Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.07.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 243/05
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 61
InsO § 208
InsO § 209
Eine persönliche Haftung des Insolvenzverwalters gemäß § 61 Satz 1 InsO für Neu-Masseverbindlichkeiten, die entstanden sind, weil er ein Arbeitsverhältnis nicht zum frühest möglichen Termin nach der Masseunzulänglichkeitsanzeige gekündigt hat (§§ 208, 209 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 Ziff. 2 InsO; vgl. BAG, Ue. v. 04.06.2003 und v. 31.03.2004, AP Nrn. zu 2 und 3 zu § 209 InsO), scheidet aus, wenn das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits zuvor gekündigt gewesen war. In diesem Fall ist der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, im Hinblick auf einen schwebenden Kündigungsschutzprozess über die frühere Kündigung vorsorglich nachzukündigen - außer, die frühere Kündigung hätte von vornherein als evident unwirksam angesehen werden müssen.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 243/05

Verkündet am: 21. Juli 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Zwisler und Birkner

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg - Kammer Neu-Ulm - vom 21. Dezember 2004 - 8 Ca 1494/03 N - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten Schadensersatzansprüche unter Berufung auf dessen persönliche Haftung wegen pflichtwidrigen Handelns als Insolvenzverwalters über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin des Klägers geltend.

Der, ausweislich der Angaben im Arbeitsvertrag, am 21.10.1943 geborene Kläger war gemäß Arbeitsvertrag vom 29.07.1999 (Bl. 9 bis 14 d. A.) seit 01.11.1999 bei der Fa. G., G., als Vertriebsleiter mit einer Vergütung von zuletzt durchschnittlich 4.649,52 € brutto/Monat zzgl. eines auch zur Privatnutzung zur Verfügung stehenden Firmen-Pkws und eines Beitrages zu einer Direktversicherung in Höhe eines Betrages von 4.090,34 €/Jahr beschäftigt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm - Insolvenzgericht - vom 01.01.2001 (Bl. 15/16 d. A.) wurden mit Wirkung vom selben Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen dieses Unternehmens eröffnet und der Beklagte, der zuvor bereits vorläufiger Insolvenzverwalter gewesen war, zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit dessen Zustimmung hatte die Arbeitgeberin den Kläger bereits mit Schreiben vom 30.12.2000 (Bl. 17/18 d. A.) ab 01.01.2001 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Eine ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung des Beklagten gegenüber dem Kläger vom 26.01.2001 zum 30.04.2001 wurde mit rechtskräftigem Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 18.07.2001 (Bl. 106 bis 118 d. A.) für rechtsunwirksam befunden. Eine weitere außerordentliche fristlose Arbeitgeberkündigung des Beklagten vom 28.06.2001 wegen des Vorwurfs des Spesenbetrugs wurde vom Kläger ebenfalls mit einer Feststellungsklage angefochten. Nachdem der Beklagte am 24.07.2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO angezeigt und den Kläger hierüber mit Schreiben vom 31.08.2001 (Bl. 21/22 d. A.) informiert hatte, kündigte der Beklagte als Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut mit Schreiben vom 26.09.2001 zum 31.12.2001 (Bl. 23/24 d. A.) vorsorglich ordentlich aus betriebsbedingten Gründen. Mit rechtskräftigem Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 18.12.2002 (nebst Ergänzungsurteil vom 12.03.2003, Bl. 25 f bzw. Bl. 46 f d. A.) wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.06.2001 aufgelöst worden ist, sondern bis zum Ablauf der Frist der vorsorglichen ordentlichen Kündigung am 31.12.2001 fortbestanden hat, wobei gleichzeitig das Bestehen von Differenzvergütungsansprüchen bis 31.10.2001 und ebenso für November 2001 und Dezember 2001 als Alt-Masseverbindlichkeiten gemäß §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO festgestellt wurde. Letzteres Urteil wurde am 04.02.2003 zugestellt.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger gegenüber dem Beklagten im Wege dessen persönlicher Haftung aus §§ 60, 61 InsO Ansprüche auf Zahlung von Differenzlohn und Schadensersatz wegen entzogener Dienstwagennutzung für die Monate November 2001 und Dezember 2001 sowie der im Dezember 2001 fällig gewesenen Prämienzahlung für die Direktversicherung des Klägers in der streitgegenständlichen Höhe geltend.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Augsburg - Kammer Neu-Ulm - vom 21.12.2004, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.02.2005 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, dass diese zwar, mangels entgegenstehender Rechtskraft des Endurteils im vorausgegangenen Verfahren, zulässig, jedoch unbegründet sei, da es sich, wie im früheren Verfahren entschieden, bei den streitgegenständlichen Ansprüchen nicht um Neu-Masseverbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen hätte können und die allein zu einer persönlichen Haftung des Insolvenzverwalters führen könnten, handle. Wenngleich es dem Beklagten als Insolvenzverwalter rechnerisch möglich gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zum 31.10.2001 zu kündigen, lägen die Voraussetzungen für eine Zurechnung zu Lasten des Beklagten dann nicht vor, wenn dieser das Arbeitsverhältnis, wie hier, bereits vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit gekündigt gehabt habe; andernfalls müsste der Insolvenzverwalter stets darauf verwiesen werden, nach erfolgter Anzeige der Masseunzulänglichkeit nochmals - und nach jeder ausgesprochenen Kündigung für den Fall deren nachträglich festgestellter Unwirksamkeit erneut vorsorglich - zu kündigen, was nicht Sinn der gesetzlichen Regelung sein könne. Für den Kläger sei auf Grund der bereits erfolgt gewesenen außerordentlichen Kündigung eindeutig erkennbar gewesen, dass der Beklagte ihn auf keinen Fall weiter in Anspruch nehmen wolle; im Falle einer vorausgegangenen fristlosen Kündigung stelle sich die Frage, ob eine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Anspruch genommen werden solle, überhaupt nicht.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers mit Schriftsatz vom 03.03.2005, am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er fristgemäß vorgetragen hat, dass das erstinstanzliche Urteil den Regelungsgehalt des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO und die in der einschlägigen neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu entwickelten Grundsätze zum Vorliegen einer Neu-Masseverbindlichkeit in diesem Sinne verkenne. Das Arbeitsgericht habe lediglich auf den Willen des Insolvenzverwalters abgestellt, die Leistung in Anspruch nehmen zu wollen oder nicht, welche Frage allein in § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO geregelt sei. Auf eine Freistellung des Arbeitnehmers komme es im Rahmen des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO gerade nicht an. Um den Insolvenzverwalter nicht nur zu einem verantwortlichen Handeln gegenüber den Massegläubigern zu bewegen, sondern ihn auch gegenüber den Vertragspartnern aus Dauerschuldverhältnissen zu einem verantwortungsvollem Umgang mit einem Dauerschuldverhältnis anzuhalten, sehe die Regelung des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO gerade vor, dass nur solche Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen nicht als Masseforderungen gelten würden, die während des Laufs der frühestmöglich genutzten Kündigungsfrist entstünden, weshalb es auf die objektiv früheste Möglichkeit zur Kündigung ankomme und es, auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, irrelevant sei, wann der Insolvenzverwalter eine Kündigung subjektiv für wirksam halte. Das Erfordernis der objektiv wirksamen Kündigung könne nicht dadurch umgangen werden, dass eine objektiv unwirksame Kündigung einen Monat vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit ausgesprochen gewesen sei, da anderenfalls der Insolvenzverwalter bis zum Tag vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit sämtliche unliebsamen Arbeitnehmer kündigen könnte, um sich seiner Verantwortung nach § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO zu entziehen. Auch habe der Beklagte dadurch, dass er, nachdem die fristlose Kündigung mit der Kündigungsschutzklage angegriffen gewesen sei, - allerdings erst zwei Monate nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit - fürsorglich erneut betriebsbedingt gekündigt habe, zu erkennen gegeben, dass er sich durchaus seiner Sache nicht sicher gewesen sei. Entscheidend für die Einstufung als Neu-Masseverbindlichkeit sei somit, dass der Beklagte infolge seiner verspätet ausgesprochenen vorsorglichen betriebsbedingten Kündigung zum 31.12.2001 für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit über den frühest möglichen Beendigungszeitpunkt hinaus verantwortlich gewesen sei.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 21.12.2004, Az.: 8 Ca 1494/03 N wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, € 8.264,94 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 2.087,30 brutto seit dem 01.12.2001 sowie aus € 6.177,64 seit dem 01.01.2002 an den Kläger zu bezahlen.

Der Beklagte trägt zur Begründung seines Antrags auf Zurückweisung der Berufung vor, dass zwar das Arbeitsgericht verkannt habe, dass der Kläger bereits im vorausgegangenen Verfahren eine persönliche Haftung des Beklagten geltend gemacht gehabt habe und damit die Rechtskraft des dortigen Urteils der Zulässigkeit des vorliegenden Verfahrens entgegenstehe, jedoch ungeachtet dessen, wie vom Arbeitsgericht richtig erkannt, eine Haftung des Beklagten gemäß § 61 InsO materiellrechtlich ausscheide, da zum einen zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte selbst im Falle unverzüglich nach Masseunzulänglichkeitsanzeige vom 24.07.2001 beabsichtigter Kündigung des Klägers den Betriebsrat im Betrieb der Gemeinschuldnerin anhören hätte müssen, wobei die Anhörungsfrist erst am 31.07.2001 geendet hätte und die Kündigung deshalb erst am 01.08.2001 - somit zum 30.11.2001 - ausgesprochen hätte werden können, und zum anderen der Beklagte auf Grund der vorangegangenen außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 28.06.2001 überhaupt nicht verpflichtet gewesen sei, nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit das Arbeitsverhältnis, rein vorsorglich, erneut zu kündigen. Diese sei erst erfolgt, nachdem der Vorsitzende Richter in der dortigen Güteverhandlung auf Bedenken hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung hingewiesen gehabt habe, weshalb es sich hier um Alt-Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO handle. Einer der abschließenden Fälle, in der eine Neu-Masseverbindlichkeit entstehe, liege hier nicht vor, nachdem der Beklagte die Arbeitsleistung des Klägers nicht angenommen, sondern diesen bereits seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt gehabt habe.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtzug im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 01.04.2005 und vom 06.06.2005.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Berufungsgericht nimmt Bezug auf die im Ergebnis und in der Begründung überzeugenden Ausführungen des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Augsburg (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und weist insbesondere zu den Berufungsangriffen ergänzend und zusammenfassend auf folgendes hin.

1. Der zulässig erhobenen Leistungsklage steht nicht die Rechtskraft (§ 322 ZPO) des Endurteils des Arbeitsgerichts Augsburg - Kammer Neu-Ulm - vom 18.12.2002, einschließlich des Ergänzungsurteils vom 12.03.2003, (Az. 2 Ca 775/01 N) entgegen.

Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend hierzu ausgeführt hat, waren in letzterem Verfahren weder der Streitgegenstand identisch mit demjenigen des vorliegenden Verfahrens noch dieser als Vorfrage präjudiziell - mit Bindungswirkung - zum vorliegenden Verfahren. Im Verfahren 2 Ca 775/01 N war der Beklagte ausdrücklich allein als Insolvenzverwalter über das Vermögen der "Fa. G." verklagt, somit als Partei kraft Amtes, der im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft deshalb lediglich im Rahmen seiner gesetzlich übertragenen Befugnisse (§ 80 InsO) die Rechte der Insolvenzschuldnerin und der Insolvenzgläubiger zu wahren hat(te), weshalb die Rechtskraft von Urteilen gegen den Insolvenzverwalter sich auf die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) beschränkt.

Entgegen der Behauptung des Beklagten im Berufungsbeantwortungsschriftsatz (unter II.), dass der Kläger bereits im "Urteil" (Verfahren) Arbeitsgericht Augsburg, 2 Ca 775/01 N, eine persönliche Haftung des Beklagten geltend gemacht gehabt habe, ergibt sich dies, was hinsichtlich des Streitgegenstands und damit der Rechtskraftwirkung maßgeblich ist, weder aus dem Tatbestand noch den Gründen des vorgelegten Endurteils vom 18.12.2001 in diesem Verfahren.

2. In der Sache hat das Arbeitsgericht zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen einer persönlichen Haftung des Beklagten gemäß § 61 Satz 1 InsO bereits dem Grunde nach verneint.

a) Nach § 61 Satz 1 InsO ist der Insolvenzverwalter persönlich zum Schadensersatz verpflichtet, wenn eine durch sein Rechtshandeln begründete Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse nicht - voll - erfüllt werden kann.

Eine solche, als Rechtshandeln dem Insolvenzverwalter zurechenbare, Begründung von (Neu-)Masseverbindlichkeiten können nach allgemeiner Auffassung auch die Verbindlichkeiten = Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers aus dem Dauerschuldverhältnis Arbeitsverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO kündigen hätte können, darstellen (§§ 209 Abs. 1 Ziff. 2., Abs. 2 Ziff. 2, 113 InsO) - wobei sich allerdings, wie der Beklagte insbesondere erstinstanzlich eingewandt hat, die von der gesetzlichen Regelung für dessen persönliche Haftung gemäß § 61 Satz 1 InsO vorausgesetzte "Rechtshandlung" des Insolvenzverwalters insoweit als Unterlassen eines gebotenen Handelns - der Verpflichtung zur unverzüglichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO im Interesse der Erhaltung der Masse, wenn das Vertragsverhältnis für die Abwicklung des masseinsuffizienten Verfahrens nicht mehr benötigt wird - darstellt.

Hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit im Sinne des § 209 Abs. 2 Ziff. 2. InsO frühestens kündigen "konnte", kommt es, wie der Beklagte zu Recht geltend macht, nicht auf die subjektive Einschätzung des Insolvenzverwalters, sondern auf die rechtliche Möglichkeit der Kündigung im objektiven Sinn an, also auf den Zeitpunkt, zu dem der Insolvenzverwalter nach Einhaltung aller erforderlichen auch verfahrenstechnischen Voraussetzungen hierfür (Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG, eventuelle Zustimmung des Integrationsamts gemäß §§ 85 f SGB IX, Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen gemäß §§ 111, 112 BetrVG etc.) das Arbeitsverhältnis nach Masseinsuffizienzanzeige unter Beachtung der Frist des § 113 InsO frühestens rechtlich zulässig kündigen hätte können, unabhängig von einer ggf. bereits erfolgt gewesenen Freistellung des Arbeitnehmers (BAG, Ue. v. 04.06.2003 und v. 31.03.2004, AP Nrn. 2 und 3 zu § 209 InsO; vgl. auch BAG, U. v. 15.06.2004, DB 2004, S. 2053 f; Hefermehl in MünchKommInsO, Bd. 2 (2002), § 209 Rz. 32). Die Schadensersatznorm des § 61 InsO knüpft insoweit an die objektive Pflicht des Insolvenzverwalters zum schnellen Handeln an, sobald er feststellt, dass die Masse voraussichtlich nicht mehr zur Befriedigung aller Massegläubiger ausreichen wird, weshalb er die Begründung von Neu-Masseverbindlichkeiten soweit als möglich vermeiden muss.

b) Ein somit erforderliches jedenfalls im objektiven Sinn pflichtwidriges Handeln des Insolvenzverwalters auf Grund der von ihm zu verantwortenden Begründung von Neu-Masseverbindlichkeiten (BGH, U. v. 06.05.2004, NJW 2004, S. 3334 f; Hefermehl in MünchKommInsO, aaO) liegt jedoch auch nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht vor, wenn zum Zeitpunkt der Masseunzulänglichkeitsanzeige gemäß § 208 InsO - jedenfalls im tatsächlichen Sinn - kein, erst zu kündigendes, Arbeitsverhältnis mehr bestand.

aa) War ein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits rechtswirksam beendet oder jedenfalls gekündigt, kann nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 209 Abs. 1 Ziff. 2., Abs. 2 Ziff. 2 InsO, im Interesse der Erhaltung der Masse nicht mehr benötigte Dauerschuldverhältnisse/Arbeitsverhältnisse frühest möglich zu beenden und die Interessen der Massegläubiger zu schützen (BAG, U. v. 04.06.2003, aaO - II. 2. b bb (1) der Gründe -; vgl. auch BGH, U. v. 02.12.2004, NJW 2005, S. 901 f), keine Pflicht zur weiteren, vorsorglichen, Nachkündigung mehr bestehen - hier war eben bereits ein Beendigungstatbestand gesetzt gewesen, eine genuine Kündigung war damit nicht mehr möglich und eine lediglich vorsorgliche Kündigung nicht erforderlich. Ungeachtet der Frage des Ausgangs eines ggf. schwebenden Kündigungsschutzverfahrens über eine frühere Kündigung bzw. der Antizipierung dessen Erfolgsaussichten kann der Insolvenzverwalter im Sinne des § 209 Abs. 2 Ziff. 2. InsO in diesem Fall keine Kündigung im unmittelbaren Sinn mehr aussprechen.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn die bereits zuvor erfolgt gewesene - ordentliche oder außerordentliche - Kündigung aus nachvollziehbaren Gründen ausgesprochen, aus der objektiven Sicht des verständigen Arbeitgebers/Insolvenzverwalters aus rechtserheblichen Erwägungen veranlasst gewesen war - nicht etwa evident (etwa mit auf der Hand liegenden Formfehlern oder dem Fehlen förmlicher Voraussetzungen (Betriebsratsanhörung, erforderliche behördliche Zustimmung etwa gemäß §§ 85 f SGB IX) behaftet) fehlerhaft oder ersichtlich ohne schlüssigen Grund ausgesprochen war und deshalb im Falle rechtzeitiger Anfechtung (§ 4 KSchG nF bzw. § 113 Abs. 2 InsO in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung), auf der Hand liegend, als unwirksam anzusehen war.

Auch außerhalb des Falles einer auf den ersten Blick (aus formalen oder inhaltlichen Gründen) unwirksamen Kündigung bei nachfolgender Masseinsuffizienzanzeige gemäß § 208 InsO zur Vermeidung des Vorwurfs haftungsrelevanter Pflichtwidrigkeit gemäß §§ 61 Satz 1, 209 Abs. 1 Ziff. 2., Abs. 2 Ziff. 2. InsO eine prophylaktische Nachkündigung verlangen zu wollen, würde die Anforderungen an das nach der gesetzlichen Intention des § 209 InsO gebotene Handeln des Insolvenzverwalters überspannen - dann müsste dieser, wie das Arbeitsgericht, unter Bezugnahme auf das frühere Urteil vom 18.12.2002, im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, konsequent auch im Falle unverzüglich erfolgter Kündigung nach Masseunzulänglichkeitsanzeige im Sinne des § 209 Abs. 1 Ziff. 2., Abs. 2 Ziff. 2 InsO erneut - und grundsätzlich auch danach weiter - nachkündigen, da er sich vor rechtskräftigem Abschluss des (jeweiligen) Kündigungsschutzprozesses nicht in der sonach hypostasiert angenommenen Weise sicher sein könnte, ob die/jegliche Kündigung der gerichtlichen Überprüfung standhält oder nicht (wobei eine solche Nachkündigungspflicht zwar, im Hinblick auf die Monatskündigungsfrist des § 113 InsO, nicht "jeden Tag", wie das Arbeitsgericht überlegt, aber doch jedenfalls regelmäßig/monatlich erfolgen müsste).

Deshalb muss eine eventuelle Schadensersatzansprüche im Sinn des § 61 Satz 1 InsO vermeidende Pflicht zur unverzüglichen Kündigung nicht mehr benötigter Dauerschuldverhältnisse nach Masseunzulänglichkeitsanzeige gemäß § 208 InsO durch den Insolvenzverwalter gemäß § 209 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 Ziff. 2 InsO dann entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Anzeige gemäß § 208 InsO jedenfalls faktisch nicht mehr bestand, weil es bereits gekündigt war aus Gründen, die nachvollziehbar und zur Rechtfertigung der Kündigung grundsätzlich nicht ungeeignet waren - letzteres schließt damit eine Pflichtwidrigkeit des Handelns des Insolvenzverwalters bei der Begründung von (Neu)Masseverbindlichkeiten im Sinn des § 61 Satz 1 InsO aus.

bb) Deshalb bestand hier keine Rechtspflicht des Beklagten als Insolvenzverwalters zur unverzüglichen Nachkündigung des bereits mit Schreiben vom 28.06.2001, (ca.) 26 Kalendertage vor der Masseunzulänglichkeitsanzeige gemäß § 208 InsO vom 24.07.2001, außerordentlich fristlos gekündigt gewesenen Arbeitsverhältnisses des Klägers:

Diese Kündigung war, wie sich aus dem ausführlichen Kündigungsschreiben vom 28.06.2001 und dem Tatbestand sowie den Entscheidungsgründen des Endurteils vom 28.12.2002 ergibt, aus verhaltensbedingten Gründen wegen des, näher spezifizierten, Vorwurfs des Spesenbetrugs durch den Kläger erfolgt und wurde mit diesem Urteil im Wesentlichen deshalb als materiellrechtlich rechtsunwirksam erkannt, weil durch den Beklagten als Arbeitgeber die nach den konkreten Umständen als glaubhaft angesehene bestreitende Einlassung des Klägers hinsichtlich seines fehlenden Betrugsvorsatzes nicht widerlegt - der Betrugsvorsatz damit nicht bewiesen - habe werden können (Seite 11 f der Gründe des Endurteils vom 18.12.2002). Hiernach kann vom Vorliegen einer früheren evident haltlosen, ohne weiteres als unwirksam/nichtig anzusehenden - etwa nur taktisch ausgesprochen gewesenen -, Kündigung nicht ausgegangen werden, weshalb nach Vorstehendem eine Schadenersatzrisiken im Sinne des § 61 Satz 1 InsO vermeidende Rechtspflicht des Beklagten zur unverzüglichen vorsorglichen Nachkündigung des Klägers nach der Masseunzulänglichkeitsanzeige vom 24.07.2001 nicht bestand.

3. Mangels Bestehens eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 61 InsO bereits dem Grunde nach - die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 60 InsO scheiden hiernach erst recht aus - kann somit zum einen offen bleiben, ob nicht die, allein maßgebliche, rechtliche Möglichkeit der vorsorglichen Nachkündigung erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, somit erst am 01.08.2001 und deshalb zum 30.11.2001 (§ 113 Satz 2 InsO), bestanden hätte, wie der Beklagte nachvollziehbar einwendet (der hypothetische Verweis des Klägers auf andere Kündigungen des Beklagten nach der Masseunzulänglichkeitsanzeige vom 24.07.2001 wäre, mangels Sachvortrags schon zu einer Übertragbarkeit des dortigen zeitlichen Ablaufs/Verfahrens auf eine Kündigung gegenüber dem Kläger, zunächst unbehelflich) - mit der Folge, dass hiernach die geltend gemachten Differenzlohn- und Schadensersatzansprüche (Firmen-Pkw) für November 2001 entfallen müssten -, und zum anderen, ob sich die hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus dem im Rahmen des § 61 InsO maßgeblichen negativen Interesse (Vertrauenshaftung/-schaden gemäß § 249 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung) begründen ließen (BGH, U. v. 06.05.2004, aaO - III. 1. c der Gründe -) - was bedeutet, dass der Kläger als Massegläubiger so zu stellen wäre, als hätte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.10./30.11.2001, rechtswirksam, gekündigt gehabt!

Weiter kann damit offen bleiben, ob ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers qua persönlicher Haftung des Beklagten nach § 61 InsO nicht im Hinblick auf die zweistufige Ausschlussfrist des Arbeitsvertrags zum Beklagten als Arbeitgeber/Insolvenzverwalter als verfallen anzusehen wäre (vgl. auch BAG, U. v. 25.05.2005, 5 AZR 572/04, Pressemitteilung des BAG Nr. 31/05 - wobei Bezifferbarkeit/Erkennbarkeit und damit Fälligkeit eines Schadensersatzanspruchs, entgegen der Auffassung des Klägers, jedenfalls mit der Rechtskraft des Endurteils des Arbeitsgerichts Augsburg vom 18.12.2002 (dessen Zustellung nach unwidersprochenem Vortrag des Beklagten am 04.02.2003 erfolgt war) eingetreten gewesen wäre und Klageerhebung hier erst im Dezember 2003 erfolgt war...).

III.

Der Kläger hat damit die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG der Kläger hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

Zurück