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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: 4 Ta 179/08
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 5 Abs. 4 |
Auch bei Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss entscheidet das LAG durch Urteil der vollbesetzten Kammer, ebenso über die Zulassung der Revision hiergegen; die Rechtsprechung des BAG zur grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des LAG zur nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG (BAG, B. v. 15.09.2005, 3 AZB 48/05, NZA-RR 2006, S. 211 f; B. v. 20.08.2002, 2 AZB 16/02, NZA 2002, S. 1228 f) ist damit nicht mehr anwendbar.
2. Zur Zulässigkeit und Begründetheit eines Antrages auf nachträgliche Klagezulassung bei einer während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG erfolgten "Probezeitkündigung", gestützt darauf, dass der seitens ihres anwaltschaftlichen Vertreters zunächst falsch beratenen Arbeitnehmerin erst nach Monaten nach Erhalt der Kündigung durch die Lektüre juristischen Schrifttums klar geworden sei, dass die Kündigung gegen das AGG und/oder § 102 BetrVG verstoßen haben könnte.
Landesarbeitsgericht München IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 14.08.2008
In dem Beschwerdeverfahren
erlässt die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtliche Richterin Frau Römelt und den ehrenamtlichen Richter Herrn Kleehaupt im Namen des Volkes folgendes Urteil:
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 3. April 2008 - 20 Ca 15628/07 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien/Beteiligten streiten im vorliegenden Zusammenhang über die Begründetheit eines Antrages der Klägerin/Antragstellerin auf nachträgliche Zulassung einer von ihr verspätet erhobenen Feststellungsklage gegen eine von der Beklagten/Antragsgegnerin während der Probezeit ausgesprochene Kündigung.
Die am 00.00.1974 geborene Klägerin/Antragstellerin war gemäß schriftlichem "Dienstvertrag auf Zeit" (Bl. 30 bis 32 d. A.) ab 15.05.2007 bei der Beklagten/Antragsgegnerin als Vertretung für die Zeit des Mutterschutzes und anschließender Elternzeit einer anderen Arbeitnehmerin als Sachbearbeiterin/Anzeigenberechnung mit einer Vergütung von 2.352,-- € brutto/Monat und einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt, wobei der Zeitraum vom 15.05.2007 bis 14.11.2007 als Probezeit gelten sollte, innerhalb der das Arbeitsverhältnis beidseitig mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden konnte. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21.09.2007, der Klägerin am selben Tag zugegangen, "fristgerecht während der Probezeit" zum 31.10.2007 (u. a. Bl. 28 d. A.).
Mit Klageschriftsatz zur Niederschrift der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts München vom 15.11.2007 erhob die Klägerin gegen die Beklagte zunächst Leistungsklage auf Zahlung restlichen Urlaubsgeldes und weitergehenden Weihnachtsgeldes nach den einschlägigen tarifvertraglichen Vorschriften. Im Termin zur Güteverhandlung am 13.12.2007 wurde die Klägerin durch ihre frühere anwaltschaftliche Vertreterin vertreten, die bereits mit Schriftsatz vom 05.12.2007 die Vertretung der Klägerin angezeigt hatte. Mit Schriftsatz vom 27.12.2007 teilte diese danach mit, die Klägerin nicht mehr zu vertreten. Mit Klageschriftsatz vom 03.01.2008 wiederum zur Niederschrift der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts München erhob die Klägerin auch Feststellungsklage gegen die Kündigung vom 21.09.2007 unter Berufung darauf, dass diese gegen § 1 AGG verstoße, da sie, als zu 50 % schwerbehindert, aufgrund ihrer Behinderung gekündigt worden sei. Gleichzeitig stellte die Klägerin einen Antrag auf nachträgliche Zulassung dieser Klage gemäß § 5 KSchG mit der, durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachten, Begründung, dass ihr ihre frühere anwaltschaftliche Vertreterin mitgeteilt gehabt habe, dass sie keine Möglichkeit habe, gegen die Kündigung gerichtlich vorzugehen. Die Klägerin habe sich jedoch am 31.12.2007 Literatur zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gekauft und bei deren anschließender Lektüre festgestellt, dass die Kündigung gegen dieses Gesetz verstoße und somit nichtig sei. Da sie ihre frühere Rechtsanwältin somit falsch beraten habe, sei sie trotz Anwendung aller ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt an der rechtzeitigen Einreichung der Kündigungsschutzklage innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist verhindert gewesen, weshalb diese nachträglich zuzulassen sei.
Das Arbeitsgericht hat nach Verbindung beider Verfahren mit Beschluss in der weiteren Güteverhandlung vom 17.01.2008 sodann aufgrund der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 18.03.2008 im dort bestimmten Termin zur Verkündung einer Entscheidung am 03.04.2008 zum einen durch Teilurteil die Klage hinsichtlich der zunächst eingeklagten restlichen Vergütungsansprüche sowie eines danach im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Anspruches auf Zeugnisberichtigung abgewiesen und zum anderen durch gesonderten Beschluss den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ebenfalls abgewiesen - Letzteres mit der Begründung, dass die falsche Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Klage regelmäßig nicht genüge, eine verspätete Klageeinreichung zu entschuldigen, wobei offen bleiben könne, ob sich der Arbeitnehmer eine falsche Beurteilung eines Bevollmächtigten zurechnen lassen müsse oder nicht, zumal eine unzutreffende Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage durch die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht vorgelegen habe. Diese habe die Klägerin vielmehr zutreffend dahin beraten gehabt, dass eine Klage gegen die Kündigung nicht erfolgversprechend sei, weil sich Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage auch nicht aus dem AGG ergäben, da die Klägerin keinerlei Indizien für eine Diskriminierung durch die Beklagte wegen ihrer Behinderung vortrage und eine von ihr behauptete Bemerkung einer Kollegin in Anwesenheit der Klägerin der Beklagten nicht zurechenbar wäre. Deshalb sei die Klägerin nicht aufgrund einer unzutreffenden Beurteilung der Erfolgsaussichten an der Klageerhebung gehindert gewesen, sondern sie habe sich lediglich zu einem weit nach Fristablauf liegenden Zeitpunkt aufgrund Sichtung der Literatur zum AGG entschlossen, sich über die zutreffende Beurteilung ihrer Rechtsanwältin hinwegzusetzen, ohne in irgendeiner Weise gehindert gewesen zu sein, dies bereits während der Klagefrist zu tun.
Gegen diesen der Klägerin persönlich am 16.04.2008 zugestellten Beschluss richtet sich ihre sofortige Beschwerde mit Schriftsatz ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 30.04.2008, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie gleichzeitig vorgetragen hat, dass die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Rechtsberatung der früheren anwaltschaftlichen Vertreterin der Klägerin sei korrekt gewesen, unzutreffend sei, da die Beschwerdeführerin nicht über die Notwendigkeit der Anhörung des Betriebsrats informiert worden sei. Da sie von einer Betriebsratsanhörung keine Kenntnis gehabt habe, seien eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG nicht auszuschließen und das Vorgehen gegen diese nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Bei einer zutreffenden Information über das Erfordernis einer Betriebsratsanhörung hätte die Beschwerdeführerin in jedem Fall die Kündigungsschutzklage fristwahrend eingereicht. Trotz Rüge habe die Beschwerdegegnerin kein Anhörungsschreiben vorgelegt oder einen sonstigen Nachweis für die Anhörung erbracht. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht darüber unterrichtet worden, dass eine etwaige diskriminierende Kündigung in der Probezeit mit einer Kündigungsschutzklage angefochten werden könne. Andernfalls wäre sie gegen die Kündigung, nachdem nach ihrer Einschätzung deren Grund in ihrer Schwerbehinderung gelegen habe, ebenfalls fristgemäß vorgegangen. Sie habe sich auf die Richtigkeit des eingeholten Rechtsrats bzgl. der Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Kündigung verlassen können. Fehler bei einer eingeholten Rechtsauskunft müsse sie sich nicht zurechnen lassen; ebenso wenig könne es ihr angelastet werden, dass sie sich erst im Dezember 2007 Rechtsliteratur angeschafft und sich erst zu diesem Zeitpunkt im Eigenstudium über die Erfolgsaussichten einer Klage näher informiert habe, da sie zuvor keine Veranlassung zu Zweifeln an der Richtigkeit der in Anspruch genommenen Rechtsberatung gehabt habe.
Die Klägerin beantragt:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 03.04.2008, Aktenzeichen 20 Ca 15628/07 wird aufgehoben.
2. Die Kündigungsschutzklage wird gemäß § 5 KSchG nachträglich zugelassen.
Die Beklagte/Beschwerdegegnerin trägt zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der sofortigen Beschwerde vor, dass über den Antrag der Klägerin nach dem 31.03.2008, wie geschehen, nach der neuen gesetzlichen Regelung mangels dortiger Übergangsregelung im Urteilswege entschieden hätte werden müssen. In der Sache müsse die Klägerin/Beschwerdeführerin sich eine Falschberatung zurechnen lassen, wobei im Kündigungsschreiben der Arbeitgeberin festgehalten sei, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung angehört worden sei, und die frühere anwaltschaftliche Vertreterin der Klägerin keinen vernünftigen Grund zu Zweifeln hieran gehabt habe. Auch andere Anhaltspunkte hinsichtlich einer Unwirksamkeit der Kündigung habe es ersichtlich nicht gegeben. Wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt habe, hätte die Beschwerdeführerin ihre Entscheidung, sich über die richtig erfolgte Beratung ihrer früheren Rechtsanwältin hinwegzusetzen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt treffen können.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 30.04.2008, vom 14.05.2008, vom 04.08.2008 und vom 07.08.2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft (siehe dazu 2.) und form- und fristgerecht eingelegt (§§ 567 Abs. 1 und Abs. 2, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) und damit zulässig.
2. Über die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht durch Beschluss gemäß § 78 ArbGG, sondern durch Urteil zu entscheiden.
Nach der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des § 5 Abs. 4 KSchG ist bei nunmehr fakultativer Beschränkung der Verhandlung und Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung - wie hier aufgrund fehlerhafter Anwendung der bis 31.03.2008 geltenden Altfassung dieser Regelung durch das Arbeitsgericht mit dem am 03.04.2008 verkündeten Beschluss noch zwangsläufig geschehen - nunmehr durch Zwischenurteil zu entscheiden, das wie ein Endurteil angefochten werden kann. Da eine Übergangsregelung für diese Neufassung fehlt, galt diese nach, soweit ersichtlich, wohl einhelliger Auffassung ab ihrem Inkrafttreten zum 01.04.2008 auch für zu diesem Zeitpunkt bereits rechtshängige Verfahren. Deshalb hätte das Arbeitsgericht seine am 03.04.2008 verkündete Entscheidung durch, mit der Berufung anfechtbares, Zwischenurteil treffen müssen, nicht durch Beschluss, wie unter Anwendung der Altfassung tatsächlich und damit fälschlich geschehen.
Nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung konnte die Klägerin/Antragstellerin, entsprechend der erteilten Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss vom 03.04.2008, jedoch sofortige Beschwerde einlegen. Nach allgemeinen prozessualen Rechtsgrundsätzen darf ein Verfahrensfehler des Gerichts nicht zulasten der Parteien gehen. Erfolgt eine ihrer Art, ihrer Entscheidungsform, nach falsche Entscheidung, kann die Partei wahlweise das Rechtsmittel einlegen, das gegen die Entscheidung statthaft ist, die ergehen hätte müssen; die Partei kann aber auch das Rechtsmittel einlegen, das gegen die tatsächlich erlassene Entscheidung statthaft ist. Das Rechtsmittel richtet sich grundsätzlich nach dem materiellen Gehalt der angefochtenen Entscheidung. Das Rechtsmittelgericht kann den Rechtsstreit dann in die Bahn lenken, in die es bei richtiger Entscheidung der Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel gelangt wäre, und braucht nicht auf dem vom Erstgericht eingeschlagenen falschen Weg weiterzugehen (BAG, U. v. 21.04.1993, 5 AZR 276/92 (juris) - Rzn. 29 f, m. w. N. -, zur fehlerhaften Entscheidung hinsichtlich einer Zuständigkeit nach der Neuregelung der §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 2 und Abs. 3 GVG durch das 4. VwGO-ÄndG 1990).
Damit durfte die Klägerin gegen die fehlerhafte Entscheidung des Arbeitsgerichts, das über den Antrag auf nachträgliche Zulassung noch am 03.04.2008 durch Beschluss entschieden hat, sowohl die nach der bis 31.03.2008 geltenden Fassung des § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG vorgesehene sofortige Beschwerde als auch Berufung (§ 5 Abs. 4 Satz 3 KSchG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung) einlegen, da der Grundsatz der Meistbegünstigung den Parteien die Anfechtung durch das richtige Rechtsmittel ermöglichen will.
Deshalb ist über die somit statthafte und von der Klägerin zulässig eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 03.04.2008 durch Urteil zu entscheiden (siehe auch LAG Baden-Württemberg, U. v. 07.05.2008, 12 Sa 63/08, NZA-RR 2008, S. 431 f - Entscheidung durch Berufungsurteil auch über eine vor dem 01.04.2008 eingelegte sofortige Beschwerde nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG aF -; Bader, NZA 2008, S. 620 f/621 (unter II.); Francken/Natter/Rieker, NZA 2008, S. 377 f/382 (unter III. 6.)).
Da es hier nicht lediglich um eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren aufgrund fakultativer mündlicher Verhandlung und damit durch Urteil, in diesem Fall ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (§ 78 Satz 3 ArbGG; siehe nur Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl. 2008, § 62 Rz. 87; GK-ArbGG-Vossen, Bd. 3 (Stand 12/2007), § 62 Rz. 96; Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 922 Rz. 24), geht, hat die Entscheidung somit durch die vollbesetzte Kammer durch genuines Berufungsurteil zu erfolgen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat mit ihrer erst am 03.01.2008 zur Niederschrift der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts München erhobenen Feststellungsklage gegen die Kündigung der Beklagten vom 21.09.2007 (im hinzuverbundenen Verfahren früheres Az. 20 Ca 41/08) die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG versäumt, da diese Frist auch in der Wartezeit der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 1 Abs. 1 KSchG; vgl. BAG, etwa U. v. 28.06.2007, 6 AZR 873/06, AP Nr. 61 zu § 4 KSchG 1969 - Rzn. 10 f der Gründe, m. w. N. -) und für den nunmehr geltend gemachten Verstoß der Kündigung gegen §§ 1 AGG, 134 BGB - sowie gegen das Anhörungserfordernis gemäß § 102 BetrVG (u. a.), wie von der Antragstellerin nachfolgend mit Schriftsatz vom 23.01.2008, außerhalb der Begründung ihres Zulassungsantrages, weiter gerügt ist - gilt.
2. Die Klägerin war hier nicht unverschuldet im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG (aF/nF) verhindert, eine Klage gegen die ihr am selben Tag zugegangene Kündigung vom 21.09.2007 innerhalb der somit am 12.10.2007 ablaufenden dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG zu erheben.
a) Es kann und mag offen bleiben, ob der Zulassungsantrag der Klägerin vom 03.01.2008 nicht bereits unzulässig, weil gemäß § 5 Abs. 3 KSchG (aF/nF) verfristet war. Hiernach ist die Stellung dieses Antrages nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig.
Diese Antragsfrist beginnt nicht erst bei - etwa zufälliger, zu einem beliebigen Zeitpunkt erlangter - Kenntnis von der Notwendigkeit einer fristgebundenen Klageerhebung und deren Verspätung, sondern nach allgemeiner Auffassung bereits dann, wenn der Arbeitnehmer bei zumutbarer Sorgfalt hiervon Kenntnis erlangen, also wissen hätte können, dass die Klage verspätet ist und, fristgebunden, nachträgliche Zulassung beantragt werden muss (vgl. nur KR-Friedrich, 8. Aufl. 2007, § 5 KSchG Rz. 10 a f und 110 f, m. w. N. zur einschlägigen instanzgerichtlichen Rechtsprechung). Ist die Partei/der Antragsteller anwaltschaftlich vertreten, muss er sich dessen Kenntnis und Verhalten (Verschulden) hiervon nach § 85 Abs. 2 ZPO - wie im Rahmen des Zulassungsantrages nach § 5 KSchG grundsätzlich - zurechnen lassen (ständ. Rspr. auch des LAG München).
Es erscheint nachgerade abwegig, dass die frühere anwaltschaftliche Vertreterin der Klägerin, die sich bereits mit Schriftsatz vom 05.12.2007 im Rahmen der von der Klägerin zunächst ebenfalls selbst erhobenen alleinigen Leistungsklage als deren Prozessbevollmächtigte angezeigt hatte, die bei einer Feststellungsklage gegen die Kündigung vom 21.09.2007 auch hinsichtlich der Berufung auf andere Unwirksamkeitsgründe außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes im materiellrechtlichen Sinn geltende Klagefrist des § 4 KSchG nicht gekannt/erkannt haben sollte - im Gegenteil ergibt sich bereits aus dem Inhalt des mit der verspäteten Klageerhebung vorgelegten Schreibens der früheren anwaltschaftlichen Vertreterin der Klägerin, Frau Rechtsanwältin E., vom 02.10.2007 (!) an die Rechtschutzversicherung der Klägerin, dass diese von der Klägerin gefragt worden sei, ob sie wegen ihrer Schwerbehinderung oder aufgrund der Tatsache, dass der Kündigungsgrund wohl Mobbing gewesen sei, etwas unternehmen könne - was die anwaltliche Vertreterin verneint und der Klägerin mitgeteilt habe, gegen die Kündigung "keine juristische Handhabe" zu haben. Gleichwohl wurde dort um Deckungszusage für eine Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsklage gebeten (!).
Hiernach müsste es eigentlich auf der Hand liegen, dass bereits die Antragsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG (aF/nF) versäumt und der Antrag der Klägerin auf nachträgliche Klagezulassung damit bereits unzulässig sind.
b) Jedenfalls ist der Antrag unbegründet, da die Klägerin nicht trotz Anwendung aller ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG) verhindert war, bis 12.10.2007, also innerhalb der anwendbaren Klagefrist des § 4 KSchG, Klage gegen die Kündigung vom 21.09.2007 wegen deren nunmehr behaupteten - angedachten, gemutmaßten - Verstoßes gegen die Regelungen des AGG und/oder des § 102 BetrVG (ggf.: u. a.) zu erheben. Es kommt hiernach auf die nach den konkreten Umständen und den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers, seinem Kenntnishorizont - bzw. denjenigen seines anwaltschaftlichen Vertreters -, zumutbar zu fordernden Sorgfaltspflichten an, wobei ihn Verschulden auch nicht lediglich in Form leichter Fahrlässigkeit treffen darf (siehe auch LAG Rheinland-Pfalz, B. v. 26.07.2004, 8 Ta 154/04 -II. 2. der Gründe - (juris); KR-Friedrich, aaO).
Fehlendes Verschulden sowohl der Klägerin selbst als auch ihrer früheren anwaltschaftlichen Vertreterin scheiden hiernach evident aus:
Letztere wusste, wie ausgeführt, und musste von der auch hinsichtlich der Geltendmachung weitergehender Unwirksamkeitsgründe außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes einzuhaltenden Klagefrist des § 4 KSchG wissen. Es kann keinen Vorwurf des Verschuldens der früheren anwaltschaftlichen Vertreterin der Klägerin - und ggf. damit fehlenden Verschuldens iSd § 5 KSchG der Klägerin selbst - begründen, wenn diese die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Kündigung, gestützt auf Gründe außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, als gering oder nicht vorhanden einschätzte - auch die Klägerin selbst ergeht sich nunmehr eher in Spekulationen und unschlüssigen Mutmaßungen hinsichtlich einer "etwaigen diskriminierenden Kündigung" - wegen inkriminierender Bemerkungen einer Kollegin über sie, zu denen bereits das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss überzeugend ausgeführt hat, dass dies der Beklagten/Antragsgegnerin jedenfalls nicht zuzurechnen wäre - oder der Notwendigkeit einer, unterbliebenen, Betriebsratsbeteiligung nach § 102 BetrVG auch in der "Probezeit" (Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG). Dass eine Fehleinschätzung der Aussichten einer Feststellungsklage gegen die Kündigung vom 21.09.2007 aus diesen Gründen überhaupt vorgelegen haben sollte, scheidet nach dem vorliegenden Vorbringen der Klägerin nahezu aus.
Auch wenn ohne grundsätzliche Zurechnung etwaigen - hier eben nicht erkennbaren - Verschuldens der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Antragstellerin nur von der Situation und der Frage eines fehlenden Verschuldens der Klägerin selbst an der verspäteten Klageerhebung ausgegangen würde, müsste hier eine einer Klagezulassung entgegenstehende Sorgfaltspflichtverletzung der Klägerin in gleicher Weise evident bejaht werden:
Es stellt kein Nichtverschulden der Klägerin im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG dar, wenn sie in ihrem Zulassungsantrag darlegt und durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft macht, dass sie sich (ausgerechnet und erst) am 31.12.2007 Literatur zum AGG gekauft und nach deren Lektüre festgestellt habe(n wolle), dass die Kündigung gegen das AGG verstoße und deshalb nichtig sei (weitere Verstöße, die sie wesentlich später zusätzlich rügt - § 102 BetrVG und ggf. andere -, wären offensichtlich bereits aufgrund fehlender Geltendmachung innerhalb der Antragsfrist - selbst wenn diese durch den Antrag vom 03.01.2008 überhaupt als eingehalten anzusehen sein sollte - präkludiert). Eine zufällige Lektüre juristischer Texte zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt und eine indiziell laienhafte (Fehl)Interpretation deren Inhalts und darauf aufbauende nachträgliche Mutmaßungen/Spekulationen/Hypothesen hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer Klage gegen eine (Probezeit)Kündigung könne nicht etwa, als Art plötzlicher Erleuchtung, zur Rechtfertigung fehlenden Verschuldens an der Nichteinhaltung längst versäumter - und zumal anwaltschaftlich bereits involvierter - gesetzlicher (Klage)Fristen dienen und führen.
Der Antrag der Klägerin auf nachträgliche Klagezulassung erweist sich damit als in jeder Hinsicht unhaltbar, weshalb ihre sofortige Beschwerde - hier durch Urteil - zurückzuweisen ist.
III.
Die Klägerin hat damit die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
IV.
Aufgrund der erfolgten Entscheidung durch Berufungsurteil der Kammer in voller Besetzung kann die Möglichkeit einer Revision - und damit einer Entscheidung hierüber -nicht von vornherein ausscheiden, wie dies das Bundesarbeitsgericht zum Ausschluss einer Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zur nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage durch Beschluss nach § 5 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 KSchG in der bis 31.03.2008 geltenden Fassung angenommen hat (BAG, B. v. 15.09.2005, 3 AZB 48/05, NZA-RR 2006, S. 211 f; B. v. 20.08.2002, NZA 2002, 1228 f).
Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.
Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG die Klägerin hingewiesen wird, zulassen sollte.
Ende der Entscheidung
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