Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 913/04
Rechtsgebiete: BGB, GewO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 611
GewO § 106
ZPO § 940
1. Der Arbeitnehmer hat - neben dem allgemeinen Beschäftigungsanspruch - keinen Anspruch iSv. § 194 Abs. 1 BGB darauf, dass der Arbeitgeber die Zuweisung einer vertraglich nicht geschuldeten Arbeit oder eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung unterlässt, sondern nur das Recht, nicht geschuldete Arbeit zu verweigern.

2. Für eine einstweilige Verfügung, die dem Arbeitgeber verbieten soll, dem Arbeitnehmer eine vertraglich nicht geschuldete Arbeit zuzuweisen oder ihn nicht vertragsgemäß zu beschäftigen, gibt es daher generell weder einen Verfügungsanspruch noch einen Verfügungsgrund.

3. Eine einstweilige Feststellungsverfügung ist generell unzulässig.

4. Der Arbeitnehmer hat die Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung selbst widerlegt, wenn er sich - auf die Zuweisung einer bestimmten Tätigkeit - zu-nächst monatelang mit dem Vorbehalt der gerichtlichen Prüfung seiner Arbeitspflicht und einer entsprechenden Feststellungsklage begnügt hat.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 913/04

Verkündet am: 01. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht sowie die ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt:

Tenor: 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 29.07.2004 - 7 Ga 27/04 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Beklagten durch eine einstweilige Verfügung verboten werden kann, dem Kläger eine bestimmte Tätigkeit zuzuweisen.

Der am 22.01.1947 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1970 Arbeitnehmer des Beklagten. Für das Arbeitsverhältnis gelten nach Maßgabe des Arbeitsvertrags vom 24.08.1971 die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR).

Seit dem 01.01.1996 war dem Kläger nach Maßgabe des Arbeitsvertragsnachtrags vom 22.12.1995 die Geschäftsführung des Caritasverbandes L übertragen. Seit dem 01.01.1998 war der Kläger nach Maßgabe des Arbeitsvertragsnachtrags vom 30.01.1998 in die Vergütungsgruppe 1a AVR eingruppiert. Der Kläger war als sog. Caritasdirektor für den Caritasverband L gesamtverantwortlich, alleinvertretungsberechtigt und Dienstvorgesetzter von ca. 150 Mitarbeitern.

Mit Schreiben vom 20.10.2000 wurde der Kläger von seiner Aufgabe als Geschäftsführer des Caritasverbandes L suspendiert. In dem über diese Suspendierung geführten Rechtsstreit 6 Ca R schlossen die Parteien am 28.03.2001 einen Vergleich, der unter der Nr. 2 folgenden Inhalt hat:

Die Parteien sind sich einig, dass im Sinne eines Neubeginns beim Caritasverband L eine Tätigkeit des Klägers in L nicht opportun ist. Der Kläger bleibt derzeit unter Fortzahlung der Vergütung weiterhin von der Arbeitsleistung freigestellt.

Mit Schreiben vom 28.10.2003 wies der Beklagte dem Kläger mit Wirkung vom 01.12.2003 "die Funktion des Geschäftsführers für Kindertagesstätten" kirchlicher Rechtsträger in der Diözese R zu, für die der Beklagte seinerseits auf Grund entsprechender Verträge die Geschäftsführung übernehmen will. Der Kläger antwortete dem Beklagten darauf mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2003, dass er die ihm zugewiesene Tätigkeit nur unter dem Vorbehalt der arbeitsgerichtlichen Überprüfung verrichten werde. Mit Schreiben vom 14. und 26.11.2003 und auch mündlich konkretisierte der Beklagte die dem Kläger zugewiesene Tätigkeit. Danach sollte der Kläger zunächst ein Konzept für die Geschäftsführung der Kindertagesstätten durch den Beklagten erarbeiten, ab Beginn des Kindertagessstättenjahres 2004/2005 zwei Jahre lang das erarbeitete Konzept als Geschäftsführungsmodell mit ca. 20 Kindertagesstätten umsetzen und erproben und dann die Geschäftsführung möglichst aller Kindertagesstätten durch den Beklagten verwirklichen. Der Kläger nahm die ihm zugewiesene Tätigkeit am 01.12.2003 auf und erarbeitete auftragsgemäß ein Konzept bzw. Modell für die Geschäftsführung der Kindertagesstätten durch den Beklagten.

Der Kläger hat aber schon mit seiner Klage vom 02.01.2004 in dem Rechtsstreit 2 Ca 7 R geltend gemacht, dass die ihm zugewiesene Tätigkeit des "Geschäftsführers ..." nicht seiner Eingruppierung entspreche und damit keine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung sei. Er hat zunächst die entsprechende generelle Feststellung und die Verurteilung des Beklagten zur Zuweisung einer seiner Eingruppierung entsprechenden Tätigkeit beantragt. Mit Schriftsatz vom 30.04.2004 hat er hilfsweise - für den Fall der Abweisung der Feststellungsklage - beantragt, dem Beklagten zu untersagen, ihm eine Tätigkeit als "Geschäftsführer ..." bzw. die Erarbeitung einer Konzeption für die "Geschäftsführung der Kindertagesstätten" zuzuweisen. Die Leistungsklagen auf eingruppierungsgerechte Beschäftigung und auf Untersagung der Zuweisung einer Tätigkeit als "Geschäftsführer ..." hat der Kläger zurückgenommen. Auf den - eingeschränkten - Feststellungsantrag hat das Arbeitsgericht das folgende Urteil vom 11.05.2004 gefällt:

Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die ihm vom Beklagten seit 01.12.2003 zugewiesene Tätigkeit des "Geschäftsführers für die Kindertagesstätten in der Diözese R" (Erarbeitung einer Konzeption für die Geschäftsführung der Kindertagesstätten) auszuüben.

Das Arbeitsgericht hat diese Feststellung damit begründet, dass die dem Kläger zugewiesene konzeptionelle Tätigkeit nicht seiner Eingruppierung entspreche und deswegen keine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung sei. Im Übrigen wird auf dieses Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 03.06.2004 Berufung eingelegt.

Außerdem forderte der Beklagte den Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 03.06.2004 auf, seine Geschäftsführertätigkeit nunmehr mit der Umsetzung des Konzeptes bzw. der Erprobung des Modells für die Geschäftsführung der Kindertagesstätten fortzusetzen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.06.2004 antwortete der Kläger, dass er dieser Aufforderung "unter dem Vorbehalt erneuter arbeitsgerichtlicher Überprüfung nachkommen" werde. Mit Schreiben vom 24. und 30.06.2004 wiederholte der Beklagte seine Aufforderung des Klägers zur Wiederaufnahme der Tätigkeit als Geschäftsführer der Kindertagesstätten.

Mit Schriftsatz vom 14.07.2004 hat der Beklagte seine Berufung gegen das Urteil vom 11.05.2004 begründet. Und am 16.07.2004 ist Termin zur Verhandlung über diese Berufung - 5 Sa 649/04 - auf den 27.10.2004 bestimmt worden.

Daraufhin hat der Kläger in dem vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 20.07.2004 beantragt, dem Beklagten durch einstweilige Verfügung zu untersagen, ihm die Tätigkeit als Geschäftsführer für die Kindertagesstätten in der Diözese R zuzuweisen. Zur Begründung des Verfügungsanspruchs hat der Kläger im Wesentlichen einmal mehr geltend gemacht, dass die ihm zugewiesene Tätigkeit nicht seiner Eingruppierung entspreche und damit keine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung sei. Und als Verfügungsgrund hat der Kläger geltend gemacht, dass die ihm zugewiesene Tätigkeit einer Degradierung gleichkomme, seine Gesundheit beeinträchtige und nicht revidierbar und dass ein Hauptsacheverfahren zu langwierig sei. Auf den im Termin vom 27.07.2004 gestellten Antrag hat das Arbeitsgericht durch das Urteil vom 29.07.2004 folgende einstweilige Verfügung erlassen:

Dem Verfügungsbeklagten wird untersagt, dem Verfügungskläger bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht München im Geschäftszeichen 5 Sa 649/04 die Tätigkeit als "Geschäftsführer für die Kindertagesstätten in der Diözese R" (Entwicklung und Umsetzung der Konzeption des Modellprojekts "Geschäftsführung für Kindertagesstätten") zuzuweisen.

Zur Begründung des Verfügungsanspruchs hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Kläger erteilte Weisung, ab 26.07.2004 mit der Umsetzung des entwickelten Geschäftsführungskonzeptes zu beginnen, nicht vom Direktionsrecht des Beklagten gedeckt sei. Der Verfügungsgrund ergebe sich daraus, dass eine erst einmal ausgeübte Tätigkeit nicht rückgängig zu machen sei, das Feststellungsurteil vom 11.05.2004 nicht anders als durch die erlassene einstweilige Verfügung vorläufig gesichert werden könne und dem Kläger mangels Rechtskraft des Feststellungsurteils auch nicht zugemutet werden könne, die ihm zugewiesene Tätigkeit einfach nicht auszuüben. Im Übrigen wird - auch hinsichtlich des Sach- und Rechtsvortrags der Parteien im ersten Rechtszug - auf dieses Urteil Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Er bestreitet nach Maßgabe der Berufungsbegründung sowohl Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund und beantragt die Aufhebung der angefochtenen einstweiligen Verfügung und die Abweisung der Verfügungsklage.

Der Kläger hält die Berufung für unschlüssig.

Nach Schluss der Berufungsverhandlung hat er noch eine Berufungsbeantwortung eingereicht. Darin hat er u. a. - im Anschluss an die Gründe des angefochtenen Urteils - als Verfügungsgrund nun auch seinerseits geltend gemacht, dass ihm die Verweigerung der zugewiesenen Tätigkeit wegen des damit verbundenen Risikos einer möglicherweise pflichtwidrigen Arbeitsverweigerung nicht zugemutet werden könne.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die Berufung ist schon deswegen begründet, weil der vom Kläger geltend gemachte und vom Arbeitsgericht anerkannte Verfügungsanspruch auf Verbot bzw. Unterlassen der Zuweisung der Tätigkeit als "Geschäftsführer für die Kindertagesstätten ..." auch dann nicht besteht, wenn diese Tätigkeit keine dem Beklagten geschuldete Arbeitsleistung ist.

Der Arbeitnehmer muss gemäß § 611 BGB - als Schuldner - dem Arbeitgeber als Gläubiger nur die Arbeitsleistung erbringen, zu der er auf Grund des Arbeitsvertrags und einer gemäß § 106 GewO iVm. § 315 BGB wirksamen Weisung des Arbeitgebers verpflichtet ist. Die Zuweisung einer nach dem Arbeitsvertrag nicht geschuldeten Arbeit ist gemäß § 106 Satz 1 GewO iVm. dem Arbeitsvertrag unwirksam. Der Anspruch auf eine nicht geschuldete Arbeit ist unbegründet. Der Arbeitnehmer kann also eine dem Arbeitgeber nicht geschuldete Arbeit ohne weiteres verweigern. Als - vermeintlicher - Schuldner hat der Arbeitnehmer aber von vornherein keinen Anspruch iSv. § 194 BGB darauf, dass der Arbeitgeber die Erteilung einer unwirksamen Weisung bzw. die Erhebung eines unbegründeten Arbeitsleistungsanspruchs unterlässt.

Der Arbeitnehmer hat auf Grund § 242 BGB iVm. Art. 1, 2 GG - als Gläubiger - allerdings auch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung, weil die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1, 2 GG über den Persönlichkeitsschutz auch den Schutz des ideellen Beschäftigungsinteresses des Arbeitnehmers gebieten (vgl. BAG GS 27.02.1985 AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 9, zu C 12 der Gründe). Der Arbeitgeber muss als Schuldner diesen allgemeinen Beschäftigungsanspruch erfüllen. Der Arbeitnehmer hat aber auch als Gläubiger dieses Anspruchs nicht auch noch - als Nebenleistungsanspruch - einen Anspruch iSv. § 194 Abs. 1 BGB darauf, dass der Arbeitgeber eine unwirksame Weisung bzw. eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung unterlässt. Dies umso weniger, als schon der allgemeine Beschäftigungsanspruch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (aaO.) eine entsprechende Rechtsfortbildung des Dienstvertragsrechts der §§ 611 ff BGB darstellt. Die nicht vertragsgemäße Beschäftigung ist also nur die Nichterfüllung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs.

Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine vertraglich nicht geschuldete Arbeit zu, so kann der Arbeitnehmer also einerseits als - vermeintlicher - Schuldner diese Arbeit ohne weiteres verweigern und eine negative Feststellungsklage in Bezug auf die streitige Arbeitspflicht erheben und andererseits als Gläubiger auf Erfüllung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs durch vertragsgemäße Beschäftigung klagen. Mit Rücksicht auf diese Rechtslage gibt es weder ein Bedürfnis noch einen Rechtsgrund für einen weiteren selbstständigen und klagbaren arbeitsvertraglichen Anspruch iSv. § 194 Abs. 1 BGB auf Unterlassen einer nicht vertragsgemäßen Beschäftigung bzw. Arbeitgeberweisung (im Ergebnis ebenso MünchArbR/Blomeyer § 95 Rn. 28; zweifelnd auch LAG Düsseldorf 28.02.1995 LAGE BGB § 1004 Nr. 3 mit einem Leitsatz, der über die Entscheidungsgründe hinausgeht; anders, aber ohne dogmatische Problematisierung Oetker Anm. 2. zu LAG Thüringen 10.04.2001 LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; anders konkludent wohl auch LAG Thüringen 10.04.2001 aaO., zu III 3 b dd).

Der streitige Verfügungsanspruch auf Verbot bzw. Unterlassen der Zuweisung der Tätigkeit als "Geschäftsführer ..." wäre außerdem auch gemäß § 275 Abs. 1 BGB nicht begründet, weil diese Zuweisung längst durch die Ausübung des vom Beklagten beanspruchten Weisungsrechts - zuerst mit Schreiben vom 28.10.2003 und dann mit Schreiben vom 03., 24. und 30.06.2004 - erfolgt ist und insofern gar nicht mehr unterlassen werden kann (so auch schon das Kammerurteil vom 18.09.2002 LAGE BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 45 = NZA-RR 2003, 269 für den Anspruch auf Unterlassen einer schon erfolgten Versetzung).

In Betracht käme allenfalls - entsprechend der Regelung des § 1004 BGB - ein arbeitsvertraglicher Beseitigungsanspruch auf einen actus contrarius der streitigen Zuweisung. Ein solcher Beseitigungsanspruch könnte jedoch aus den gleichen Gründen nicht anerkannt werden wie der streitige Unterlassungsanspruch, so dass die Frage der Auslegung dieses Unterlassungsanspruchs im Sinne eines Beseitigungsanspruchs auf sich beruhen kann.

Dementsprechend kommt auch kein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch entsprechend § 1004 BGB in Bezug auf die streitige Zuweisung der Tätigkeit als "Geschäftsführer ..." in Betracht. Grundlage eines solchen Anspruchs könnte ja auch nur das Recht auf vertragsgemäße Beschäftigung als Teil des gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 1004 BGB geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein. Die Verletzung dieses Rechtes erfolgt aber ggf. durch das Unterlassen der vertragsgemäßen Beschäftigung. Und deswegen kann diese Rechtsverletzung auch gemäß § 1004 BGB nur durch den Anspruch auf die vertragsgemäße Beschäftigung sanktioniert sein. Das gilt auch für den Fall einer nicht vertragsgemäßen Beschäftigung bzw. Arbeitgeberweisung (unrichtig insoweit, aber dogmatisch unbestimmt LAG Thüringen 10.04.2001 aaO.). Außerdem stellt - trotz des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs - nicht jede nicht vertragsgemäße Arbeitgeberweisung zur Konkretisierung der Arbeitspflicht eine Verletzung des durch § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 1004 BGB geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (so auch LAG Düsseldorf 28.02.1995 aaO.). Und im vorliegenden Fall kann von einer solchen Persönlichkeitsverletzung jedenfalls keine Rede sein, was im Einzelnen aber mangels Entscheidungserheblichkeit auf sich beruhen kann.

Die Berufung ist außerdem auch deswegen begründet, weil der für die vom Kläger beantragte und vom Arbeitsgericht erlassene Verbotsverfügung als so genannte Befriedigungsverfügung gemäß § 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund fehlt.

Der für die Zulässigkeit einer Befriedigungsverfügung erforderliche Verfügungsgrund ist in § 940 ZPO geregelt (vgl. Schilken Die Befriedigungsverfügung 1976 S. 68 ff.; Walker Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren 1993 Rn. 125 ff., 135 mwN). Nach dieser Vorschrift ist eine einstweilige Verfügung auch zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gefahren oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift muss auch der so genannte Justizgewährungsanspruch berücksichtigt werden, weil dieser Anspruch auf Grund Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip iSd. Art. 20 Abs. 3 GG auch im Zivilprozess als formelles Hauptgrundrecht gilt (vgl. BVerfG 31.10.1996 NJW 1997, 311, 312, zu II 1 der Gründe; vgl. ferner Walker aaO Rn. 47). Auf Grund dieses rechtsstaatlichen Justizgewährungsanspruchs ist der Staat dem Bürger auch zu einem wirksamen und umfassenden (effektiven) Rechtsschutz verpflichtet (vgl. BVerfG 31.10.1996 aaO, zu II 1 der Gründe; vgl. ferner Walker aaO Rn. 57; Hilbrandt RdA 1998, 155, 159). Infolgedessen ist gemäß § 940 ZPO eine Befriedigungsverfügung - trotz ihrer nicht nur sichernden, sondern befriedigenden Wirkung und der damit verbundenen Vorwegnahme der Entscheidung im Hauptsacheverfahren - nötig und damit zulässig, wenn sie zur Erfüllung des rechtsstaatlichen Justizgewährungsanspruchs auf effektiven Rechtsschutz erforderlich ist (vgl. BVerfG 16.05.1995 BVerfGE 93, 1 = NJW 1995, 2477, zu C I 1 und 2 der Gründe, insbes. in Bezug auf den einstweiligen Rechtsschutz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren; vgl. ferner Walker aaO Rn. 57, 70 ff., 246 ff.; Dütz AuR 2003, 161 ff.). Eine Befriedigungsverfügung kann demnach insbesondere dann zulässig sein, wenn sie die einzige wirksame Möglichkeit ist, das Recht des Gläubigers durchzusetzen bzw. den Gläubiger vor der Rechtsvereitelung zu schützen (vgl. BVerfG 16.05.1995 aaO, zu C I 1 der Gründe). Denn in einem Rechtsstaat, in dem das Selbsthilferecht grundsätzlich ausgeschlossen ist, gibt es keinen größeren Nachteil iSd. § 940 ZPO als den endgültigen Rechtsverlust (so auch schon LAG München 19.12.1979 EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 35, zu C I der Gründe mit zust. Anm. Dütz; zust. auch Walker aaO Rn. 247). Das rechtsstaatliche Gebot effektiven Rechtsschutzes gilt allerdings nicht nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner und damit insbesondere auch dann, wenn die Vollziehung der Befriedigungsverfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust des Schuldners führt (vgl. insbes. Walker aaO Rn. 70 ff. und 257 f.). Deswegen beinhaltet das rechtsstaatliche Gebot effektiven Rechtsschutzes für den Gläubiger und für den Schuldner auch das "Gebot der Ausgewogenheit des einstweiligen Rechtsschutzes" (vgl. Walker aaO Rn. 70 f.; vgl. ferner das Kammerurteil vom 07.05.2003 LAGE BGB 2002 § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 1).

Diese allgemeinen Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für die Zulässigkeit einer Verbotsverfügung als Befriedigungsverfügung zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs. Auch für die Zulässigkeit einer Verbotsverfügung ist gemäß § 940 ZPO entscheidend, ob - nach dem Ergebnis einer am rechtsstaatlichen "Gebot der Ausgewogenheit des einstweiligen Rechtsschutzes" für beide Parteien ausgerichteten prozessrechtlichen Interessenabwägung - die beantragte Verbotsverfügung mit Rücksicht auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist.

Demnach fehlt der für die streitige Verbotsverfügung gemäß § 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund, weil diese Verbotsverfügung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gar nicht erforderlich ist, wenn die dem Kläger zugewiesene Tätigkeit keine dem Beklagten geschuldete Arbeit ist.

Denn dann kann der Kläger die dem Beklagten nicht geschuldete Arbeit einfach verweigern, ohne dass er zum Schutze vor dieser Arbeit und den mit dieser Arbeit angeblich verbundenen Belastungen bzw. gegen die Irreversibilität einmal geleisteter Arbeit noch des Rechtsschutzes durch die streitige Verbotsverfügung bedürfte.

Das vom Arbeitsgericht als Verfügungsgrund anerkannte Interesse des Klägers an der Feststellung, dass er die streitige Arbeit dem Beklagten nicht schuldet, rechtfertigt generell keine entsprechende Feststellungsverfügung und auch keine Befriedigungsverfügung wie die im vorliegenden Fall streitige Verbotsverfügung, bei der sich die Arbeitspflicht allenfalls als entscheidungserhebliche Vorfrage des Verfügungsanspruchs stellt.

Eine Feststellungsverfügung ist generell von vornherein nicht zulässig, weil eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 935, 940 und 938 Abs. 1 ZPO den einstweiligen Rechtsschutz durch die Sicherung der Zwangsvollstreckung oder durch die Befriedigung des Gläubigers eines Verfügungsanspruchs bezweckt und beinhaltet und weil eine Feststellungsverfügung mangels Vollstreckbarkeit und mangels materieller Rechtskraft nicht einmal einen solchen einstweiligen Rechtsschutz gewähren kann (ebenso LAG Düsseldorf 06.09.1995 LAGE BetrVG 1972 § 37 Nr. 44 = NZA-RR 1996, 12, zu 3 der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz 18.11.1996 LAGE ZPO § 935 Nr. 10; Walker aaO. Rn. 824; HdBVR-Baur B Rn. 153).

Dementsprechend kann sich auch aus dem rechtsstaatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes keine Rechtfertigung für eine Feststellungsverfügung ergeben.

Zulässig könnte eine Feststellungsverfügung allenfalls dann sein, wenn die Feststellung wenigstens einstweilen verbindlich wäre (so auch LAG Rheinland-Pfalz 18.11.1996 aaO.; StJ/Grunsky ZPO 22. Aufl. vor § 935 Rn. 60). Eine solche Verbindlichkeit ist aber generell weder nach § 940 ZPO noch durch das rechtsstaatliche Gebot effektiven Rechtsschutzes des Antragstellers gerechtfertigt, sondern durch das Gebot effektiven Rechtsschutzes des Antragsgegners in einem Hauptsacheverfahren iSv. § 926 ZPO ausgeschlossen (so auch LAG Rheinland-Pfalz 18.11.1996 aaO.; Schäfer Der einstweilige Rechtsschutz im Arbeitsrecht Rn. 27; gegen eine verbindliche Feststellungsverfügung auch HdBVR-Dunkl A Rn. 465a).

Selbst wenn eine - verbindliche oder unverbindliche - Feststellungsverfügung an sich zulässig wäre, käme sie - wie eine Befriedigungsverfügung - nur dann in Betracht, wenn sie im Einzelfall mit Rücksicht auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes wirklich erforderlich wäre (so auch StJ/Grunsky aaO.; Germelmann/... ArbGG 4. Aufl., § 62 Rn. 77a; HdBVR-Dunkl A Rn. 465a). Davon kann aber bei einem Antrag des Arbeitnehmers auf negative Feststellung seiner Arbeitspflicht in Bezug auf eine bestimmte ihm zugewiesene Tätigkeit generell keine Rede sein, weil der Arbeitnehmer eine nicht geschuldete Arbeit einfach verweigern kann. Auch das damit für den Arbeitnehmer verbundene Risiko einer rechtswidrigen Arbeitsverweigerung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn bei einer unverbindlichen Feststellungsverfügung ist dieses Risiko auch nicht ausgeschlossen. Und eine verbindliche Feststellungsverfügung wäre mit Rücksicht auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes des Arbeitgebers trotz des mit der Arbeitsverweigerung für den Arbeitnehmer verbundenen Risikos nicht gerechtfertigt, zumal das Risiko des Rechtsirrtums über die eigenen Rechte generell jeder selbst tragen muss.

Ist aber eine negative Feststellungsverfügung in Bezug auf die Arbeitspflicht generell nicht zulässig, kann auch das entsprechende Feststellungsinteresse kein Verfügungsgrund für eine Befriedigungsverfügung wie die im vorliegenden Fall streitige Verbotsverfügung sein, deren Zweck mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Arbeitsverweigerung nur in der negativen Feststellung der streitigen Arbeitspflicht bestehen kann.

Außerdem ist der gemäß § 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund für die vom Kläger beantragte Verbotsverfügung auch durch die so genannte Selbstwiderlegung der Dringlichkeit ausgeschlossen.

Auch eine Befriedigungsverfügung ist ganz allgemein nicht nötig iSv. § 940 ZPO und insbesondere kein Gebot effektiven Rechtsschutzes, wenn der Gläubiger des Verfügungsanspruchs - durch die Verzögerung seines Rechtsschutzantrags - selbst zum Ausdruck gebracht hat, dass er an dem schnellen - einstweiligen - Rechtsschutz seines Anspruchs in Wahrheit gar nicht interessiert ist, und damit die gemäß § 940 ZPO erforderliche - kurz so genannte - Dringlichkeit einer Befriedigungsverfügung selbst widerlegt hat (vgl. OLG Hamburg 08.10.1973 MDR 1974, 148; OLG Frankfurt 06.09.1984 DB 1985, 1783; ferner Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 940 Rn. 4; Walker aaO. Rn. 255; jeweils mwN.; der Sache nach ebenso OLG Hamm 09.03.1990 NJW-RR 1990, 1236, auch wenn - missverständlich - von Verwirkung die Rede ist). Dabei handelt es sich nicht um einen Fall der Verwirkung, die generell ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraussetzt, die beide der Darlegungs- und Beweislast des jeweiligen Antragsgegners unterliegen (so aber etwa LAG München 28.02.2002 - 4 Sa 1122/01, nv., zu II 2 b der Gründe; 13.03.2002 - 9 Sa 144/02, nv., zu 2 der Gründe). Vielmehr fehlt im Falle der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit einer Befriedigungsverfügung die gemäß § 940 ZPO für die Zulässigkeit einer Befriedigungsverfügung vorausgesetzte Erforderlichkeit als Gebot effektiven Rechtsschutzes (vgl. Walker aaO. Rn. 255) und damit der für eine Befriedigungsverfügung erforderliche Verfügungsgrund (vgl. StJ/Grunsky ZPO 22. Aufl. § 940 Rn. 8; HdBVR-Dunkl A Rn. 506). Den Verfügungsgrund muss in der Regel der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen. Hat der Antragsteller aber die Dringlichkeit einer Befriedigungsverfügung durch sein eigenes Verhalten selbst widerlegt, so hat er den für eine Befriedigungsverfügung erforderlichen Verfügungsgrund weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. So wie sogar im Falle des § 25 UWG die tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit einer Wettbewerbsunterlassungsverfügung durch Selbstwiderlegung erschüttert sein kann (vgl. Baumgärtel/Ulrich Beweislast § 25 UWG Rn. 15 ff.), kann die Dringlichkeit jeder anderen Befriedigungsverfügung durch Selbstwiderlegung ausgeschlossen sein, zumal eine Befriedigungsverfügung gemäß § 940 ZPO generell nur zulässig ist, wenn sie mit Rücksicht auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes wirklich erforderlich ist. Ob der Antragsteller die Dringlichkeit der von ihm beantragten Befriedigungsverfügung durch sein eigenes Verhalten selbst widerlegt hat, ist generell eine Frage des Einzelfalls (so auch StJ/Grunsky aaO).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Dringlichkeit der von ihm beantragten Verbotsverfügung schon dadurch widerlegt, dass er gegenüber der Zuweisung der "Funktion des Geschäftsführers ..." mit Schreiben vom 28.10.2003 zunächst - mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2003 - nur den Vorbehalt einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung erklärt und erst mit Schriftsatz vom 20.07.2004 die streitige Verbotsverfügung beantragt hat. Diese Selbstwiderlegung der Dringlichkeit hat der Kläger noch dadurch verstärkt, dass er in dem Rechtsstreit 2 Ca zunächst nur Feststellungs- und Beschäftigungsklage erhoben, die Klage auf das - nun im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren streitige - Verbot der Zuweisung einer Tätigkeit als "Geschäftsführer ..." nur im Wege von Hilfsanträgen anhängig gemacht, die Leistungsklagen aber wieder zurückgenommen und nur das Feststellungsurteil vom 11.05.2004 erwirkt hat.

Diese Selbstwiderlegung der Dringlichkeit wird daher auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte den Kläger - nach dem Feststellungsurteil vom 11.05.2004 - mit Schreiben vom 03., 24. und 30.06.2004 (auch) zur Umsetzung bzw. Erprobung des Geschäftsführungsmodells aufgefordert hat. Dies umso weniger, als der Kläger die Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung sogar in Bezug auf die - auch nach dem Vortrag des Klägers - noch weniger eingruppierungsgerechte und damit noch weniger geschuldete konzeptionelle Tätigkeit widerlegt hat. Und außerdem hat der Kläger die Selbstwiderlegung der Dringlichkeit auch durch das anwaltliche Schreiben vom 15.06.2004 noch einmal verstärkt, in dem er noch einmal mitgeteilt hat, dass er der neuerlichen Arbeitsaufforderung nur "unter dem Vorbehalt erneuter arbeitsgerichtlicher Überprüfung nachkommen" werde, womit nur ein Prozess wie der schon laufende Feststellungsrechtsstreit gemeint sein konnte, zumal ein einstweiliges Verfügungsverfahren sowieso kein verbindliches Prüfungsergebnis haben kann.

Wieso nun plötzlich doch wieder die für die streitige Verbotsverfügung erforderliche Dringlichkeit gegeben sein soll, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Ob die vom Arbeitsgericht erlassene Verbotsverfügung auch mangels fristgemäßer Vollziehung gemäß § 929 Abs. 2 ZPO aufgehoben werden müsste (vgl. dazu etwa LAG Thüringen 10.04.2001 LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2, zu III 1a der Gründe, mit insoweit abl. Anm. von Oetker), kann nach alledem auf sich berufen.

Dieses Urteil ist gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück