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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 29.06.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 148/06
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 148/06

Verkündet am: 29. Juni 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Pompe und Krause für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. Dezember 2005 - 3 Ca 20194/04 - in den Ziffern 1. und 2. abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht die Rechtsunwirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung der Beklagten ihr gegenüber geltend.

Die, ausweislich der vorgelegten Unterlagen, am 00.00.1976 geborene Klägerin war seit 01.09.1991 bei der Beklagten als Einzelhandelskauffrau/Substitutin - Assistentin im Verkauf, Bereich "Living" - mit einer Vergütung von zuletzt 2.561,-- € brutto/Monat beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 15.06.2001, Anl. K1, Bl. 3/4 d. A.). Nach näherer Darlegung der Klägerin zuletzt sei sie "bis September 1998 als Mitarbeiterin am H. bei der Beklagten tätig" gewesen und sodann zum Dezember 1998 in das Einrichtungshaus M. der Beklagten versetzt worden, wo sie bis zuletzt eingesetzt war. Die Klägerin befand sich im Zeitraum vom 17.07.2002 bis 16.07.2005 in Elternzeit. Im Zusammenhang mit der mitgeteilten Veräußerung des Einrichtungshauses M. an die Fa. B. GmbH mit Wirkung vom 01.10.2004 widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2004 (Anl. B1, Bl. 11 d. A.) dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses "lt. § 613a Abs. 6 BGB", woraufhin die Beklagte nach Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes München-Stadt zur Kündigung der Klägerin und weiterer im Mutterschutz bzw. in Elternzeit befindlicher Arbeitnehmerinnen mit Bescheid vom 17.11.2004 (Anl. B3, Bl. 13 bis 16 d. A.) das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 30.11.2004 (Anl. K2, Bl. 5 d. A.) zum 31.07.2005 aus betriebsbedingten Gründen kündigte.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 02.12.2005, das der Beklagten am 18.01.2006 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses nach Einvernahme eines von der Beklagten benannten Zeugen zur Frage einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Klägerin der Klage mit der Begründung stattgegeben hat, dass die angefochtene Kündigung zwar nicht an der fehlenden Bestandskraft des - von der Klägerin zwischenzeitlich verwaltungsgerichtlich angefochtenen - Zulassungsbescheides des Gewerbeaufsichtsamts vom 17.11.2004 und am Fehlen einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung scheitere - der Betriebsrat des Einrichtungshauses M. sei nach erfolgtem Betriebsübergang nicht mehr zuständig gewesen - und auch die geltend gemachte Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG nicht vorliege. Jedoch hätte die Beklagte auf Grund Entfalls des Arbeitsplatzes der Klägerin infolge des stattgefundenen Betriebsüberganges in Bezug auf das Gesamtunternehmen prüfen müssen, ob nicht eine anderweitige - auch unterwertige, der Klägerin zumutbare - Beschäftigungsmöglichkeit, möglicherweise bezogen auf den Zeitpunkt der Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub, vorliege - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien alternative Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin lediglich hinsichtlich ihrer bisherigen Funktion als Assistentin Verkauf im Bereich "Living" untersucht worden, weshalb eine erforderliche Prüfung hinsichtlich anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten auf einem freien oder freiwerdenden Arbeitsplatz etwa unterhalb des Tätigkeitsbereiches einer Führungskraft im Unternehmen unterblieben sei, was sich auch an der von der Klägerin zuletzt vorgelegten Liste freier Stellen zeige. Auch wenn die Liste vom 27.01.2005 nicht notwendigerweise auch auf einen Zeitpunkt davor oder nachher zutreffe, zeige diese jedoch, dass im Bereich des Gesamtunternehmens eine Vielzahl von Stellen frei sein könne. Die Frage einer Verletzung der Pflicht zur Sozialauswahl durch die Beklagte könne damit dahingestellt bleiben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 31.01.2006, am 01.02.2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie fristgerecht vorgetragen hat, dass den Arbeitgeber hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit keine Prüfungspflicht im Sinne einer Wirksamkeitsvoraussetzung für die betriebsbedingte Kündigung treffe, sondern entscheidend sei, ob die Umsetzung des gekündigten Arbeitnehmers auf einen anderen freien Arbeitsplatz tatsächlich möglich sei. Deshalb reiche die Vorlage von Stellenangeboten vom 27.01.2005 durch die Klägerin im Kammertermin beim Arbeitsgericht nicht zum Nachweis dafür aus, dass bereits bei Ausspruch der Kündigung Ende November 2004 freie geeignete Arbeitsplätze auch unterhalb der Führungsposition vorhanden gewesen seien. Selbst wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, auf den es ankomme, frei geeignete Arbeitsplätze vorhanden und in Aussicht gewesen seien, sei nicht gesagt, dass diese Klägerin angeboten hätten werden müssen, zumal die Stellenbörse sich an alle Mitarbeiter des Unternehmens richte und die Beklagte bei mehreren Bewerbern eine Auswahl nach § 315 Abs. 3 BGB treffen hätte müssen. Da die Klägerin keine konkreten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Zeitpunkt der Kündigung benannt habe, könne die Kündigung hieran nicht scheitern. Die vom Arbeitsgericht offen gelassene soziale Auswahl sei auf das Einrichtungshauses M., bei dem es sich um einen eigenständigen Betrieb mit eigener Personalleitung und eigenem Betriebsrat gehandelt habe, begrenzt, wobei auch die arbeitsvertraglichen Versetzungsklauseln nicht zur Erweiterung der sozialen Auswahl führen könnten.

Die Beklagte beantragt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 2.12.2005, Aktenzeichen: 3 Ca 20194/04, aufgehoben.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass sie vorsorglich bestreite, dass es tatsächlich zu einem Betriebsübergang bereits mit Wirkung vom 01.10.2004 gekommen sei, wobei sie zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges unstreitig im Erziehungsurlaub gewesen sei. Solange freie Arbeitsplätze vorhanden seien, liege kein dringender betrieblicher Grund, der eine Kündigung bedinge, vor, weshalb der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen habe, dass eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei. Der erstinstanzlich einvernommene Zeuge (T.) habe bestätigt, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung durchschnittlich immer zwei bis fünf Seiten an freien Stellen bei der Beklagten vorhanden seien. Diese Verpflichtung des Arbeitgebers begrenze sich für eine Mutter, die sich im Erziehungsurlaub befinde, nicht allein darauf, ob die Mitarbeiterin an einem gleichwertigen Arbeitsplatz beschäftigt werden könne, sondern darauf, ob eine Weiterbeschäftigung an irgendeinem Arbeitsplatz möglich sei, wobei die Beklagte zur Erlangung der Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes diesem vorgespiegelt habe, dass bei der Beklagten keinerlei Arbeitsplätze vorhanden wären und z. Z. keine Mitarbeiter eingestellt würden, welche Aussage unstreitig falsch sei. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung hätte sich angesichts zu diesem Zeitpunkt bereits 40 - hiervon im Bereich München fünf bis zehn - freier Stellen für einen verständigen Personalleiter ergeben, dass eine Weiterbeschäftigung der Klägerin notfalls zu geänderten Arbeitsbedingungen zum Ende des Erziehungsurlaubs möglich gewesen wäre, wobei durch die zwangsläufig auftretenden Personalengpässe im Rahmen der Urlaubszeit im Bereich K. I. und Sch. sowie bei H. fünf bis zehn Aushilfen für die Urlaubszeit gesucht worden seien. Die Beklagte habe der Klägerin am 07.12.2005 und etwa am 07.03.2006 andere Stellen angeboten, welche Angebote die Beklagte, zuletzt auch wegen des am 22.04.2006 beginnenden erneuten Mutterschutzes der Klägerin, wieder abgesagt habe. In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat sich die Klägerin zuletzt auch auf eine Verletzung des "Sanierungstarifvertrages" berufen.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 27.03.2006, vom 18.04.2006, vom 02.05.2006, vom 09.05.2006 und vom 22.05.2006, nebst der vorgelegten Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22.06.2006.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet, da ihre ordentliche Kündigung vom 30.11.2004 sozial gerechtfertigt war (§ 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG in der seit 01.01.2004 geltenden Fassung, das unstreitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand), weshalb unter Abänderung des Ersturteils die Klage abzuweisen ist.

1. a) Der erfolgte Betriebsübergang, zum 01.10.2004, durch den vorgetragenen Verkauf des Einrichtungshauses M. der Beklagten zu diesem Zeitpunkt und der hierdurch verursachte Entfall des bisherigen Arbeitsplatzes der Klägerin dort ist unstreitig bzw. nicht, wie erforderlich, substantiiert bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Einwände gegen die entsprechenden Feststellungen hierzu im Tatbestand des angefochtenen Ersturteils sind von der Klägerin nicht erhoben. Vom erfolgten Betriebsübergang - und ersichtlich auch dessen Zeitpunkt - ging die Klägerin selbst in ihrem Widerspruchsschreiben vom 12.10.2004 aus (Einwände hinsichtlich einer etwa nicht ordnungsgemäß erfolgten Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB sind nicht erhoben). Ungeachtet dessen, dass dies auch aus anderen Rechtsstreitigkeiten/Berufungsverfahren gerichtsbekannt ist, ist das Bestreiten der Klägerin - die auch in ihren erstinstanzlichen Schriftsätzen ersichtlich (§ 133 BGB - entsprechend -) von einem erfolgten Betriebsübergang und dessen Zeitpunkt am 01.10.2004 ausgegangen war (die Fa. B. habe bereits im November 2004 begonnen, Einzelgespräche mit den Mitarbeitern wegen einer Änderung deren Vertragsbedingungen zu führen: etwa Schriftsatz vom 15.11.2005, Bl. 68/69 d. A.) - hierzu zuletzt - das nicht einmal eindeutig erkennen lässt, ob nunmehr bereits der Betriebsübergang als solcher und/oder dessen Zeitpunkt bestritten werden sollen - unsubstantiiert und damit unbehelflich.

b) Damit war der Arbeitsplatz, den die Klägerin vor Beginn ihrer Elternzeit am 17.07.2002 in diesem Einrichtungshaus innehatte, entfallen. Die Klägerin hat auch das Vorbringen der Beklagten nicht bestritten, dass diese nach dem Verkauf des Einrichtungshauses M. bundesweit kein Einrichtungshaus mehr betreibe und sie sich von diesem Unternehmensbereich vollständig getrennt habe.

c) Eine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung schied aus.

aa) Wie das Arbeitsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, muss der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - ultima-ratio-Grundsatz - vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien gleichwertigen Arbeitsplatz auch in einem anderen Betrieb des Unternehmens anbieten, falls eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 lit. b KSchG - unabhängig vom dort zugrunde liegenden Widerspruch eines Betriebsrats deswegen -), ggf. auch nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG).

Die Weiterbeschäftigung muss aber sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein, was voraussetzt, dass anderweitig - in einem anderen Betrieb/Kaufhaus - ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (auch schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt. Als "frei" sind hierbei solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt der Kündigung als dem für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung maßgeblichen Prüfungszeitpunkt unbesetzt sind oder bei denen im Zeitpunkt der Kündigung mit hinreichender Sicherheit vorhergesehen werden kann, dass sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist - sofern die Überbrückung letzteren Zeitraumes dem Arbeitgeber zumutbar ist - frei werden (vgl. zuletzt etwa BAG, U. v. 24.06.2004, AP Nr. 76 zu § 1 KSchG 1969; Ue. v. 15.12.1994, v. 25.04.2002 und v. 23.11.2004, AP Nr. 67, 121 und 132 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, jeweils m. w. N.; siehe auch LAG Niedersachsen, U. v. 19.04.2004, LAGReport SD 2005 S. 254 (LS); siehe hierzu auch KR-Etzel, 7. Aufl. 2004, § 1 KSchG Rzn. 545 f und 217 f; vgl. näher auch Nicolai, BB 2006, S. 1162 f - unter II. 1. -; Gaul/Kühnreich, BB 2003, S. 254 f; Busch, NZA 2000, S. 754 f).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Kündigung wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, weil eine anderweitige Beschäftigung im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht möglich oder nicht zumutbar ist, trifft den Arbeitgeber (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG). Der Umfang der Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich einer möglichen und zumutbaren Weiterarbeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu den gleichen oder anderen Bedingungen hängt im Kündigungsschutzprozess allerdings davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigung einlässt. Zunächst genügt der allgemeine Vortrag, dass eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich sei, woraufhin es dem Arbeitnehmer obliegt, konkret darzustellen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz vorstellt, an welche Art der Beschäftigung, an welchem etwa anderen Ort, er konkret denkt, was auch für Arbeitnehmer eines Großunternehmens gilt (siehe etwa BAG, U. v. 12.04.2002 und U. v. 25.02.1988, RzK I 5 c Nrn. 139 und 26; KR-Etzel, aaO, Rzn. 558/559, m. w. N.).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann hier zur Überzeugung der Berufungskammer nicht davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin am 30.11.2004 von Vorhandensein - oder jedenfalls dem Freiwerden - eines objektiv freien und beiden Parteien subjektiv zumutbaren, durch die Klägerin zu besetzenden Arbeitsplatzes auszugehen war.

(1) Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beim Arbeitsgericht vom 02.12.2005 vorgelegten Listen freier Stellen einer konzerninternen Stellenbörse datieren vom 27.01.2005 (Bl. 78 bis 80 d. A.) bzw. vom 16.02.2005 (Bl. 81 bis 84 d. A.) und somit einem Zeitpunkt ca. drei bis dreieinhalb Monate nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung und beinhalten auch umfänglich Stellen in rechtlich selbstständigen, offensichtlich konzernangehörigen, Unternehmen (N. AG, Q. AG, K. AG & Co. KG, M. GmbH usw.) - letztere sind mangels konzernweit denkbarer, von der Klägerin auch nicht geltend gemachter, Weiterbeschäftigungspflicht irrelevant.

Dass bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung Ende November 2004 die - oder ein Teil der - dort aufgelisteten Stellen - etwa zunächst in den anderen Kaufhäusern, der Beklagten, in München (oder Bayern) - frei gewesen seien oder deren Freiwerden jedenfalls während der Kündigungsfrist absehbar gewesen sei oder zu diesem Zeitpunkt etwa andere Stellen frei(werdend) gewesen seien, wurde von der Beklagten in Abrede gestellt und von der Klägerin nicht, wie erforderlich, substantiiert - hinsichtlich einzelner dieser Stellen - bestritten; erst recht hat die Klägerin nicht konkret dargestellt, wo und wie sie sich eine anderweitige Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz überhaupt konkret vorstelle.

(2) Der vom Arbeitsgericht vernommene Zeuge T. - die Glaubhaftigkeit seiner Aussage ist weder vom Arbeitsgericht noch von der Klägerin angegriffen - hat ausgesagt, dass er zum Zeitpunkt der Kündigung Anfragen hinsichtlich Vakanzen bzgl. eines Einsatzes von Führungskräften für den Bereich "Living" in der Konzernstellenbörse gestartet und - auch später, etwa bei Abfragen im Mai oder Juli 2005 - hierbei nur negative Antworten bekommen habe.

Es kann zunächst nicht beanstandet werden, dass die Beklagte die Suche nach freien Arbeitsplätzen unternehmensweit sonach zum einen auf den Bereich "Living" - nachdem nach wiederum nicht-angegriffener Aussage des Zeugen T. die Klägerin seit Beschäftigungsbeginn in diesem Bereich tätig gewesen sei und dieser sich ein Tätigwerden der Klägerin in anderen Verkaufsbereichen (etwa Damenwäsche) wegen des erforderlichen besonderen know-hows und der erforderlichen "schweren" Einarbeitung schwer vorstellen könne - und auf Führungspositionen beschränkt hat.

Die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen freien Arbeitsplatz unterliegt grundsätzlich der Unternehmerentscheidung der Beklagten, die lediglich auf offenbare Unsachlichkeit zu prüfen ist (vgl. nur BAG, U. v. 24.06.2004, aaO - B. II. 2. a der Gründe, m. w. N. -).

Die Klägerin macht nicht einmal, im Sinne substantiierten Bestreitens, geltend, dass sie die in der Liste der "internen Stellenangebote" vom 27.01.2005 enthaltenen Positionen - zunächst in München oder Bayern, ggf. im Rahmen der arbeitsvertraglichen Versetzungsklauseln: bundesweit - eines Abteilungsleiters Verkauf im Bereich G. des Kaufhauses M. (Nr. 000000) oder eines Assistenten Verkauf im Bereich Damenwäsche/Fashion des Kaufhauses H. (Nr. 000000) oder diejenige eines Mitarbeiters im Reisebüro M. (Nr. 000000) oder eine der in der Liste vom 16.02.2005 aufgelisteten Stellen einer (einfachen) Verkäuferin in den Bereichen F. (Nrn. 000000, ...) angenommen haben würde (falls diese eben bereits zum Zeitpunkt ihrer Kündigung frei/absehbar frei werdend gewesen wären) und ihr - und der Beklagten - eine Beschäftigung dort unter den konkreten Umständen zumutbar gewesen wäre. Eine auch nur ansatzweise konkrete Darstellung der Klägerin, wo und wie sich eine anderweitige Beschäftigung auf einem freien - oder erwartbar frei werdenden - Arbeitsplatz vorstelle, fehlt.

(3) Es mag sein, dass, angesichts der großen Zahl der beschäftigten Verkaufskräfte etc., auch bei dem von der Beklagten unbestritten vorgetragenen absoluten Einstellungsstopp immer eine gewisse Fluktuation bestehen wird und freiwerdende Stellen in gewissem Umfang auch nachzubesetzen sind, wie aus den vorgelegten Stellenlisten aufscheint. Es kann der Beklagten aber nicht angesonnen werden, etwa unbesehen und von vornherein der Klägerin sämtliche zum Zeitpunkt der Kündigung freien Stellen aus der Stellenbörse - in München, auch in Bayern insgesamt, auch im gesamten Bundesgebiet? - ohne Rücksicht auf das jeweilige Stellenprofil, Niveau und den Tätigkeitsbereich unbesehen anzubieten - die Klägerin muss wenigstens im Sinne substantiierten Bestreitens näher aufzeigen, dass und welche freien/absehbar frei werdenden Stellen sie - wo, auch bei ggf. niedrigerwertigem Anforderungsprofil - auch in einfacher Funktion etwa als "schlichter" Verkäuferin oder in anderen Tätigkeitsfeldern/-bereichen - angenommen haben würde. Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich im Wesentlichen in der allgemeinen Behauptung der annähernden Selbstverständlichkeit, dass es freie Stellen beider Beklagten gegeben habe/haben müsse, ohne, im Sinne substantiierten Bestreitens, konkret Alternativbeschäftigungsmöglichkeiten und deren beiderseitige Zumutbarkeit etc. im eingangs beschriebenen Sinn aufzuzeigen.

Der einzig konkrete Hinweis auf die Suche von fünf bis zehn Aushilfen für die Urlaubszeit im Bereich K. I. (?) und Sch. (im Sommer 2005) muss nicht weiter kommentiert werden - die Klägerin behauptet auch insoweit nicht, sie hätte solche, üblicherweise kurzzeitig befristeten, Urlaubsaushilfsjobs, wo und welchen Tätigkeitsbereichen auch immer, als zumutbar angenommen ...

cc) Der Sinn eines von der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zuletzt erbetenen Nachlasses einer Schriftsatzfrist zum weiteren Vortrag hinsichtlich freier Arbeitsplätze "nach Einholung von Auskünften des Gewerbeaufsichtsamtes" (Sitzungsniederschrift vom 22.06.2006, S. 3, Bl. 139 f/141 d. A.) erschließt sich der Berufungskammer nicht - es ist weder vorgetragen noch sonst irgendwie erkennbar, dass, ausgerechnet, das Gewerbeaufsichtsamt Kenntnis von freien Arbeitsplätzen bei der Beklagten, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung, haben sollte ...! Die Klägerin führt im Gegenteil selbst aus, dass die Beklagte das Gewerbeaufsichtsamt über das Fehlen freier Arbeitsplätze getäuscht habe - dieses also offensichtlich erst recht keine entsprechende Kenntnis haben kann.

Auch die allgemeine Berufung der Klagepartei auf den Sanierungstarifvertrag bei der Beklagten ebenfalls zuletzt ist unbehelflich (wenn nicht verspätet: § 67 Abs. 2 f ArbGG). Auf dessen Existenz hatte die Beklagte selbst bereits erstinstanzlich verwiesen (Schriftsatz vom 05.04.2005, S. 2/dort unter 2., Bl. 23f/24 d. A.), ohne dass dies von der Klägerin sodann aufgegriffen worden war.

Von etwaigen Inhalten dieses Tarifvertrages hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ersichtlich aus dem Rechtsgespräch der Berufungskammer mit den Prozessbevollmächtigten der dortigen Parteien eines am 22.06.2006 unmittelbar vor der Verhandlung des vorliegenden Verfahrens hier terminierten Parallelverfahrens gegen die Beklagte als Zuhörer eines Teils der dortigen mündlichen Verhandlung - wo Details des Sanierungstarifvertrages näher thematisiert waren - erfahren. Eine konkrete Rüge etwa hinsichtlich besonderer Pflichten der Beklagten zu einer Weiterbeschäftigung etc. nach dem Sanierungstarifvertrag fehlt. Der Schriftsatz der Klägerin vom 27.06.2006, nach Schließung der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2006, ist am 29.06.2006 allein mit normaler Post beim Landesarbeitsgericht München eingegangen und konnte deshalb naturgemäß erst nach der Sitzung - mit der Entscheidungsverkündung um 9.00 Uhr morgens hier - am Nachmittag dieses Tages zur Kenntnis genommen werden (ungeachtet der Frage einer etwaigen Entscheidungserheblichkeit des dortigen Vorbringens ...).

3. Eine Verletzung der Grundsätze der sozialen Auswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) ist weder - auch nicht hilfsweise - von der Klägerin gerügt noch sonst ersichtlich - diese würde sich auf das (ehemalige Einrichtungshaus M. der Beklagten als eigenständigen Betriebes (vgl. LAG München, U.v. 21.03.2002, Az. 3 TaBV 52/01, vorgelegt als Anlage B 4, Bl. 54 f d.A.) beschränken, woran auch die uU überbetrieblichen/unternehmensweiten Versetzungsklauseln in Zf. 6. des Arbeitsvertrages vom 15.06.2001 und in der hier in Bezug genommenen Zusatzvereinbarung für "Assistenten/Assistentinnen Verkauf" gleichen Datums (Bl. 85 d.A.) nichts ändern (vgl. näher das bereits vom Arbeitsgericht hierzu zutreffend in Bezug genommene Urteil des BAG v. 02.06.2005, AP Nr. 73 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl - die Beklagte hat nach ihrem unbestritten gebliebenen Vorbringen auch alle Arbeitnehmer, die dem dortigen Betriebsübergang widersprochen hatten, gekündigt).

4. Eine Beteiligung eines Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung vom 30.11.2004 entfiel, da - wie das Arbeitsgericht hierzu überzeugend ausgeführt hat - durch den zum 01.10.2004 erfolgten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB keine Zuständigkeit des auf die Betriebserwerberin übergegangenen Betriebsrats mehr bestand und dieser deshalb nicht zu beteiligen war (vgl. näher das bereits vom Arbeitsgericht hierzu zitierte Urteil des BAG vom 21.03.1996, AP Nr. 81 zu § 102 BetrVG 1972) - ungeachtet dessen, dass allerdings (anders, als die Klägerin in der Berufungsbeantwortung behauptet) eine, offensichtlich prophylaktische, Anhörung des Betriebsrats erfolgt war und die Beklagte auch erstinstanzlich unbestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO) vorgetragen hatte, dass ergänzend zur Anhörung mit Schreiben vom 13.10.2004 (Anl. B2, Bl. 12 d. A.) eine mündliche Information des - im Übrigen bereits umfänglich in Kenntnis gesetzten - Betriebsrats erfolgt gewesen sei ...

5. Einwände hinsichtlich des Vorliegens einer Betriebsänderung gemäß §§ 111 f BetrVG - mit welchen Rechtsfolgen im vorliegenden Zusammenhang auch immer (!) - sind zumal im Hinblick auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu nicht mehr erhoben.

6. Die konkrete Kündigungsfrist der streitgegenständlichen Kündigung zum 31.07.2005 ist von der Klägerin ebenfalls nicht gerügt (diese ist insoweit offensichtlich der Auflage unter Ziff. 2. des Entscheidungssatzes des Bescheides des Gewerbeaufsichtsamts München-Stadt vom 17.11.2004 geschuldet, dass die dort zugelassenen Kündigungen nur so ausgesprochen werden dürften, dass diese frühestens zum Ende der beantragten, derzeit laufenden, Elternzeiten der Betroffenen wirksam würden).

7. Das Gericht war unverändert nicht veranlasst, den Rechtsstreit etwa bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über die von der Klägerin angefochtene Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes vom 17.11.2004 gemäß § 18 BErzGG - das nach Erfahrung des Landesarbeitsgerichts durchaus noch Jahre dauern kann - auszusetzen:

Wie bereits das Arbeitsgericht hierzu zutreffend ausgeführt hat, haben zwar Widerspruch und Anfechtungsklage der gekündigten Arbeitnehmerin gegen den Zustimmungsbescheid des Gewerbeaufsichtsamts verwaltungsrechtlich aufschiebende Wirkung, hindern den Arbeitgeber jedoch nicht, die Kündigung zivilrechtlich zunächst "schwebend wirksam" zu erklären (BAG, Ue. v. 17.06.2003, AP Nr. 33 und 35 zu § 9 MuSchG 1968).

Eine Aussetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über den Zustimmungsbescheid war zu Überzeugung der Berufungskammer nicht in Betracht zu ziehen, da die mögliche lange Verfahrensdauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (in einem in der Berufungskammer anhängigen Verfahren wurde ca. Mitte 2005 erstinstanzlich durch das Verwaltungsgericht München die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers/Klägers aus dem Jahr 1993 aufgehoben) dem Beschleunigungsgrundsatz bei Kündigungsrechtsstreitigkeiten (§§ 64 Abs. 8, 61a ArbGG) gegenüberzustellen ist und letzterer hier überwiegt (vgl. auch BAG, U. v. 17.06.2003, AP Nr. 33 zu § 9 MuSchG 1968 - B. II. 2. der Gründe -).

Im Falle eines Obsiegens der Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Prozess ist sie auf die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Arbeitsrechtsstreits verwiesen (Restitutionsklage gemäß §§ 578 f, 580 Ziff. 6. ZPO; vgl. auch KR-Bader aaO, § 9 MuSchG Rz. 127, m. w. N.).

8. Damit war die Klage unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen.

III.

Die Klägerin hat damit die Kosten des Rechtstreits beider Instanzen zu tragen (§§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG die Klägerin hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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