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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 688/07
Rechtsgebiete: TVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 3 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 1
BGB §§ 145 f
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 688/07

Verkündet am: 20. Dezember 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Helmrich und Bäumler für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 27. Juni 2007 - 3 Ca 439/07 -, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, in den Ziffern 1. bis 6. abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 5.947,05 (i. W.: fünftausendneunhundertsiebenundvierzig 5/100) EUR brutto nebst jeweils Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkkten über dem jeweiligen Basizinssatz aus

- einem Betrag von 861,38 EUR brutto seit 01.01.2005,

- einem weiteren Betrag von 861,75 EUR brutto seit 01.01.2006,

- einem weiteren Betrag von 947,01 EUR brutto seit 01.01.2007,

- einem weiteren Betrag von 1.057,31 EUR brutto seit 01.12.2004,

- einem weiteren Betrag von 1.057,31 EUR brutto seit 01.12.2005 und

- einem weiteren Betrag von 1.161,92 EUR brutto seit 01.12.2006

zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der beklagten Arbeitgeberin Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld sowie Sonderzuwendung jeweils ab dem Jahr 2003 gemäß der einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen geltend.

Die, ausweislich der vorgelegten Unterlagen, am 00.00.1974 geborene Klägerin wurde mit schriftlichen Arbeitsvertrag vom 11.05.(1999 - Bl. 5 bis 8 d. A.) von der Fa. H. GmbH als Verkäuferin im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung eingestellt. In diesem Arbeitsvertrag ist geregelt, dass die Klägerin "in die Beschäftigungsgruppe II eingestuft" werde - mit einem festgelegten Monatsgehalt (§ 3) -, "übertarifliche Bezahlung ... bei Tariferhöhungen angerechnet werden" könne (§ 4), "der Urlaubsanspruch ... sich nach den tariflichen Bestimmungen" richte (§ 8) und des Weiteren:

"§ 13

Die Vertragsparteien vereinbaren, daß im übrigen die Bestimmungen des Manteltarifvertrages und alle sonstigen tariflichen Abmachungen für den Einzelhandel in Bayern Gegenstand des Arbeitsvertrages sind". Nach dem Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zuletzt waren sowohl die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 26.04.1999 Mitglied der einschlägigen Gewerkschaft als auch die (damalige) Arbeitgeberin - als (wohl 100 %-ige) Tochtergesellschaft der Fa. M. wohl wie diese, so die Beklagte - Mitglied des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels e. V. gewesen, wobei die Beklagte zumindest den streitgegenständlichen Betrieb der Fa. H. GmbH in Rosenheim etwa im Oktober/Ende 2001 übernommen habe.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin nunmehr - zuletzt unter Bezugnahme auf die von der Beklagten hilfsweise im Hinblick auf die damaligen einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen etwas verringert berechneten Höhe - Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld jeweils für die Jahre 2004 bis 2006 nach den (damaligen) einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen geltend.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 27.06.2007, das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.06.2007 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der Klage in Höhe der dortigen Anträge der Klägerin mit der Begründung stattgegeben hat, dass sich die, der Höhe nach richtig errechneten, Ansprüche der Klägerin aus § 13 ihres Arbeitsvertrages i. V. m. den jeweils geltenden tarifvertraglichen Regelungen ergäben und hieran auch nichts eine angebliche Erklärung der Beklagten über den Ausschluss ihrer Tarifbindung ändern könne. Auf diese komme es nicht an, da die Tarifverträge Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden seien. Die Auslegung einer solchen Inbezugnahmeklausel lediglich als Gleichstellungsabrede sei nicht richtig und werde den Intentionen der Vertragsparteien nicht gerecht. Die erkennende (dritte) Kammer des Arbeitsgerichts Rosenheim sei der zeitweiligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede nicht gefolgt, zumal das BAG diese Rechtsansicht inzwischen aufgegeben habe und kein Grund dafür bestehe, weiter zu differenzieren und Altverträge als Gleichstellungsabreden bestehen zu lassen. Wegen der gegebenen einzelvertraglichen Grundlage sei auch kein Raum für eine betriebliche Übung, auch eine solche negativer Art - im Übrigen sei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Entstehen einer negativen betrieblichen Übung durch dreimalige Nichtauszahlung einer Sonderzahlung ebenfalls sehr angreifbar, da ein ausdrücklicher Hinweis des Arbeitgebers erfolgt sein müsste, die Sonderzuwendungen für alle Zukunft nicht mehr bezahlen zu wollen, wofür der Vortrag der Beklagten hier viel zu unsubstantiiert wäre.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 24.07.2007, am 25.07.2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie fristgerecht vorgetragen hat, dass es sich bei der Regelung unter § 13 des Arbeitsvertrages der Klägerin mit der Rechtvorgängerin der Beklagten um eine Gleichstellungsabrede handle, die allenfalls zur Anwendung von Tarifverträgen zum Stand 15.04.2003, nicht jedoch zur Anwendung nachfolgend abgeschlossener Tarifverträge führen könne. Die Beklagte habe am 15.04.2003 in Anlehnung an § 4a der Satzung des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels e. V. schriftlich wirksam den Ausschluss aus ihrer Tarifbindung erklärt und sei in den OT-Verband gewechselt. Zu diesem Zeitpunkt hätten der Lohn- und Gehaltstarifvertrag für Angestellte im Bayerischen Einzelhandel vom 30.07.2002, gültig bis 30.04.2003, sowie der Tarifvertrag über Sonderzahlungen vom 23.04.2001, gültig bis 31.12.2005, bestanden. Über die in diesen Tarifverträgen geregelten Ansprüchen hinausgehende Forderungen seien ausgeschlossen, da es sich bei der Klausel in § 13 des Arbeitsvertrages um eine Gleichstellungsabrede handle, bei der die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tariflichen Arbeitsbedingungen ende, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer ende - eine Gleichstellungsabrede führe weder zugunsten des Arbeitgebers noch zugunsten des Arbeitnehmers zu weitergehenden Rechten, als sich aus einer normativen Geltung des in Bezug genommenen einschlägigen Tarifvertrages ergeben würden. Hieran ändere auch die Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 18.04.2007 nichts, wonach Altverträge, die vor dem 01.01.2002 abgeschlossen seien, von der nunmehrigen Rechtsprechung ausdrücklich ausgenommen seien.

Ungeachtet dessen sei § 13 des Arbeitsvertrages durch konkludentes Handeln und Verhalten der Klägerin abbedungen worden, da die Geschäftsleitung der Beklagten aufgrund der wirtschaftlichen Situation am 25.07.2003 die Entscheidung getroffen habe, künftig keine Sonderzuwendungen zu bezahlen, worüber der Personalleiter der Beklagten am 05.08.2003 den Betriebsrat und am 28.10.2003 die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung informiert und unter Hinweis hierauf um Verständnis gebeten habe, dass künftig keinerlei Sonderzuwendungen mehr bezahlt würden, wie auch geschehen. Bis zu ihrem Geltendmachungsschreiben vom 21.12.2006 habe sich die Klägerin zu der angetragenen nachteiligen Veränderung ihres Arbeitsvertrages nicht geäußert und ohne ausdrücklichen Widerspruch weitergearbeitet, sodass die arbeitsvertragliche Verweisungsregelung konkludent abbedungen bzw. durch sog. gegenläufige betriebliche Übung aufgehoben worden sei.

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 27. Juni 2007, zugegangen am 29. Juni 2007, Geschäftszeichen: 3 Ca 439/07, wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass auch der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem nunmehrigen Urteil vom 18.04.2007 erkannt habe, dass die bisherige Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklauseln als sog. Gleichstellungsabreden mit den zulässigen Auslegungskriterien von Verträgen nicht vereinbar sei, was auch für vor dem 01.01.2002 abgeschlossene Arbeitsverträge gelten müsse und nicht mit Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes anders begründet werden könne. Auch habe die Beklagte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt von ihrem Verbandsaustritt und den daraus von ihr abgeleiteten Rechtsfolgen in Kenntnis gesetzt und dies erstmals im vorliegenden Verfahren mitgeteilt. Eine von der Beklagten angezogene gegenläufige betriebliche Übung könne einen, wie hier nach § 13 des Arbeitsvertrages, arbeitsvertraglich begründeten Vertragsanspruch nicht aufheben. Auch habe es an einer konkludenten Vertragsänderung hinsichtlich der streitgegenständlichen Verweisungsklausel gefehlt, nachdem der Personalleiter der Beklagten die Beschäftigten auf der Betriebsversammlung am 28.10.2003 mündlich lediglich darüber informiert habe, dass aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Situation vorübergehend, für das laufende Jahr, keine Sonderzuwendung bezahlt werden könne, nicht bezogen auf eine längerfristige Geltung für die weiteren Jahre. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen einer negativen betrieblichen Übung hier auch nicht vor.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 22.08.2007, vom 24.09.2007 und vom 09.10.2007 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 06.12.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nur insoweit Erfolg, als die gestellten und erstinstanzlich entschiedenen Anträge die Höhe der von der Klägerin zuletzt ausdrücklich unstreitig gestellten etwas verringerten Berechnung ihrer Forderungen, wie hilfsweise durch die Beklagte erfolgt, übersteigen.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Urlaubsgeld und Zuwendung für die Jahre 2004 bis 2006 nach den zum Zeitpunkt des Wechsels der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft beim Landesverband des Bayerischen Einzelhandels e. V. im April 2003 geltenden tarifvertraglichen Regelungen in der von der Klägerin zuletzt unstreitig gestellten Höhe gemäß (hypothetischer) Berechnung der Beklagten richtet.

1. a) Nach dem unstreitig gebliebenen Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bestand zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages im Jahr 1999 offensichtlich sowohl Tarifbindung der Klägerin (die hier auch von den Prozessvertretern der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten wird) als Mitglied der einschlägigen Gewerkschaft als auch Tarifbindung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Mitglied des tarifschließenden Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels e. V. war, sodass die - zu diesem Zeitpunkt zusätzlich auch allgemeinverbindlichen (§ 5 TVG) - Tarifverträge des Bayerischen Einzelhandels bereits deshalb für das Arbeitsverhältnis zunächst normativ und damit zwingend galten (§§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 TVG).

Mit dem durch Vorlage einer Kopie ihrer Erklärung vom 15.03.2003 (Bl. 70 d. A.) zur Überzeugung der Berufungskammer hinreichend nachgewiesenen (§ 286 Abs. 1 ZPO) Wechsel der, auch nach dem Betriebsübergang auf sie ca. im Oktober/Ende 2001, zunächst ebenfalls tarifgebundenen Beklagten in den OT-Verband des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels e. V. entfielen damit - zulässig - die Tarifbindung der Beklagten und damit die unmittelbare und zwingende -normative - Wirkung der tarifvertraglichen Bestimmungen, mit der Folge zunächst der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG) (bis zum Zeitpunkt einer tariflichen Neuregelung/Tarifänderung) und der sich anschließenden Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG, weshalb die zum Zeitpunkt des Austritts der Beklagten aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband geltenden Tarifregelungen in der Folge einzelvertraglich statisch weiter galten (etwa BAG, U. v. 13.12.1995, 4 AZR 1062/94, und U. v. 17.05.2000, 4 AZR 363/99, AP Nrn. 3 und 8 zu § 3 TVG Verbandsaustritt).

b) Ungeachtet dessen würde (im Falle nicht bereits unmittelbarer und zwingender Geltung der tarifvertraglichen Bestimmungen qua beiderseitiger Tarifbindung) nach den, von den Parteien auch ausdrücklich angezogenen, Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts jeweils vom 18.04.2007 (4 AZR 652/05 und 4 AZR 653/05, etwa AP Nr. 53 und 54 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag) - denen sich das Berufungsgericht, anders als dezidiert das Arbeitsgericht, anschließt - für Arbeitsverträge, die, wie hier, vor dem 01.01.2002 abgeschlossen waren, aus Gründen der Vertrauensschutzes die bisherige Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung einer ("kleinen") dynamischen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag als "Gleichstellungsabrede" weitergelten, mit der Folge, dass die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der streitgegenständlichen Beträge (Urlaubsgeld und Zuwendung für die Jahre 2004 bis 2006) in der zuletzt unstreitig gestellten Höhe - der tarifvertraglichen Ansprüche in ihrer damaligen Fassung (April 2003) - gegeben sind.

Bei der Regelung in § 13 des Arbeitsvertrages der Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 11.05.(1999 - Bl. 4 bis 8 d. A.) handelt es sich, auch im systematischen Zusammenhang mit den sonstigen zahlreichen Verweisen dieses Vertrages auf die jeweils einschlägigen Bestimmungen des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Bayern, um eine (kleine) dynamische Bezugnahmeklausel, die, auch unstreitig, eben als dynamische gemeint - gelebt - war:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein einzelvertraglicher Verweis auf die tariflichen Vergütungsbestimmungen im Zweifel, mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelung im Arbeitsvertrag oder gegenteiliger Anhaltspunkte sonst, als dynamisch anzusehen (vgl. zuletzt etwa BAG, U. v. 05.04.2006, 4 AZR 390/05, AP Nr. 3 zu § 1 AVR Diakonisches Werk - II. 3. a der Gründe (juris Rz. 43) -; U. v. 27.10.2004, 10 AZR 138/04, EzA Nr. 28 zu § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag - II. 2. c (juris Rz. 32) der Gründe -; U. v. 13.11.2002, 4 AZR 351/01, AP Nr. 24 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag - III. 1. b bb (juris Rz. 35) der Gründe -; U. v. 25.02.2002, 4 AZR 294/01, AP Nr. 26 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag - II. 2. f aa (juris Rz. 23) der Gründe -; U. v. 26.09.2001, 4 AZR 544/00, AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; U. v. 20.03.1991, 4 AZR 455/90, AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; und U. v. 28.05.1987, AP Nr. 6 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; vgl. auch U. v. 20.04.2005, 4 AZR 292/04, AP Nr. 35 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; siehe auch Annuß, BB 1999, S. 2558/2561; Bausche, ZTR 1993, S. 416/417; Seibert, NZA 1985, S. 730 f/731).

Durch die Nennung einer konkreten Tarifgruppe wie hier in § 3 letzter Satz des Arbeitsvertrages soll das im Vergütungstarifvertrag geregelte Vergütungsgefüge insgesamt übernommen werden. Dies schließt im Zweifel auch die Weitergabe von tariflichen Lohnsteigerungen für die im Arbeitsvertrag genannte bzw. die aktuelle Vergütungsgruppe ein. Auch haben die Parteien dies in der Folge, mangels anderweitigen Vortrags oder Anhaltspunkten im Sachverhalt sonst, offensichtlich durchgängig so praktiziert, was einen Rückschluss auf die von den Arbeitsvertragsparteien einvernehmlich vorausgesetzte Bedeutung der Bezugnahmeklausel als dynamischer Verweisung - im Falle nur einzelvertraglicher Geltung - zulässt (so BAG, U. v. 15.03.2006, 4 AZR 132/05, AP Nr. 9 zu § 2 TVG Firmentarifvertrag - II. 2. b cc (juris Rz. 25) der Gründe -).

Des Weiteren handelt es sich beim vorliegenden Arbeitsvertrag offensichtlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, bei deren Auslegung Zweifel zulasten der Beklagten als Verwenderin gehen müssen (§ 305 c Abs. 2 BGB, der seit 01.01.2003 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet: Art. 229 § 5 EGBGB). Selbst wenn hier bei der Vertragsauslegung nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden hinsichtlich der Rechtsqualität dieser Regelung als dynamischer oder statischer Verweisung auf die einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen nicht behebbare Zweifel bleiben würden, müsste dies deshalb zulasten der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verwenderin des Formulararbeitsvertrages - und damit zu einer Auslegung als dynamischer Verweisung auf die tarifvertraglichen Regelungen - gehen.

2. Die somit in jeder denkbaren Variante über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Verbandsaustritts der Beklagten im April 2003 nur noch statische, einzelvertragliche, Weitergeltung der - auch nicht mehr allgemeinverbindlichen - Tarifregelungen in ihrer zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung wurde nicht durch konkludente Aufhebung der Bestimmung des § 13 des Arbeitsvertrages bzw. der zum Bestandteil des Arbeitsvertrages transformierten ehemals normativ geltenden Tarifregelungen bzw. von vornherein nur einzelvertraglich geltender Tarifregelungen, auch nicht im Wege gegenläufiger betrieblicher Übung, beseitigt.

a) Selbst das, in den entscheidungserheblichen Details streitige, Vorbringen der Beklagten zu Äußerungen ihres Personalleiters im August/Oktober 2003 zum Betriebsrat und auf einer Betriebsversammlung als wahr unstellt, könnte dies nicht zur Annahme eines "konkludenten Verhaltens" (?) der Klägerin im Sinne einer Abbedingung der Verweisungsregelung in § 13 des Arbeitsvertrages - bzw. zur Annahme einer die einzelvertragliche Nachwirkung der zuvor normativ geltenden Tarifregelungen aufhebenden (auch konkludenten bzw. stillschweigenden) Vereinbarung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG - führen, wie dies die Beklagte geltend machen will:

Dass eine bloße Information des Betriebsrats im Sinne einer Mitteilung zum einen nicht ohne weiteres überhaupt als rechtsgeschäftliche Erklärung und zum anderen und insbesondere nicht als rechtsgeschäftliches Vertragsangebot auch gegenüber der Klägerin - qua (Erklärungs-/Empfangs-)Botenstellung des Betriebsrats, von der Klägerin in der Folge konkludent, wiederum über den Betriebsrat, angenommen? - gewertet werden kann, bedarf keiner weiteren Begründung.

Gleiches gilt für die vorgetragene Mitteilung des Personalleiters der Beklagten auf einer Betriebsversammlung am 28.10.2003: Selbst wenn die Klägerin Teilnehmerin dieser Betriebsversammlung gewesen sein oder sich dortige Erklärungen der Beklagten sonst zurechnen lassen müssen sollte, umschreibt das Vorbringen der Beklagten hierzu, auch in der Berufung, zunächst allein eine Information über die wirtschaftliche Situation/fehlende Rentabilität des Unternehmens und die deshalb künftig - für das laufende Jahr oder dauerhaft - unterbleibende Zahlung der "Sonderzuwendungen". Eine Wertung dieser Mitteilung - zunächst im wiedergegebenen Sinn einer Feststellung (!) und damit einer Wissenserklärung - als Willenserklärung im Sinne eines Vertragsangebotes an die Gesamtheit der Arbeitnehmer, damit auch die Klägerin, zur - dauerhaften oder zeitweisen - Aufhebung/Suspendierung der einzelvertraglichen Sonderzuwendungsansprüche (Urlaubsgeld und Zuwendung) ist, auch mangels näheren Vortrags der Beklagten hierzu, nicht ohne weiteres möglich. Selbst wenn diese Information aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin nach dem Empfängerhorizont, auch, als entsprechendes, verschlechterndes, Vertragsangebot der Beklagten zu erkennen/werten gewesen wäre, könnte die unstreitig fehlende Reaktion der Klägerin, ihre Weiterarbeit ohne Widerspruch, nicht bereits als Zustimmung/rechtsgeschäftliche Annahme eines solchen Angebotes gewertet werden. Schweigen stellt, wie sich aus § 147 BGB ergibt, in aller Regel keine Willenserklärung dar. Wer auf ein Angebot nicht reagiert, stimmt diesem nicht zu. Vor allem dann, wenn eine Vertragspartei eine bestehende Vertragssituation nachteilig verändern möchte, kann sie nicht ohne weiteres unterstellen, dass die andere Vertragspartei bei bloßer Nichtäußerung auch damit einverstanden ist. Zwar kommt nach § 151 Satz 1 BGB ein Vertrag ohne ausdrückliche Annahmeerklärung zustande, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Dies betrifft jedoch in erster Linie für den Annehmenden günstige Angebote (vgl. etwa BAG, U. v. 24.11.2004, 10 AZR 202/04, AP Nr. 70 zu § 242 BGB Betriebliche Übung - Bestätigung einer Entscheidung der erkennenden Berufungskammer -).

Hier fehlt es an jeglichem Vorbringen und besonderen Anhaltspunkten im Sachverhalt sonst, dass die widerspruchslose Weiterarbeit der Klägerin nach der entsprechenden Mitteilung der Beklagten auf der Betriebsversammlung im Herbst 2003 aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise als ihre, konkludente oder stillschweigende, Annahme eines etwa hierin liegenden verschlechternden Vertragsangebots qua Verzicht auf Vergütungsansprüche (damit als wirksame verschlechternde Vertragsänderung im Zeitraum der Nachwirkung des § 4 Abs. 5 TVG) gewertet hätte werden können, weil hier nach Treu und Glauben aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles eine Reaktions-/Ablehnungsobliegenheit der Klägerin bestanden haben sollte.

Eine vertragliche Abbedingung der einzelvertraglich, qua Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) oder unmittelbar durch Bezugnahmeklausel in § 13 des Arbeitsvertrages, statisch weiter geltenden Zuwendungsansprüche kann auch nicht aus den Grundsätzen der sog. "negativen" oder "gegenläufigen" Betriebsübung folgen, da diese, worauf die Klägerin zurecht verweisen lässt, nur anwendbar sind in Fällen, in denen der Anspruch bereits im Wege der Betriebsübung entstanden war, nicht dann, wenn der Anspruch von vornherein einzelvertraglich, etwa durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, besteht (BAG, U. v. 24.11.2004, aaO).

3. a) Der Höhe nach sind die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Urlaubsgeld und Zuwendung nach den seit dem Zeitpunkt des Austritts der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband im April 2003 statisch weiter geltenden einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen in ihrer damaligen Fassung unter Bezugnahme auf die, hilfsweise, Berechnung der Beklagten hierzu zuletzt unstreitig gestellt.

b) Die Entscheidung zu den geltend gemachten Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Beklagte hat damit die Kosten ihrer im Wesentlichen erfolglos gebliebenen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO), wobei eine anteilige Kostenlast der Klägerin im Hinblick auf das zuletzt marginal eingeschränkte Klagebegehren unberücksichtigt bleiben konnte.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG beide Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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