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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 09.04.2009
Aktenzeichen: 4 SaGa 5/09
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 102 Abs. 5 Satz 1
BetrVG § 102 Abs. 3 Ziff. 3
Anforderungen an die Rechtzeitigkeit und inhaltliche Eindeutigkeit eines Weiterbeschäftigungsverlangens nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG sowie an die inhaltliche Begründung eines Betriebsratswiderspruchs wegen angenommener Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

4 SaGa 5/09

Verkündet am: 09.04.2009

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Gerstandl und Rentz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 5. Februar 2009 - 22 Ga 2/09 - wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin macht im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG geltend.

Die - nach den vorgelegten Unterlagen: am 00.00.1961 geborene - Verfügungsklägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.10.2001 (Anl. ASt 1a, Bl. 7 bis 10 d. A.) seit 15.10.2001 bei der Verfügungsbeklagten beschäftigt, gemäß Änderungsvertrag vom 15.05.2007 (Anl. ASt 1b, Bl. 11 d. A.) zuletzt als "Leitung Controlling" mit einer Vergütung von, zu diesem Zeitpunkt, 0.000,-- € brutto/Monat - nach ihrem unbestritten gebliebenen Vorbringen im Antragschriftsatz habe ihr monatliches Bruttoeinkommen einschließlich Sonderzahlungen 0.000,-- € brutto/Monat betragen - beschäftigt. Die Verfügungsbeklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 31.10.2008 (Anl. ASt 2, Bl. 12 d. A.) fristgerecht zum 31.12.2008 und stellte sie gleichzeitig von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Ein Kündigungsschutzverfahren, in dem die Verfügungsklägerin auch einen (allgemeinen) Weiterbeschäftigungsantrag gestellt hat, ist beim Arbeitsgericht München rechtshängig (Aktenzeichen 37 Ca 14287/08).

Der bei der Verfügungsbeklagten bestehende Betriebsrat widersprach im Rahmen seiner Beteiligung nach § 102 BetrVG der beabsichtigten Kündigung der Verfügungsklägerin mit Formularschreiben vom 28.10.2008 (Bl. 37 d. A.) mit dem dort angekreuzten Vermerk, dass ein "freier Arbeitsplatz ... zur Verfügung (Weiterbeschäftigung)" stehe; gleichzeitig wurde der Verfügungsbeklagten vom Betriebsrat ein vom 27.10.2008 datiertes Schreiben mit einer näheren Widerspruchsbegründung übergeben (Anl. AG 1, Bl. 36 d. A.), in dem u. a. ausgeführt ist, dass "laut Informationen des BR ... die Abteilung Controlling und Rechnungsprüfung nicht ausreichend besetzt" sei, "auch seit Monaten keine Außen und Innenrevision" bestehe und aus diesen Gründen der Verfügungsklägerin "laut § 102/3 ein andere zumutbare Stelle in diesem Bereich anzubieten" wäre; weiter ist dort festgestellt, dass es den Anschein habe, dass durch diese Kündigungsmaßnahme eine weitere Stelle wegrationalisiert werden solle und zur Vermeidung einer weiteren Unruhe und Unsicherheit der Betriebsrat der Geschäftsleitung empfehlen würde, die Verfügungsklägerin "auf einem anderen angemessenen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen".

Mit ihrem vom 05.01.2009 datierenden und am 07.01.2009 beim Arbeitsgericht München eingegangenen, am 13.01.2009 zugestellten, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung macht die Verfügungsklägerin gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG ihre Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens geltend. Ein von der Verfügungsbeklagten zwischenzeitlich eingereicht gewesener ebenfalls Eilantrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht der Verfügungsklägerin nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG wurde nach dem erstinstanzlichen Obsiegen der Verfügungsbeklagten im vorliegenden Verfahren von dieser nach ihren Ausführungen zuletzt zurückgenommen.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 05.02.2009, das den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin am 17.02.2009 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgewiesen hat, dass die bloße Geltendmachung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsverlangens für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist, wie in der Kündigungsschutzklage der Verfügungsklägerin vom 06.11.2008 enthalten, nicht das hier verfahrensgegenständliche Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG beinhalte. Für ein solches Weiterbeschäftigungsverlagen genüge es auch nicht, dass der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin, wie von ihm in der mündlichen Verhandlung am 02.02.2009 vor dem Arbeitsgericht anwaltlich versichert, in der Güteverhandlung im Kündigungsschutzverfahren den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gefragt habe, wie es mit der Weiterbeschäftigung der Verfügungsklägerin aussehe. Eine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG müsse bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. dem ersten Tag nach deren Auslauf verlangt werden, weshalb der vorliegende Antrag verspätet sei. Der Widerspruch des Betriebsrats vom 28.10.2008 entspreche nicht den Anforderungen des § 102 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG, da hierbei der Betriebsrat konkret darlegen müsse, auf welchem freien Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung in Betracht komme, welchen Arbeitsplatz und den Bereich für eine anderweitige Beschäftigung dieser zumindest in bestimmbarer Weise schriftlich angeben müsse. Dem genüge der schriftliche Widerspruch des Betriebsrats nicht, da sich zum einen sein dortiger Verweis auf die bisherige Tätigkeit der Verfügungsklägerin als einziger Arbeitnehmerin im Controlling der Verfügungsbeklagten beziehe und zum anderen ein freier Arbeitsplatz an anderer Stelle, sei es in der Rechnungsprüfung oder in der Außen- und Innenrevision, nicht konkret und in bestimmbarer Weise bezeichnet worden sei - die Hinweise des Betriebsrats seien zu allgemein gehalten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.03.2009, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie gleichzeitig ausgeführt hat, dass der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin in der Güteverhandlung im Kündigungsschutzverfahren am 17.12.2008 den dortigen (auch Verfügungs-)Beklagtenvertreter gefragt habe, wie es mit der Weiterbeschäftigung der Verfügungsklägerin aussehe, woraufhin dieser geantwortet habe, dass der Widerspruch des Betriebsrats formunwirksam sei und ruhig eine einstweilige Verfügung beantragt werden könne - die Verfügungsbeklagte werde ihrerseits eine einstweilige Verfügung erwirken. Damit habe die Verfügungsklägerin deutlich erkennbar ihre vorläufige Weiterbeschäftigung im Sinne des § 102 Abs. 5 BetrVG verlangt. Der Widerspruch des Betriebsrats vom 27./28.10.2008 habe den Anforderungen des § 102 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG entsprochen, da der Betriebsrat im Zusammenhang beider Schreiben vom 27.10.2008 und vom 28.10.2009 deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass anderweitige Arbeitsplätze in der Rechnungsprüfung und im Bereich Außen- und Innenrevision vorhanden seien. Auch für die Auslegung des schriftformbedürftigen Widerspruchs des Betriebsrats seien Umstände außerhalb der Urkunde mit zu berücksichtigen. Im vorgelegten "Auszug aus den Aufzeichnungen des Betriebsratsprotokolls Süd vom 28.10.2008" (Anl. ASt 4, Bl. 13 d. A.) habe das Betriebsratsmitglied Schröder, in Übereinstimmung mit dessen eidesstattlicher Versicherung vom 31.12.2008 (Anl. ASt 5, Bl. 14 d. A.), angegeben, dass eine freie Stelle in der Revision, die zuvor anderweitig besetzt gewesen sei, frei sei, weshalb die Verfügungsklägerin eben in der Buchhaltung oder in der Rechnungsprüfung weiterbeschäftigt werden könne. Dies habe auch Herr G. seitens der Verfügungsbeklagten dem Betriebsrat gegenüber begrüßt.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 05. Februar 2009, AZ 22 Ga 2/09, wird aufgehoben.

II. Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, die Verfügungsklägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht München, Az: 27 Ca 14287/08, zu unveränderten Bedingungen als Leiterin Controlling weiter zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte trägt zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG ein deutliches Verlagen der Weiterbeschäftigung eben gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG voraussetze, woran es vorliegend fehle Der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin habe selbst angegeben, in der Güteverhandlung am 17.12.2008 im Kündigungsschutzprozess den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten lediglich gefragt zu haben, wie es mit der Weiterbeschäftigung der Antragstellerin aussehe - was kein ausdrückliches Verlangen der Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG darstelle, zumal sich eine solche Frage auch auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch beziehen könnte; eine Weiterbeschäftigung aufgrund Betriebsratswiderspruches sei nicht verlangt worden. Des Weiteren fehle es am Verfügungsanspruch, da kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats vorliege, weil dieser nicht - wie erforderlich - einen konkreten freien Arbeitsplatz benannt, sondern vielmehr behauptet habe, bestimmte Bereiche bei der Verfügungsbeklagten seien "nicht ausreichend besetzt" - hierin sei lediglich ein Vorschlag zu sehen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, was für einen ordnungsgemäßen Widerspruch nicht ausreiche.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 17.03.2009 und vom 06.04.2009, nebst der jeweiligen Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Verfügungsklägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Verfügungsklägerin ist unbegründet. Das Berufungsgericht nimmt in vollem Umfang Bezug auf die im Ergebnis zutreffenden und in der Sache ausführlich, differenziert und überzeugend begründeten Erwägungen des Arbeitsgerichts und weist lediglich im Hinblick auf die Berufungsangriffe ergänzend und zusammenfassend auf Folgendes hin.

1. Wie das Arbeitsgericht näher ausgeführt hat, hat die Verfügungsklägerin den hier verfahrensgegenständlichen Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bereits nicht rechtzeitig geltend gemacht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist das Weiterbeschäftigungsverlagen gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zu diesem Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist bzw. jedenfalls am ersten Arbeitstag nach deren Auslauf zu stellen (BAG, U. v. 11.05.2000, 2 AZR 54/99, u. a. AP Nr. 13 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung - II. 2. der Gründe, m. w. N. -).

b) aa) Die von der Verfügungsklägerin - auch in ihrer Berufung - vorgetragene und zuletzt durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachte Frage ihres Prozessbevollmächtigten an den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten im Gütetermin am 17.12.2008 im Kündigungsschutzverfahren, wie es mit der Weiterbeschäftigung der Verfügungsklägerin aussehe, stellt in dieser Diktion/diesem Inhalt, auch im Wege der Auslegung dieser Frage nach den herkömmlichen Auslegungsgrundsätzen (§ 133 BGB entsprechend), weder ein, wenngleich formlos zulässiges, ausdrückliches "Verlangen", die Geltendmachung eines solchen Anspruches, überhaupt dar - sondern auf den ersten Blick lediglich eine allgemeine, unspezifizierte, Nachfrage, etwa im Sinne einer vorbereitenden Entscheidungsgrundlage -, noch hätte sie sich in der erforderlichen und wiederum für den Empfänger erkennbaren wenigstens annähernd eindeutigen Weise auf den spezifischen Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bezogen.

Dies ergibt sich auch nicht ohne Weiteres, ohne das Vorliegen zusätzlicher besonderer Umstände - für die weder etwas vorgetragen noch die sonst ersichtlich wäre -, im Umkehrschluss etwa daraus, dass die Verfügungsklägerin im Kündigungsschutzprozess offensichtlich bereits einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch gestellt hatte - über den erst bei einer stattgebenden Entscheidung zur Feststellungsklage dort ggf. positiv zu entscheiden wäre -, weshalb diese Frage ihres Prozessbevollmächtigten in der dortigen Güteverhandlung für die Verfügungsbeklagte erkennbar den anderen, spezifischen, Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 102 Abs. 5 BetrVG betroffen haben müsste: Eine solche allgemeine, unspezifizierte, Frage kann nicht etwa wenigstens mittelbar, für die Verfügungsbeklagte als Erklärungsempfängerin ausreichend erkennbar, insinuieren, dass damit dezidiert auf den gesetzlich geregelten Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG abgestellt hätte werden sollen. Solche und ähnliche Fragen sind häufig Gegenstand des eher informellen Erörterungszusammenhangs einer Güteverhandlung im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens.

Hier kann diese dargelegte und so glaubhaft gemachte schlichte Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin in der Güteverhandlung am 17.12.2008 deshalb noch nicht als erforderliches Weiterbeschäftigungsverlangen im Sinne des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG gewertet werden.

bb) Das deshalb erstmals mit der Zustellung des vorliegenden Antragsschriftsatzes vom 05.01.2009 an die Verfügungsbeklagte am 13.01.2009 erhobene materiellrechtliche Weiterbeschäftigungsverlangen gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG war damit verspätet. Nach den Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren war die Verfügungsbeklagte - bzw. deren Verwaltung - auch nicht etwa in den ersten Januartagen 2009 wegen Betriebsurlaubs o. ä. geschlossen, sodass das im Antragsschriftsatz formulierte Weiterbeschäftigungsverlangen als noch rechtzeitig, weil am ersten tatsächlichen Arbeitstag im neuen Jahr gestellt, anzusehen wäre.

2. Des Weiteren liegt auch inhaltlich kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats nach § 102 Abs. 3 BetrVG vor, der allein eine Weiterbeschäftigungspflicht nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG begründen könnte.

a) Entscheidend für die Beurteilung des Betriebsratswiderspruches ist allein der Inhalt des Formularschreibens des Betriebsrats vom 28.10.2008 - mit der dort angekreuzten Alternative, dass ein "freier Arbeitsplatz ... zur Verfügung (Weiterbeschäftigung)" stehe -, nebst und im systematischen Zusammenhang mit dem nach Darlegung der Verfügungsbeklagten damit zeitgleich vorgelegten Schreiben des Betriebsrats vom 27.10.2008 mit näherer Begründung (! - obwohl die einschlägige Betriebsratssitzung erst am 28.10.2008 stattgefunden haben dürfte, wie sich auch aus dem dem Antragsschriftsatz beigefügten "Auszug aus den Aufzeichnungen des Betriebsratsprotokolls Süd vom 28.10.2008" (?) eines Betriebsratsmitglieds (Sch.) ergibt!).

b) Die vom Betriebsrat zur Begründung seines schriftlichen Widerspruches genannten Gründe müssen auf den Einzelfall bezogene konkrete, individualisierte Tatsachen enthalten, die es als möglich erscheinen lassen, dass einer der in § 102 Abs. 3 BetrVG aufgeführten Widerspruchsgründe vorliegt, ohne dass die aufgeführten Tatsachen nach prüfbar und zwingend zutreffend sein müssen - aus § 102 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 3 BetrVG ergibt sich im Umkehrschluss, dass nur ein offensichtlich unbegründeter Widerspruch irrelevant ist, weil (nur) ein solcher dazu führt, dass der Arbeitgeber in diesem Fall auf seinen Antrag im Wege der einstweiligen Verfügung von seiner Weiterbeschäftigungspflicht zu entbinden ist (ständige instanzgerichtliche Rechtsprechung, etwa LAG München, U. v. 16.08.1995, LAGE Nr. 22 zu § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht; LAG Köln, U. v. 24.11.2005, AuR 2006, S. 212 (LS); LAG Schleswig-Holstein, U. v. 22.11.1999, AP Nr. 12 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung; so auch die ständige Rechtsprechung der Berufungskammer; s. a. KR-Etzel, 8. Aufl. 2008, § 102 BetrVG Rz. 143 f, m. w. N.).

Für einen Betriebsratswiderspruch, der sich - wie erkennbar hier - ausschließlich auf die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des zu kündigenden Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb (oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens) gemäß § 102 Abs. 3 Zf. 3 BetrVG stützt, ist es hiernach zwar nicht erforderlich, dass der Betriebsrat im Widerspruchsschreiben Tatsachen angibt, die schlüssig einen Widerspruchsgrund in diesem Sinn ergeben. Dem Betriebsrat ist jedoch ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen. Der Betriebsrat muss auch hier konkret darlegen, auf welchem (freien) Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht kommt, wobei ein solcher Arbeitsplatz möglichst in bestimmbarer Weise angegeben und der Bereich bezeichnet werden müssen, in dem der Arbeitnehmer anderweitig beschäftigt werden könnte (vgl. wiederum nur BAG, U. v. 11.05.2000, aaO - II. 3. c der Gründe, m. w. N. -). Ein spekulativer Widerspruch etwa dahin, es sei im Betrieb irgendeine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden oder es müsse eine solche vorhanden sein, reicht nicht aus.

c) Daran fehlt es hier:

Die nähere Begründung des formularmäßigen Betriebsratswiderspruches, neben dem Schreiben (Vordruck) vom 28.10.2008 - der als solcher, isoliert betrachtet, nicht ausreichend ist, was nach obigen Grundsätzen nicht näher begründet zu werden braucht -, im Annexschreiben des Betriebsrats vom 27.10.2008 stellt lediglich auf die unzureichend besetzte Abteilung Controlling - in der eben die Verfügungsklägerin eingesetzt war - und Rechnungsprüfung sowie auf die fehlende Außen- und Innenrevision ab. Damit wird aus der wiederum maßgeblichen Sicht der Verfügungsbeklagten als Widerspruchsempfängerin auch nicht wenigstens mittelbar oder systematisch im Zusammenhang mit den offensichtlich vorausgegangenen Gesprächen mit der Arbeitgeberin/Verfügungsbeklagten, auch des Generalbevollmächtigten G. (siehe dessen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nach den Feststellungen im Protokoll vom 09.04.2009 sowie den Inhalt dessen eidesstattlicher Versicherung vom 22.01.2009, Anl. AG 2, Bl. 41 d. A.), erklärt oder wenigstens erkennbar suggeriert, in diesen Bereichen seien tatsächlich Arbeitsplätze frei und zu besetzen:

Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz der Verfügungsklägerin im Controlling, als einziger Arbeitnehmerin dort, wegen fehlenden Wegfalls dieses Arbeitsplatzes - falls dies im naiv formulierten Betriebsratswiderspruch vom 27.10.2008 überhaupt so insinuiert wäre (?) - könnte hier grundsätzlich noch keinen Betriebsratswiderspruch nach § 102 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG begründen, wie bereits das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Berufungsgerichts ausgeführt hat. Auch andere etwa als frei angesehene Arbeitsplätze in der Rechnungsprüfung oder in der Außen- und Innenrevision sind nicht in erkennbarer Weise konkret bezeichnet. Der Betriebsratswiderspruch indiziert im Schreiben vom 27.10.2008 eigentlich nur die Hypothese einer angenommenen allgemeinen personellen Unterbesetzung in bestimmten Bereichen und die hieraus indizierte allgemeine, abstrakte, Möglichkeit/Sinnhaftigkeit - auch: abschließende Empfehlung - einer Weiterbeschäftigung der Verfügungsklägerin. Dies ist auch unter Anlegung eines großzügigen Maßstabes nach vorstehenden Grundsätzen nicht ausreichend für die Begründung eines Betriebsratswiderspruches nach § 102 Abs. 3 (hier Ziff. 3) BetrVG.

3. Deshalb hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Weiterbeschäftigungsverfügung zu Recht zurückgewiesen, weshalb auch die Berufung zurückzuweisen ist.

III.

Die Verfügungsklägerin hat damit die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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