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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 491/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a
Wird der Betriebsinhaber/Arbeitgeber durch Räumung des Geschäftshauses, in dem sich der Betrieb/das Geschäft befindet, aufgrund gerichtlichen Räumungstitels - verbunden mit einem Hausverbot - an der weiteren Ausübung seiner Tätigkeit als Betriebsinhaber gehindert, liegt mangels "Rechtsgeschäfts" kein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB vor, der eine Weiterhaftung des Betriebsinhabers für die Gehälter der Angestellten für die Dauer der Kündigungsfrist einer von ihm später ausgesprochenen Kündigung verhindern würde.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 491/06

Verkündet am: 21. September 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Högele und Schelhas für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 7. März 2006 - 21 Ca 1312/05 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Vergütungsansprüche für die Dauer der Kündigungsfrist aus einem beendeten Arbeitsverhältnis geltend.

Die, ausweislich der vorgelegten Unterlagen, am 00.00.1948 geborene Klägerin war seit 01.10.1970 als kaufmännische Angestellte im Geschäft "W." in der S. Straße in M. mit einer Arbeitszeit von zuletzt 20 Stunden/Woche und einer Vergütung von 1.283,29 € brutto/Monat (1.270,-- € brutto/Monat zzgl. Vermögenswirksame Leitungen von 13,29 €/Monat) beschäftigt. Das Haus, in dem sich dieses Geschäft befand, steht offensichtlich im Alleineigentum der Mutter des Beklagten, Frau P., die dieses gemäß Mietvertrag vom 01.10.1984 (Bl. 120/121 d. A.) an ihren Ehemann und Vater des Beklagten, Herrn Dr. P., vermietete. Der Vater des Beklagten schloss mit diesem einen, auch von seiner Ehefreu/dessen Mutter unterzeichneten, "Überlassungsvertrag" vom 30.08.1988 (Anl. K6, Bl. 21/22 d. A. bzw. Bl. 118/119 d. A.), mit dem dem Beklagten der "Gewerbebetrieb "W. ..." zu Alleineigentum, in vorweggenommener Erbschaft, durch Schenkung unter Lebenden, in Anrechnung auf den Erbteil" unter bestimmten Bedingungen überlassen wurde, wobei die Mutter des Beklagten sich in diesem Vertrag damit einverstanden erklärte, dass dieser in das bestehende Mietverhältnis eintrat. In diesem Überlassungsvertrag ist weiter festgehalten, dass "die Eltern ... in ihrem gemeinschaftlichen Testament verfügt (haben), dass nach dem Tode des Letztverstorbenen das Anwesen an der S. Straße (12) in das Alleineigentum des Sohnes übergeht, frei von Lasten und Kosten und frei von Verpflichtungen gegenüber Dritten." Gleichzeitig behielt sich der Beklagte dort den Rücktritt vom Überlassungsvertrag vor, "wenn er von der Erbengemeinschaft hinter dem Letztverstorbenen der Eltern das Anwesen an der S. Straße (12) nicht zu Alleineigentum erhält, so wie zugesagt ...".

Mit, vorläufig vollstreckbarem, Urteil des Landgerichts München I vom 18.05.2004 (Az: 10 O 18315/03, Bl. 20 d. A.) gegen den "Inh. d. Fa. W.", den Beklagten, wurde dieser auf Antrag seiner klagenden Mutter "verurteilt, das Geschäftshaus S. Straße 11, M., zu räumen und an die Klägerin herauszugeben". Nach Vorbringen des Beklagten sei er am 14.09.2004 letztmalig in diesem Geschäft, dessen Inhaber er bis dahin gewesen sei, gewesen, wobei ihm seine Tochter im Auftrag seiner Eltern mitgeteilt habe, dass er ab dem Zeitpunkt des Beginns der Räumung am Folgetag das Haus nicht mehr betreten dürfe. Zu Beginn der ab 15.09.2004 stattgefundenen Räumung sei durch den Gerichtsvollzieher das Schloss zur Eingangstür des Geschäfts/Hauses ausgewechselt worden. Der Gerichtsvollzieher habe im Zusammenhang mit der Räumung über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen, bis etwa 10.10.2004, die Waren des Geschäfts entfernt, nicht jedoch das Inventar, das als Eigentum seiner Mutter bestehen habe bleiben sollen. Der Verkauf und der Ladenbetrieb seien nach dem Vorbringen des Beklagten nach dem Beginn der Räumung noch ca. zwei bis drei Wochen, ebenfalls bis etwa 10.10.2004, weiter gelaufen.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin und den anderen der insgesamt sieben bis acht dort beschäftigten Arbeitnehmern hier mit Schreiben vom 29.09.2004 (Anl. 1, Bl. 4 d. A.), das der Klägerin unbestritten am 29.10.2004 zugegangen ist, zum 30.04.2005, vorsorglich zum nächstmöglichen Termin.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Bezahlung der Arbeitsvergütung über den 31.10.2004 hinaus für die Dauer der bis 31.05.2005 laufenden Kündigungsfrist geltend.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 07.03.2006, das dem Beklagten am 21.03.2006 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der Klage in vollem Umfang mit der Begründung stattgegeben hat, dass der Beklagte an die Klägerin Annahmeverzugsentgelt für den Zeitraum vom November 2004 bis Mai 2005 in der unstreitigen Höhe der Klageforderung zu zahlen habe, da er unstreitig bis 2004 Inhaber des Geschäfts und damit Arbeitgeber der Klägerin gewesen sei und dieses nicht durch Betriebsübergang auf den Vater des Beklagten übergegangen sei - dieser habe nicht die Organisations- und Leitungsmacht über einen funktionsfähigen Betrieb erhalten und, offenbar für seine Ehefrau, die Räumungsvollstreckung betrieben. Es sei nicht erkennbar, dass die wesentlichen Wirtschaftsgüter des Beklagten auf seinen Vater übergegangen seien, der das Geschäft erkennbar nicht weiterführen, sondern entmieten und verkaufen habe wollen, wie schließlich auch geschehen. Der Beklagte habe mit seinem Kündigungsschreiben vom 29.09.2004 dokumentiert, dass er sich selbst noch als Arbeitgeber der Klägerin betrachtet habe, da er andernfalls die Kündigung seinem Vater überlassen hätte müssen. Der Überlassungsvertrag regle lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Beklagten und seinem Vater, aber nicht das Außenverhältnis des Beklagten zur Klägerin. Die Kündigung des Beklagten habe das Arbeitsverhältnis fristgerecht erst zum 31.05.2005 beenden können.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten mit Schriftsatz vom 20.04.2006, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, zu deren Begründung er fristgerecht vorgetragen hat, dass ihm die Firma im Zusammenhang mit der Vollstreckung des Räumungsurteils im September 2004 entzogen worden sei und diese an den Überlasser zurückgefallen sei, da dieser über das Betriebsvermögen verfügt und ab da die alleinige Organisations- und Leitungsmacht über den voll funktionsfähigen Betrieb gehabt habe und diese noch ausüben habe können. Bis Mitte September sei er, der Beklagte, unstreitig formaler Eigentümer des Betriebes gewesen und habe diesen bis zu seiner Aussperrung durch die Eltern geführt, wobei er allerdings nichts anderes als ein Verwalter mit beschränkten Befugnissen auf Ruf und Widerruf, abhängig vom Wohlwollen des Überlassers, gewesen sei. Der Überlasser habe auch weiterhin in der Firmenbuchhaltung sein privates Entnahme- und Steuerkonto gehalten und nach Belieben dort buchen lassen. Bei Aussperrung des Beklagten ab 14.09.2004 sei der Betrieb das laufende Geschäft gut gegangen.

Nach Räumungsbeginn seien das gesamte Betriebsvermögen - Inventar - vom Überlasser auf die Mutter übertragen worden. Der Überlassungsvertrag habe die Rechte des Beklagten begründet und beendet und deshalb unmittelbare Bedeutung für alle Mitarbeiter gehabt. Auch das Finanzamt M. habe die Überlassung dieses Geschäfts nicht als Schenkung gewertet, da dieser ein jederzeit änderbaren Auftrag zur Geschäftsführung mit der ebenfalls unverbindlichen Zusage gewesen sei, vielleicht einmal Firma und Haus wirklich zu erben. Die Verbrauchskosten für das gesamte Geschäftshaus hätten die Stadtwerke M. bis zum Verkauf des Hauses und auch nach dem Ausscheiden des Beklagten immer mit der Überlasser persönlich abgerechnet. Der Beklagte sei deshalb lediglich ein temporärer Arbeitgeber gewesen, dessen Verantwortung in dem Augenblick geendet habe, wo ihm die Geschäftsführung unmöglich gemacht, sie ihm entzogen worden sei und er die Firma wegen Verkauf des Hauses zurückgegeben habe. Der Vater des Klägers sei überhaupt nicht an einer Fortführung der Firma im Hause interessiert gewesen, sondern habe das Haus geräumt und verkauft. Das aufgrund fehlender Instandsetzungsarbeiten nahezu abbruchreife Gebäude sei von seinen Eltern verkauft worden, da diese Geld für ihren aufwendigen Lebensunterhalt gebraucht hätten. Der Überlasser habe letztlich seine Firma, die an ihn zurückgefallen gewesen sei, zerstört, weil er den Profit aus einer Entmietung und einem Verkauf haben habe wollen. Der Überlasser habe veranlasst und gebilligt, dass das Warenlager im Wert von ca. 500.000,-- € zu einem geringen Wert gepfändet und versteigert worden sei. Eine Rückgabe der Firma sei durch den Beklagten nicht möglich gewesen, da er ausgesperrt gewesen sei und keine Unterlagen und keine Ware gehabt habe. Der Beklagte habe die Verwertung des Geschäfts nicht verhindern können, da er nach dem Überlassungsvertrag keinerlei rechtliche Handhabe gegen die Vorgehensweise zur Entmietung und auch keine Möglichkeit, die Mitarbeiter gegen dieses Vorgehen zu schützen, gehabt habe. Mit Pfändung am 15.09.2004 sei zu diesem Zeitpunkt die Firma deshalb auf den Überlasser zurückgefallen, was dieser selbst vertraglich so festgelegt gehabt habe. Eine Rückgabe der Firma sei nicht möglich gewesen, da die Eltern dem Beklagten längst alles genommen bzw. vorenthalten und selbst besessen hätten.

Der Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 07.03.2006 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen, hilfsweise wird der Rechtsstreit zurückverwiesen.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Antrags auf Zurückweisung der Berufung vor, dass die Inhaberstellung des Beklagten keine formale gewesen sei, da ab 1989 alle Bilanzen und Steuererklärungen allein auf den Beklagten als Inhaber gelautet hätten und auch die geschäftlichen Konten der Firma N. auf den Beklagten als Person gelaufen seien, der alle Umsätze und Gewinne der Firma als Inhaber versteuert und behalten habe. Bis mindestens Oktober 2004 habe der Beklagte aufgrund seiner Arbeitgeberstellung auch die Lohnsteuern und die Sozialabgaben der Angestellten abgeführt und die Gehälter bezahlt. Dass das Finanzamt 1988 für die Firmenübernahme durch den Beklagten keine Schenkungssteuer verlangt habe, sei gut möglich, habe aber von der Bilanz der damals übernommenen Firma abgehangen. Der Beklagte hätte auch nach dem Räumungsprotokoll das Recht gehabt, seine Ware abzuholen und zu verkaufen, was er nicht getan habe, obwohl er zunächst im Oktober und November 2004 gesagt habe, dass er das Geschäft weiterführen werde. Die Eltern des Beklagten hätten von den Pachteinnahmen leben wollen; nachdem über erhebliche Zeiträume statt Pachtzahlungen lediglich Briefe des Beklagten eingegangen seien, hätten seine Eltern ihre Forderungen titulieren lassen, den Beklagten nicht zur Insolvenz gezwungen, jedoch das Anwesen geräumt, damit es veräußert habe werden können. Ein Betriebsübergang mit der Folge der Enthaftung des Beklagten sei nicht gegeben.

Wegen des Sachvertrags der Parteien im Zeiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 20.05.2006 und vom 06.06.2006, nebst der vorgelegten Unterlagen/Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 16.08.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und auch im Begründungsansatz zutreffend entschieden, dass der Beklagte für die streitgegenständlichen Vergütungsansprüche der Klägerin für die Dauer der bis 31.05.2005 laufenden Kündigungsfrist in der unstreitigen Höhe der Klageforderung weiter haftet - der Beklagte als Arbeitgeber bis dahin unverändert Schuldner dieser Vergütungsansprüche und damit passiv legitimiert ist.

1. Der Beklagte war unzweifelhaft als Inhaber des Betriebes "W." im Haus S. Straße (11 bzw. 12) in M. - jedenfalls (wieder) seit 1988, so seine zeitliche Angabe - Arbeitgeber der dort beschäftigten Klägerin.

Der Beklagte bezeichnet sich selbst schriftsätzlich und im Rahmen seiner Parteianhörung in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren als "Inhaber" dieses Betriebes/(wohl Einzelhandels)Geschäftes (siehe die protokollierten Einlassungen des Beklagten - Sitzungsniederschrift vom 16.08.2006, Bl. 147 f d. A. - ; er sei "formaler Eigentümer" (dieses Geschäfts) gewesen und habe "bis zu seiner Aussperrung durch die Eltern den Betrieb geführt" - Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.05.2006, S. 2/unter 2., Bl. 102 f d. A. -; so auch die Ausführungen des Beklagten etwa im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 29.06.2005, Bl. 39/40 d. A.).

Dies ergibt sich weiter aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug (Anl. K2, Bl. 18 d. A.), der den Beklagten als Inhaber dieses Betriebes ausweist, sowie etwa aus dem Rubrum des Räumungsurteils des Landgerichts München I vom 15.08.2004, Az: 10 O 18315/03 (Bl. 20 d. A.), das ebenfalls den Beklagten als Inhaber der "Fa. W." bezeichnet. Der Beklagte hat, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, das Arbeitsverhältnis (u. a.) der Klägerin noch mit Schreiben vom 29.09.2004, ihr unstreitig einen Monat später (am 29.10.2004) zugegangen, selbst gekündigt - somit Wochen nach dem Beginn der Räumung des Geschäftshauses aufgrund Räumungstitels im vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts München I vom 18.05.2004, was ebenfalls die fortbestehende Arbeitgeberstellung des Beklagten, auch noch nach Beginn der Räumung, dokumentiert.

Die interne Rechtstellung des Beklagten im (Vertrags)Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere nach dem vorgelegten "Überlassungsvertrag" vom 30.08.1988 (i. V. m. dem Mietvertrag zwischen der Mutter und dem Vater des Klägers vom 01.10.1984), ist dagegen - in das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - insoweit unerheblich. Die dort enthaltenen Einschränkungen hinsichtlich eines Rücknahmevorbehalts bei Nichteinhaltung der vereinbarten Bedingungen durch den Beklagten (Ziff. I. dieses Vertrags) ändern nichts daran, dass der Beklagte Inhaber dieses Geschäfts und damit Arbeitgeber der dort beschäftigten Arbeitnehmer war - auch nach dem Überlassungsvertrag vom 30.08.1988 wurde dem Beklagten grundsätzlich der "Gewerbebetrieb W." "zu Alleineigentum" ("in vorweggenommener Erbschaft, durch Schenkung unter Lebenden, in Anrechnung auf den Erbteil") überlassen, unter näheren Maßgaben und Eintritt des Beklagten in den Mietvertrag zwischen seinen Eltern. Auch wenn sich der Beklagte aufgrund der Beschränkungen im Überlassungsvertrag vom 30.08.1988 im internen Verhältnis zu seinen Eltern nur als "formaler Eigentümer" (!?) und "Verwalter mit beschränkten Befugnissen ..." u. ä. bezeichnet, war er, was maßgeblich ist, im Außenverhältnis, auch gegenüber den Arbeitnehmern wie der Klägerin, alleiniger Betriebsinhaber und deren Arbeitgeber.

2. Eine Aufgabe der Arbeitgeberstellung des Beklagten, mit der Folge seiner entfallenen Passivlegitimation für die Vergütungsforderungen der Klägerin ab 01.11.2004, lag nicht vor.

a) Ein Rücktritt des Beklagten aufgrund des ihm in Ziff. III. des Überlassungsvertrages vom 30.08.1988 eingeräumten Rücktrittrechts scheidet aus:

Ungeachtet dessen, ob der Beklagte ein solches Rücktrittsrecht als Gestaltungsrecht überhaupt ausgeübt gehabt hätte (§§ 346 f BGB) - was weder vorgetragen noch dem Sachverhalt sonst zu entnehmen ist -, hätte der Beklagte ein solches nach den Regelungen des Überlassungsvertrages vom 30.08.1988 wirksam nur dann ausüben können, wenn er nach dem Tod beider Elternteile ("hinter dem Letztverstorbenen der Eltern") - die unstreitig noch leben - das Anwesen S. Straße (12 bzw. 11) von der Erbengemeinschaft nicht zu Alleineigentum erhalten hätte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben (so dass offen bleiben kann, ob diese Regelung des Überlassungsvertrages überhaupt, ganz oder zum Teil, rechtswirksam ist ).

b) Ein, zumal rechts-/formwirksamer, Vertrag des Beklagten über die Übergabe des Betriebes der Fa. W. in der S. Straße in M. an seine Eltern bzw. an seinen Vater als Mieter dieses Hause gemäß § 311b BGB lag unstreitig nicht vor.

c) Auch ein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, der ansonsten allein zu einer "Enthaftung" des Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Vergütungsansprüche der Klägerin ab November 2004 führen hätte können, lag, wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat, nicht vor. Dies scheitert bereits daran, dass der Betrieb des Geschäfts "W." in der S. Straße in M. - dass es sich hierbei um einen Betrieb im Sinne des § 613a BGB handelte, ist nicht streitig und kann auch nicht zweifelhaft sein - nicht "durch Rechtsgeschäft" auf einen anderen Inhaber übergegangen war, wie von § 613a BGB tatbestandlich vorausgesetzt wird. Weder das nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag seitens der Eltern des Beklagten ausgesprochene Hausverbot zum Zeitpunkt des Beginns der Räumung des Geschäfts/Geschäftshauses noch dessen im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus dem Räumungstitel im vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts München I erfolgte Räumung stellen ein "Rechtsgeschäft" im weitesten Sinn dar.

aa) Das Hausverbot durch seine Eltern als Vermieter/Betriebsüberlasser als solches konnte den Beklagten - ungeachtet dessen Wirksamkeit - nur an der tatsächlichen Ausübung seiner unternehmerischen Leitungsmacht hindern, begründet aber kein Rechtsgeschäft im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB (wie dies etwa ein Kauf, eine Verpachtung, ein Mietvertrag, Leasingverträge u. ä. darstellen).

bb) Auch die Zwangsvollstreckung als staatlicher, öffentlichrechtlicher, Vollzug eines vollsteckbaren gerichtlichen Titels stellt kein "Rechtsgeschäft" im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

(1) Zwar ist der Begriff des Rechtsgeschäfts in diesem Sinn weit zu fassen und erfasst alle Fälle, in denen die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtung gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher oder sonstiger rechtsgeschäftlicher Beziehungen wechselt, ohne dass unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen. Der Zweck des § 613a BGB geht dahin, Fälle der Universalsubzession/Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes oder sonstigen Hoheitsaktes von der Anwendung dieser Vorschrift auszuschließen (vgl. BAG, U. v. 26.08.1999, AP Nr. 197 zu § 613a BGB - I. 3. b aa der Gründe -; zuletzt U. v. 02.03.2006, jetzt in NZA 2006, S. 848 f/850 - II. 2. c der Gründe -; siehe auch BAG, U. v. 13.11.2002, NZA 2004, S. 274/276 - I. 1. b der Gründe -; U. v. 08.05.2001, AP Nr. 217 zu § 613a BGB - I. 1. b cc der Gründe -, jeweils m. w. N.).

(2) Bei der Zwangsvollstreckung aufgrund Räumungstitels im vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts M. I vom 18.05.2004 handelt es sich jedoch allein um einen Hoheitsakt qua zwangsweiser staatlicher Durchsetzung eines gerichtlichen Titels gemäß §§ 803 ff ZPO, nicht eine wie auch immer geartete rechtsgeschäftliche, privatautonome, Verfügung. Letztere läge nur vor, wenn der Beklagte als (früherer) Betriebsinhaber außerhalb der Zwangsvollstreckung noch durch eigenen rechtsgeschäftlichen Übertragungsakt etwa die von der Vollstreckung/dem Pfändungspfandrecht nicht erfassten sächlichen und immateriellen Betriebsmittel an einen neuen Betriebsinhaber übertragen hätte (vgl. etwa Ascheid in Schliemann (Hg.), Das Arbeitsrecht im BGB, 2. Aufl. 2002, § 613a Rz. 52 f; ErfKomm-Preis, 6. Aufl. 2006, § 613a BGB Rz. 58 (f); Bachner in Kittner/Zwanziger (Hg.), Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2005, § 114 Rz. 23 aE; Willemsen in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 613a BGB Rz. 185 f) - was nicht geschehen ist.

Bei der Zwangsvollstreckung aus dem Räumungstitel im Urteil des Landgerichts M. I vom 18.05.2004, verbunden mit dem "Aussperren" des Beklagten und Hausverbot durch die Vollstreckungsgläubiger(in), die den Beklagten allein an der Ausübung seiner Betriebsinhaberstellung hinderte, handelt es sich somit nicht um einen in irgendeiner Weise rechtsgeschäftlich vollzogenen Betriebsübergang, so dass es bereits aus diesem Grund - unabhängig von den Fragen des Übergangs eines funktionsfähigen Betriebes und der Fortführung des Betriebes durch einen neuen Inhaber, die das Arbeitsgericht verneint hat - an den Voraussetzungen des § 613a BGB in Richtung des Vaters und/oder der Mutter des Beklagten als Vollstreckungsgläubiger(in) fehlt.

Seine damit fortbestehende Haftung als Betriebsinhaber/Arbeitgeber für die Arbeitsvergütungsansprüche der Klägerin über den 14./15.09.2005 bzw. - wie geltend gemacht - 31.10.2004 hinaus muss der Beklagte somit im Innenverhältnis zu den Vollstreckungsgläubigern, seiner Mutter bzw. seinen Eltern, regeln, diese Ansprüche intern auseinandersetzen.

3. Da die Kündigung des Beklagten vom 29.09.2004 der Klägerin unbestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO) erst am 29.10.2004 zugegangen war, hat diese das Arbeitsverhältnis ebenfalls unbestritten erst zum 31.05.2005 beendet (§ 622 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 7., Satz 2 BGB), so dass der Beklagte zur Zahlung der streitgegenständlichen Gehälter für den Zeitraum vom 01.11.2004 bis 31.05.2005 in der ebenfalls unstreitigen Höhe der Klageforderung, wie erstinstanzlich entschieden, verpflichtet ist (Arbeitsvertrag, §§ 611 Abs. 1, 615, 293 f BGB) - weshalb seine Berufung zurückzuweisen ist.

III.

Der Beklagte hat damit die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG der Beklagte hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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