbeitgeber erfüllt - Bestandteil dieser Pflichten auch die Tätigkeit im privatliquidationsberechtigenden Nebentätigkeitsbereich des Chefarztes ist (etwa BAG, U.V. 21.07.1993, NZA 1994, S. 1002 f, m.w.N.; BAG, U.v. 14.01.1981, AP Nr. 29 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche - 1. a) der Gründe - ; U.v. 16.06.1998, AP Nr. 92 zu § 87 BetrVG Lohngestaltung - B.II.2.b) aa) der Gründe - ; vgl. auch MünchHand-buchArbR-Richardi, Bd. 2., 2. Aufl. 2000, § 204 Rz. 54) -, ist der Beklagte auch insoweit Arbeitgeber der Klägerin und damit als solcher verpflichtet - was er jeweils auch nachträglich ausführt -, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag - Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil - an die Beitragseinzugstelle zu zahlen (§§ 28 e Abs. 1 Satz 1, 28 h Abs. 1, 28 i SGB IV), wobei er gegenüber dem Beschäftigten, der Klägerin, lediglich einen Anspruch auf Übernahme des von diesem zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages, also grundsätzlich der Hälfte der jeweiligen Einzelbeiträge zu den gesetzlichen Pflichtversicherungen, hat (§ 28 g Satz 1 SGB IV), welcher Anspruch nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden kann {und ein zunächst unterbliebener Abzug im Regelfall nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden kann: § 28 g Satz 2 bis Satz 4 SGB IV; vgl. zum Verfahren grundsätzlich auch etwa BAG, U.v. 18.11.1988, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Doppelarbeitsverhältnis, sowie BAG, U.v. 6.9.1990, AP Nr. 47 zu §615 BGB - V.2.b) der Gründe -). Eine hiervon abweichende Vereinbarung - wie die vom Beklagten behauptete, bestrittene, "Klarstellung" (nicht ohne weiteres, auch im Falle des behaupteten Schweigens der Klägerin bei Entgegennahme der Zahlungen, damit bereits Vereinbarung) des zahlenden Chefarztes gegenüber dem Zuwendungsempfänger, dass in der ausbezahlten Mitarbeiterbeteiligung auch der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung enthalten sei - wäre nichtig (§ 32 SGB I).

Dies bedeutet hier, dass auch dann, wenn es sich bei der Mitarbeiterbeteiligung um sozialversicherungspflichtiges Entgelt im Sinn des § 14 SGB IV handelt, der im Bruttobetrag ausbezahlte Betrag, wie konsequent geschehen, seitens des Beklagten als (alleinigen) Arbeitgebers der Klägerin dem normalen sozialrechtlichen Beitragsverfahren zu unterwerfen ist, also der Beklagte (gegebenenfalls der unmittelbar zuwendende Chefarzt (nur) im Innenverhältnis zum Beklagten) Schuldner gegenüber der zuständigen Beitragseinzugstelle hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ist und seinerseits nur, zeitnah gemäß der Regelungen des § 28 g SGB IV, im Rahmen des Lohnabzugverfahrens Anspruch auf den vom Arbeitnehmer zu tragenden hälftigen Sozialversicherungsanteil gegenüber diesem hat - nur diesen somit geltend machen kann; eine anders lautende Vereinbarung zwischen Zuwendendem und Klägerin hinsichtlich einer vollständigen Übernahme auch des vom Arbeitgeber zu tragenden, sozialrechtlich nicht im Rahmen des Beitragsabzugsverfahrens gem. § 28 g SGB IV überwälzbaren, Arbeitnehmeranteils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages durch die Klägerin wäre - was deshalb offen bleiben kann - eben nichtig (§ 32 SGB I).

Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass dann, wenn der Arbeitgeber - oder ein Dritter - eine als sozialversicherungspflichtiges Entgelt zu qualifizierende Zuwendung an den Arbeitnehmer erbringt, der Arbeitgeber (oder, im Innenverhältnis zum Arbeitgeber, der Dritte) nach den zwingenden sozialrechtlichen Vorschriften den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen hat (§ 28 e Abs. 1 SGB IV) und dieser sodann den auf den Arbeitnehmer entfallenden hälftigen Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages nur im Lohnabzugsverfahren nach Maßgabe des § 28 g SGB IV geltend machen, also überwälzen kann - er somit nicht auch den Arbeitgeberanteil vom Arbeitnehmer einfordern kann.

b) Ein mit den sozialrechtlichen Vorschriften kompatibles Verfahren der Sozialversicherungsbeitragslastverteilung und Beitragslasthaftung hinsichtlich der Mitarbeiterbeteiligung wäre - darauf sieht sich die Berufungskammer lediglich abschließend hinzuweisen veranlasst - auch unschwer möglich: Der Chefarzt könnte eine, nach den Vorschriften des Bayerischen Hochschullehrergesetzes lediglich fakultative, Beteiligung des nichtärzt-iichen Mitarbeiters auch dadurch bewirken, dass er an den Beklagten als gemeinsamen Arbeitgeber/Dienstherrn die vorgesehene Summe bezahlt mit der Auflage, als Arbeitsentgelt-Zuwendung hiervon gegenüber dem zu begünstigenden Arbeitnehmer nur den um den Arbeitgeber-Sozialversicherungsanteil bereits bereinigten Betrag zu deklarieren/auszuweisen (von, angenommen, z. B. an den Beklagten überwiesenen 1.000,00 Eu-ro somit nur einen Betrag von etwa (ca., je nach Höhe des unterschiedlichen Krankenversicherungsbeitrags) 780,00 Euro) und letzteren Betrag als die dem Arbeitnehmer zuzuwendende Mitarbeiterbeteiligung als sogenannten Arbeitnehmer-Brutto betrag auszuzahlen, der somit mit den gleichen Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (und der Lohnsteuer) verrechnet/belastet und mit dem Nettobetrag ausbezahlt wird - oder etwa die vorgegebenen Abführungsleistungen für die Inanspruchnahme von Personal des Dienstherrn/Beklagten seitens des liquidationsberechtigten Chefarztes gemäß § 23 f der Bayrischen Hochschullehrernebentätigkeitsverordnung in angemessenem Umfang zu erhöhen, so dass die Belastungen des Beklagten als Arbeitgebers mit dem sozialrechtlich durch das Lohnabzugsverfahren nicht überwälzbaren Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ausgeglichen würden (wenn nicht - als dritte, logisch allein denkbare, Alternative der (endgültigen) Tragung des Arbeitgeberanteils des Gesamtsozialversicherungsbeitrages für die Mitarbeiterbeteiligungen - auch dieser als in den gemäß §§ 23 f des Bayrischen Hochschullehrernebentätigkeitsverordnung rechtlich vorgegebenen, vom Chefarzt abzuführenden, Entgelten für die Inanspruchnahme der personellen (usw.) Ressourcen des Krankenhauses/des Beklagten bereits enthalten anzusehen wäre ...).

Die Berufung des Beklagten ist damit zurückzuweisen.

III.

Der Beklagte hat damit die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Die Berufungskammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Ende der Entscheidung

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