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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 159/07
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 123 Abs. 1
BGB § 626
KSchG § 1 Abs. 2
(Zweitinstanzlich erfolgreiche) Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung durch die Arbeitnehmerin bei der Einstellung durch Vorlage als gefälscht anzusehender ausländischer Ausbildung-/Prüfungszeugnisse; hier keine Teilrückwirkung der erfolgreichen Anfechtung bis zum Zeitpunkt der einseitigen, wohl als rechtsunwirksam anzusehenden, Freistellung der Arbeitnehmerin im Zusammenhang mit einer früheren ordentlichen Kündigung.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 159/07

Verkündet am: 28. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Gegenfurtner und Fischer für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18. Januar 2007 - 11 Ca 8783/06 - wird hinsichtlich des in Zf. 5. des Tenors auch ausgeurteilten Betrages von 439,45 EUR brutto nebst Zinsen als unzulässig verworfen.

II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18. Januar 2007 - 11 Ca 8783/06 - in den Zfn. 1. bis 5. und 8. im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung teilweise wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 7.694,37 (in Worten: Siebentausendsechshundertvierund-neunzig 37/100) EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 4.049,64 (in Worten: Viertausendundneunundvierzig 64/100) EUR brutto seit 01.09.2006 und aus einem weiteren Betrag von 3.644,73 (in Worten: Dreitausendsechshundertvierundvierzig 73/100) EUR brutto seit 01.10.2006 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen.

III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 70 % und die Beklagte zu 30 % zu tragen.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten insbesondere über die Wirksamkeit einer Anfechtung des Arbeitsverhältnisses durch die beklagte Arbeitgeberin und mehrerer außerordentlicher und (auch jeweils hilfsweise ausgesprochener) ordentlicher Arbeitgeberkündigungen sowie über Vergütungsansprüche der Klägerin für die Dauer der Kündigungsfrist einer ersten ordentlichen Kündigung.

Die am 00.00.1973 geborene, verheiratete, Klägerin wurde mit Arbeitsvertrag vom 19.08.1992 (Anl. K1, Bl. 3 bis 5) von der Beklagten zum 20.08.1992 zunächst als Pflegehelferin eingestellt. Nach dem Personalakt der Klägerin hatte diese der Beklagten Zeugnisse über die Absolvierung und den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung als "Krankenschwester der Qualifikationsstufe IV" - "komplexe Berufskategorie" -, absolviert an der Medizinischen Schule in D./ehemals Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien, nunmehr Republik Bosnien und Herzegowina (Anl. K16, 159 f d. A. und Übersetzung in Anl. B21, Bl. 186 f d. A.), vorgelegt.

Nachdem die Regierung von Oberbayern zum Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" mit Schreiben vom 19.09.1997 (Anl. B24, Bl. 192/193 d. A.) mitgeteilt hatte, dass nach den vorgelegten Unterlagen ihr Ausbildungsstand angesichts der Anforderungen an den theoretischen und praktischen Unterricht und die praktische Ausbildung nach der damaligen Fassung des Krankenpflegegesetzes dem einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgebildeten Krankenschwester nicht gleich geachtet werden könne, ihr jedoch die Anerkennung als "Krankenschwester" in Aussicht gestellt werden könne, wenn sie für mindestens sechs Monate in einem Akutkrankenhaus (Großkrankenpflege) tätig werde, dabei ein Einsatz für jeweils drei Monate auf einer internen und einer chirurgischen Abteilung erfolge (usw.) und sie über den erfolgreichen Einsatz ein von einer Pflegedienstleitung ausgestelltes Zeugnis vorlege, absolvierte die Klägerin gemäß Praktikantenvertrag vom 01.12.1997 (Anl. K18, 219 d. A.) im Zeitraum von diesem Tag bis 31.05.1998 im Klinikum G. der Universität M. erfolgreich ein sechsmonatiges Anerkennungspraktikum als Krankenschwester (Bescheinigung der Pflegedienstdirektion des Klinikums G. vom 02.06.1999, Anl. K19, Bl. 220/221 d. A.). Mit Urkunde vom 02.09.1999 (Anl. B27, Bl. 194 d. A.) erhielt die Klägerin die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Krankenschwester".

In der Folge absolvierte die Klägerin erfolgreich einen Kurs zur Stationsleitung und danach einen Lehrgang zur Pflegedienstleitung im Altenheim, woraufhin sie mit Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 31.10.2000 (Anl. B2, Bl. 51 d.A.) mit Wirkung vom 01.11.2000 als verantwortliche Pflegefachkraft (Pflegedienstleitung) für den Seniorenzentrumsbereich der Einrichtung der Beklagten tätig wurde. Die Klägerin erhielt in dieser Funktion zuletzt eine Vergütung von 4.035,64 € brutto/Monat, einschließlich umgelegter Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zunächst mit Schreiben vom 06.06.2006 (Anl. K2, Bl. 7 d. A.) ordentlich zum 30.09.2006, gestützt insbesondere auf den Vorwurf - als Tat-, hilfsweise als Verdachtskündigung -, dass sie trotz ausdrücklicher Weisungen und schriftlicher Verpflichtung unberechtigt Betriebsinterna an den früheren Geschäftsführer der Beklagten Sch. - (ehemals) Alleingesellschafter der Fa. A. GmbH als früherer Alleingesellschafterin der Beklagten, wobei Insolvenzverfahren sowohl über das Vermögen des Herrn Sch. im Jahr 2003 als auch über das Vermögen der Fa. A. GmbH eröffnet wurden - weitergegeben habe, die dieser für Beschwerden hinsichtlich der Beklagten bei zuständigen Behörden, etwa der Heimaufsicht, genutzt habe.

Mit weiterem Schreiben vom 27.09.2006 (Anl. K15, Bl. 158 d. A.) focht die Beklagte den Anstellungsvertrag wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung an, dass sie inzwischen feststellen habe müssen, dass die Klägerin ausweislich der nunmehr vorliegenden Erkenntnisse die von ihr angegebene medizinische Schule in D./Bosnien-Herzegowina nicht besucht habe und ihre hierüber vorgelegten Unterlagen deshalb gefälscht seien; mit demselben Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis vorsorglich außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgemäß. Weitere Arbeitgeberkündigungen erfolgten mit Schreiben der Beklagten vom 14.12.2006 (Anl. K21, Bl. 231 d. A.) und zuletzt mit Schreiben vom 13.02.2007 (Anl. B47, Bl. 437 d. A.) jeweils außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin die Rechtsunwirksamkeit der Anfechtungserklärung der Beklagten und deren sämtlicher Kündigungen sowie Ansprüche auf Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate August und September 2006 als die beiden letzten Monate vor Ablauf der Frist der zeitlich erstmals erklärten ordentlichen Kündigung vom 06.06.2006 geltend, während die Beklagte im Wege der Widerklage die Rückzahlung der ausbezahlten Arbeitsvergütung für den davor liegenden Zeitraum der Frist der ordentlichen Kündigung vom 06.06.2006 bis 31.07.2006 verlangt.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 18.01.2007, das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 01.02.2007 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses den Feststellungsanträgen der Klägerin sowie ihren Anträgen auf Weiterbeschäftigung und auf Aufhebung des zeitgleich mit Ausspruch der ordentlichen Kündigung vom 06.06.2006 erteilten Hausverbotes und des Weiteren auf restliche Vergütungszahlung, unter Abweisung der Widerklage, im wesentlichen mit der Begründung stattgegeben hat, dass sich die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen als Verdachtskündigungen daraus ergebe, dass dieser Verdacht keine hinreichende Grundlage habe und die Klägerin folglich hierzu nicht, jedenfalls nicht hinreichend, angehört worden sei. Die einzige Grundlage für den Verdacht der Beklagten, die Klägerin habe ihren ehemaligen Geschäftsführer mit gewissen Informationen versorgt, bestehe daran, dass sie mit diesem bekannt oder befreundet (gewesen) sei, wobei es sich bei der daraus abgeleiteten Vermutung der Beklagten, der ehemalige Geschäftsführer habe die fraglichen Informationen nur von der Klägerin erhalten haben können, lediglich um eine reine Vermutung, nicht, wie erforderlich, bereits um einen greifbaren Verdacht handle. Mangels hinreichend greifbaren Verdachts habe die Beklagte die Klägerin auch nicht in der erforderlichen Weise angehört und sie hierbei mit konkreten und substantiellen Verdachtsgründen konfrontiert, sondern ihr nur vollkommen diffuse und allgemeine Vorwürfe gemacht und sie lediglich ausgeforscht. Auch die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung stütze sich lediglich auf einen Verdacht, weshalb die Beklagte die Klägerin auch vor der Anfechtungserklärung anhören hätte müssen, was sie nicht getan habe - nach dem im Kündigungsschutzrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsse dem Arbeitnehmer Gelegenheit gegeben werden, einen Verdacht auszuräumen, bevor ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Verdachts beendet werde, was unabhängig von einer Beendigung durch Kündigung oder Anfechtung des Arbeitsvertrages gelte.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.02.2007, am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie gleichzeitig vorgetragen hat, dass sie am 26.09.2006 sichere - mittlerweile durch neue Erkenntnisse wesentlich verstärkte - Kenntnis davon erhalten habe, dass die Klägerin bei ihrer Einstellung gefälschte Zeugnisse vorgelegt habe. Die Regierung von Oberbayern habe der Beklagten mit Schreiben vom 16.02.2007 (Anl. B45, Bl. 435 d. A.) mitgeteilt, dass sie gegen die Klägerin das Verfahren zum Entzug der Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 2 Krankenpflegegesetz eingeleitet habe - wie gemäß weiterem Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 22.05.2007 (Anl. B52, Bl. 580 d. A.) mit Bescheid vom selben Tag, dessen Sofortvollzug angeordnet worden sei, nunmehr geschehen. Die Beklagte habe nach Durchsicht der Personalakte der Klägerin feststellen müssen, dass das Schriftbild der von der Klägerin vorgelegten Zeugnisse über ihre Ausbildung in Bosnien-Herzegowina Ähnlichkeiten zu ihrer eigenen Handschrift aufweise; nach mündlicher und schriftlicher Bestätigung des derzeitigen Leiters der Medizinischen Mittelschule in D./Bosnien-Herzegowina habe die Klägerin diese Schule weder besucht noch seien die Unterzeichner der von der Klägerin vorgelegten Zeugnisse - der angebliche Klassenlehrer und der angebliche Direktor - dort jemals beschäftigt gewesen. Im Rahmen der weiteren Recherchen der Beklagten sei durch das Ministerium für Bildung und Kultur der Republik S. vom 08.11.2006 (Anl. B30, Bl. 259 d. A.) festgestellt worden, dass es - entgegen dem ursprünglichen Einwand der Klägerin - nur eine einzige Medizinische Schule in D. gegeben habe und gebe und die Zeugnisse und das Diplom der Klägerin nicht gültig seien. Auch aus den vorgelegten Amtsblättern ergebe sich, dass es nur einzige medizinische Schule in D. gebe und gegeben habe. Die Klägerin habe die bei der Einstellung vorgelegten Zeugnisse weiterverwendet und nur auf deren Basis zunächst die Erlaubnis, sich nach deutschem Recht "Krankenschwester" nennen zu dürfen, erhalten und weiter den Stationsleitungslehrgang sowie die Ausbildung zur Pflegedienstleitung absolviert, weshalb sie unter Berücksichtigung der Vorgaben des Heimgesetzes und der Heimpersonalverordnung zuletzt als anerkannte Pflegefachkraft in der herausgehobenen Position einer Pflegedienstleiterin beschäftigt habe werden dürfen. Die Beklagte unterliege der Heimaufsicht und könne und dürfe es deshalb nicht dulden, dass in dieser sehr verantwortlichen Position eine Mitarbeiterin beschäftigt werde, die die Voraussetzungen hierfür erschlichen habe, zumal durch die Heimaufsicht gegen eine Einrichtung, die eine solche Täuschung dulde oder nach dem Aufdecken von Täuschungen dagegen nicht vorgehe, einschneidende Anordnungen bis zur Untersagung des Betreibens der Einrichtung getroffen werden könnten und auch die Vergütungsvereinbarungen der Beklagten mit den Kostenträgern nach § 85 SGB XI hierdurch gefährdet seien. Die von der Klägerin bestrittene Kausalität einer Täuschung zu ihrer Einstellung habe vorgelegen, zumal hierfür eine Mitverursachung ausreiche. Auch aus einem von Herr Sch. unterzeichneten Zwischenzeugnis für die Klägerin vom 15.07.2003 ergebe sich, dass sie 1992 als "Pflegehelferin (Krankenschwester ohne deutsche Anerkennung)" eingestellt worden sei, wobei sie sich im Übrigen durchgängig auch als solche bezeichnet habe. Des Weiteren stehe selbst die jahrelange Durchführung des Arbeitsverhältnisses einer Anfechtungsmöglichkeit nicht entgegen, da der Arbeitgeber auch noch nach mehrjähriger Tätigkeit durch die Täuschung beeinträchtigt sein könne. Jedenfalls rechtfertige dieser Vorwurf die außerordentliche fristlose Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen.

Auch die ordentliche Kündigung vom 06.06.2006 zum 30.09.2006 und die späteren vorsorglichen Kündigungen seien wirksam, da der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten, Herr Sch., mit Schreiben vom 25.05.2005 gegenüber der Bayerischen Pflegekasse, mit Schreiben vom 02.06.2006 gegenüber der Regierung von Oberbayern und später mit Schreiben vom 20.09.2006 und vom 11.10.2006 jeweils an den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt M. Beschwerden hinsichtlich der Verhältnisse in der Heimeinrichtung der Beklagten, der Versorgungs- und Pflegequalität hinsichtlich ihrer Bewohner usw. als Betriebsinterna nach Außen getragen habe, welche Informationen dieser eindeutig allein von der Klägerin haben könne. Die Klägerin sei hierzu in ordnungsgemäßer Form, auch noch nachträglich am 16.08.2006 - weiter mit Schreiben vom 04.12.2006 (Anl. B42, Bl. 346/347 d. A.) -, angehört worden und habe sich nicht in befriedigender Weise geäußert. Einer vorhergehenden einschlägigen Abmahnung habe es nicht bedurft, da die Klägerin mehrfach und eindringlich darauf hingewiesen geworden sei, dass privater Kontakt zu Herrn Sch. mitgeteilt werden solle und an diesen definitiv keine Betriebsinterna weitergegeben werden dürften. Dies rechtfertige eine, auch außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung - auch aus personenbedingten Gründen, da diese vorliegen könnten, wenn Arbeitnehmerinnen in Vertrauensposition private Beziehungen zu einer Person unterhielten, die die Geschäftsinteressen des Arbeitgebers beeinträchtigten, sofern hierdurch die durch entsprechende Anhaltspunkte begründete Gefahr der Offenbarung betrieblicher Interna bestehe.

Aufgrund rechtswirksamer Anfechtung des Arbeitsvertrages bestünden keine Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers ab dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis außer Verzug gesetzt worden sei, weil dann keine Abwicklungsschwierigkeiten mehr gegeben seien und deshalb ab diesem Zeitpunkt gezahltes Entgelt zurückgefordert werden könne. Da die Klägerin aufgrund ihrer zeitgleich mit der ordentlichen Kündigung vom 06.06.2006 erfolgten Freistellung nicht mehr für die Beklagte tätig gewesen sei, habe sie ab diesem Zeitpunkt keine Gehaltsansprüche mehr, weshalb sie die zunächst bis 31.07.2006 weiter bezahlte Vergütung zurückzuzahlen und darüber hinausgehend keine Vergütungsansprüche auch nur für die Dauer der weiteren Kündigungsfrist, bis zur Anfechtungs-/Kündigungserklärung mit Schreiben vom 27.09.2006, habe.

Die Beklagte beantragt:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 18.01.2007, Geschäftszeichen 11 Ca 8783/06, wird abgeändert.

II. 1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte € 6.713,29 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 07.11.2006 zu zahlen.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung, zusammengefasst, vor, dass in jedem Fall zunächst zu berücksichtigen sei, dass sie vorliegend Opfer einer Auseinandersetzung zwischen dem früheren Geschäftsführer der Beklagten Sch., dem Insolvenzverwalter über dessen Vermögen und dem, derselben Kanzlei angehörigen, Insolvenzverwalter über das Vermögen der FA. A. GmbH als Muttergesellschaft der Beklagten geworden sei, welcher Interessenkonflikt in einem landgerichtlichen Verfahren des Herrn Sch. gegen die Beklagte thematisiert worden sei. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages seitens der Beklagten wegen arglistiger Täuschung sei unwirksam, da die Klägerin erstinstanzlich zunächst lediglich behauptet gehabt habe, nicht auf derjenigen Schule gewesen zu sein, deren nunmehriger Direktor die von der Beklagten hierzu vorgelegte Bescheinigung ausgestellt habe, wobei die Klägerin erst nach einem Vor-Ort-Besuch in D. erkannt habe, dass die von ihr tatsächlich besuchte Schule heute von diesem Direktor (Prof. N.) geführt werde. Hinsichtlich der Ermittlungen und des Vorgehens der Regierung von Oberbayern laufe ein verwaltungsrechtliches bzw. künftig verwaltungsgerichtliches Verfahren. Die Beklagte könne mit ihrer höchst fragwürdigen Indizienkette im konkreten Fall kaum eine fehlende Echtheit der Zeugnisse der Klägerin begründen. In Anbetracht der in der damaligen Zeit in Jugoslawien bzw. in Bosnien-Herzegowina herrschenden Umstände könne sie keinen weiteren Beweis für ihren dortigen Schulbesuch erbringen, da in den Jahren 1991 bis 1996 in diesem Gebiet Bürgerkrieg geherrscht habe und ein geregelter Unterricht nur bis zum Kriegsbeginn gewährleistet gewesen sei. Auch würde es an der für eine wirksame Anfechtung erforderlichen Kausalität einer angeblichen Täuschungshandlung fehlen, zumal die Klägerin lediglich als Pflegehilfskraft eingestellt und zunächst beschäftigt worden sei. Deshalb würde es auch in dem Falle, dass der Vorwurf der Beklagten zutreffend sein sollte, an der für eine wirksame Anfechtung erforderlichen Kausalität einer angeblichen Täuschungshandlung fehlen, da das Arbeitsverhältnis seit dem Jahr 1992 reibungslos verlaufen sei und sich die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit höchste Anerkennung nicht nur der Beklagten, sondern auch der Heimaufsicht und der Pflegekassen erworben habe - weshalb aus diesem Grund auch eine Kündigung jedenfalls als unverhältnismäßig anzusehen wäre. Hinsichtlich einer Kündigung habe die Beklagte auch nicht ansatzweise die Möglichkeit einer diesbezüglichen Änderungskündigung in Erwägung gezogen.

Was den Vorwurf der Beklagten, sie habe betriebsinterne Informationen an Herrn Sch. weitergegeben, betreffe, so sei dies nicht richtig. Herr Sch. habe die in dessen von der Beklagten angezogenen Schreiben an dritte Stellen verwendeten Informationen nicht von der Klägerin, sondern von anderen Personen innerhalb der Beklagten erhalten, wegen welcher Informationen die Beklagte Herrn Sch. persönlich kontaktieren hätte können. Das Arbeitsgericht habe auch zu Recht erkannt, dass die hinsichtlich der Verdachtskündigung erfolgten Anhörungen der Klägerin nicht ausreichend gewesen seien, zumal die Klägerin sich dabei nicht weitergehend als geschehen äußern habe können. Sie habe seit Beginn ihrer Beschäftigung für die Beklagte von sich aus zu keinem Zeitpunkt um eine Beförderung gebeten und sämtliche Karrierestufen erklommen, nachdem sie hierzu geradezu gedrängt worden sei.

Die Klägerin regt im Berufungsverfahren an, den vorliegenden Rechtsstreit bis zum Abschluss des verwaltungsrechtlichen, ggf. eines verwaltungsgerichtlichen, Verfahrens hinsichtlich ihrer Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" auszusetzen, jedenfalls der Klägerin eine weiträumige Schriftsatzfrist einzuräumen, da sie weitergehende Recherchen unternehme.

Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 22.02.2007 (Bl. 456 f d. A.) auf Antrag der Beklagten die Zwangsvollstreckung aus den vorläufig vollstreckbaren Leistungstiteln hinsichtlich der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Klägerin und der Aufhebung des ihr zusammen mit der ordentlichen Kündigung vom 06.06.2006 erteilten Hausverbotes nebst Gestattung des Zutritts zu den Betriebsräumen gemäß Ziffern 3. und 4. des Endurteils vom 18.01.2007 einstweilen eingestellt.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 20.02.2007, vom 23.04.2007, vom 04.06.2007 und vom 13.06.2007, nebst deren jeweiliger Anlagen/vorgelegten Unterlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.06.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache in ganz überwiegendem Umfang Erfolg.

I.

Unzulässig ist die Berufung der Beklagten, soweit sie, ausweislich der gestellten Anträge, offensichtlich auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur erstinstanzlich weitergehend geltend gemachten Spesenforderung der Klägerin (Dienstfahrzeug, 439,45 €, gemäß Ziff. 5./letzter Spiegelstrich des Tenors) angreift; insoweit ist die Berufung der Beklagten nicht begründet worden und damit auf der Hand liegend insoweit zulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Im Übrigen ist die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, als das Arbeitsverhältnis durch die Anfechtung des Arbeitsvertrages mit Schreiben der Beklagten vom 27.09.2006 zum Zeitpunkt dessen anzunehmenden Zugangs am 28.09.2006 rechtswirksam aufgelöst worden ist.

1. Der von der Beklagten mit Schreiben vom 27.09.2006 (Anl. K15, Bl. 158 d. A.) erklärten Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB steht nicht bereits die Ausschlussfrist des § 124 Abs. 3 BGB entgegen, wonach die Anfechtung ausgeschlossen ist, wenn seit Abgabe der Willenserklärung - hier der Erklärung des Angebots bzw. der Annahme der Beklagten hinsichtlich des Abschlusses des Arbeitsvertrags vom 19.08.1992 - zehn Jahre verstrichen waren. Diese durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 01.01.2002 neu gefasste verkürzte Ausschlussfrist - zuvor: 30 Jahre - lief hier erst am 01.01.2002 an (Art. 229 § 6 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 und Satz 1 EGBGB).

2. Das Anfechtungsrecht der Beklagten wurde auch nicht durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung - wie gleichzeitig hilfsweise erklärt - verdrängt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann derselbe Sachverhalt den Anfechtungsberechtigten sowohl zur Anfechtung als auch zur außerordentlichen und zur ordentlichen Kündigung berechtigen - wie hier eben im Anfechtungsschreiben vom 27.09.2006 aE auch ausdrücklich hilfsweise erfolgt (vgl. BAG, zuletzt U. v. 16.12.2004, AP Nr. 64 zu § 123 BGB - B. II. 1 a der Gründe, m. w. N. -).

3. Der Arbeitsvertrag ist bereits infolge der berechtigten, wirksamen, Anfechtung ihrer Willenserklärung beim Abschluss des Arbeitsvertrages vom 19.08.1992 durch die Beklagte wegen arglistiger Täuschung seitens der Klägerin - hier ex nunc, mit Wirkung vom 28.09.2006 - nichtig (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 BGB).

a) Der Tatbestand der arglistigen Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB setzt zunächst in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen - ggf. durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Tatsachen - beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst. Allerdings stellt nicht jede falsche Angabe des Arbeitnehmers bei seiner Bewerbung bzw. bei der Vorstellung oder den Einstellungsverhandlungen bereits eine arglistige Täuschung dar, sondern nur eine solche Angabe, an deren wahrheitsgemäßer Bekanntgabe der Arbeitgeber ein berechtigtes, schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis - die vorgesehene Tätigkeit - hatte (vgl. wiederum nur BAG, U. v. 16.12.2004, aaO - B. II. 1. b der Gründe, m. w. N. -).

b) Die fachliche Qualifikation des Bewerbers, seine formelle Ausbildung und sein Ausbildungsabschluss, sind von essentieller Bedeutung für die Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers. Hiervon hängt zwangsläufig ab, ob der Arbeitgeber den Bewerber überhaupt für eine bestimmte zu besetzende Stelle in Betracht zieht/ einstellt, welche Tätigkeit er ihm hiernach übertragen kann und - etwa aufgrund öffentlichrechtlicher Vorgaben - übertragen darf, und ggf., welche Vergütung - abhängig von der Höhe der formellen Qualifikation und Ausbildungshöhe - er zu zahlen bereit und veranlasst ist, u. U. auch, welche berufliche Entwicklung der eingestellte Bewerber perspektivisch nehmen könnte u. a. - würde z. B. ein Krankenhausträger einen Arzt auf eine freie Arztstelle einzustellen beabsichtigen, ist es naturgemäß entscheidend, ob dieser erfolgreich ein Medizinstudium absolviert, die Staatsexamina abgelegt hat und über die Approbation verfügt ... (vgl. auch BAG, U. v. 07.09.1995, AP Nr. 24 zu § 242 BGB Auskunftspflicht - II. 3. b der Gründe -; U. v. 12.02.1970, AP Nr. 17 zu § 123 BGB; vgl. auch BAG, U. v. 01.06.2006, 6 AZR 230/05, NZA-RR 2007, S. 103 f = ZTR 2006, S. 669 f, sowie die dortige Vorinstanz: LAG Nürnberg, U. v. 24.08.2005, 9 Sa 400/05, FA 2006, S. 123 (LS); LAG Hamm, U. v. 08.02.1995, LAGE Nr. 21 zu § 123 BGB; siehe auch LAG Köln, U. v. 13.11.1995, LAGE Nr. 23 zu 123 BGB; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl. 2005, § 126 Rz. 16).

c) Die Klägerin hat die Beklagte bei ihrer Einstellung im Jahr 1992 hiernach in diesem Sinn über ihre Ausbildung/Qualifikation anfechtungsrelevant getäuscht.

aa) Die Klägerin hat der Beklagten unstreitig Zeugnisse vorgelegt, nach denen sie in den Jahren 1988 bis 1992 an der - nunmehr unstreitig: einzig bestehenden bzw. von der Klägerin besuchten - Medizinischen Schule in D. im ehemaligen Jugoslawien/Bosnien-Herzegowina eine Ausbildung als Krankenschwester der Qualifikationsstufe IV - komplexe Berufskategorie, Berufsbereich Gesundheitswesen - absolviert und erfolgreich - die Abschlussprüfung mit der Note "sehr gut" - abgeschlossen habe. Auf dieser Grundlage wurde die Klägerin von der Beklagten nicht etwa als Laienhelferin/Stationshilfe oder als andere berufsfremde schlichte Hilfskraft, sondern als qualifizierte Pflegekraft eingestellt - der Arbeitsvertrag bezeichnet sie als "Pflegehelferin" -, was auch im Hinblick auf den damals, auch gerichtsbekannt, bestehenden Mangel qualifizierten Pflegepersonals ("Pflegenotstand"), zumal im Altenheimbereich, einschlägige pflegerische Vorkenntnisse/Erfahrungen indiziert (wobei es hierbei grundsätzlich keine entscheidungserhebliche Rolle spielt, ob die Klägerin damit als bloße Pflegehilfskraft oder als Kranken-/Altenpflegehelferin mit einjähriger Ausbildung qualifiziert werden sollte). Nach ihrem von der Klägerin selbst vorgelegten Zwischenzeugnis vom 15.07.2003 (Anl. K20, Bl. 222 bis 225 d. A.) habe sie "im Zeitraum von 1989 bis 1992 an einer Medizinischen Schule in Bosnien/Herzegowina eine Ausbildung als Krankenschwester absolviert" und sei dann ab 20.08.1992 bei der Beklagten "zunächst als Pflegehelferin (Krankenschwester ohne deutsche Anerkennung) in der direkten Pflege von zum Teil schwerstpflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern tätig" gewesen. Dementsprechend hat die Regierung von Oberbayern auf offensichtlich späteren Antrag der Klägerin ihr mit Schreiben vom 19.09.1997 mitgeteilt, dass - im Hinblick auf die Anforderungen an den zeitlichen Umfang des theoretischen und praktischen Unterrichts in zwölf Fächern und der praktischen Ausbildung (nach der damaligen Fassung des Krankenpflegegesetzes) - nach "den vorgelegten Unterlagen" ihr Ausbildungsstand mit dem einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgebildeten Krankenschwester zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gleich geachtet werden könne - ihr jedoch die Anerkennung als Krankenschwester in Aussicht gestellt werde, wenn sie eine lediglich sechsmonatige praktische Tätigkeit in einem Akutkrankenhaus mit bescheinigtem Einsatz in einer internen und einer chirurgischen Abteilung nachweise (u. a.). Dies erfolgte im Rahmen eines Praktikums der Klägerin im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München, das in der dortigen Bescheinung vom 02.06.1998 als "Anerkennungspraktikum" attestiert wurde, woraufhin der Klägerin mit Urkunde der Regierung von Oberbayern vom 02.09.1998 die Erlaubnis erteilt wurde, die Berufsbezeichnung "Krankenschwester" zu führen.

Es liegt auf der Hand - wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt -, dass sie ohne Vorlage ihrer im ehemaligen Jugoslawien/Bosnien-Herzegowina erworbenen Zeugnisse/Qualifikation nicht die Möglichkeit gehabt hätte, über eine schlichte Tätigkeit/ein "Anerkennungspraktikum" von lediglich einem halben Jahr Dauer mit einer, nicht förmlich geprüften und benoteten, Praktikantentätigkeit in lediglich zwei konservativ-medizinischen Bereichen die Anerkennung einer deutschen Krankenschwester mit einer umfassend geregelten Ausbildung nach dem Krankenpflegegesetz und der einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (a. F.) zu erreichen. Ohne ihre durch Zeugnisse nachgewiesene ausländische Krankenpflegeausbildung - wenngleich diese noch nicht vollständig den damaligen Anforderungen des deutschen Krankenpflegegesetzes entsprach - wäre die Klägerin zur Überzeugung der Berufungskammer zweifellos nicht, auch nicht unter den damaligen einschlägigen Arbeitsmarktbedingungen im Altenpflegebereich, als Pflegehelferin eingestellt und beschäftigt worden (sondern eben allenfalls als Stationshilfe o. ä., ohne pflegespezifische Tätigkeit - zumal bei "schwerstpflegebedürftigen" Bewohnerinnen und Bewohnern, wie im vorgelegten Zwischenzeugnis für die Klägerin attestiert ...!).

bb) Die der Beklagten von der Klägerin vor ihrer Einstellung vorgelegten Zeugnisse sind zur Überzeugung der Berufungskammer gefälscht:

- Der Schulleiter der "Medizinischen Mittelschule" D., Prof. N., hat mit Schreiben vom 26.09.2006 (Anl. B22, Bl. 187 f d. A.) mitgeteilt, dass bei Einsichtnahme in das Diplom der Klägerin sowie die Unterlagen dieser Schule festgestellt habe werden können, dass die Klägern "in unserer Evidenz nicht aufscheint", und es auch offensichtlich sei, dass weder der dort genannte Lehrer noch der aufgeführte Schulleiter in dieser Schule beschäftigt gewesen seien (dass diese Schule, deren Leiter nunmehr Prof. N. ist, diejenige Einrichtung ist, die die Klägerin bei ihrer Ausbildung besucht und absolviert haben will, ist zuletzt unstreitig - auch durch die vorgelegten Amtsblätter ausreichend dokumentiert ...);

- der von der Beklagten eingeschaltete Sachbearbeiter der Bundesagentur für Arbeit bzw. der von diesem um Auskunft gebetene Sachbearbeiter in Kroatien haben festgestellt, dass solche Zeugnisse wie die von der Klägerin vorgelegten formell mangelhaft, weil ohne Nostrifikation ungültig seien (vorgelegte E-Mail-Korrespondenz in Anl. B23, Bl. 190 f d. A.);

- die von der Beklagten im Rahmen weitergehender Recherchen zuletzt eingeschaltete Kanzlei mit einem Sitz in S. hat mit E-Mail vom 04.10.2006 (Anl. B53, Bl. 581 d. A.) u. a. mitgeteilt, dass laut mündlicher Aussage seitens der Inspektion des Ministeriums für Schulbildung der Republik S. es sich bei den von der Klägerin vorgelegten Diplomen um eine Fälschung handle, da diese auf lateinisch ausgestellt seien und die damalige offizielle Schrift in der Republik S. kyrillisch gewesen sei;

- das Ministerium für Bildung und Kultur der Republik S. hat der von der Beklagten eingeschalteten Kanzlei mit, durch Apostille nach dem Hager Übereinkommen beglaubigter, Bestätigung vom 08.11.2006 (Anl. B30, Bl. 259 f d. A.) mitgeteilt, dass auf Antrag am 07.11.2006 eine Inspektion der Fachschule für Medizin in D. durchgeführt und dabei festgestellt worden sei, dass die Klägerin nicht im Register und im Stammbuch der Schule geführt werde und die angegebene Nummer des Stammbuches der Schule sowie die Schulregisternummer, die in die Zeugnisse eingetragen seien, nicht gültig seien, der angebliche Klassenleiter sowie der angegebene Direktor dieser Schule unbekannte Personen darstellten, die nie als Angestellte besagter Schule geführt worden seien, und deshalb die Zeugnisse und das Diplom nicht gültig seien;

- das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland hat mit, von der Beklagten mit der Berufung/Berufungsbegründung vorgelegtem, Schreiben an die Regierung von Oberbayern vom 14.11.2006 (Anl. B46, Bl. 436 d. A.) mitgeteilt, dass dieses die Deutsche Botschaft in S. bei der Klärung der Frage, ob die Klägerin die Medizinische Schule in D. besucht habe, um Amtshilfe gebeten und von dort die Nachricht erhalten habe, dass die Botschaft bei der Medizinischen Schule die entsprechende Auskunft eingeholt habe, nach der die Klägerin die dortige Schule nicht besucht habe (wobei gleichzeitig ein Aktenvermerk aus dem Jahr 1997 zur Kenntnis gegeben worden sei, dem zu entnehmen sei, dass die Zentralstelle für ausländischen Bildungswesen bei Recherchen und

- Zeugnisvergleichen wegen eines anderen Falles zu der Erkenntnis gekommen sei, dass der Name des Direktors im fraglichen Zeitraum und der Eintrag der Medizinischen Schule in D. im Mittelschulregister für das Schuljahr 1991/1992 anders als in dem von der Klägerin vorgelegten Zeugnis aufgeführt lauten müssten).

Hiernach steht zur Überzeugung der Berufungskammer - wie der Regierung von Oberbayern, die nunmehr mit Bescheid vom 22.05.2007 die Erlaubnis der Klägerin zur Führung der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" zurückgenommen hat - fest, dass die von der Klägerin bei ihrer Einstellung vorgelegten Zeugnisse gefälscht sind. Das von § 286 Abs. 1 geforderte Maß der der Entscheidung zugrunde zu legenden richterlichen Überzeugung erfordert eine persönliche Gewissheit, die Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (ständ. Rspr. des BGH und des BAG; vgl. näher und grundsätzlich nur Prütting in MünchKommZPO, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, § 286 Rz. 327 m. w. N.). Es muss deshalb eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit vorliegen, ein Grad der Gewissheit, der etwaige Restzweifel vernachlässigbar erscheinen lässt.

Die Höhe der Gewissheit hinsichtlich der fehlenden Echtheit der von der Klägerin vorgelegten Zeugnisse über ihre Krankenpflegeausbildung und ihre erworbene Qualifikation liegt für die Berufungskammer nach allem nunmehr vor. Zwar konnte es zumal angesichts der damaligen Kriegswirren in diesem Bereich des ehemaligen Jugoslawien nicht von vornherein als völlig unglaubhaft anzusehen oder auszuschließen gewesen sein, dass die Klägerin eine medizinische Schule, in D., besucht hat und ihr schulischer Werdegang ggf. schwer zu dokumentieren sein mag: Hinsichtlich einzelner Auskünfte mögen, zumal angesichts der damaligen Situation, alternative Erklärungsszenarien nicht auszuschließen sein. Die Fülle der nunmehr vorliegenden Unterlagen, Auskünfte und beglaubigten Dokumente führen jedoch zum Umschlag von der Quantität der vorliegenden Fakten in die Qualität der erforderlichen Höhe der richterlichen Überzeugungsbildung. Die in den nunmehr vorliegenden Auskünften /Dokumenten und Unterlagen enthaltenen Inhalte bestätigen für die Berufungskammer mit nicht mehr zu bezweifelnder Eindeutigkeit, dass die Klägerin keine derartige Krankenpflegeausbildung in D., Bosnien-Herzegowina, absolviert und zumal abgeschlossen hat.

Eine Schriftsatzfrist, wie von der Klägerin zuletzt wiederum beantragt, ist nicht veranlasst. Zu einer von ihr beantragten Parteieinvernahme der Klägerin gegenbeweislich zur Richtigkeit/Echtheit ihrer Zeugnisse hat die Beklagte ihre erforderliche Zustimmung (§ 447 ZPO) bis zuletzt verweigert. Die Voraussetzungen einer Parteieinvernahme der Klägerin von Amts wegen gemäß § 448 ZPO - über ihre Parteianhörung in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hinaus - liegen keinesfalls vor.

cc) Dass die Vorlage der sonach als gefälscht anzusehenden Zeugnisse durch die Klägerin kausal für die Entscheidung der Beklagten war, sie als Pflegekraft, mit qualifizierter im Ausland absolvierter einschlägiger Ausbildung und Berufsabschluss einzustellen, liegt ebenfalls als nichtbezweifelbar auf der Hand.

Die Klägerin wusste, dass ihre vorgelegten - gefälschten - Zeugnisse für ihre Einstellung seitens der Beklagten wesentlich waren/sein mussten - sie hatte bei ihrer Bewerbung unstreitig ihre Zeugnisse über die Absolvierung und den Abschluss einer vierjährigen - immerhin zeitlich länger als diejenige nach dem deutschen Krankenpflegegesetz aF/nF - einschlägigen qualifizierten Berufsausbildung vorgelegt und damit - unabhängig davon, dass diese Zeugnisse nicht als den exakten Anforderungen an die Ausbildungsinhalte nach dem deutschen Krankenpflegegesetz entsprechend angesehen und damit vollständig anerkannt wurden - dokumentiert/vorgespiegelt, dass sie über eine qualifizierte und umfassende einschlägige Ausbildung als professionelle Pflegekraft verfüge.

Damit lag auch Arglist der Klägerin vor, weil sie sich die Einstellung als Pflegekraft - formal zunächst, mangels Anerkennung ihrer ausländischen Ausbildung, als Pflegehilfskraft (Pflegehelferin) - dadurch erschlich. Es reicht hierbei aus, dass der Täuschende weiß, dass seine Angaben unrichtig sind, er aber mit der Möglichkeit rechnet, der Erklärungsgegner - die Beklagte - könnte in seiner Entscheidung durch die Täuschung beeinflusst werden, was er billigend in Kauf nimmt, wobei die bewusst unwahre Aussage den Vorsatz erkennen lässt, auf den Erklärungswillen -die Einstellungsentscheidung/-bereitschaft des Arbeitgebers - einzuwirken (vgl. nur BAG, U. v. 11.11.1993, AP Nr. 38 zu § 123 BGB - II. 1. b ff der Gründe, m. w. N. -).

d) Der Anfechtung steht nicht entgegen, dass der Anfechtungsgrund - arglistige Täuschung der Klägerin über ihre Ausbildung/formale Qualifikation - zum Zeitpunkt der Anfechtungserklärung bereits seine Bedeutung verloren gehabt hätte, weil das Arbeitsverhältnis hierdurch nicht mehr beeinträchtigt würde.

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht mehrfach entschieden, dass die Ausübung des Anfechtungsrechts gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen kann, wenn die Rechtslage des Dauerschuldverhältnisses durch die anfänglich, bei der Einstellung, erfolgte arglistige Täuschung nach längerem Zeitablauf nicht mehr beeinträchtigt wird, der Anfechtungsgrund aufgrund der nachträglichen Entwicklung seine Bedeutung verloren hat und eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses deshalb nicht mehr rechtfertigen kann (vgl. etwa Ue. v. 28.05.1998, v. 20.05.1999 und v. 16.11.2004, AP Nrn. 46, 50 und 64 zu § 123 BGB; U. v. 01.06.2006, 6 AZR 730/05 - juris -).

Hiervon ist hier aber nicht auszugehen.

Die weitere berufliche Entwicklung der Klägerin hing gerade von ihrer in Bosnien-Herzegowina (angeblich) erworbenen Ausbildung und Qualifikation ab - nur deshalb konnte sie mit einem schlichten und formlos attestierten kurzen Anerkennungspraktikum, mit klinischem Einsatz in lediglich zwei medizinischen Fachbereichen, die volle Anerkennung als "Krankenschwester" nach dem deutschen Krankenpflegegesetz erwerben, was wiederum die zwingende Voraussetzung für die Absolvierung des Stationsleitungslehrgangs und sodann der Weiterbildung zur Pflegedienstleitung in Altenpflegeeinrichtungen war - die gesamte berufliche vita der Klägerin, ihr von ihr mehrfach prononciert beschriebener beruflicher Aufstieg bei der Beklagten, beruhten auf der Annahme/Basis ihrer - gefälscht dokumentierten - immerhin vierjährigen Ausbildung und deren Abschlusses im Ausland! Die Rechtslage der Beklagten ist deshalb durch die Vorlage der gefälschten Zeugnisse unverändert beeinträchtigt. Die Beklagte hätte bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses allerdings zwingend mit erheblichen Problemen und Risiken seitens der Heimaufsichtsbehörde zu rechnen (siehe hierzu näher auch LAG Baden-Württemberg, U. v. 13.10.2006, DB 2007, S. 1197 f).

e) Damit hat bereits die Anfechtung des Arbeitsvertrags mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 27.09.2006 am - mangels Angaben beider Parteien, auch der Beklagten, und sonstigen Anhaltspunkten hierzu anzunehmen - 28.09.2006 - aufgelöst.

aa) Abweichend vom gesetzlichen Grundsatz der rückwirkenden Wirkung der erfolgreichen Anfechtung - ex tunc - (§ 142 Abs. 1 BGB) kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein in Vollzug gesetzter Arbeitsvertrag als Dauerschuldverhältnis im Hinblick auf den Charakter des Arbeitsverhältnisses als "personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses" und wegen der Schwierigkeit einer Rückabwicklung nicht mehr mit rückwirkender Kraft angefochten werden (vgl. etwa U. v. 20.02.1986, AP Nr. 31 zu § 123 BGB). Deshalb wirkt die erfolgreiche Anfechtung des Arbeitsvertrages grundsätzlich nur ex nunc, nur für die Zukunft - partiell ex tunc dann und insoweit zu dem Zeitpunkt zurück, zu dem das Arbeitsverhältnis etwa zwischenzeitlich bereits außer Vollzug, außer Funktion, gesetzt gewesen war, da hier insbesondere keine Rückabwicklungsschwierigkeiten auftreten (vgl. wiederum nur BAG, Ue. v. 16.09.1982 und v. 03.12.1998, AP Nr. 24 und 49 zu § 123 BGB).

bb) Zwar war hier das Arbeitsverhältnis vor der Anfechtung durch die Beklagte insofern faktisch "außer Vollzug" - nicht mehr in aktivem Vollzug -, als diese die Klägerin mit der ordentlichen Kündigung vom 06.06.2006 zum 30.09.2006 zeitgleich angewiesen hatte, sofort ihren Resturlaub von 2006 zu beantragen, und sie im Übrigen für die restliche Kündigungsfrist freigestellt hatte.

Durch den einseitigen Verzicht der Beklagten war eine, zumal rechtswirksame, Außervollzugsetzung des Arbeitsvertrags ab Zugang der Kündigung vom 06.06.2006 bzw. nach Ablauf eines etwa hieran anschließenden Resturlaubs bis zum Zugang der Anfechtungserklärung im maßgeblichen Sinn nicht gegeben:

Die Vergütungspflicht als Hauptleistungspflicht der Beklagten und die Arbeitspflicht der Klägerin als ihre korrespondierende Hauptleistungspflicht bestanden hier grundsätzlich weiter. Da der Arbeitsvertrag der Parteien keine Suspendierungsregelung enthält - die Beklagte sich auch nicht etwa auf eine sonst getroffene entsprechende Regelung beruft -, was grundsätzlich wohl als zulässig anzusehen gewesen wäre, konnte sie die Klägerin nicht ohne weiteres einseitig von der Arbeitspflicht freistellen. Überwiegende besonders schutzwürdige Interessen der Beklagten hierfür konnten auch noch nicht ihren dieser Kündigung zugrunde liegenden Erwägungen hinsichtlich eines Verstoßes der Klägerin gegen ihre vertraglichen Verschwiegenheitspflichten gegenüber Herrn Sch. - jedenfalls eines entsprechenden Verdachts - entnommen werden (vgl. auch BAG - Großer Senat -, B. v. 27.02.21985, AP Nr. 14 zu § 611 Beschäftigungspflicht).

Eine solche einseitige, damit zumal wohl unwirksame, Freistellung der Klägerin von ihrer Arbeitspflicht für die (restliche) Kündigungsfrist unter Fortbestand der beiderseitigen Hauptleistungspflichten (auch der Vergütungspflicht - die Beklagte hat ja auch die Arbeitsvergütung jedenfalls bis einschließlich Juli 2006 weitergezahlt -), kann deshalb nicht als "Außervollzugsetzung" oder "Außerfunktionsetzung" des Arbeitsvertrages angesehen werden, die eine hieran anknüpfende Teilrückwirkung der erfolgreichen Anfechtung des Arbeitsvertrages wirksam begründen könnte.

cc) Damit wirkt die Anfechtungserklärung hier zum Zeitpunkt deren anzunehmenden Zugangs am 28.09.2006.

4. Deshalb wird lediglich ergänzend und in der hiernach gebotenen Kürze darauf hingewiesen, dass auch die gleichzeitig mit der Anfechtung - primär als außerordentliche fristlose - erklärte Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis als solche und somit zeitgleich mit der Anfechtung aufgelöst hätte - somit ebenfalls zum 28.09.2006 als anzunehmenden Zugangszeitpunkt des Schreibens der Beklagten vom 27.09.2006:

Diese Kündigung wäre aus den nämlichen Gründen wie die Anfechtung des Arbeitsvertrages (s. u. 3.) wegen des als erwiesen anzusehenden Tatbestandes der vorsätzlichen Täuschung der Klägerin über ihre Ausbildung und Qualifikation durch Vorlage gefälschter Zeugnisse als Tatkündigung "an sich" wirksam (§ 626 Abs. 1 BGB), nachdem, im Falle der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten zum 30.09.2006 aus anderen Gründen (!), es ihr angesichts der Schwere, Bedeutung und Auswirkungen dieses Vorwurfs nicht zumutbar gewesen wäre, jedenfalls eine Kündigungsfrist zum 30.09.2006 oder, bei Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung bzw. der späteren außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 14.12.2006, bis dahin bzw. bis zum 31.12.2006 einzuhalten. Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB wäre im Hinblick auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Beklagten von der Bescheinigung/Erklärung des derzeitigen Schulleiters der Medizinischen Mittelschule D., Prof. N., vom 25.09.2006 offensichtlich gewahrt, wobei im Übrigen ein Dauersachverhalt hinsichtlich eines Beschäftigungshindernisses vorliegt. Die von der Klägerin hilfsweise angezogene alternative Möglichkeit einer Änderungskündigung ist unerheblich, da sie trotz der Einlassungen der Beklagten hierzu bis zuletzt nicht, wie erforderlich, im Sinne substantiierten Bestreitens auch nur ansatzweise aufzeigt, auf welchem freien Arbeitsplatz sie in welcher Funktion - außerhalb der Pflege - zumutbar weiterbeschäftigt hätte werden können. Auch bei der, anders als bei der Anfechtung, hier erforderlichen Abwägung der beiderseitigen Interessen könnte der Beklagten nicht angesonnen werden, jedenfalls die Frist für eine ordentliche Kündigung - etwa zum 31.12.2006 - einzuhalten, da die zu diesem Zeitpunkt 33 Jahre alte Klägerin zwar eine Betriebszugehörigkeit von 14 Jahren zurückgelegt hatte, die Beklagte sie jedoch bereits aufgrund der als gefälscht anzusehenden Zeugnisse nicht mehr in ihrer letzten arbeitsvertraglichen Funktion als Pflegedienstleiterin des Altenheimbereiches beschäftigen durfte (§ 4 Abs. 2 HeimPersV) - eine, auch nur vorübergehende, Weiterbeschäftigung in dieser Funktion die Beklagte allerdings erheblichen Risiken seitens der Heimaufsicht ausgesetzt hätte -!

Damit wäre das Arbeitsverhältnis in jedem Fall jedenfalls durch die gleichzeitig mit der Anfechtung hilfsweise erklärte außerordentliche fristlose Kündigung zum selben Zeitpunkt wie durch diese, somit offensichtlich zum 28.09.2006 (s. o.) , aufgelöst worden.

5. Die Berufung der Beklagten hat somit Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 27.09.2006 (Ziff. 1. des Tenors) und zur Anfechtung vom selben Datum (Ziff. 2. des Tenors) -damit auch der Entscheidungen zur Weiterbeschäftigung und zur Aufhebung des Hausverbotes (Ziffern 3. und 4. des Tenors) - wendet. Eine Entscheidung über die weiteren Kündigungen der Beklagten vom 06.06.2006, vom 14.12.2006 und nunmehr vom 13.02.2007 ist damit nicht veranlasst.

Unbegründet ist damit auch die Berufung der Beklagten zu ihrer abgewiesenen Widerklage (Ziff. 7. des Tenors) auf Rückzahlung der weiterbezahlten Gehälter für den anfänglichen Zeitraum der Kündigungsfrist vom 07.06.2006 bis 31.07.2006 (insgesamt 6.713,29 € - brutto -), da trotz erfolgreicher Anfechtung des Arbeitsverhältnisses mangels deren Rückwirkung diese Entgeltzahlungen hier nicht rechtsgrundlos, sondern als arbeitsvertraglich geschuldetes Entgelt erfolgt waren - weshalb die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen ist, als sie sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur Zahlung der weiteren Entgeltansprüche für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 27.09.2006 - angesichts eines angenommenen Zugangs der Anfechtung/Kündigung mit Schreiben von diesem Tag am 28.09.2006 - richtet.

Die Klägerin hat damit Anspruch auf Gehaltszahlung für August 2006 in der unstreitigen Höhe von 4.049,64 € brutto, wie geltend gemacht, und für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 27.06.2006 in Höhe von (4.049,64 € brutto/Monat : 30 Kalendertage x 27 Kalendertage =) 3. 644,73 € brutto, somit für diesen Zeitraum in Höhe von insgesamt 7.694,37 € brutto, nebst Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 BGB), was, auch wegen der offensichtlich falschen Zinstenorierung zum Septembergehalt im Ersturteil, deshalb insoweit klarstellend neu zu tenorieren war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wobei die Entscheidungen hinsichtlich der Feststellungsanträge - zur Anfechtung und, mehreren, Kündigungen - sowie der Leistungsanträge auf Weiterbeschäftigung und Aufhebung des Hausverbots deutlich höher zulasten der Klägerin zu bewerten waren als die Bestätigung der erstinstanzlich abgewiesenen Widerklage der Beklagten.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG beide Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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