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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 65/07
Rechtsgebiete: TzBfG, TVK


Vorschriften:

TzBfG 4 Abs. 1 Satz 1
TVK § 3
TVK § 15
TVK § 21
Gleichbehandlungsgrundsatz bei teilzeitbeschäftigten Orchestermusikern bei Anwendbarkeit des "Tarifvertrag(s) für die Musiker in Kulturorchestern" (TVK). Ansprüche auf Mehr(arbeits)vergütung bei überproportionaler tatsächlicher Arbeitszeit.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 65/07

Verkündet am: 14. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Oberrainer und Kandziora für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15. November 2006 - 36 Ca 17577/05 - in den Ziffern 2., 3. und 5., unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, abgeändert:

Die Klage auf Zahlung von Mehrarbeitsvergütung wird abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die der Klägerin als teilzeitbeschäftigter tutti-Bratscherin zulässigerweise zuweisbare Anzahl von Orchesterdiensten und damit zusammenhängende Vergütungsansprüche.

Die Klägerin ist, zunächst gemäß Arbeitsvertrag vom 27./29.11.1996 (Anl. K1, Bl. 7 d. A.), seit 01.09.1997 im B. St., dessen Träger der Beklagte ist, als Bratscherin (tutti) mit einer regelmäßigen Monatsvergütung von, auf der Basis einer Vollzeitbeschäftigung, 4.327,92 € brutto/Monat beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie einzelvertraglicher Vereinbarung der "Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern" (TVK) vom 01.07.1971, zuletzt in der Fassung vom 04.12.2002, Anwendung.

Nach dem Beschäftigungsverbot ab 08.01.1999 vor Geburt ihres ersten Kindes am 00.00.1999 nahm die Klägerin im Anschluss an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG bis 07.07.2000 Erziehungsurlaub. In unmittelbarem Anschluss hieran befand sie sich vor Geburt ihres zweiten Kindes am 00.00.2000 ab 08.07.2000 erneut in Mutterschutz. Daran anschließend hatte sie bis 31.07.2003 wiederum Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit. Ab 08.01.2003 befand sich die Klägerin vor Geburt ihres dritten Kindes erneut in Mutterschutz.

Gemäß Änderungsvertrag vom 07./11.06.2001 wurde die Klägerin im Zeitraum vom 12.02.2001 bis 31.07.2003 mit der Hälfte der Dienste einer vollbeschäftigten Orchestermusikerin teilzeitbeschäftigt.

Mit Schreiben vom 29.04.2001 beantragte die Klägerin für die Zeit nach Ablauf ihrer - damaligen - Elternzeit Teilzeitbeschäftigung im Umfang einer halben Stelle, was der Beklagte mit Schreiben vom 01.06.2001 ablehnte. Daraufhin erhob die Klägerin mit am 06.03.2002 beim Arbeitsgericht München eingegangenem Schriftsatz Klage auf Zustimmung des Beklagten zur Verringerung ihrer Arbeitszeit ab 01.08.2003 dahin, dass ihre Arbeitszeit ab diesem Zeitpunkt die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers umfassen solle. Mit Endurteil vom 16.10.2002 (Az. 33 Ca 3797/02, hier vorgelegt in Anl. K2, Bl. 8 bis 25 d. A.) gab das Arbeitsgericht München der Klage mit eben diesem Ausspruch statt. Die Berufung des Beklagten wurden mit Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28.05.2002 (Az. 10 Sa 1076/02) und die vom Beklagten hiergegen eingelegte Revision mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 (Az. 9 AZR 522/03 - hier vorgelegt unter Bl. 48 bis 61 d. A.) zurückgewiesen. Daraufhin schlossen die Parteien unter dem 14./20.07.2004 (u. a. Anl. B1, Bl. 85 d. A.) erneut einen Änderungsvertrag, mit dem der Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 01.07.2004 dahin geändert wurde, dass die Arbeitszeit der Klägerin "die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers gemäß § 3 Abs. 3 TVK i. V. m. § 15 Abs. 2 TVK beträgt".

Die vollbeschäftigten Bratscher des Bayerischen Staatsorchesters haben unstreitig tatsächlich (deutlich) weniger als die nach der tarifvertraglichen Regelung maximal zulässige Zahl von Diensten zu leisten. Ebenfalls unstreitig wird die Klägerin im Rahmen ihrer nunmehrigen* hälftigen Teilzeitbeschäftigung nicht mit einer Dienstbelastung von 50 % der Dienste, die ein vollbeschäftigter tutti-Bratschist der Instrumentengruppe Bratsche des B. St. tatsächlich zu leisten hat, beschäftigt, sondern der Beklagte sieht sich berechtigt, der Klägerin gegenüber Dienste in Höhe von 50 % der nach der tarifvertraglichen Regelung maximal zulässigen Anzahl von Diensten anzuordnen.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass der Beklagte es zu unterlassen habe, ihr gegenüber Dienste anzuordnen, die innerhalb einer Spielzeit die Hälfte des Durchschnitts der von den vollzeitbeschäftigten Tuttisten der Instrumentengruppe Bratsche tatsächlich im gleichen Zeitraum geleisteten Dienste überstiegen. Des Weiteren verlangt die Klägerin Nachzahlung höherer Vergütung im Verhältnis ihrer zur hälftigen tatsächlichen Dienstbelastung der vollbeschäftigten Bratscher höheren Dienstebelastung.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 15.011.2006, das den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 29.12.2006 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses beiden Anträgen im wesentlichen - der Leistungsklage auf Zahlung höherer Vergütung in überwiegendem Umfang -mit der Begründung stattgegeben hat, dass die Klägerin nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG Anspruch darauf habe, dass der Beklagte es unterlasse, ihr gegenüber Dienste anzuordnen, die innerhalb einer Spielzeit die Hälfte des Durchschnitts der von den Vollzeit-tuttisten der Instrumentengruppe Bratsche tatsächlich geleisteten Dienste überstiegen. Vergleichbar mit der Klägerin seien die Vollzeit-tuttisten der Instrumentengruppe Bratsche des Orchesters. Die Klägerin sei schlechter behandelt worden als diese, da sie bei hälftiger Bezahlung unstreitig mehr als die Hälfte der von den Vollzeit-Mitarbeitern tatsächlich erbrachten Dienste zu leisten habe, worin eine überproportionale Inanspruchnahme ihrer Zeit liege. Diese Schlechterstellung sei nicht durch das Direktionsrecht des Beklagten gerechtfertigt. Dieses unterliege den in §§ 106 Satz 1 und 6 Abs. 2 GewO normierten Beschränkungen, wobei § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG eine Konkretisierung der dort festgelegten Ermessensgrenzen darstelle. Vorliegend gehe es nicht um die äußeren, sondern um die inneren Schranken des Direktionsrechts. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung sei nicht gegeben, da der Beklagte insbesondere nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass das Konzept der Homogenität des Orchesters eine faktisch überproportionale Inanspruchnahme der Klägerin erfordere, zumal angesichts des unstreitigen Umstandes, dass es während der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin während ihrer Elternzeit zu keinem Mangel an künstlerischer Qualität gekommen sei und dem auch nicht die nunmehrigen im Abstrakten verbleibenden Überlegungen des Beklagten widersprächen. Damit könne die Klägerin gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG dem Grunde nach Vergütung für ihre überproportionale Inanspruchnahme verlangen, da sie hierdurch vergleichsweise geringere Bezüge pro Zeiteinheit erhalten habe, wobei der Beklagte sich nicht darauf berufen könne, die bezahlte Vergütung decke alle Zeiten bis zum Erreichen des Dienstlimits ab. Der Höhe nach seien jedoch die Angaben des Beklagten zu ihr und den vollbeschäftigten Bratschern dieser Instrumentengruppe tatsächlich zugewiesenen Zahl an Diensten zugrunde zu legen, da die Klägerin ihrer Obliegenheit, ihre eigenen Zählweise näher zu erläutern, nicht nachgekommen sei - weshalb sich für den Zeitraum vom September 2004 bis August 2005 ein Anspruch der Klägerin auf lediglich 3.354,31 € brutto und für den nachfolgenden Zeitraum vom September 2005 bis August 2006 lediglich ein solcher in Höhe von 4.202,79 € brutto, jeweils nebst Zinsen, ergäben.

Hiergegen richtet sich zunächst die Berufung des Beklagten mit Schriftsatz vom 18.01.2007, am 19.01.2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er fristgemäß vorgetragen hat, dass das Arbeitsgericht mit dem Hinweis auf die "inneren" und die "äußeren" Schranken des Direktionsrechts Begriffe verwende, die in den führenden Kommentierungen zur Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers nicht vorkämen. Die Urteilsfindung des Arbeitsgerichts verstoße gegen die Beweisregel des § 286 ZPO und beruhe auf einer Verletzung der Hinweispflichten nach § 139 ZPO. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 3 TVK sei Teilzeitarbeit insoweit zulässig, als im Arbeitsvertrag vereinbart werden könne, dass der Musiker verpflichtet sei, innerhalb des in § 15 Abs. 2 TVK geregelten Ausgleichszeitraums im Durchschnitt höchstens die Hälfte der Anzahl der dort vorgesehenen Dienste zu leisten - wie mit dem mit der Klägerin geschlossenen Änderungsvertrag ausdrücklich geschehen. Diese tarifliche Regelung sei eindeutig und stelle darauf ab, dass es nicht auf Arbeitsstunden und nicht auf die Anzahl der von anderen Musikern, auch der gleichen Instrumentengruppe, geleisteten Dienste ankomme, sondern nur darauf, dass bei der Ausübung des Direktionsrechts die tariflichen Obergrenzen der Beschäftigung für die ausübenden Orchestermitglieder eingehalten würden, welcher Grundsatz das Maß für die Ausfüllung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und damit der Auslegung des § 3 Abs. 3 TVK sei. Der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins als Arbeitgeberverbandes der Theater und Orchester habe als Tarifpartei dem Geschäftsführer der deutschen Orchestervereinigung für die Musiker als Arbeitnehmer mitgeteilt, dass bei Aufnahme des § 3 Abs. 3 TVK die eindeutige Formulierung die Vereinbarung bestätigt habe, dass sich im Falle von Teilzeitarbeit bei Musikern das Maß der Teilzeit nicht an der durchschnittlichen Diensteauslastung der Instrumentengruppe orientiere. Das Arbeitsgericht nehme auch nicht die in seinem Urteil zitierte Protokollnotiz zu § 21 TVK zur Kenntnis, wo tariflich festgelegt sei, dass im Falle von Teilzeit die Vergütungsbestandteile des § 21 TVK usw. zur Hälfte zu zahlen seien. Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht nicht zur Kenntnis genommen, dass im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 im vorausgegangenen Verfahren der Parteien die in der Klageerwiderung des Beklagten zitierten Feststellungen zur zulässigen Dienstezahl rechtsverbindlich getroffen worden seien und festgelegt worden sei, dass die Klägerin die Halbierung der tariflichen Arbeitszeit nach § 15 Abs. 2 TVK verfolgt habe und eben dies festgestellt worden sei. Die erfolgte Diensteinteilung der Klägerin beruhe auch auf sachlichen Gründen, da der zur vollen Dienstleistung bis zum Dienstelimit beschäftigte Musiker an so vielen Proben teilnehme, wie diese nach den künstlerischen Maßstäben der Orchesterleisterleitung und den Anforderungen der jeweiligen Dirigenten als erforderlich angeordnet würden. Hieraus werde abgeleitet, dass die Klägerin auch als teilzeitbeschäftigte Musikerin der Bratschengruppe zur Erlangung und Aufrechterhaltung der den vollbeschäftigten Musikern gleichwertigen Spielqualität an allen angeordneten Proben teilnehmen solle, da ihr andernfalls nicht genügend Dienste für die Einteilung zu Aufführungen, für die sie geprobt habe, verblieben. Die Klägerin bezieht sich hierzu näher auf ihre einschlägigen erstinstanzlichen Ausführungen. Weil bei Teilzeitbeschäftigung hohe Probenanforderungen berücksichtigt werden müssten, müsse der Beklagte sich für die Diensteinteilung an dem zulässigen tariflichen Dienstelimit orientieren - was das Arbeitsgericht fälschlich als eine schlechtere Behandlung der Klägerin verstanden habe. Hierbei seien auch Gesichtspunkte der Fürsorgepflicht zu berücksichtigen, die das Risiko verringerten, dass die teilzeitbeschäftigte Klägerin als zwangsläufige Folge der Teilzeit nicht mehr der künstlerischen Leistungsfähigkeit vollzeitbeschäftigter Musiker des Orchesters entspreche und deshalb in den Klangkörper nicht mehr einzugliedern sein werde.

Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Vergütungsanspruch der Klägerin nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG würden die tariflichen Regelungen des TVK verkennen. Bei einer unter der Obergrenze des Dienstelimits liegenden Beanspruchung bleibe der tarifliche Vergütungsanspruch des Musikers unberührt, weshalb es für Schwankungen der dienstlichen Inanspruchnahme im Rahmen des Limits nach § 15 TVK weder Zuschläge für zeitlichen Mehraufwand noch Abzüge für geringere zeitliche Beanspruchung gebe und eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Bezahlung einer höheren proportionalen Vergütung nicht bestehe.

Der Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.11.2006, 36 Ca 17577/05 wird in den Ziff. 1., 2., 3. aufgehoben und in Ziff. 4. dahingehend abgeändert, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.

Die Klägerin beantragt, auch im Rahmen einer Anschlussberufung:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.11.2006 wird in Nr. 2 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.672,67 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.11.2005 zu zahlen.

2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte beantragt:

Die Anschlussberufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt zur Berufung des Beklagten und zur Begründung ihrer Anschlussberufung vor, dass entgegen der Auffassung des Beklagten das Erstgericht die Vorschriften des TVK zur Teilzeitarbeit nicht gegen deren Wortlaut ausgelegt habe. Hinsichtlich des vom Beklagten in Bezug genommenen Schreibens des Deutschen Bühnenvereins sei auf die schriftsätzlichen Ausführungen der Klägerin hierzu und ein Schreiben der Deutschen Orchestervereinigung vom 21.07.2004 zu verweisen. Vorliegend habe die Klägerin im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27.04.2004 keinen anderen Klageantrag als hier stellen können.

Die Anschlussberufung der Klägerin hinsichtlich ihres teilweise abgewiesenen Vergütungsanspruchs sei begründet, da der Beklagte erstinstanzlich lediglich lapidar behauptet habe, dass die Klägerin und die anderen Musiker der Instrumentengruppe Bratsche andere Dienstzahlen als die von der Klägerin dargestellten geleistet habe. Die Zählung der Dienste, wie von der Beklagten ausgeführt, sei daraufhin mit Nichtwissen bestritten und darauf hingewiesen worden, dass diese Zählung keinem Orchestermitglied bekannt sei und der jeweilige Diensteinteiler nach den vorgelegten Zählweisen verfahre, wie unter Beweis gestellt gewesen.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 13.02.2007 (Bl. 176 f d. A.), vom 23.02.2007 (Bl. 190 f d. A.) und vom 13.04.2007 (Bl. 209 f d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 25.05.2007 (Bl. 218 f d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise, die zulässige Anschlussberufung hat keinen Erfolg.

I.

1. Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz

1. 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

2. Die Anschlussberufung der Klägerin mit Schriftsatz vom 23.02.2007, am 27.02.2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, ist - nachdem sie innerhalb der Beantwortungsfrist hinsichtlich der Berufung des Beklagten eingelegt und begründet worden ist - ebenfalls zulässig (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 1 bis Abs. 3, 519 Abs. 2 und Abs. 4, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

1. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Ausspruch des Ersturteils zum Unterlassungsantrag unter Ziffer 1. des Tenors - Unterlassung der Anordnung von Diensten, die die Hälfte des Durchschnitts der von den vollzeitbeschäftigten Tuttisten der Instrumentengruppe Bratsche innerhalb einer Spielzeit tatsächlich geleisteten Dienste übersteigen - richtet. Das Arbeitsgericht hat in der praktizierten Diensteeinteilung der Klägerin insoweit zu Recht einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gesehen.

a) Im Wesentlichen unstreitig teilt der Beklagte durch den zuständigen "Diensteinteiler" hier der Instrumentengruppe Bratsche des B. St. - also das Mitglied dieser Instrumentengruppe, das das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der Festlegung der Arbeitszeit/Dienste mittels jeweils mehrwöchigen Dienstplans ausübt - die Klägerin als Teilzeitangestellte, deren Arbeitszeit die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers beträgt, mit exakt 50 % der Dienste ein, die ein vollbeschäftigter Orchestermusiker bei Ausschöpfung der tarifvertraglichen Höchstzahl von Diensten theoretisch maximal zu erbringen hätte (beim hier nach Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TVK, und auch nach Ansicht des Beklagten, geltenden Ausgleichszeitraum von acht Wochen und durchschnittlich sieben Diensten wöchentlich (Aufführung von Werken mit als schwierig zu beurteilenden Partituren, vom Vorliegen welcher Voraussetzung die Parteien ausgehen) somit die Hälfte von (7 Dienste/Woche x 8 Wochen =) 56 Diensten, also hier 28 Dienste - bzw. in zwei Wochen sieben Dienste, bzw., auf die 46-wöchige Spielzeit bezogen, (7 Dienste/Woche x 46 Wochen/Spielzeit = 322 Dienste : 2 =) 161 Dienste).

Demgegenüber hat der in tutti vollbeschäftigte Orchestermusiker tatsächlich, konkret, nicht die tarifvertraglich noch zulässige Maximalzahl der Dienste (somit 56 im Ausgleichszeitraum von acht Wochen bzw. 14 in zwei Dienstplanwochen bzw. 322 in 46 Spielzeitwochen) zu erbringen, sondern unstreitig deutlich weniger - in der Spielzeit 2004/2005 in der hier maßgeblichen Instrumentengruppe Bratsche nach Angaben der Klägerin etwa 270 Dienste (mit marginaler Schwankungsbreite) bzw. durchschnittlich 260 Dienste nach Zählweise des Beklagten, in der folgenden Spielzeit 2005/2006 durchschnittlich 283 Dienste nach Zählweise der Klägerin bzw. 261,25 Dienste nach Zählweise des Beklagten (siehe näher das erstinstanzliche Vorbringen hierzu - nach Angaben der Parteien, auch in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, schwankt die tatsächlich immer bestehende Unterauslastung der vollbeschäftigten Orchestermusiker in Relation zum tarifvertraglich möglichen Dienstehöchstvolumen w.o. je nach Instrumentengruppe des B. St. erheblich, ist in den Bläsergruppen noch erheblich deutlicher/signifikanter als bei den Streichergruppen etc. ...).

Im Vergleich zur realen, tatsächlichen - das tarifvertraglich festgelegte Höchstbelastungslimit an Diensten weit unterschreitende - Dienstezahl der vollbeschäftigten tutti-Bratschisten muss die Klägerin als mit 50 %-iger Dienstebelastung tätige Musikerin durch ihre auf 50 % der tarifvertraglichen Maximaldienstezahl abgestellte Einteilung somit nicht 50 % deren realer Dienstezahl, sondern tatsächlich damit ca. 57 % bis ca. 63 % der von den vollbeschäftigten Bratschern real zu leistenden Dienste je Spielzeit erbringen (bei den einzelnen Zwei-Wochen-Dienstplänen, wie nach dem Vorbringen der Parteien üblich, oder im hier geltenden Ausgleichzeitraum von acht Wochen: kurzzeitig auch relativ wesentlich mehr als 50 % der realen Dienstezahl eines vollbeschäftigten tutti-Bratschers in diesen kürzeren Zeiträumen).

b) Diese Diensteeinteilung der Klägerin verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG als gesetzlicher Schranke bei der Ausübung des Direktionsrechts gemäß §§ 106 GewO, 315 Abs. 1 BGB, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Hiernach darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

aa) Weder die infolge Rechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidung vom 16.10.2002 im früheren Verfahren der Parteien, nach Zurückweisung der Berufung und der Revision des Beklagten durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 (Az. 9 AZR 522/03 - u.a. in AP Nr. 12 zu § 8 TzBfG = BAGE 110, S. 232 f), eo ipso erfolgte Vertragsänderung noch der eigens abgeschlossene Änderungsvertrag der Parteien vom 14./20.07.2004 begründen eine Verpflichtung der Klägerin, 50 % der tariflich - theoretisch - maximal zulässigen Dienste, nicht 50 % der von den vollbeschäftigten Orchestermusikern der Gruppe der tutti-Bratscher dieses Orchesters tatsächlich geleisteten Dienste, erbringen zu müssen - ungeachtet der Frage der Wirksamkeit einer etwa hier im Änderungsvertrag vom 14./20.07.2004 im ersten Sinne konstitutiv festgelegten Dienstezahl nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz:

Der Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 14./20.07.2004, den die Parteien mit Wirkung vom 01.07.2004 - ersichtlich in zeitlichem Zusammenhang mit der Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 16.10.2002 infolge Zurückweisung auch der Revision des Beklagten gegen das Berufungsurteil des erkennenden Gerichts durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 - geschlossen haben, "ändert" den Arbeitsvertrag der Parteien dahingehend, dass die Arbeitszeit der Klägerin nunmehr "die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers gemäß § 3 Abs. 3 TVK i. V. m. § 15 Abs. 2 TVK beträgt". Damit sollte inhaltlich nur deklaratorisch - zeitlich mit Festlegung der Vertragsänderung zum 01.07.2004 ggf. insoweit konstitutiv - den arbeitsgerichtlichen Entscheidungen Rechnung getragen werden. Nach Zurückweisung von Berufung und Revision war das arbeitsgerichtliche Endurteil vom 16.10.2002 rechtskräftig, mit dem der Beklagte verurteilt worden war, "einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin ab dem 01.08.2003 dahingehend zuzustimmen, dass die Arbeitszeit die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers umfasst". Bereits mit Rechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidung galt die Änderungsvereinbarung als kraft Gesetzes zustande gekommen (§ 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies war auch als rückwirkende Vertragsänderung zulässig (BAG, aaO - A. II. 1. der Gründe -; vgl. jetzt auch BAG, U. v. 23.01.2007, 9 AZR 393/06 - Pressemitteilung Nr. 3/07 des BAG -). Die Formulierung des vom Arbeitsgericht ebenso positiv entschiedenen Klageantrags im vorausgegangenen Verfahren stimmte exakt mit der Formulierung des früheren Teilzeitarbeitsvertrages der Parteien vom 07./11.06.2001 überein (zitiert nach dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen - A. II. 3. der Gründe - des Urteils des BAG vom 27.04.2004, aaO) und erwuchs mit diesem Inhalt in Rechtskraft. Der nachfolgende Änderungsvertrag der Parteien vom 14./20.07.2004 gebraucht insoweit die identische Formulierung. Nach Wortlaut, geschichtlicher/zeitlicher Entwicklung, Sinn und Zweck und systematischem Zusammenhang sollte deshalb offenbar lediglich, ggf. zeitlich verschoben, das Ergebnis der rechtskräftigen Entscheidung - somit inhaltlich insoweit nur deklaratorisch - abgebildet werden.

Auch die Rechtskraft der somit maßgeblichen arbeitsgerichtlichen Entscheidung vom 16.10.2002 in der Begründung der die Revision des Beklagten zurückweisenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 legt deshalb nicht bereits bindend fest, dass die Klägerin hiernach verpflichtet wäre, als mit 50 % der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers tätige Teilzeitangestellte hiernach immer und zwingend auch die Hälfte der tariflich maximal zulässigen Dienste gemäß der geltenden tarifvertraglichen Regelung in § 15 Abs. 2 (15a) TVK leisten zu müssen. Der in Rechtskraft erwachsene Tenor der arbeitsgerichtlichen Entscheidung vom 16.10.2002 bestimmt, dass die Arbeitszeit der Klägerin "die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers umfasst". Dies kann sowohl abstrakt die Hälfte der tarifvertraglich maximal zuweisbaren Dienste - nach vorstehender Rechnung: z. B. 161 Dienste je Spielzeit - als auch die Hälfte der vom vollbeschäftigten Orchestermusiker - tutti-Bratscher - konkret und tatsächlich in diesem Zeitraum zu erbringenden Dienste - nach obiger Rechnung und den Angaben der Parteien: somit ca. 135/140 bzw. ca. 130/141 Dienste je Spielzeit - bedeuten. Soweit Tatbestand und Gründe der Entscheidung zur Auslegung deren in Rechtskraft erwachsenen Inhalts herangezogenen werden können, ergibt sich weder aus dem arbeitsgerichtlichen Endurteil vom 16.10.2002 noch aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 - dort insbesondere unter A. II. 3. der Entscheidungsgründe - eine eindeutige Festlegung auf die eine oder die andere Auffassung. Der Beklagte bezieht sich in der Berufungsbegründung auf die vermeintlich für seine Auffassung streitenden Passagen im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004, während die Klägerin sich in der Begründung ihrer Anschlussberufung und ersichtlich gleichzeitig Beantwortung der Berufung des Beklagten zur Rechtfertigung ihrer gegenteiligen Ansicht mit der gleichen Höhe der Überzeugung auf eben diesen - in vollem Wortlaut zitierten - Passus unter A. II. 3. 2. Abs. (vor 4.) der Gründe des Urteils des Bundesarbeitsgerichts aaO bezieht ...

Eine - wirksame - vertragliche Derogation oder auch Rechtskraft der Entscheidung im vorangegangenen Verfahren der Parteien steht dem Begehren der Klägerin somit nicht bereits von vornherein entgegen.

bb) Nach Ansicht auch des Berufungsgerichts ist der "vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer" als Vergleichsmaßstab im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes/Diskriminierungsverbots gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG und damit Indikator einer etwaigen Ungleichbehandlung der vollbeschäftigte tutti-Bratscher des B. St. in seiner konkreten, tatsächlichen, Belastung/Auslastung mit der real zu leistenden Zahl an Diensten, nicht die fiktive Figur eines mit der tariflich maximal zulässigen Zahl von Diensten hypothetisch, theoretisch, auslastbaren Bratschisten.

(1) "Vergleichbar" mit der Klägerin als teilzeitbeschäftigter Bratscherin ist zunächst, auch nach übereinstimmend zugrunde gelegter Ansicht beider Parteien und des Arbeitsgerichts, der, vollzeitbeschäftigte, tutti-Bratscher, nicht ein, vollzeittätiger, Musiker aus einer der anderen Instrumentengruppen des Bayerischen Staatsorchesters (zumal diese nach den schriftsätzlichen Andeutungen der Parteien und ihren plastischen ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren eben allesamt nicht mit der tariflich abstrakt zulässigen Höchstzahl von Diensten je Ausgleichszeitraum bzw. Spielzeit ausgelastet sind - wenngleich in höchst unterschiedlichem Umfang der Unterauslastung ...).

(2) Dies ist näher der konkret tätige vollzeitbeschäftigte tutti-Bratscher mit dem konkreten, realen, Auslastungsgrad, seiner tatsächlichen Dienstebelastung/Anzahl an geleisteten Diensten, nicht der fiktiv im Rahmen der tariflichen Grenzen höchst ausgelastete Bratscher - also, nach obigem (1. a) Beispiel, mit 56 Diensten im tarifvertraglichen Ausgleichszeitraum von acht Wochen oder mit 322 Diensten in der 46-wöchigen Spielzeit. "Vergleichbar" kann nur sein, was verglichen werden kann. Verglichen werden können nur reale Entitäten, nicht Fiktionen.

Dies ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zum Diskriminierungsverbot für Teilzeitbeschäftigte in § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG:

Dieses will die, sachlich ungerechtfertigte (s. u.), Ungleichbehandlung des teilzeitbeschäftigten mit dem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer verhindern. Würde hiernach im Kontext der Vergleichssituation nicht auf den Vollbeschäftigten in seiner realen Arbeitssituation - seinem tatsächlichen zeitlichen Auslastungsgrad und seiner konkrete Dienstebelastung - abgestellt, sondern auf dessen hypothetische Auslastbarkeit mit dem tariflichen Höchstbegrenzungslimit, würden nicht nur Äpfel mit Birnen verglichen, sondern es läge im Ausgangswert auch eine Ungleichbehandlung vor, wenn - ausgehend von den Zahlen der Dienste hier - ein zu 50 % teilzeitbeschäftigter Musiker immer 50 % der tarifrechtlich maximal zulässigen Dienste, hier 161 je Spielzeit bzw. 28 je vorgegebenem achtwöchigen Ausgleichszeitraum bzw. sieben im zweiwöchigen Dienstplanzeitraum, zu leisten hätte, der vollzeittätige Musiker des gleichen Instruments jedoch lediglich tatsächlich 260 oder 280 Dienste je Spielzeit (oder, angenommen, etwa 45 Dienste im durchschnittlichen Ausgleichszeitraum von acht Wochen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 TVK). Dann müsste der mit 50 %iger Dienstequote teilzeitbeschäftigte Musiker tatsächlich nicht 50 %, sondern tatsächlich in etwa 60 % der Arbeitszeit/Zahl der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers leisten. Außerhalb von künstlerischen und Probennotwendigkeiten würde hiernach ein optimierter Einsatz von Teilzeitbeschäftigten, unter Ausschöpfung der zahlenmäßigen Begrenzung der Teilzeitstellen gemäß Protokollnotiz zu § 3 Abs. 3 TVK, bei einem Orchester mit der (maximalen) Planstellenzahl wie dem B. St. zu einer signifikanten Einsparung von Musiker-Kapazitäten führen können - was der besondere Gleichbehandlungsgrundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zweifellos nicht intendieren wird ...

Es liegt somit eine Ungleichbehandlung - Schlechterbehandlung - der Klägerin im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG vor, weil sie als mit 50 % der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers tätige Teilzeitangestellte tatsächlich - deutlich - mehr als 50 % der hier maßgeblichen tatsächlichen von einem in diesem Orchester vollbeschäftigten tutti-Bratscher zu erbringenden Dienste zu leisten hat -ohne dass die präzise Zahl der von der Klägerin tatsächlich erbrachten Dienste insoweit entscheidungserheblich ist. Unabhängig von den unterschiedlichen Berechnungsmethoden bei der Ermittlung der von ihr und den vollzeittätigen tutti-Bratschern real erbrachten Dienste (vom Beklagten insbesondere im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12.12.2005 - Bl. 63/64 d. A. - gerügte Zählweise der Klägerin mit vollem Ansatz von Proben, Hauptproben etc., vgl. auch die Protokollnotizen zu § 15 Abs. 1 bis 4 TVK) ist grundsätzlich unstreitig, dass die Klägerin eben in der Vergangenheit tatsächlich deutlich mehr als 50 % der von vollzeitbeschäftigten tutti-Bratschern konkret erbrachten Dienste leistete - und vor allem der Beklagte das Recht in Anspruch nimmt, die Klägerin in jedem Fall mit 50 % der tariflich zulässigen Maximalzahl von Diensten - 28 im Acht-Wochen-Ausgleichszeitraum bzw. 161 in der 46-wöchigen Spielzeit bzw. sieben im jeweils zweiwöchigen Einzeldienstplan, wie in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren näher dargestellt - einteilen zu können.

cc) Diese Ungleichbehandlung der Klägerin ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG).

Ebenso, wie der Beklagte im Vorprozess kein nachvollziehbares betriebliches Organisationskonzept im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TzBfG, das eine Vollzeittätigkeit der Klägerin erforderlich machen bzw. der beantragten Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen hätte sollen, dargelegt hatte (dazu BAG, aaO - A. II. 4. b der Gründe -), sind hier keine ausreichenden Gründe dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, die es rechtfertigen würden, dass die Klägerin zu mehr als 50 % der von den vollbeschäftigten tutti-Bratschern in der jeweiligen Spielzeit tatsächlich zu leistenden Dienste eingeteilt werden muss - weil dies zur "Erlangung und Aufrechterhaltung der den vollbeschäftigten Musikern gleichwertigen Spielqualität", also insbesondere aus künstlerischen Gründen - der künstlerischen Qualität des Orchesters und ebenso der (Aufrechterhaltung der) individuellen künstlerischen Kompetenz der Klägerin - , erforderlich sei. Es geht hierbei lediglich um die Differenz von, aus den unterschiedlichen Angaben der Parteien zu unterschiedlichen Spielzeiten grob destilliert, real ca. 10 % Differenz an Diensten, ausgehend von der tariflich potentiell maximal zulässigen Dienstezahl, als Unterschied zwischen der 50 %igen Quote dieser Zahl und der 50 %igen Quote der von den vollbeschäftigten Musikern dieser Gruppe tatsächlich geleisteten Dienste.

Naturgemäß wird bei Teilzeitbeschäftigten hier ein relativ höherer Anteil ihrer Arbeitszeit/Dienstezahl mit Proben verbraucht als dies bei vollzeittätigen Orchestermusikern der Fall ist. Auch ist, insoweit unstreitig, eine Teilnahme an Gastspielen für die Klägerin als Teilzeitbeschäftigter, wohl auch unabhängig von ihrer familiären Situation, kaum oder nicht möglich, zumal dabei ein erheblicher Teil ihrer, wie auch immer, zulässigen Dienste aufgebraucht würde. Dies ist jedoch ein grundsätzliches -wenngleich nicht grundsätzlich unlösbares - Problem, das mit jeglicher Art von Teilzeittätigkeiten in solchen Beschäftigungsbereichen - Einzeldienste verteilt auf Proben und Opern-/Konzerteinsätze u. ä. - verbunden ist. Dem Berufungsgericht verbietet sich die Schilderung von etwaigen, sich durchaus auch nahe legenden, Szenarien der Berücksichtung der reduzierten Dienstzahl der Klägerin. Der Beklagte bezieht sich hierzu im Wesentlichen auf die gleichen oder vergleichbaren Erwägungen und Bedenken, wie sie, ausweislich des Inhalts des jeweiligen Tatbestandes des vorgelegten Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 16.10.2002 und des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004, dem Teilzeitverlangen der Klägerin gemäß § 8 TzBfG als vermeintlich grundsätzlich und generell unvereinbar mit den Qualitätsansprüchen und dem Standard eines (solchen) Orchesters entgegengesetzt wurden.

Die Klägerin hat sich während ihrer vorausgegangenen Teilzeittätigkeit vom 12.12.2001 bis 31.07.2003, während der sie während ihrer damaligen Elternzeit als ebenfalls mit 50 % der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers tätige Bratscherin unstreitig allerdings real nur die Hälfte der konkret, tatsächlich, anfallenden Dienste eines vollbeschäftigten tutti-Bratschers verrichten musste, ebenfalls unstreitig in das Orchester - die Probenarbeit und die Aufführungsnotwendigkeiten - eingefügt, ohne dass Probleme entstanden wären, andere Kollegen und deren Einsatzmöglichkeiten oder die Qualität des Orchesters - der Bratschergruppe - oder das künstlerische Niveau des Spiels der Klägerin beeinträchtigt worden wären und externe Aushilfen eingesetzt hätten werden müssen (siehe auch die Feststellungen im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004, aaO). Dass dies nunmehr erstmals bei einer mit 50 % der tatsächlich bei einem vollbeschäftigten Bratscher anfallenden Dienste definierten Teilzeittätigkeit der Fall sein würde - und nur durch eine etwa 20 %ige Erhöhung ihrer Dienste auf 50 % der tariflichen Maximalzahl von Diensten (auf, in etwa, 60 % der tatsächlichen Dienste eines vollbeschäftigten Bratschers) aufgefangen werden könnte bzw. müsste, ist - wenn schon nicht abwegig - jedenfalls nicht nachvollziehbar.

Ebenso wenig hat der Beklagte hierbei Belange der Wahrung der Kunstfreiheit des B. St. (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) als möglichen sachlichen Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG hierzu ausreichend dargelegt. Es geht hierbei - darauf ist wiederholend hinzuweisen - darum, ob es notwendig und künstlerisch gefordert ist, dass die Klägerin zur Aufrechterhaltung ihrer eigenen künstlerischen Fähigkeiten und der Qualität des Orchesters ca. 15/20 (ggf. bis 25) Dienste im Jahr mehr als proportional einer jeweils 50 %igen Anzahl der tatsächlichen Dienste eines vollbeschäftigten tutti-Bratschisten entsprechend - also statt etwa 135 bis 140 Dienste je Spielzeit 161 je Spielzeit - leistet -dass nur hierdurch Gefährdungen des künstlerischen Potentials des B. St. und/oder der Klägerin - oder essentielle organisatorische Auswirkungen sonst - zu vermeiden wären. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass gerade und nur hierdurch -durch die streitgegenständliche Erhöhung ihrer Dienstezahl zum tarifrechtlich erlaubten, theoretischen, hälftigen Limit - verhindert werden kann, dass die Klägerin für etwa besonders probenaufwändige Produktionen nicht eingesetzt werden kann oder sich bei Neueinstudierungen der Probenaufwand für die gesamte Bratschergruppe durch eine beschränkte Einsetzbarkeit der Klägerin mit, angenommen, ca. 135 bis 140 Diensten (statt der rechtlich zulässigen 161 Dienste) je Spielzeit in unverträglicher Form - bei anderen Gruppenmitgliedern/tutti-Bratschern: etwa über das tarifrechtlich immerhin noch zulässige Limit von 322 Diensten je Spielzeit/Jahr hinaus - erhöhen würde, weshalb sie etwa für bestimmte Neueinstudierungen nicht mehr eingesetzt werden könnte - mit ggf. längerfristigen Auswirkungen auch auf ihre musikalische/künstlerische Qualifikation o. ä. -.

Friktionen, die in Kulturorchestern im Geltungsbereich des TVK mit dem Einsatz von teilzeitbeschäftigten Orchestermusikern zwangsläufig anfallen können, werden weitgehend durch die - im Ergebnis sehr restriktive und tarifrechtlich durchaus ungewöhnliche (vgl. auch BAG, U. v. 21.11.2006, 9 AZR 138/06 - u. a. in BB 2007, 1001 f) - tarifliche Regelung aufgefangen, dass hier nur maximal 15 % der Planstellen mit Musikern in Teilzeit besetzt werden dürfen (Protokollnotiz zu § 3 Abs. 3 TVG).

Das Berufungsgericht kann den Eindruck nicht ganz von der Hand weisen, dass mit der Hypostasierung letztlich auch abstrakter Friktionen, die nach Auffassung des Beklagten nunmehr und gerade mit einer Angleichung der realen Dienstbelastung der mit 50 % der Dienste teilzeitbeschäftigten Klägerin auf 50 % der von einem vollzeittätigen tutti-Bratscher tatsächlich zu leistenden Dienste - also bei der Klägerin in etwa 15 bis 25 Dienste je Spielzeit weniger als die vom Beklagten in Anspruch genommene Quote von 50 % der tariflichen Maximaldienstezahl - verbunden sein sollen, die anscheinend inszenierte Pilotfunktion des vorliegenden Rechtsstreits hinsichtlich der Frage der Umsetzung von Teilzeittätigkeiten in deutschen Orchestern in tendenziell dramatisierter Form generell akzentuiert werden soll ...

dd) Die Berufung gegen die Entscheidung zum Unterlassungsantrag gemäß Ziffer 1. des arbeitsgerichtlichen Tenors ist damit zurückzuweisen.

2. Jedoch hat die Berufung des Beklagten Erfolg hinsichtlich der arbeitsgerichtlichen Entscheidung zur Leistungsklage über den aus der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes folgenden Differenzvergütungsanspruch der Klägerin - weshalb aus den gleichen Gründen ihre Anschlussberufung zurückzuweisen ist.

a) Zwar ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG als einzig denkbarer Anspruchsgrundlage einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

b) Jedoch erhält die mit der Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers - Bratschers - teilzeittätige Klägerin 50 % dessen (Tarif-)Vergütung, die sie unstreitig bekommt, auch dann, wenn sie - wenngleich aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG inhaltlich unzulässig -, mehr als 50 % der von vollzeittätigen Bratschern tatsächlich zu leistenden Dienste erbringt; sie kann hierfür keine Mehrarbeitsvergütung (o. ä.) verlangen.

Unabhängig davon, dass die tatsächliche Inanspruchnahme der teilzeitbeschäftigten Klägerin durch Dienste der nach vorstehenden Ausführungen hier an der maßgeblichen tatsächlichen Dienstebelastung eines vollbeschäftigten Musikers zu messenden Quote widerspricht und damit, insoweit, gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG verstößt, ist für die Bemessung des Arbeitsentgelts im vorliegenden Fall allein die tarifvertragliche Regelung, deren Vollzug, maßgeblich, nachdem der TVK hier bereits aufgrund beiderseitiger Tarifbindung (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG) sowie arbeitsvertraglicher Vereinbarung in vollem Umfang, uneingeschränkt, Anwendung findet. Es gilt insoweit, auch im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, Tarifvollzug.

Nach § 21 TVK erhält der vollbeschäftigte Musiker die Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Tätigkeitszulage, während der gemäß § 3 Abs. 3 TVK Teilzeitbeschäftigte diese Vergütungsbestandteile - sowie die Zuwendung, das Urlaubsgeld etc. - nur zur Hälfte erhält (Auslagenersatz in Form von "Instrumentengeld" (§ 12 Abs. 2 TVK i. V. m. dem entsprechenden "Tarifvertrag über Instrumentengeld ..." vom 07.09.1998 i. d. F. vom 15.11.2001), "Rohr-, Blatt- und Saitengeld" (§ 12 Abs. 5 TVK i. V. m. dem nämlichen Tarifvertrag w. o.) und "Kleidergeld" (§ 13 TVK i. V. m. dem eigenständigen Tarifvertrag hierzu ebenfalls vom 07.09.1981 i. d. F. vom 15.11.2001) gemäß der Protokollnotiz zu § 21 TVK jeweils zu zwei Dritteln). Eine wie auch immer geartete "Mehrarbeitsvergütung" ähnlich § 17 BAT - der TVK ist dem BAT ersichtlich in weiten Teilen nachgebildet - enthält der TVK nicht. Dieser baut, wie angeführt, hinsichtlich der Arbeitszeit - so auch die Überschrift dessen III. Abschnitts (§§ 15 f - entsprechend §§ 15 f BAT) - lediglich auf einer tarifrechtlich höchstzulässigen Zahl von Diensten auf. Eine Überschreitung der tariflich höchstzulässigen Zahl von Diensten und ein Ausgleich von Mehrdiensten/-arbeit durch Vergütung und/oder Freizeitausgleich sind im TVK nicht vorgesehen - damit ggf. einzelvertraglichen Vereinbarungen, soweit nach § 4 Abs. 3 TVG hier zulässig, vorbehalten.

Sowohl der vollbeschäftigte Vergleichsbratscher als auch die Klägerin als mit 50 % der Dienste eines vollbeschäftigten Musikers teilzeitbeschäftigte tutti-Bratscherin halten sich jedoch unstreitig im Rahmen der tariflich möglichen Dienstbelastungszahlen - die mit 50 % der Dienste eines vollbeschäftigten Musikers teilzeitbeschäftigte Klägerin leistet, wie ausgeführt, exakt die vom TVK hiernach maximal zugelassenen 161 Dienste je Spielzeit bzw. nicht mehr als sieben Dienste im Zwei-Wochen-Einzeldienstplan, der vollbeschäftigte tutti-Bratschist bleibt ebenfalls, deutlich, unter 322 Diensten je Spielzeit bzw. (durchschnittlich) 14 Diensten im Zwei-Wochen-Einzeldienstplan. Auch wenn diese Einteilung als solche aufgrund ihrer faktischen Disproportionalität einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darstellt und damit auf dieser Ebene - des Direktionsrechts - zu einem Leistungsverweigerungsrecht der Klägerin im tatsächlich überproportionalen Bereich führen könnte, erhalten beide Arbeitnehmer - die mit 50 % der maximalen tarifrechtlichen Dienstequote teilzeitbeschäftigte Klägerin und der vollbeschäftigte (wenngleich real unterausgelastete) Orchestermusiker/tutti-Bratschist -jeweils die nach dem Tarifvertrag geschuldete Vergütung.

Der Beklagte, die Geschäftsführung des B. St., zahlt unstreitig, auch nach seinem unbestritten gebliebenen Vorbringen im Rahmen seiner Parteianhörung in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, an vollbeschäftigte Orchestermusiker, die (in wenngleich real offensichtlich sehr seltenen Fällen) den spielzeitrelevanten Durchschnitt der Dienste ihrer Instrumentengruppe (deutlich) überschreiten sollten - hier als Beispiel im Einzelfall etwa 300 statt durchschnittlicher 270 Dienste als vollbeschäftigte tutti-Bratscher leisten - , für den überschießenden Diensteanteil keine wie auch immer geartete/definierte Mehrarbeitsvergütung; allenfalls würde dies in späteren Dienstplänen korrigiert/kompensiert (somit durch Erreichen einer langfristig angelegten Sollarbeitszeit im Rahmen flexibler Arbeitszeit/Dienstplangestaltung oder Freizeitausgleich, jeweils mit dem gleichen wirtschaftlichen Ergebnis).

Aus diesen Gründen scheidet auch ein etwaiger Anspruch der Klägerin aus § 612 BGB aus.

Damit kann auch die Klägerin, wenn ihre an der hälftigen realen Dienstbelastung der vollbeschäftigten Bratscher während des Ausgleichszeitraums zu messende zulässige Dienstezahl überschritten wird, auch mit Rücksicht auf § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG keinen finanziellen Ausgleich hierfür verlangen, weshalb auf die Berufung des Beklagten das Ersturteil hinsichtlich seines Ausspruchs zur zu zahlenden höheren Vergütung unter Ziff. 2. und 3. dieses Urteils zu ändern und die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen sind.

III.

Die Entscheidung zu den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nachdem der Unterlassungsantrag hinsichtlich der der Klägerin zulässigerweise zuweisbaren Dienste, mit dem sie obsiegt hat, und die abgewiesene Leistungsklage und Anschlussberufung auf finanzielle Entschädigung geleisteter Mehrdienste in etwa gleich zu bewerten sind.

IV.

Die Berufungskammer hat die Revision für beide Parteien wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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