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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 347/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 3
BetrVG § 78 Satz 2
Ein Betriebsratsmitglied hat nach der ständigen Rechtsprechung des BAG nur dann Anspruch auf Anrechnung von mit der Wahrnehmung des Betriebsratsmandats notwendig verbundenen Reisezeiten außerhalb der individuellen Arbeitszeit (§ 37 Abs. 3 BetrVG), wenn diese aus betriebsbedingten Gründen veranlasst wurden und auch sonst nach den geltenden tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen über die Durchführung von Dienstreisen im Betrieb des Arbeitgebers als ausgleichspflichtige Arbeitszeit zu bewerten sind.

Dies gilt auch, wenn vor allem aufgrund der bundesweiten Konstituierung von Sparten-Tarifverträgen durch (Haus-)Tarifvertrag gemäß § 3 BetrVG ungewöhnlich häufige und umfangreiche Reisezeiten auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit anfallen, die ohne Betriebsratsmandat bei dem betroffenen Arbeitnehmer nicht gegeben gewesen wären. (Einzelfallentscheidung).


4 Sa 347/08

Verkündet am: 25.09.2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Vogg und Breibeck im Namen des Volkes folgendes Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 15. November 2007 - 4 Ca 1155/07 - in den Ziffern 1. und 2. abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber der beklagten Arbeitgeberin die Gutschrift von über seine regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Reisezeiten geltend, die im Zusammenhang mit seiner Betriebsratstätigkeit entstanden sind.

Der bei Regensburg wohnhafte Kläger ist in der R. Niederlassung der Beklagten als Sachbearbeiter Auftragsmanagement im Rahmen einer Wochenarbeitszeit von 34 Stunden und einer - von ihm erstinstanzlich unbestritten angegebenen - Vergütung von durchschnittlich 3.042,97 €/Monat beschäftigt. Der Kläger war im Zeitraum von 1998 bis Herbst 2003 - sodann im Rahmen eines Übergangsmandats weiter bis Mai 2004 - Mitglied des regionalen Betriebsrats des ehemaligen Geschäftsbereichs/der GK-(Geschäftskunden-)Niederlassung M..

Im Vorfeld der Betriebsratswahlen 2006 schlossen die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e. V. einen "Zuordnungstarifvertrag für die D. AG" vom 22.03.2006 (Anl. K1, Bl. 210 f d. A. - "ZuordnungsTV" -), mit dem die "selbstständigen Organisationseinheiten" der Beklagten einschließlich ihr einem Betriebsrat konstituiert wurden. Der Kläger ist im Bereich der Organisationseinheit "T. (Niederlassung)" tätig. Der Sitz dieser Organisationseinheit befindet sich in B., weshalb nach dem ZuordnungsTV vom 22.03.2006 Sitz dieses bundesweit konstituierten Betriebsrats (in der Regel) ebenfalls B. ist, wo sich ein Betriebsratsbüro nebst weiterer Infrastruktur für die Betriebsratstätigkeit befinden.

Der Kläger wurde bei der Betriebsratswahl im Mai 2006 in den Betriebsrat dieser Organisationseinheit gewählt, in welcher Funktion er gleichzeitig Mitglied des Betriebsausschusses dieses Betriebsrats ist. Nach seinem, ebenfalls unbestritten gebliebene, Vorbringen finden die ordentlichen Sitzungen dieses Betriebsrats einmal monatlich mehrtägig entweder in B., in H., in L. oder in M. statt, während die Sitzungen des Betriebsausschusses regelmäßig wöchentlich in B. - im Zusammenhang mit Betriebsratssitzungen: an deren jeweiligem Ort - abgehalten werden. Der Kläger hat für die Teilnahme an diesen Sitzungen jeweils erhebliche Reisezeiten aufzuwenden, die die von der Beklagten für Dienstreisen wie auch in solchen Fällen nunmehr gutgeschriebene Regelarbeitszeit von, beim Kläger, 6 Stunden 48 Minuten je Arbeitstag überschreiten und deren Verbuchung auf sein "Gleitzeitkonto" insoweit der Kläger mit der vorliegenden Klage begehrt. Während seiner vorausgegangenen Betriebsratstätigkeit im Zeitraum von 1998 bis Mai 2004 und zunächst auch nach seiner Neuwahl im Mai 2006 bis August 2006 wurden dem Kläger die von ihm abgerechneten Reisezeiten, auch soweit sie die Regelarbeitszeit überstiegen, als Arbeitszeit gutgeschrieben.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Regensburg vom 15.11.2007, das der Beklagten am 27.03.2008 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der Klage mit der Begründung stattgegeben hat, dass sich der Anspruch des Klägers auf Gutschrift der seine Regelarbeitszeit übersteigenden Arbeitzeiten aus § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ergebe. Reisezeiten zu Betriebsratssitzungen über die reguläre Arbeitszeit hinaus seien auch dann, wenn das Verkehrsmittel nicht vorgeschrieben sei und dabei keine Arbeitsleistung im eigentlichen Sinne erbracht werde, eine erhebliche Einschränkung, weil Freizeit nicht selbstbestimmt gestaltet werden könne, und lösten deshalb einen Anspruch auf Freizeitausgleich nach dieser Vorschrift aus. Auch lägen betriebsbedingte Gründe im Sinne dieser Regelung vor, weil diese Reisezeiten Folge der betrieblichen Organisation der Beklagten und der Einrichtung eines Spartenbetriebsrates seien. Andernfalls würde der Kläger wegen seiner Tätigkeit als Betriebsrat benachteiligt, was durch § 78 Satz 2 BetrVG untersagt sei. Infolge seiner Betriebsratstätigkeit müsse der Kläger nicht lediglich gelegentlich oder kurzzeitig, sondern regelmäßig, vorhersehbar, langfristig und für ihn nicht beeinflussbar nicht unerhebliche Zeiten über seine vertragliche bzw. tarifvertragliche Arbeitszeit hinaus für Reisen aufbringen. Der Grundsatz der Rechtsprechung des BAG, dass hinsichtlich der Bewertung von Reisezeiten für Betriebsräte keine anderen Maßstäbe wie für alle Arbeitnehmer gelten könnten, könne im Einzelfall keine Geltung beanspruchen, wenn dies bei einem Arbeitnehmer oder Betriebsrat zu einem mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr vereinbaren Sonderopfer führen würde. Auch gebe es trotz notwendiger Typisierung und Pauschalierung Grenzen für die Einschätzung, ob vergütungspflichtige Arbeitszeit bzw. Freizeit vorliege, wobei in solchen Fällen ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum bestehe. Bei der Beklagten fehlten jedoch Ausgleichsregelungen, weil sie von der tarifvertraglichen Möglichkeit einer Gesamtbetriebsvereinbarung zu den Reisevergütungen nicht Gebrauch gemacht habe, weshalb der Kläger mit Reisezeiten belastet werde, die weder bei ihm noch bei mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmern in diesem Umfang und mit dieser Nachhaltigkeit entstünden und durch die Betriebsratstätigkeit bedingt seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 11.04.2008, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, zu deren Begründung sie mit wiederum am selben Tag zunächst per Telefax eingegangenem Schriftsatz vom 23.05.2008 ausgeführt hat, dass sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Reisezeiten im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit des Klägers, die dessen jeweils gebuchte regelmäßige Arbeitszeit überstiegen, nach der Rechtsprechung des BAG in Ansehung des Begünstigungsverbotes gemäß § 78 Satz 2 BetrVG nach den betrieblichen Regelungen über die Behandlung von solchen Reisezeiten außerhalb regelmäßiger Arbeitzeit richte, und die Beklagte weder nach tarifvertraglichen noch sonstigen betrieblichen Regelungen solche Reisezeiten sonst gutschreibe/vergüte. Nach § 11 des anwendbaren Manteltarifvertrages könne der Ausgleich von Reisezeiten bei Dienstreisen durch Betriebsvereinbarung, die es bei der Beklagten nicht gebe, geregelt werden. Nach § 8 Abs. 8 TV Azk sei für "Ausfallzeiten" die dort definierte regelmäßige Arbeitszeit (beim Kläger unstreitig: 6 Stunden 48 Minuten täglich) einzustellen, wie auch in einer Betriebsvereinbarung hierzu eigens geregelt. Weitergehende Ausgleichspflichten für Reisezeiten gebe es bei der Beklagten nicht. Diese Bestimmungen seien damit auch für den Kläger als Betriebsratsmitglied verbindlich - er könne bei Reisezeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit nicht mehr als alle anderen Arbeitnehmer der Beklagten beanspruchen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts würde die vom Kläger begehrte Gutschrift zu seiner Begünstigung führen, die durch § 78 BetrVG untersagt sei. Wenn das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass der Kläger hier langfristig, regelmäßig, vorhersehbar und für ihn nicht beeinflussbar im Vergleich zu seiner eigentlichen Tätigkeit und zu jedem anderen Arbeitnehmer mit einer vergleichbaren Tätigkeit besondere Reisezeiten aufwenden müsse, vergleiche das Arbeitsgericht Äpfel mit Birnen, indem es ungeeignete Vergleichsgruppen bilde. Auch andere Arbeitnehmer der Beklagten müssten im Rahmen dienstlicher Obliegenheiten Dienstreisen unternehmen, bei denen es zu Reisezeiten über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinaus komme, was denselben betrieblichen Regelungen unterliege. Gleiches müsse für den Kläger gelten. Er werde deshalb exakt gleich behandelt. Ein Sonderopfer des Klägers liege nicht vor. Ebenso wenig sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gegeben. Pauschalierende Regelungen zur Behandlung der Zeiten auswärtiger Dienstobliegenheiten seien zulässig, wobei diese sich hier auch zum Vorteil des Arbeitnehmers auswirken könnten, weil Dienstreisen immer mit der Regelarbeitszeit erfasst würden, auch wenn diese kürzer dauerten. Anderes ergebe sich nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des BAG. Auch aus betrieblicher Übung lasse sich ein Anspruch des Klägers nicht begründen, da es bereits an einem zurechenbaren Erklärungsverhalten der Beklagte fehle und eine frühere Handhabung ausschließlich auf einer unsachgemäßen Sachbehandlung beruht habe, der die Beklagte sofort nach Bekanntwerden entgegengetreten sei. Auch seien betriebsverfassungsrechtliche Rechte und Pflichten nicht disponibel - Vereinbarungen über Leistungen, die dem Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG widersprächen, seien nach der Rechtsprechung des BAG nichtig.

Die Beklagte beantragt,

auf die Berufung der Beklagten das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger trägt zur Begründung seines Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass seine Reisezeiten im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit hier in atypischer Weise nicht unregelmäßig, sondern, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, von vornherein regelmäßig und in erheblichem Umfang deswegen anfielen, weil die Beklagte als Arbeitgeberin von der in § 3 BetrVG gestatteten Möglichkeit der Einrichtung eines Spartenbetriebsrats Gebrauch gemacht habe und deshalb die Tätigkeit des Klägers als Betriebsrats vorhersehbar und regelmäßig zu ersichtlichen Nachteilen führe. Bei seiner früheren Betriebsratstätigkeit zwischen 1998 und insgesamt Mai 2004 seien dem Kläger die seine Regelarbeitszeit überschießenden Reisezeiten, die es auch dort gegeben habe, ohne problemlos und eine diese Handhabung gestattende Reisekostenrichtlichtlinie der Beklagten seinem Gleitzeitkonto gutgeschrieben worden, während im August 2006 aus dem Nichts unter Verweis auf eine BAG-Rechtsprechung die Anweisung der Beendung dieser jahrelangen betrieblichen Praxis erfolgt sei. Aufgrund seines Amtes als Betriebsrat dürfe der Kläger nicht schlechter als ohne Betriebsratsmandat gestellt werden. Andernfalls würde der Kläger gerade wegen seiner Tätigkeit als Betriebsrat in der Regelung in § 78 Satz 2 Alternative 1 BetrVG widersprechender Weise benachteiligt. Wäre er kein Betriebsrat, käme es nicht zu über seine normale Arbeitszeit hinausgehenden Reisezeiten. Im Ergebnis habe der Kläger deshalb im Vergleich zu der Situation, die bestünde, wenn er kein Betriebsrat wäre, sondern seine Sachbearbeitertätigkeit ausüben würde, den erheblichen Nachteil, über die außerhalb der Regelarbeitszeit liegende Zeit nicht als Freizeit verfügen zu können, was ihn benachteilige. Die Regelung des § 78 Satz 2 BetrVG wolle sicherstellen, dass ein Betriebsrat nicht anders als die anderen Arbeitnehmer behandelt werde, was beim Kläger sonst der Fall wäre. Jedenfalls ergebe sich ein Anspruch des Klägers aufgrund betrieblicher Übung wegen des Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit. Eine entstandene betriebliche Übung könne nicht von heute auf morgen kassiert werden.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Zeiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 23.05.2008, vom 17.07.2008, vom 10.09.2008 und vom 12.09.2008, nebst der jeweiligen Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 18.09.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Kläger hat weder aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen (dazu 1.) noch aus individualvertraglichen Rechtsgrundlagen (dazu 2. und 3.) einen Anspruch auf Gutschrift seiner durch seine Betriebsratstätigkeit verursachten Reisezeiten, soweit diese über seine regelmäßige (Tages)Arbeitszeit hinaus anfallen (wobei der gestellte und entschiedene Antrag einer Gutschrift auf das "Gleitzeitkonto" für sich betrachtet zunächst nicht unmissverständlich ist - gemeint dürfte wohl ein "Arbeitszeitkonto" o. ä. des Klägers sein). Deshalb sind seine Klage unbegründet und das Ersturteil entsprechend zu ändern.

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz/Gutschrift seiner seine tägliche Regelarbeitszeit überschießenden Reisezeiten hierbei ergibt sich nicht aus § 37 Abs. 3 BetrVG, wonach zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeiten, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der individuellen Arbeitzeit durchzuführen sind, ein Anspruch auf entsprechenden bezahlten Freizeitausgleich, ggf. auch auf Zahlung von Mehrarbeitsvergütung, besteht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Siebten Senats des BAG, auf die sich beide Parteien und auch das Arbeitsgericht bezogen haben und der sich das Berufungsgericht anschließt, können grundsätzlich auch Wege-, Fahrt- und Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Erfüllung notwendiger betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben außerhalb seiner Arbeitszeit - wie hier hinsichtlich der den hier streitgegenständlichen Reisezeiten zugrundeliegenden Teilnahmen des Klägers an den Sitzungen des Betriebsrats und des Betriebsausschusses, deren Mitglied er ist, unstreitig (siehe auch BAG, B. v. 16.01.2008, 7 AZR 71/06, AP Nr. 92 zu § 40 BetrVG 1972) - aufwendet, einen Anspruch auf Freizeitausgleich gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG auslösen, soweit sie mit der Durchführung der entsprechenden Betriebsratstätigkeit in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen. Allerdings dürfen Betriebsratsmitglieder gemäß § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt und nicht begünstigt werden. Für die Bewertung von Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten aufwendet, können deshalb keine anderen Maßstäbe gelten als für die Reisezeiten, die ein Arbeitnehmer sonst im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Arbeitspflicht benötigt. Da eine gesetzliche Regelung, nach der Reisezeiten wie vergütungspflichtige Arbeitszeiten zu bewerten sind, nicht besteht, kommt es deshalb auf die maßgeblichen tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen über die Durchführung von Dienstreisen im Betrieb des Arbeitgebers an (vgl. BAG, U. v. 16.04.2003, 7 AZR 423/01, AP Nr. 138 zu § 37 BetrVG 1972 - I. 2. der Gründe, m. w. N. -; U. v. 21.06.2006, 7 AZR 389/05, NZA 2006, S. 1417 f - 1. der Gründe -; U. v. 10.11.2004, 7 AZR 131/04, AP Nr. 140 zu § 37 BetrVG 1972 - I. der Gründe -; siehe auch LAG Köln, U .v. 20.12.2007, 10 Sa 1020/07 - juris, Rz. 50 -).

Diese Regelung soll bei Betriebsratsmitgliedern, die ihre Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen nicht während der Arbeitszeit ausführen können (in welchem Fall Arbeitsbefreiungsansprüche nach § 37 Abs. 2 BetrVG entstehen), eine Benachteilung durch Verlust persönlicher Freiheit verhindern. Sie stellt deshalb eine Ausnahme von dem in § 37 Abs. 1 BetrVG normierten Grundsatz dar, dass das Betriebsratsamt ein unentgeltlich wahrzunehmendes Ehrenamt ist und deshalb die Aufopferung von Freizeit für dieses Amt grundsätzlich keinen Entgeltanspruch begründen kann. Die Abweichung von diesem Grundsatz unter den näheren Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass hier die Aufopferung persönlicher Freizeit letztlich nicht durch das Betriebsratsamt, sondern aus betriebsbedingten und deshalb in der Sphäre des Arbeitgebers liegenden Gründen notwendig geworden ist. Die Vorschrift des § 37 Abs. 3 BetrVG regelt mithin allein den Ausgleich für eine betriebsbedingt veranlasste Aufopferung persönlicher Freizeit und dient nicht dem Entgeltschutz des Betriebsratsmitglieds, wie er in § 37 Abs. 2 BetrVG geregelt ist (BAG, U. v. 07.06.1989, 7 AZR 500/88, AP Nr. 72 zu § 37 BetrVG 1972 - 2. der Gründe -; B. v. 16.01.2008, 7 ABR 71/06, AP Nr. 92 zu § 40 BetrVG 1972 - Rz. 15 der Gründe - ).

Es kommt somit im Kern auf einen kollektiven Vergleich, nicht einen individuellen berufsbiographischen Vor-/Nachher-Vergleich bzw. individuellen hypothetischen Vergleich der Situation des betreffenden Betriebsratsmitglieds mit und ohne Mandatsausübung an. Entscheidend ist hierbei nicht, ob das betroffene Betriebsratsmitglied vor der Wahl in den Betriebsrat keine oder, auch deutlich, geringere Reisezeiten außerhalb der Regelarbeitszeit gehabt hatte und/oder dies ohne Mandat bei der Tätigkeit dieses Arbeitnehmers weiter so der Fall gewesen wäre - durch die Wahrnehmung der Betriebsratstätigkeit also zusätzliche Reisezeiten verursacht wurden, die sonst nicht (jedenfalls nicht derart umfänglich) angefallen wären, wie der Kläger primär argumentiert. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob derartige über die Regelarbeitszeit hinaus anfallenden Reisezeiten auch bei einem Nicht-Betriebsratsmitglied betrieblich als vergütungspflichtige Arbeitszeit bewertet und ausgeglichen würden oder nicht - nur in ersterem Fall hat auch das Betriebsratsmitglied Anspruch darauf, dass seine mit der Mandatswahrnehmung verbundenen besonderen Reisezeiten ebenso ausgeglichen werden. Dabei kann es keine Rolle spielen, wie umfänglich solche mandatsbedingten Reisezeiten konkret stattfinden.

Des Weiteren besteht nach dem Wortlaut dieser gesetzlichen Regelung ein Anspruch auf "Gutschrift" dieser außerhalb der individuellen Regelarbeitszeit aufgewandten mandatsbedingten Reisezeiten nur dann, wenn diese durch "betriebsbedingte Gründe" (§ 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG) verursacht wurden, also vom Arbeitgeber vorgegebene betriebliche Gegebenheiten und Sachzwänge innerhalb der Betriebssphäre dazu geführt haben, dass die Betriebsratstätigkeit und damit notwendig verbundene Reisezeiten nicht während der Arbeitszeit durchgeführt werden konnten, somit in die Sphäre des Betriebes fallende Gründe vorliegen (etwa Schichtfestsetzungen u. ä.; vgl. BAG, U. v. 26.01.1994, 7 AZR 593/92, AP Nr. 93 zu § 37 BetrVG 1972 - I. der Gründe -). Hiernach kann tatbestandlich kein Anspruch auf Zeitgutschrift bestehen, wenn die Erbringung von notwendigen Betriebsratstätigkeiten - auch mit der Mandatswahrnehmung notwendig verbundenen Reisezeiten - nicht unmittelbar durch betriebliche Sachzwänge und Vorgaben, sondern durch außerhalb der betrieblichen Einflusssphäre stattfindende oder vorgegebene Faktoren verursacht wurde - also etwa den vom Betriebsratsgremium/-vorsitzenden autonom festgesetzte Ort der Betriebsratssitzung und dadurch veranlasste (besondere) Reisezeiten u. ä.

b) Hiernach fehlt es hier an einem Anspruch des Klägers auf Zeitgutschriften seiner außerhalb seiner individuellen Regelarbeitszeit, wie von der Beklagten anerkannt, aufgewandten mandatsbedingten Reisezeiten (die der Höhe nach nicht bestritten sind).

aa) Zum einen sind diese Reisezeiten, entgegen der angedeuteten Auffassung des Arbeitsgerichts, nicht durch betriebsbedingte Gründe in vorstehendem Sinn, also in die Einflusssphäre und damit den Risikobereich der Beklagten als Arbeitgeberin fallende betriebliche Vorgaben, verursacht worden, sondern schlicht dadurch, dass, nach Vortrag des Klägers selbst, die turnusgemäßen monatlichen Betriebsratssitzungen bundesweit entweder in B. oder in H., in L. oder in M. stattfinden, und ebenso die wöchentlichen Sitzungen des Betriebsausschusses, dem der Kläger angehört, regelmäßig in B.. Die Sitzungen beider Gremien beruft jedoch deren (jeweiliger) Vorsitzender autonom ein (§§ 29 Abs. 2 Satz 1, 30 BetrVG - vgl. zum Betriebsausschuss auch Fitting/Engels/Schmidt et al., BetrVG, 24. Aufl. 2008, § 27 Rz. 55), unter Beachtung betrieblicher Notwendigkeiten und Unterrichtung des Arbeitgebers (§ 30 BetrVG).

Dass durch die naturgemäß, außerhalb des Sitzungsortes M., längeren An/Rückreisezeiten des in T. bei R. wohnenden und in R. für die Beklagte tätigen Klägers zu den sonst nahezu bundesweit stattfindenden Betriebsratssitzungen bzw. den Betriebsausschusssitzungen in B., unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel, fast zwangsläufig Reisezeiten außerhalb des üblichen Arbeitszeitbeginns und -endes, ggf. auch am Vortag/Folgetag der Sitzung, anfallen, ist kaum vermeidbar, jedoch der bundesweiten Organisation des Betriebsrats und damit auch des Betriebsausschusses geschuldet und nicht unmittelbar der betrieblichen Sphäre zuzurechnen. Dies beruht wesentlich darauf, dass, wie der Kläger selbst vorträgt, durch im Vorfeld der turnusgemäßen Betriebsratswahlen 2006 gemäß § 3 BetrVG abgeschlossenen ZuordnungsTV vom 22.03.2006 jede "selbstständige Organisationseinheit" - damit offensichtlich auch der Bereich "T. (Niederlassung)", dem der Kläger angehört - bundesweit als eigene betriebsratsfähige Organisationseinheit konstituiert (dort § 3) und weiter festgelegt wurden, dass der Sitz des entsprechenden (Sparten-)Betriebsrats - mit Infrastruktur wie Betriebsratsbüro, Büropersonal hierzu usw. - in der Regel der Sitz der Leitung der entsprechenden Organisationseinheit ist (dort § 4 - hier B.). Dass die Beklagte als Tarifvertragspartei (§ 2 Abs. 1 TVG) diesen ZuordnungsTV als Haustarifvertrag mit abgeschlossen hat, bedeutet noch nicht, dass dies betriebliche Gegebenheiten und Sachzwänge, von der Beklagten unmittelbar vorgegebene Festsetzungen, für die Notwendigkeit von Betriebsratstätigkeiten/Reisezeiten außerhalb der Arbeitszeit im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG begründen würde. Eine tarifvertragliche Regelung zur Konstituierung großflächiger Spartenbetriebsräte u. ä., wie sie das Betriebsverfassungsgesetz erlaubt (§ 3 BetrVG), bewirkt nicht wie erforderlich unmittelbar und direkt kausal einen hierdurch verursachten, ihr zuzurechnenden, Mehraufwand der auf dieser Basis gewählten Mandatsträger im Sinne der von § 37 Abs. 3 BetrVG verlangten betrieblichen Notwendigkeiten. Die tarifrechtlich unter Mitwirkung der Beklagten als Tarifvertragspartei erfolgte großflächige, überregionale, Konstituierung von betriebsratsfähigen Organisationseinheiten stellt nur eine hinreichende, latente, Rahmenbedingung für einen auch dadurch verursachten Mehraufwand der Mandatsträger bei Wahrnehmung ihres Betriebsratsamtes dar - eine tarifrechtliche und damit anderweitige kollektivrechtliche Basis hierfür -, nicht bereits eine unmittelbare Festlegung "betriebsbedingter Gründe" für die Notwendigkeit der Ausübung von Betriebsratstätigkeiten außerhalb der Arbeitszeit im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG -hierfür wären besondere konkrete betriebliche Vorgaben für insbesondere die spezifische Terminierung der Betriebsrats-/Betriebsausschusssitzungen durch den jeweiligen Vorgesetzten maßgeblich und unmittelbar kausal erforderlich. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte diesen ZuordnungsTV vom 22.03.2006 etwa - auch - deshalb abgeschlossen haben sollte, um überschießenden Reisezeiten von Betriebsratsmitgliedern und dadurch verursachten bezahlten Freizeitausgleichsansprüchen begegnen zu können. Im Gegenteil sind solche Reisezeiten maßgeblich erst durch die durch diesen ZuordnungsTV erfolgte Konstituierung großflächiger, in der Regel bundesweiter, betriebsratsfähiger Organisationseinheiten entstanden.

bb) Zum anderen und vor allem aber hätte der Kläger auch ohne Betriebsratsamt keinen Anspruch auf Bewertung von seine Regelarbeitszeit überschreitenden Reisezeiten, wie unstreitig ist. Wie ausgeführt sind hierbei allein die betrieblichen Regelungen für die Bewertung von Reisezeiten von Arbeitnehmern ohne Mandat entscheidend, um eine Begünstigung des Betriebsratsmitglieds auszuschließen (§ 78 Satz 2 BetrVG).

Weder besteht eine grundsätzliche gesetzliche Regelung, dass Reise-/Wegezeiten grundsätzlich als vergütungspflichtige Arbeitszeiten zu bewerten sind (vgl. zuletzt etwa BAG, U. v. 11.07.2006, 9 AZR 519/05, AP Nr. 10 zu § 611 BGB Dienstreise), noch gibt es im Betrieb, bei der Beklagten, anzuwendende tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen über die Bewertung von die Regelarbeitszeit überschießenden Reisezeiten als Arbeitszeit (mit Ansprüchen auf Freizeitausgleich und/oder Vergütung). Die Beklagte hat dies in beiden Instanzen ausführlich dargestellt und insbesondere - unbestritten - ausgeführt, dass der geltende, anwendbare, Manteltarifvertrag einen Ausgleich von Arbeitszeit bei Dienstreisen nur im Falle des Vorhandenseins einer entsprechenden gesonderten Gesamtbetriebsvereinbarung vorsehe (§ 11 Abs. 9 MTV, Bl. 99 f/104 d. A.), eine solche (Gesamt-)Betriebsvereinbarung jedoch nicht existiere (der Gesamtbetriebsrat mag dies, was hier irrelevant ist, gesondert thematisieren ...). Der Tarifvertrag "Azk" (?), auf den die Beklagte sich in ihrer Berufungsbegründung unbestritten bezieht, sowie eine mit dem Betriebsrat abgeschlossene (örtliche?) Betriebsvereinbarung regelten dagegen ausdrücklich, dass im Falle von Ausfallzeiten, bei denen der Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit befreit ist ("z. B. ... Fortbildung ..."), die prozentuale Tagesarbeitszeit (§ 4 Abs. 2), je nach Arbeitszeitmodell, als Bemessungsgröße für die erbrachten Ausfallzeiten heranzuziehen sei, ohne Zeitausgleich (Anlagen B1 und B2, Bl. 99 f d. A.) - beim Kläger, mit einer Wochenarbeitszeit von 34 Stunden und einer Verteilung dieser Arbeitszeit auf eine Fünf-Tage-Woche, somit 6 Stunden und 48 Minuten täglich. Diese Zeit wird dem Kläger bei Reisen zu Betriebsrats-/Betriebsausschusssitzungen als Arbeitszeit "gutgeschrieben" - auch bei weniger zeitaufwendigen Fahrten zu solchen Gremiensitzungen in M., nicht mehr und nicht weniger. Diesen Zeitansatz würde der Kläger auch bei Dienstreisen ohne Betriebsratsmandat sonst erhalten, somit ebenfalls keine Anrechnung von diese Arbeitszeitquote überschießenden Reisezeiten. Wie ausgeführt ist es unerheblich, dass der Kläger selbst ohne Mandat Dienstreisezeiten nicht oder jedenfalls nicht in einem derartigen Umfang hätte und gehabt habe. Dieser individuelle berufsbiographische Vergleichsmaßstab ist im Rahmen der Rechtsgrundlage des § 37 Abs. 3 BetrVG unerheblich. Eine Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds, die durch § 78 Satz 2 BetrVG untersagt ist, oder ein "Sonderopfer" im Rahmen der Regelung des § 37 Abs. 3 BetrVG liegen nicht vor.

Wie oben erwähnt ist das Betriebsratsamt grundsätzlich ein unentgeltliches Ehrenamt (§ 37 Abs. 1 BetrVG). Für mit der Wahrnehmung des Betriebsratsmandats verbundene Tätigkeiten, auch Reisezeiten, - auch, soweit diese etwa aufgrund überregionaler Konstituierung des Gremiums in atypisch hohem Umfang anfallen - hat das Betriebsratsmitglied betriebsverfassungsrechtliche Ausgleichsansprüche nur bei Vorliegen der besonderen gesetzlichen Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG, also insbesondere bei vom Arbeitgeber unmittelbar veranlassten betrieblichen Gründen hierfür und dem Vorliegen entsprechender betrieblicher Regelungen. Anderes wäre nicht der notwendige Ausgleich eines unzulässigen "Sonderopfers" des Betriebsratsmitglieds, sondern in der Tat eine ebenfalls unzulässige Begünstigung im Sinne des § 78 Satz 2 BetrVG.

2. Der Kläger hat auch keinen individualvertraglichen Anspruch insbesondere aus dem Rechtsinstitut der Betriebsübung.

a) Unter einer Betriebsübung ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers (§ 145 BGB), das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs hieraus ist nicht der Verpflichtungswille, sondern, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitsgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 153, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob die Arbeitnehmer davon ausgehen durften, die Leistung werde vom Arbeitgeber über seine gesetzlichen, kollektivrechtlichen und vertraglichen Pflichten hinaus erbracht. Die Anforderungen an einen Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Je intensiver eine Regelung das Funktionieren eines Betriebs in seiner Gesamtheit betrifft, umso eher müssen die Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber mit einem bestimmten Verhalten nicht individual-rechtlich binden wolle. Eine vertragliche Bindung kann nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (vgl. aus jüngerer Zeit nur BAG, U. v. 13.06.2007, 5 AZR 849/06, AP Nr. 78 zu § 242 BGB Betriebliche Übung - II. 1. a/Rz. 15 der Gründe, m. w. N. -).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte hier keine betriebliche Übung zur generellen Bewertung von die Regelarbeitszeit übersteigenden Reisezeiten im Zusammenhang mit der Betriebsratsamtsübung als ausgleichspflichtiger Arbeitszeiten begründet.

aa) Ungeachtet dessen, ob ein gleichförmiges Verhalten der Personalabteilung der Niederlassung/Dienststelle in R., in der der Kläger beschäftigt ist, in der Vergangenheit ihm gegenüber im Zusammenhang mit einem früheren Betriebsratsmandat, wie behauptet, überhaupt den auch kollektiv akzentuierten Bereich einer Betriebsübung (damit grundsätzlich gegenüber einer Vielzahl von Arbeitnehmern) begründen könnte, würde hierdurch ein individualvertraglicher Anspruch des Klägers auf Weitergeltung einer solchen Reisezeitbewertung entstanden sein, der allerdings - wie die Beklagte zu Recht ausführt - wegen Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG von vornherein nichtig wäre (§ 134 BGB; vgl. BAG, U. v. 16.02.2005, 7 AZR 95/04, AP Nr. 26 zu § 46 BPersVG - I. der Gründe, m. w. N. -, zu den gleichlautenden Regelungen des BPersVGes).

bb) Unabhängig wiederum hiervon konnte der Kläger aus der früheren Praxis des zuständigen Personalsachbearbeiters seiner Niederlassung/Dienststelle im Zusammenhang mit einem früheren Mandat als Mitglied eines regionalen Betriebsrates (des GK-Bereiches in M., wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren näher ausgeführt hat) - auch wenn dieses Verhalten eines Personalsachbearbeiters der Beklagten, entgegen ihrer Auffassung, grundsätzlich objektiv zuzurechnen sein müsste, und immerhin noch einige Monate nach erneuter Wahl des Klägers in den nunmehr großflächig konstituierten (Sparten-)Betriebsrat des Bereiches "T." fortgesetzt wurde -noch keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert/-inhalt ableiten und annehmen, die Beklagte wolle dies dauerhaft als damit übertarifliche Leistung erbringen und sich entsprechend vertraglich binden. Bei der Beklagten, auch wenn sie nicht mehr öffentlichrechtlich konstituiert ist, herrscht, auch gerichtsbekannt, wesentlich strikter Tarifvollzug. Schon deshalb erforderliche besondere Anhaltspunkte für den Kläger, über die bloße tatsächliche Behandlung seiner Reiseabrechnungsanträge in der Vergangenheit hinaus, die Beklagte wolle die überschießenden Reisezeiten grundsätzlich und dauerhaft anerkennen und bewerten/dotieren, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar, ebenso wenig erforderliche besondere Umstände für die Begründung eines entsprechenden schutzwürdigen Vertrauens des Klägers hieraus (BAG, aaO - ungeachtet auch etwaiger konstitutiver tarifvertraglicher Schriftformklauseln für Nebenabreden). Im Gegenteil betraf die frühere Abrechnungspraxis die Zugehörigkeit des Klägers zu einem Betriebsratsgremium mit Sitz in M. bzw. für eine Betriebseinheit mit einem Sitz dort, wo Reisezeiten gerichtsbekannt (auch der Vorsitzende der erkennenden Berufungskammer pendelt zwischen R. und M.) nur in relativ überschaubarem zeitlichen Umfang anfallen - welche Zeiten auch der Kläger vorliegend als kaum erheblich ansieht. Dass eine solche Regelung auch bei einer etwaigen künftigen Tätigkeit des Klägers als Mitglieds eines überregional, bundesweit, konstituierten Sparten-Betriebsrats und dadurch entsprechend längeren Reisezeiten sowie, regelmäßig damit verbunden, höherem Sitzungsaufwand eines solchen Betriebsrates ohne zusätzliche Umstände gelten sollte, konnte der Kläger allenfalls ausnahmsweise und unter besonderen zusätzlichen - hier nicht erkennbaren - Umständen annehmen. Einen erforderlichen Vertrauensschutz für eine Weitergeltung einer solchen Regelung konnte der Kläger jedenfalls nicht gewinnen.

3. Aus den gleichen Gründen müsste ein Anspruch des Klägers etwa aus einer entsprechenden konkludenten einzelvertraglichen Zusage der Beklagten - außerhalb der Rechtsfigur der betrieblichen Übung - ausscheiden, ebenso aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Zu letzterem hat der Kläger auch nicht ansatzweise das Vorliegen einer erforderlichen entsprechenden Gruppenbildung und zumal sachwidrigen Ungleichbehandlung durch die Beklagte vorgetragen.

4. Deshalb besteht kein Anspruch des Klägers auf Ausgleich seiner seine individuelle Regelarbeitszeit überschießenden, mit der Wahrnehmung des Betriebsratsmandats verbundenen, Reisezeiten, weshalb unter Änderung des Ersturteils seine Klage abzuweisen ist.

III.

Der Kläger hat damit die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen (§§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG der Kläger hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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