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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 09.07.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 57/09
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
Anforderungen an die Begründung eines - im Wesentlichen allein noch berufungsgegenständlichen - Auflösungsantrages der beklagten Arbeitgeberin (dahingestellt blieb, ob der Auflösungsantrag überhaupt einer Begründung bedurfte, nachdem der Arbeitnehmer zuletzt wohl unverändert den Status eines leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG hatte).
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

4 Sa 57/09

Verkündet am: 09.07.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Preibisch und Stöckl

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20. November 2008 - 1 Ca 908/08 - in Ziffer 3. Abgeändert und insoweit zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Abfindung gemäß §§ 9 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 und Absatz 2. 10 Absatz 1 und Absatz 3 KSchG in Höhe von 65.000,-- (i. W. fünfundsechzig-tausend) EUR zu bezahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 85 % und die Beklagte zu 15 % zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch über die Begründetheit eines von der Beklagten, zunächst hilfsweise, gestellten Auflösungsantrags im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses und die Höhe einer dann festzusetzenden Abfindung sowie um, von der Auflösungsentscheidung abhängige, Ansprüche auf Weiterbeschäftigung, Zahlung von Arbeitsvergütung und Entfernung zweier Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers. Der am 00.00.1963 geborene, ledige, Kläger war nach seinen, unbestritten gebliebenen, Angaben bereits im Zeitraum vom 01.05.1990 bis Dezember 1995 als Verwaltungsleiter einer in der Trägerschaft der Beklagten stehenden Betreuungs-/Pflegeeinrichtung als Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt gewesen. Nach Eigenkündigung des Klägers zum Dezember 1995 schlossen die Parteien am 13.12.1996 erneut einen - schriftlichen - Arbeitsvertrag (Anl. B1, Bl. 109 bis 113 d. A.), nach dem der Kläger ab 01.01.1997 die Position des Niederlassungsleiters einer neuen Seniorenresidenz der Beklagten in V. übernahm. Nach diesem Arbeitsvertrag wurde dem Kläger "das Recht zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern aller tariflichen Lohngruppen nach der verabschiedeten Jahresergebnisplanung erteilt" (dort § 1 Abs. 6). Der Kläger war zuletzt, als Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten, Leiter des operativen Managements deren verschiedener Alten- und Pflegeeinrichtungen und in dieser Funktion direkt den/der Geschäftsführern/Geschäftsführerin unterstellt. Der Dienstsitz des Klägers befand sich in V./S., B. Die Vergütung des Klägers betrug zuletzt 6.000,-- € brutto/Monat zzgl. vermögenswirksamer Leistungen.

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis des Klägers zunächst mit Schreiben vom 29.01.2007 außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt; diese Kündigung wurde von der Beklagten zurückgenommen bzw. durch Teilvergleich vor dem Arbeitsgericht F. - Kammern V./S. - vom 17.07.2007 (Protokoll in Anl. B6, Bl. 122 bis 130 d. A.) für gegenstandslos erklärt. An einer weiteren außerordentlichen fristlosen, ebenfalls hilfsweise als ordentlicher ausgesprochenen, Arbeitgeberkündigung vom 15.05.2007 (Anl. B5, Bl. 120/121 d. A.) hielt die Beklagte in der Folge ebenfalls nicht fest. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits waren erstinstanzlich eine erneute fristlose, wiederum hilfsweise als ordentliche ausgesprochene, Arbeitgeberkündigung mit Schreiben der Beklagten vom 05.09.2007 (Anl. B21, Bl. 155 d. A.) sowie eine weitere fristlose, hilfsweise ordentliche, Arbeitgeberkündigung vom 18.12.2007 (Anl. K8, Bl. 230 d. A.). Daneben machte und macht der Kläger Vergütungsansprüche - zuletzt bis einschließlich 31.08.2008 -, und Ansprüche auf Weiterbeschäftigung sowie auf Entfernung von zwei Abmahnungen vom 31.07.2007 und vom 27.08.2007 aus seiner Personalakte geltend, während die Beklagte erstinstanzlich zuletzt hilfsweise einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 9 Abs. 1 KSchG gestellt hat.

Das Arbeitsgericht F. - Kammern V./S. - hat sich, nach annähernd siebenmonatiger Prozessdauer, mit Beschluss vom 17.04.2008 für örtlich unzuständig erklärt und gleichzeitig den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Kempten verwiesen.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18.12.2008 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses beide hier streitgegenständlich gewesenen Kündigungen vom 05.09.2007 und vom 18.12.2007 jeweils sowohl als außerordentliche fristlose als auch als hilfsweise erklärte ordentliche Kündigungen als unwirksam angesehen, jedoch das Arbeitsverhältnis auf den zuletzt hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten zum 31.03.2007 mit der Begründung aufgelöst hat, dass nach dem Inhalt der vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung des (damaligen) Geschäftsführers W. der Beklagten vom 31.07.2007, nach der der Kläger bei einem Gespräch am 24.07.2007 darauf verwiesen worden sei, künftig keine Personalmaßnahmen ohne Zustimmung der Geschäftsführung mehr durchführen zu können, wohl nicht mehr von einer leitenden Angestellteneigenschaft des Klägers im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG ausgegangen werden könne - was die Notwendigkeit einer Begründung des Auflösungsantrags der Beklagten nicht entfallen lassen würde. Jedenfalls sei nach den von der Beklagten zur Begründung ihres Auflösungsantrages vorgetragenen Umständen davon auszugehen, dass eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Parteien nicht mehr erwartet werden könne, da der Kläger sich weder gegenüber der Geschäftsführung der Beklagten noch gegenüber dem Prokuristen deren Komplementär-GmbH Sch. kooperativ gezeigt habe, was für einen Angestellten in leitender Position eine unabdingbare Voraussetzung für eine gedeihliche Zusammenarbeit auf Führungsebene sei. Der Kläger habe sich hierbei stets auf formale Rechtspositionen berufen und keine Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit jenseits dieser Rechtspositionen erkennen lassen. Durch den Wechsel dieses Prokuristen der Komplementär-GmbH zu deren Geschäftsführer zuletzt habe der geltend gemachte Auflösungsgrund des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Kläger und der neuen Geschäftsführung weiter an Gewicht gewonnen. Der Kläger sei in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht nicht einmal bereit gewesen, mit dem, nunmehrigen, Geschäftsführer Sch., wie von diesem angeboten, unter vier Augen zu sprechen. Das Arbeitsverhältnis sei deshalb zum 31.03.2008 als dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte, gegen Zahlung einer Abfindung von 50.000,-- € - entsprechend rund acht Bruttomonatsvergütungen des Klägers -aufzulösen, weshalb er weiter Anspruch auf Zahlung der vertragsgemäßen Arbeitsvergütung bis einschließlich 31.03.2008, nicht jedoch darüber hinaus, habe. Wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses greife auch sein Weiterbeschäftigungsantrag nicht durch. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe er ebenso wenig einen Anspruch auf Entfernung von zu Unrecht erteilten Abmahnungen.

Hiergegen richtet sich die Berufung allein des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.01.2009, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er nach auf seinen Antrag erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 18.03.2008 mit Schriftsatz von diesem Tag, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, ausgeführt hat, dass das Arbeitsgericht zunächst verkannt habe, dass beide Kündigungen vom Kläger gemäß § 174 BGB zurückgewiesen gewesen seien, was die Zulässigkeit einer Auflösungsentscheidung auf Antrag der Beklagten ausschließe. Das Arbeitsgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht zu erwarten sei - zwar habe das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger aufgrund einseitiger Wegnahme seiner Einstellungs- und Entlassungsbefugnis in einem Gespräch am 24.07.2007 Gründe hierfür vortragen müsse, wie seitens der Beklagten jedoch nicht geschehen. Die Klarstellung der Beklagten im Kammertermin, dass ihre vorige schriftsätzliche Begründung lediglich zur Höhe der Abfindung auch zur Begründung des Abfindungsantrages überhaupt herangezogen werden müsse, sei fehlerhaft. Die Beklagte führe jedenfalls nur Schlagworte zum Fehlen einer weiteren betriebsdienlichen Zusammenarbeit an. Der Kläger, dessen Arbeitsort an sich V./S. gewesen sei, sei nach mehr als halbjähriger Anwesenheit aufgrund der vorausgegangenen unwirksamen Kündigungen der Beklagten sehr kurzfristig zur Arbeitsaufnahme nach Sonthofen aufgefordert worden, wo man ihm, entgegen der vorigen Ankündigung, mitgeteilt habe, dass der damalige Geschäftsführer der Beklagten nicht da sei. Dort habe der Kläger dann ein Gespräch mit einem Herrn von W. führen sollen, der noch nicht einmal Mitarbeiter der Beklagten oder deren Komplementärin gewesen sei. Der Kläger habe daraufhin angeboten, am nächsten Tag wieder zu erscheinen, wenn der Geschäftsführer der Beklagten anwesend sei. Dies begründe nicht den vom Arbeitsgericht angenommenen Vorwurf einer fehlenden Kooperationsbereitschaft des Klägers. Gleiches gelte für das Verhalten des Klägers gegenüber dem damaligen Prokuristen der Komplementär-GmbH der Beklagten, Herrn Sch., der nicht, auch, Prokurist der Beklagten selbst gewesen sei und deshalb gegenüber den Arbeitnehmern der Kommanditgesellschaft keine Weisungen erteilen habe können. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer, wie der Kläger, ausschließlich der Geschäftsführung der Beklagten unterstellt sei. Damit sei der Kläger diesem gegenüber nicht zu einer kooperativen Zusammenarbeit verpflichtet gewesen. Auch das Hausverbot sei ausschließlich vom Prokuristen der Komplementär-GmbH der Beklagten ausgesprochen worden. Der Kläger habe immer wieder seine Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten angeboten. Herr Sch. sei zwar zwischenzeitlich Geschäftsführer der Beklagten gewesen, jedoch bereits Ende November 2008 wieder als Geschäftsführer deren Komplementär-GmbH abberufen und mit sofortiger Wirkung von seiner Arbeitspflicht entbunden worden, weshalb der Kläger unproblematisch an seinen Arbeitsplatz zurückkehren hätte können. Das Arbeitsgericht Kempten habe auch unberücksichtigt gelassen, dass ein Großteil der Verhaltensweisen des Klägers von der Beklagten provoziert worden sei. Damit hätte das Arbeitsgericht dem Auflösungsantrag der Beklagten nicht stattgeben dürfen und die Beklagte auch zur Weiterbeschäftigung des Klägers und Vergütungsweiterzahlung verurteilen müssen. Gleiches gelte für die entsprechende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu den Anträgen auf Rücknahme zweier Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008 - Az: 1 Ca 908/08 - wird abgeändert, soweit es dem Auflösungsantrag stattgegeben hat und der Auflösungsantrag insgesamt wird abgewiesen.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008 - Az: 1 Ca 908/08 - wird abgeändert, soweit es die Anträge auf Zahlung des Entgelts ab April 2008 abgewiesen hat und die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Vergütung für den Monat

- April 2008 in Höhe von EUR 6.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2008 zu zahlen

- Mai 2008 in Höhe von EUR 6.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2008 zu zahlen

- Juni 2008 in Höhe von EUR 6.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2008 zu zahlen

- Juli 2008 in Höhe von EUR 6.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2008 zu zahlen

- August 2008 in Höhe von EUR 6.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.09.2008 zu zahlen.

3. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008 - Az: 1 Ca 908/08 - wird abgeändert, soweit es den Weiterbeschäftigungsantrag abgewiesen hat und die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Leiter operatives Management der Alten- und Pflegeeinrichtungen der Beklagten weiterzubeschäftigen.

4. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008 - Az: 1 Ca 908/08 - wird abgeändert, soweit es den Antrag auf Entfernung der Abmahnung vom 31.07.2007 aus der Personalakte abgewiesen hat und die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 31.07.2007 aus der Personalakte zu entfernen.

5. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008 - Az: 1 Ca 908/08 - wird abgeändert, soweit es den Antrag auf Entfernung der Abmahnung vom 27.08.2007 aus der Personalakte abgewiesen hat und die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 27.08.2007 aus der Personalakte zu entfernen.

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Antrag Ziff. 1 beantragt der Kläger weiter:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 20.11.2008 - Az: 1 Ca 908/08 -wird abgeändert, soweit die Höhe der Abfindung nicht über EUR 50.000,00 hinaus ausgeurteilt wurde und die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 22.000,00 brutto gemäß den §§ 9 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1, 10 Abs. 1 und 3 KSchG zu zahlen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei, da der Kläger bereits mehr erhalten habe, als er "verdient" habe. Durch die zwischenzeitlich betriebene Zwangsvollstreckung aus dem Ersturteil, auch hinsichtlich des dort festgesetzten Abfindungsbetrags, habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses akzeptiere. Das Arbeitsgericht habe dem erstinstanzlich gestellten Auflösungsantrag zu Recht stattgegeben, da der Kläger es noch zu Zeiten seines Weggefährten und früheren Geschäftsführers der Beklagten St. nicht für nötig befunden habe, den Anweisungen der Geschäftsführerin Frau C. Folge zu leisten. Obwohl der Kläger seit 29.01.2007 bis zuletzt keinen einzigen Tag für die Beklagte gearbeitet habe, habe er sich ihr gegenüber ausschließlich auf Formalpositionen zurückgezogen und sei zu einer vertraulichen und den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit nicht bereit gewesen. Die erste Kündigungsschutzklage hinsichtlich der Kündigung vom 29.01.2007 sei ein "Gaunerstück" des Klägers gewesen, weil er hiergegen am 16.02.2007 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Freiburg erhoben habe, während gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung dort vom 17.07.2007 der damalige Geschäftsführer St. diese zuvor von der Geschäftsführerin C. erklärte Kündigung zunächst telefonisch und dann am 01.02.2007 schriftlich zurückgenommen gehabt habe. Letzteres habe der Kläger gegenüber der neuen Geschäftsführung geheim gehalten und die Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 30.06.2007 mit der bereits Anfang Februar erklärten Kündigungsrücknahme überrascht. Eine Offenbarungspflicht des Klägers hierzu hätte gerade vor dem Hintergrund bestanden, dass die damaligen Geschäftsführer St. und C. im gerichtlichen Vergleich vor dem Landgericht Kempten vereinbart gehabt hätten, jeweils ihr Geschäftsführeramt niederzulegen, weshalb sodann im Februar 2007 Herr W. als neuer und einziger Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten bestellt worden sei. Damit habe der Kläger sich durch arglistiges Verschweigen einen Annahmeverzugslohn von fünf Monaten erschlichen, was einen Betrug im Sinne des § 263 StGB darstelle. Von einem Mitglied der Geschäftsleitung könne und müsse erwartet werden, dass die Belange der Gesellschaft über die eigenen Interessen gestellt würden. Trotz Kenntnis vom Streit zwischen dem damaligen Geschäftsführer St. und der Geschäftsführerin C. der Beklagten habe der Kläger sich ganz offen für seinen Mentor und Förderer St. und gegen die Hauptgesellschafterin und Geschäftsführerin Frau C. entschieden und noch im Dezember 2006 die Auffassung vertreten, nicht Frau C., sondern ausschließlich Herrn St. gegenüber weisungsgebunden zu sein. Obwohl im Bereich der Pflege und des Gesundheitswesens eine hohe Nachfrage nach gut ausgebildeten und erfahrenen Fach- und Führungskräften bestehe, habe der Kläger trotz der von ihm selbst provozierten und herbeigeführten Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses bislang keine Aktivitäten zur Begründung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses in die Wege geleitet, sondern noch in der letzten mündlichen Verhandlung scheinheilig erklärt, zur Beklagten zurückkehren zu wollen. Außer dem vormaligen Geschäftsführer St. habe der Kläger jedem Nachfolger in dieser Position offen die Gefolgschaft und Loyalität verweigert und alles daran gesetzt, seine von Herrn St. immer wieder aufgestockte Vergütung ohne Arbeitsleistung zu erlangen. Er habe insbesondere den damaligen Prokuristen und späteren Geschäftsführer Sch. in einer oberlehrerhaften Art und Weise behandelt und sich jeglicher konstruktiven Zusammenarbeit verweigert. Auch das Hausverbot gegenüber dem Kläger sei eindeutig gewesen, da es zwar vom Prokuristen Sch. erklärt worden sei, der Kläger jedoch gewusst habe, dass dieser die rechte Hand des damaligen Geschäftsführers W. gewesen sei, der seinerseits lediglich an ein bis zwei Tagen in der Firmenzentrale in S. anwesend gewesen sei. Noch am 24.07.2007 habe der Kläger gegenüber dem damaligen Geschäftsführer W. der Beklagten erklärt, wegen seiner Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen der Beklagten, insbesondere bei der A. AG, keine verantwortlichen Aufgaben bei der Beklagten ausüben zu können, wobei er die Tätigkeit bei letzterem Unternehmen selbst ausdrücklich als Wettbewerbstätigkeit bezeichnet und angegeben habe, sich deshalb in einem Interessenkonflikt zu Aufgabenstellungen bei der Beklagten zu befinden. Die zweite Kündigung vom 15.05.2007 hier habe auf eben dieser Wettbewerbstätigkeit des Klägers beruht. Der Kläger habe sein Verhalten und "oberlehrerhaftes" Gebaren bis heute nicht abgelegt. Auch verkenne die Berufung des Klägers, dass er bis zum Schluss leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes gewesen sei und der im Arbeitsvertrag fixierte Status des Klägers mit der Berechtigung zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern ihm nicht im Wege des Direktionsrechts, sondern nur durch eine Änderungskündigung genommen hätte werden können, weshalb der Auflösungsantrag keiner Begründung bedurft hätte. Jedenfalls würden die hierzu ausreichend vorgetragenen Gründe die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. An einen Auflösungsantrag zumal des Arbeitgebers dürften keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Schutzwürdige Interessen gegen eine Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, sondern selbst mehrfach dargelegt, nicht bereit zu sein, sich in die neue Geschäftsleitung zu integrieren.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 18.03.2009, vom 12.05.2009 und vom 27.05.2009, jeweils nebst der vorgelegen Anlagen/Unterlagen, sowie auf den der Beklagten nachgelassenen Schriftsatz vom 16.06.2009 und des Weiteren auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2009 gemäß deren Sitzungsniederschrift (Bl. 893 f d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache nur hinsichtlich der im Rahmen der Auflösungsentscheidung festzusetzenden Abfindung teilweise Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist in überwiegendem Umfang unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zu Recht und mit zutreffender Begründung, richtigerweise zum 31.03.2008, aufgelöst (dazu 2.). Das Berufungsgericht hat jedoch die damit festzusetzende Abfindung gegenüber der vom Arbeitsgericht entschiedenen Abfindungssumme angehoben (dazu 3.). Damit ist die Berufung auch hinsichtlich der weitergehenden, von einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.03.2008 hinaus abhängigen, Ansprüche unbegründet (dazu 4.).

1. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur Rechtsunwirksamkeit bzw. fehlenden sozialen Rechtfertigung der dort streitgegenständlichen Kündigungen der Beklagten vom 05.09.2007 und vom 18.12.2007 jeweils sowohl als außerordentlicher fristloser Kündigungen, als die diese primär ausgesprochen waren, als auch als ordentlicher Kündigungen, wie in beiden Fällen hilfsweise erklärt, ist rechtskräftig, da die Beklagte hiergegen keine Berufung, auch keine Anschlussberufung, eingelegt hat. Damit steht zunächst der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (auch über den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist der weiteren Kündigung vom 18.12.2007 - hier wohl zum 30.06.2008, vgl. dazu unten 2. b - hinaus) fest.

2. Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis jedoch auf den Hilfsantrag der Beklagten - zu Recht auch zum 31.03.2008 (dazu nachfolgend b) - gemäß §§ 9 und 10 KSchG aufgelöst. Das Berufungsgericht nimmt zunächst Bezug auf die ausführlich und überzeugend begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und weist insbesondere im Hinblick auf die Berufungsangriffe ergänzend und zusammenfassend auf Folgendes hin:

a) aa) Der Auflösungsantrag der Beklagten ist allein zur hilfsweise erklärten (ersten) ordentlichen Kündigung vom 05.09.2007 gestellt, wie von ihr in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren vom 28.05.2009 ausdrücklich klargestellt wurde.

bb) Es bedarf keiner näheren Begründung, dass eine Zahlungsaufforderung des Klägers/angedrohte Vollstreckung aus dem, ohne Sicherheitsleistung (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), vorläufig vollstreckbaren Zahlungstitel zur dort festgesetzten Abfindung in der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts zum Auflösungsantrag nicht ohne zusätzliche besondere Umstände - die hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich wären - bereits eine materiellrechtliche, rechtsgeschäftliche, "Akzeptanz" der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, als solcher und/oder in der Höhe der festgesetzten Abfindung, darstellen kann ...

cc) Einer Auflösungsentscheidung auf Antrag der Beklagten steht nicht von vornherein entgegen, dass die Rechtsunwirksamkeit ihrer Kündigung vom 05.09.2007 als ordentlicher Kündigung nicht allein auf deren Sozialwidrigkeit, sondern auch auf anderen Gründen im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG beruht hätte.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auch im Falle einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung nur verlangen, wenn die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung allein auf der Sozialwidrigkeit, nicht jedoch - auch oder allein - auf anderen Gründen im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG beruht. Dies wird vorrangig damit begründet, dass die Lösungsmöglichkeit nach § 9 KSchG für den Arbeitgeber eine Vergünstigung bedeutet, die nur in Betracht kommen kann, wenn eine Kündigung "nur" sozialwidrig und nicht (auch) aus anderen Gründen nichtig ist. Lediglich in dem Fall, dass die Norm, aus der der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung neben der Sozialwidrigkeit herleitet, nicht den Zweck verfolgt, ihm einen zusätzlichen Schutz zu verschaffen, sondern allein der Wahrung der Interessen Dritter dient, steht die sich daraus ergebende Unwirksamkeit der Kündigung dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers nicht entgegen. Diese Grundsätze gelten unverändert auch bei der zum 01.01.2004 erfolgten Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes (vgl. näher BAG, zuletzt U. v. 28.08.2008, 2 AZR 63/07, NZA 2009, S. 275 f - B. II. 2. m. w. N. -).

(2) Diese Kündigung vom 05.09.2007 hat der Kläger - anders als die spätere, zunächst vorsorglich erklärte, weitere Kündigung vom 18.12.2007 - jedoch nicht nach § 174 BGB zurückgewiesen, wie er auf Nachfrage des Gerichts im Hinblick auf sein insoweit nicht unmissverständliches Vorbringen in der Berufungsbegründung in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zuletzt auch ausdrücklich ebenso klargestellt hat.

Andere, insbesondere formelle, Unwirksamkeits-/Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG sind hinsichtlich dieser Kündigung vom 05.09.2007 weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, weshalb solches einer Auflösungsentscheidung auf Antrag der Beklagten nicht von vornherein entgegensteht.

dd) Es kann mit dem Arbeitsgericht letztlich offen bleiben, ob der Auflösungsantrag der Beklagten überhaupt einer Begründung bedarf:

(1) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 KSchG bedarf ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG keiner Begründung beim Arbeitsverhältnis von Geschäftsführern, Betriebsleitern und ähnlichen leitenden Angestellten, soweit diese zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(2) Der Status des Klägers zuletzt als "Mitglied der Geschäftsleitung" der Beklagten -so die insgesamt übereinstimmende Diktion der Parteien - und Leiter des operativen Managements der verschiedenen Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen in der Trägerschaft der Beklagten damit als leitenden Angestellten (im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG) als solchen, im rechtlichen Sinn, ist unstreitig.

Weiter war der Kläger bereits nach dem - offensichtlich einzigen schriftlich niedergelegten - Arbeitsvertrag vom 13.12.1996 in der dort noch festgehaltenen Funktion des Niederlassungsleiters einer Seniorenresidenz der Beklagten in V. ausdrücklich zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern aller tariflichen Lohngruppen (nach der verabschiedeten Jahresergebnisplanung, § 1 Abs. 6 dieses Vertrages) befugt.

Dies - und die von den Parteien im Einzelnen beschriebenen Aufgabenstellungen des Klägers zuletzt - genügen auf den ersten Blick den von der einschlägigen Rechtsprechung des BAG näher hierbei geforderten Voraussetzungen der Befugnis zur grundsätzlich selbstständigen Einstellung oder Entlassung - auch nach Außen, gegenüber einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern, als wesentlichen Teils seiner Tätigkeit -.

(3) Diese vertragliche Befugnis konnte dem Kläger - dies ist letztlich wohl auch die Auffassung beider Parteien - allerdings nicht ohne weiteres einseitig zulässig in einem Gespräch mit dem früheren Geschäftsführer W. der Beklagten am 24.07.2007 entzogen werden - solches hätte einer, weder ausgesprochenen noch ohne Weiteres auch rechtswirksamen, Änderungskündigung (oder eines, fehlenden, Änderungsvertrages) bedurft. Wieso das Arbeitsgericht aus dem Inhalt dieses Gesprächs unbesehen ableiten will, dass der Kläger damit wohl seine leitende Angestellteneigenschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG verloren habe (Seite 22 des Ersturteils), erschließt sich deshalb der Berufungskammer nicht auf den ersten Blick.

ee) Im Ergebnis kann letzteres jedoch, mit dem Arbeitsgericht, offen bleiben, da jedenfalls die Voraussetzungen fehlender weiterer betriebsdienlicher Zusammenarbeit im Rahmen einer notwendigen Begründung des gestellten Auflösungsantrages nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vorliegen würden.

(1) Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine Sozialwidrigkeit der Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Dieser Grundsatz wird bei einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht. An die Auflösungsgründe sind strenge Anforderungen zu stellen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag ist deshalb zu fragen, ob in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienenden weiteren Zusammenarbeit der Vertragsparteien zu rechnen ist.

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber kommen hiernach solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Diese Gründe müssen zwar nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Auch kann etwa eine bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, ebenso wenig eine Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG rechtfertigen wie es dem Arbeitgeber gestattet sein kann, sich auf Auflösungsgründe zu berufen, die von ihm selbst oder von Personen, für die einzustehen hat, provoziert worden sind. Umstände, die nicht geeignet sind, die Kündigung sozial zu rechtfertigen, können jedoch zur Begründung des Auflösungsantrages herangezogen werden, jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber sich noch auf zusätzliche Tatsachen beruft (ständ. Rspr. d. BAG, vgl. zuletzt etwa U. v. 23.10.2008, 2 AZR 483/07, etwa in NJW 2009, S. 1897 f - B. II. 1. a (Rz. 71) der Gründe, mit ausführl. w. N. -).

(2) Gemessen am vorstehenden Maßstab fehlt es nach den hierzu von der Beklagten ausdrücklich vorgetragenen Gründen auch nach Auffassung der Berufungskammer im - für die Beurteilung somit maßgeblichen - Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren unverändert an den Voraussetzungen einer zu erwartenden den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit der Parteien im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG.

Das Arbeitsgericht hat - ausgehend vom ausdrücklichen Vorbringen der Beklagten hierzu auch dem Grunde nach, wie die Beklagte erstinstanzlich ihr, allerdings zunächst missverständliches, Vorbringen hierzu in der mündlichen Verhandlung dort vom 11.11.2008 (Prot., Bl. 597/598 d. A.) klargestellt hat - bereits überzeugend herausgestellt,

- dass sich der Kläger gegenüber dem früheren Geschäftsführer der Beklagten und vor allem dem damaligen Prokuristen der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten (Herrn Sch.) in, zumal angesichts seiner, des Klägers, Stellung als leitender Angestellter und Mitglied deren Geschäftsleitung, ungewöhnlicher Weise auf formalistische Rechtspositionen zurückgezogen und in allerdings nachgerade durchgängig rechthaberischer Weise darauf insistiert hat,

- dass sein Arbeitsverhältnis nicht, wie von der Beklagten statuiert, "ruhe" - obwohl aus dem Gesamtzusammenhang für ihn ohne Weiteres ersichtlich sein musste, dass dies keine einseitige Aufhebung etwa auch der Vergütungspflicht seitens der Beklagten, sondern lediglich eine Suspendierung des Klägers von der Arbeitspflicht (aus den dargelegten Gründen: anderweitige Organfunktionen und behauptete Konkurrenz des Klägers) - auch im Hinblick auf die Freistellungsregelung bei, hier zuvor erfolgt gewesener, Arbeitgeberkündigung der Beklagten gemäß § 5 Abs. 5/Satz 6 des Arbeitsvertrages vom 13.12.1996 - darstellen sollte (Schreiben der Beklagten - ihres damaligen Geschäftsführers W. - vom 17.08.2007 und Erwiderungsschreiben des Klägers vom 20.08.2007, u. a. Anl. B13 und B14, Bl. 143/144 f d. A.),

- dass Herr Sch. - danach, offensichtlich vorübergehend, Geschäftsführer der als GmbH & Co. KG firmierenden Beklagten - nicht als deren Prokurist, sondern als Prokurist lediglich deren Komplementär-GmbH eingetragen sei und deshalb ihm, ohne entsprechende Vollmacht, deshalb keinerlei Weisungen zu erteilen habe (Schreiben des Herrn Sch., für die Beklagte, vom 20.08.2007 und vom 24.08.2007, Erwiderungsschreiben des Klägers hierzu vom 23.08.2007 und vom 24.08.2007, u. a. Anl. B15 bis B19, Bl. 146 f d. A.);

- es kann hierbei offen bleiben, ob die Auffassung des Arbeitsgerichts (im Zusammenhang mit der Würdigung der materiellrechtlichen Wirksamkeit der (zweiten) Kündigung vom 18.12.2007) auch im formalen Sinn zutreffend ist, dass der Prokurist allein der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG als deren, der GmbH, rechtsgeschäftlicher, nicht gesetzlicher, Vertreter (§§ 48 bis 50 HGB) deshalb einer Vollmacht zum Handeln für die GmbH & Co. KG bedurft hätte. Für den Kläger konnte nach den Umständen und der vorausgegangenen Korrespondenz insbesondere mit dem damaligen Organgeschäftsführer der Beklagten jedenfalls kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass zumindest eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht des Prokuristen der Komplementär-GmbH der Beklagten zum Handeln auch für sie gegeben sein musste;

- wie das Arbeitsgericht ebenfalls bereits ausgeführt hat, hat der Kläger unstreitig ein Gespräch mit einem Herrn von W. am 23.07.2007 in der Firmenzentrale der Beklagten in Sonthofen abgelehnt, obwohl ihm dieser eine vom damaligen Geschäftsführer W. unterzeichnete schriftliche Vollmacht mit ausdrücklicher Übertragung des Direktionsrechts in Richtung des Klägers vorgelegt hatte (!);

- es mutet allerdings bemerkenswert an und steht einer betriebsdienlichen Zusammenarbeit der Parteien - des Klägers als Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten - ebenfalls entgegen, wenn der Kläger gegen die (erste) frühere Kündigung vom 29.01.2007 mit Klageschriftsatz vom 16.02.2007 Feststellungsklage erhebt und, nach der Güteverhandlung, unstreitig erstmals mit Schriftsatz vom 30.06.2007 vorträgt, dass der frühere Geschäftsführer der Beklagten St. diese Kündigung ihm gegenüber zunächst telefonisch und sodann (bereits) mit Schreiben vom 01.02.2007 zurückgenommen gehabt habe, wie von diesem in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beim Arbeitsgericht F. vom 17.07.2007 als Zeugen bestätigt (Prot., Anl. B6, Seite 2, Bl. 122/123 d. A.). Dem Kläger musste, in seiner Stellung, zumal aufgrund der Weiterführung des Kündigungsrechtsstreits - der fehlenden Reaktion der Beklagten - ohne Weiteres klar gewesen sein, dass dieser - deren nunmehrigen Geschäftsführern C. und W. - die bereits unmittelbar nach dieser Kündigung und noch vor Erhebung der Kündigungsschutzklage erfolgt gewesene "Rücknahme" eben dieser Kündigung durch den damaligen Co-Geschäftsführer St. allem Anschein nach nicht bekannt gewesen sein konnte: Er hätte deshalb zumindest, ggf. auch prophylaktisch und im Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit, einen entsprechenden Hinweis hierauf geben müssen (!);

- einer weiteren betriebsdienlichen Zusammenarbeit der Parteien im obigen Sinn ebenso wenig förderlich war das Übernahmeangebot der A. AG, deren einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied der Kläger zu diesem Zeitpunkt war (Handelsregisterauszug vom 10.12.2007, Bl. 158 d. A.), gegenüber der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 30.03.2007 (Anl. B23, Bl. 160/161 d. A.);

- die Beklagte beruft sich zur Begründung ihres Auflösungsantrages erkennbar auch auf die allerdings harsche schriftsätzliche Diktion des Klägers - bzw. dessen Prozessbevollmächtigten, die der Kläger sich zurechnen lassen muss -: exemplarisch etwa im Schriftsatz vom 28.01.2008 (Bl. 297 f d. A.), wo das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten mehrfach als "völliger Unsinn", "bewusst wahrheitswidriger Vortrag", "Taktik des Täuschens und Tarnens", "gelogen" usw. usf. bezeichnet ist.

Nach allem muss hier nach den Umständen - den hierzu von der Beklagten vorgetragenen Gründen und im Hinblick auf die herausgehobene Position des Klägers, wie das Arbeitsgericht zutreffend herausgestellt hat - eine weitere betriebsdienliche Zusammenarbeit der Parteien im vorstehenden Sinn auch nach Auffassung der Berufungskammer evident ausscheiden, weshalb das Arbeitsgericht dem Auflösungsantrag der Beklagten zu Recht stattgegeben hat (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG).

b) Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis - unbesehen und ohne weitere Begründung - im Ergebnis zutreffend zum 31.03.2008 als Termin einer sozial gerechtfertigten ordentlichen Kündigung (§ 9 Abs. 2 KSchG) aufgelöst.

Das Kündigungsschreiben vom 05.09.2007 (wie die anderen Kündigungsschreiben) enthielt keinen Kündigungstermin für die, auch dort, hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung (sondern kündigt insoweit "zum nächstmöglichen Zeitpunkt").

Der damit zunächst maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 13.12.1996 legt eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Halbjahresende fest. Diese vertragliche Regelung dürfte nach dem notwendigen Günstigkeitsgesamtvergleich zwischen vertraglicher und gesetzlicher Regelung (vgl. BAG, U. v. 04.07.2001, 2 AZR 469/00, NZA 2002, S. 380 f) im konkreten Fall die, für die Beklagte, geltende gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 BGB unterschreiten (da dann vorliegend eine Kündigungsfrist zum 31.12.2007 gelten würde), ohne dass dies offensichtlich durch eine wirksame abweichende Vereinbarung nach § 622 Abs. 4 oder Abs. 5 BGB zu rechtfertigen wäre, und ist somit (insoweit) rechtsunwirksam. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ist nicht die vertragliche Regelung über das Halbjahresende als Kündigungstermin isoliert konstitutiv, sondern es ist die insgesamt günstigere gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 2 BGB mit Kündigungsfristen jeweils zum Monatsende maßgeblich (BAG, U. v. 03.07.2001, aaO), sodass nach der somit anwendbaren gesetzlichen Regelung von einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende = 31.03.2008 auszugehen ist (§ 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB).

Es ist hierbei davon auszugehen, dass der Kläger eine durchgehende Beschäftigungszeit ab 01.05.1990 - bzw. mit Anrechnung seiner früheren Betriebszugehörigkeit ab 01.05.1990 bis zu seiner Eigenkündigung zum Dezember 1995, ohne Berücksichtigung des Unterbrechungszeitraums - aufzuweisen hatte, da er unbestritten ausgeführt hat, dass ihm im Zusammenhang mit seiner Wiedereinstellung zum 01.01.1997 durch den damaligen Geschäftsführer der Beklagten St. im Sommer/Herbst 1996 zugesichert worden sei, dass seine frühere Beschäftigungszeit ungekürzt angerechnet werde (was auch im Hinblick auf die doppelte Schriftformklausel unter § 13 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vom 13.12.1996 - als, aufgrund des offensichtlichen AGB-Charakters dieses Arbeitsvertrages (§ 305 BGB), insoweit unwirksamer Bestimmung: BAG, U. v. 20.05.2008, 9 AZR 382/07, NZA 2008, S. 1233 f - als rechtswirksam angesehen werden muss !).

3. Hinsichtlich der Höhe der im Rahmen des hier geltenden Höchstbetrages von zwölf Monatsverdiensten des Klägers (§ 10 Abs. 1 KSchG) von jeweils 6.000,-- € brutto (§ 10 Abs. 3 KSchG), somit von 72.000,-- €, damit konkret festzusetzenden Abfindung ist zur Überzeugung der Berufungskammer im Hinblick auf

- die Dauer des Arbeitsverhältnisses von, unter Anrechnung der früheren Betriebszugehörigkeit des Klägers zwischen 1990 und 1995 und sodann ab 1997 (ohne Berücksichtigung der etwa einjährigen Unterbrechung), annähernd 17 Jahren,

- das Lebensalter des Klägers von, zum Auflösungszeitpunkt, 44 Jahren,

- was es dem Kläger auch bei fehlenden - nicht vorgetragenen - Unterhaltspflichten oder sonstigen, etwa seine örtliche Flexibilität entscheidend einschränkenden, besonderen Gegebenheiten erschweren dürfte, in überschaubarer Zeit jedenfalls eine vergleichbare, adäquate und annähernd vergleichbar dotierte Ersatzbeschäftigung zu finden (auch gerichtsbekannt ist der Arbeitsmarkt für Leitungskräfte dieser Ebene in Einrichtungen/bei Trägern des Sozial- und Gesundheitswesens nicht als grundsätzlich besonders aufnahmefähig anzusehen),

- die nahezu auf der Hand liegende/gelegene Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung - und auch der weiteren hier streitgegenständlich gewesenen vorsorglichen Kündigung vom 18.12.2007 - jeweils sowohl als außerordentlicher als auch als ordentlicher Kündigung, weshalb die Beklagte sichtlich auch von der Einlegung einer (Anschluss-)Berufung gegen diese Entscheidung(en) abgesehen hat,

- die durch die Auflösungsentscheidung somit ausgeschlossenen möglichen Vergütungsnachzahlungsansprüche des Klägers nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs der Beklagten mit seiner Arbeitsleistung über den 31.03.2008 hinaus,

- und die Einschätzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten (ihre Andeutungen zuletzt im nachgelassenen Schriftsatz vom 15.06.2009 zu Verhandlungen über den Abschluss eines Notlagentarifvertrages mit der zuständigen Gewerkschaft sind in diesem Zusammenhang nicht bereits geeignet, verifizierbare Fakten für eine etwa besonders eingeschränkte Liquidität o. ä. zu begründen),

als bei der Bemessung der Abfindungshöhe hier vorwiegend maßgeblicher Faktoren nach sorgfältiger und umfassender Abwägung dieser, auch weiterer, Umstände nach Auffassung der Berufungskammer der Höchstbetrag der Abfindung in den oberen Bereich von etwa 90 %, somit von 65.000,-- €, entsprechend knapp elf Bruttomonatsentgelten des Klägers auszuschöpfen. Das Arbeitsgericht hat demgegenüber ohne umfangreiche Begründung hierfür mit einem Abfindungsbetrag von 50.000,-- € lediglich etwa zwei Drittel bzw. ca. acht Bruttomonatsvergütungen festgesetzt, was nach Ansicht der Berufungskammer nach den vorstehend dargelegten maßgeblichen Umständen bei der Bemessung der Abfindungshöhe insgesamt die relevanten Interessen des Klägers in nicht ausreichender Weise berücksichtigt.

4. Damit ist die Berufung des Klägers auch hinsichtlich der weiterverfolgten Ansprüche auf Weiterbeschäftigung, auf Vergütungszahlung über den 31.03.2008 hinaus und auf Entfernung der Abmahnung vom 31.07.2007 und vom 27.08.2007 aus der Personalakte des Klägers - Letzterer aus den vom Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des BAG hierzu dargelegten Gründen - unbegründet.

III.

Ausgehend vom Obsiegen des Klägers lediglich hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Abfindung und seines Unterliegens mit seinen weitergehenden Anträgen im Übrigen waren die Kosten des Berufungsverfahrens entsprechend zu verteilen (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO).

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG beide Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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