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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 28.05.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 943/07
Rechtsgebiete: ERA-TV, MTV-Angestellte, BGB, KSchG, ArbGG


Vorschriften:

ERA-TV § 2 Abs. 2
MTV-Angestellte § 1 Ziff. 3 Abs. 2 lit. d
BGB § 313
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 2
ArbGG § 64 Abs. 2
Änderungskündigung mit dem Ziel den bislang außertariflich vergüteten Arbeitnehmer nach den Bedingungen eines im Betrieb neu anwendbaren Tarifvertrages (hier: ERA-Tarifvertrag) zu behandeln
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 943/07

Verkündet am: 28.05.2008

In dem Rechtsstreit

hat die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer sowie die ehrenamtlichen Richter Scheele und Haug für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.08.2007 - Az. 34 Ca 610/07 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht seit dem 01.12.1980. Nach § 1 des "Arbeitsvertrages Außertarifliche Angestellte" vom 22.11.2001 (Bl. 5 ff. d.A.) wurde der Kläger "im außertariflichen Arbeitsverhältnis" als Projektplaner weiterbeschäftigt (zu den vertraglichen Vereinbarungen im Einzelnen wird auf den "Arbeitsvertrag außertarifliche Angestellte" vom 22.11.2001 und die "Änderung zum Anstellungsvertrag" vom 12.07.2004, Bl. 10 d. A. Bezug genommen).

Die Wochenarbeitszeit des Klägers betrug zuletzt 40 Wochenstunden mit einer Bruttomonatsvergütung von € 5.850,00 zzgl. einer variablen Vergütung.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie und Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall.

Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und die IG Metall haben den sog. ERA-Einführungstarifvertrag vom 01.11.2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie abgeschlossen. Nach dessen § 2 sollten die Betriebsparteien in der Zeit vom 01.11.2005 bis 30.09.2006 die sachlichen Voraussetzungen für die betriebliche Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages vom 01.11.2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) schaffen, um ihn danach bis 30.09.2009 stichtagsbezogen einführen zu können.

Nach § 2 Abs. 2 ERA-TV erfolgt die Eingruppierung der Arbeitnehmer "aufgrund der gesamten übertragenen Arbeitsaufgaben", wobei zur Bewertung der Arbeitsaufgabe eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen sei. Nach § 2 Ziff. 4 Abs. I Satz 1 bieten die tariflichen Orientierungsbeispiele im Anhang zum Tarifvertrag Anhaltspunkte für die Eingruppierung.

Die Beklagte traf im Jahre 2006 die unternehmerische Entscheidung, in ihrem Betrieb den ERA-TV zum 01.01.2007 einzuführen. Sie schloss mit ihrem Betriebsrat am 12.10.2006 eine entsprechende "Rahmen-Betriebsvereinbarung über die Einführung der Tarifverträge zum Entgelt-Rahmenabkommen (ERA)". § 8 der Betriebsvereinbarung sieht vor, dass die Betriebsparteien alle Vorbereitungen treffen, um eine Umstellung der Entgelte zum 01.01.2007 zu ermöglichen.

Nach § 1 Ziffer 3 Abs. II lit. d des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie - Stand: 01.07.2002 - (MTV-Angestellte) gelten nicht als Angestellte im Sinne dieses Tarifvertrages "sonstige Angestellte, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Gruppe VII um 25 v. Hd. hinaus geregelt ist".

Nachdem zwischen den Parteien über eine von der Beklagten beabsichtigte Eingliederung des Klägers in den ERA-TV keine Verständigung zustande kam, hörte die Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2006 (Bl. 41 f. d. A.) den Betriebsrat zu einer Änderungskündigung gegenüber dem Kläger an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 22.12.2006 (Bl. 59 f. d.A.). Mit Datum vom 22.12.2006 sprach die Beklagte dem Kläger eine Änderungskündigung zum 31.07.2007 aus (Bl. 11 f. d.A.) und bot ihm einen Arbeitsvertrag als Tarifangestellter an (Bl. 14 ff. d.A.). Das Angebot sieht unter anderem folgende Regelungen vor (zum Vertragsinhalt im Übrigen wird auf Bl. 14 ff. d.A. Bezug genommen):

"§ 2 Entgelt

Das Bruttoentgelt beträgt € 5.442,00

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen

 Tarifentgelt der Entgeltgruppe 10 € 3.426,00
Tarifliche Leistungszulage (14 %) € 480,00
Übertarifliche Zulage € 1.536,00

Das Bruttogehalt basiert auf einer Arbeitszeit von wöchentlich 35 Stunden. Die übertarifliche Zulage stellt eine freiwillige Leistung dar und wird dem Mitarbeiter bis 31.01.2009 zugesichert. ...

§ 3 Kündigungsfristen

Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. ...

§ 5 Urlaub

Der Umfang des jährlichen Urlaubsanspruchs richtet sich nach den gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Bestimmungen. Die zeitliche Festlegung muss im Einvernehmen mit der Firma erfolgen."

Zusätzlich zum "Arbeitsvertrag Tarifangestellter" enthielt das Angebot der Beklagten die "Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 22.12.2006" (Bl. 19 d.A.) und die "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 22.12.2006" (Bl. 17 d.A.). Letztere enthält in den §§ 1 und 2 folgende Regelungen:

§ 1 Arbeitszeit

Herr p.l

wird mit Wirkung vom 01.08.2007 befristet bis 31.01.2009 40 Stunden pro Woche beschäftigt.

§ 2 Vergütung

Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beträgt das derzeitige Entgelt € 5.442,00

Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beträgt das derzeitige Entgelt € 6.219,00

In einem Schreiben vom 22.12.2006 (Bl. 18 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit:

"... neben dem Tariflohn erhalten Sie gemäß Ihrem Arbeitsvertrag vom 22.12.2006 eine Übertarifliche Zulage (ÜT-Zulage). Diese stellt eine freiwillige Leistung dar, deren Anspruch für die Zukunft vom Grundsatz her nicht begründet ist. ..."

Mit Schreiben vom 02.01.2007 (Bl. 20 f. d. A.) nahm der Kläger die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob mit Schriftsatz seines Anwalts vom 12.01.2007 Klage.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Änderungskündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Der ERA-TV gelte nach § 1 Ziff. 3 nur für Tarifangestellte. Das Angebot, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten und demzufolge ein höheres Grundgehalt zu erhalten sei bis 31.01.2009 befristet. Es sei auch nicht richtig, dass das Änderungsangebot ihn besser stellen würde, da die Erfolgsbeteiligung von in der Regel drei zusätzlichen Bruttogehältern nicht mehr gezahlt werden sollte.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen vom 22.12.2006 sozial ungerechtfertigt sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, aufgrund der unternehmerischen Entscheidung, im Betrieb den ERA-TV zum 01.01.2007 einzuführen, liege ein betriebsbedingter Grund vor. Gemäß § 2 Ziffer 2 dieses Tarifvertrages erfolge eine Eingruppierung aufgrund der Anforderungen der übertragenen Arbeitsaufgabe. Die Stellen im Betrieb der Beklagten hätten daher neu bewertet und den Entgeltgruppen des ERA-TV zugeordnet werden müssen. Die Stelle des Klägers sei hiernach in Entgeltgruppe 10 einzugruppieren und nicht mehr übertariflich zu bewerten. Durch das Änderungsangebot werde der Kläger nicht schlechter, sondern besser gestellt, da sein Bruttogehalt auf Grundlage des alten Arbeitsvertrages monatlich € 5.615,-- und nach dem Änderungsangebot bis zu € 6.219,-- betrage. Hinzu komme das tarifliche Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie die Erfolgsbeteiligung für den Tarifbereich gemäß der Betriebsvereinbarung "Erfolgsbeteiligung ab 2004". Damit es beim Kläger nicht zu einer Einbuße seiner Wochenarbeitszeit komme, sei ihm bis 31.01.2009 eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden angeboten worden. Die Erfolgsbeteiligung könne je nach Unternehmenserfolg auch Null betragen, wohingegen dem Kläger im Änderungsangebot eine Fixsumme angeboten worden sei. Eine Vertragsanpassung sei schon aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB erforderlich.

Zum erstinstanzlichen Vortrag der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Urteil vom 14.08.2007 hat das Arbeitsgericht München der Klage stattgegeben. Die Änderungskündigung sei unwirksam, weil die geänderten Bedingungen des Arbeitsvertrages nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG seien. Für den Kläger bedeute die von der Beklagten angestrebte Änderung eine Reduzierung. Da es individualrechtlich möglich sei, außertarifliche Vertragsbedingungen mit einer Besserstellung gegenüber dem Tarifvertrag zu vereinbaren, sei die Einführung eines Tarifgefüges kein betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einer irrtümlichen Eingruppierung könne nicht herangezogen werden, da die Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Für eine Anwendung des § 313 BGB sei kein Raum, denn die Notwendigkeit einen Arbeitsvertrag an geänderte Bedingungen anzupassen sei an den Maßstäben des KSchG zu prüfen (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das Urteil vom 16.05.2007, Bl. 93 ff., Bezug genommen).

Mit Berufungsbegründungsschriftsatz vom 19.12.2007 hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, dass die Änderungskündigung vom 22.12.2006 wirksam sei. Zwar treffe es zu, dass der Kläger über den 31.07.2007 hinaus mit gleich bleibenden Arbeitsaufgaben beschäftigt werde und sich der Arbeitsinhalt nicht verändert habe. Sie habe aber die unternehmerische Entscheidung getroffen, in ihrem Betrieb den ERA-TV einzuführen. Die Stelle des Klägers sei in die Entgeltgruppe 10 des ERA-TV einzugruppieren. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts entfalle das Bedürfnis, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.03.1991 (2 AZR 582/90) müsse ein Arbeitgeber, der alle seine Arbeitnehmer grundsätzlich nach Tarif bezahle, eine Möglichkeit haben, eine unbewußt und zu Unrecht erfolgte Höhergruppierung auf das tarifgerechte Maß zurückzuführen. Das müsse erst recht hier gelten, da sie ihre Arbeitnehmer grundsätzlich nach den Tarifverträgen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie entlohne und ihr bei Abschluss des Arbeitsvertrages der ERA-TV noch gar nicht bekannt gewesen sein könne und insoweit die Beschäftigung in einem außertariflichen Arbeitsverhältnis mit übertariflicher Vergütung unbewußt und zu Unrecht erfolgt sei. Auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.06.2005 (2 AZR 642/04) stelle darauf ab, dass sich das Erfordernis für eine Änderungskündigung aus einem geänderten Anforderungsprofil ergeben könne. Der ERA-TV berücksichtige die veränderte Arbeitswelt mit neuen Aufgaben und Prozessen. Zu Unrecht ziehe das Arbeitsgericht die Grundsätze zur Änderungskündigung zur Entgeltminderung heran. Um eine solche Änderungskündigung handle es sich hier gar nicht. Der dem Kläger unterbreitete Arbeitsvertrag vom 22.12.2006 entspreche im Übrigen den für Tarifangestellte verwendeten Standardarbeitsverträgen und man habe diesen aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auch dem Kläger angeboten. Deshalb seien auch die weiteren geänderten Bedingungen sachlich durch die Einführung des ERA-TV begründet, zumal der Kläger durch das neue Arbeitsvertragsangebot im Wesentlichen nicht schlechter gestellt werde. Die Änderungskündigung sei das mildeste Mittel, dem zum 01.01.2007 eingeführten ERA-TV Rechnung zu tragen; anderenfalls bliebe nur der Weg, sich vom Kläger zu trennen und die Stelle mit einem tariflichen Mitarbeiter zu besetzen. Die Geschäftsgrundlage sei gestört, weil eine schwerwiegende Änderung der Umstände ohne Zutun der Parteien vorliege. Ihr könne ein Festhalten an dem außertariflichen Arbeitsvertrag nicht zugemutet werden, weil 2 Kollegen des Klägers eine ähnliche Tätigkeit ausübten und mit einem tariflichen Arbeitsvertrag in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert worden seien. Sie könne sich schließlich auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Die Lohnungerechtigkeit habe sie selbst nicht herbeigeführt. Wie bei einem Betriebsübergang, der zu einer unterschiedlichen Lohnstruktur führe, sei der Weg einer Änderungskündigung zur Herbeiführung der Lohngerechtigkeit eröffnet (zur Berufungsbegründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.12.2007, Bl. 139 ff. d.A., Bezug genommen).

Die Beklagte stellt den Antrag:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.08.2007, Az. 34 Ca 610/07, wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts München. Es gebe im Betrieb der Beklagten auch weiterhin außertariflich bezahlte Mitarbeiter. Es sei kein Grund ersichtlich, vom Grundsatz "pacta sunt servanda" abzuweichen. Es bleibe bei den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Änderungskündigung mit dem Ziel einer Entgeltminderung (zur Argumentation des Klägers in der Berufungsinstanz wird auf seinen Berufungserwiderungsschriftsatz vom 21.02.2008, Bl. 158 f. d.A., Bezug genommen).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Änderungskündigung vom 22.12.2006 unwirksam, weil sozial ungerechtfertigt ist, §§ 1, 2 KSchG. Der Kläger ist deshalb zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billiger Weise hinnehmen muss. Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist (ständige Rechtssprechung des BAG, vgl. Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/05, NZA 2006, Seite 92).

2. Um eine inhaltliche Veränderung der vom Kläger arbeitsvertraglich zu erbringenden Arbeitsleistung - etwa im Zuge einer Umstrukturierung oder einer Veränderung des Anforderungsprofils des Arbeitsplatzes - geht es bei der Änderungskündigung vom 22.12.2006 nicht. Auch in der Berufungsbegründung bestätigt die Beklagte noch einmal, dass der Kläger mit gleichbleibenden Arbeitsaufgaben beschäftigt wird und sich der Arbeitsinhalt nicht verändert hat. Das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Bedingungen ist also nicht entfallen.

Mit einem veränderten Anforderungsprofil hat es auch nichts zu tun, dass die Tätigkeit des Klägers im ERA-TV erfasst und nach Darlegung der Beklagten in der Entgeltgruppe 10 und dem Orientierungsbeispiel Nr. 62 abgebildet wird. Spricht das BAG in den einschlägigen Entscheidungen von einem Anforderungsprofil einer Stelle, sind damit die vom Inhaber der Stelle geforderten Qualifikationsmerkmale gemeint und nicht, ob Tarifvertragsparteien das Anforderungsprofil an einen Stelleninhaber in ihrem Tarifvertrag erfassen.

Die Beklagte strebt eine Veränderung vornehmlich auf der Ebene der Gegenleistung für die vom Kläger erbrachte Arbeit an. Der ursprünglich außertariflich vergütete Kläger soll insbesondere in das Entgeltschema des bei der Beklagten eingeführten ERA-TV eingepasst werden. Daneben soll auch die Arbeitszeit des Klägers den tariflichen Bedingungen angepasst werden.

Es braucht nicht geprüft zu werden, ob der Kläger im Falle einer tariflichen Eingruppierung tatsächlich nach dem ERA-TV in die Entgeltgruppe 10 einzugruppieren wäre. Ein dringendes betriebliches Bedürfnis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, in das arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung einzugreifen, besteht nämlich nicht.

3. Das Änderungsangebot der Beklagten ist mit einer - auch finanziellen - Schlechterstellung, verbunden. Diese wirkt sich für den Kläger bereits zum jetzigen Zeitpunkt aus, obwohl die Beklagte dem Kläger durch die "Zusatzvereinbarung" vom 22.12.2006 befristet bis 31.01.2009 die Beschäftigung mit 40 Stunden pro Woche garantiert, was zu einer monatlichen Vergütung von € 6.219,00 zuzüglich des tariflichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes führt. Zumindest im Falle einer ansonsten in voller Höhe anfallenden Erfolgsbeteiligung in Form einer variablen Vergütung ergibt sich ein abgesenktes Jahresbruttogehalt.

Erhebliche Unterschiede ergeben sich in jedem Falle dann, wenn der Kläger auf die im Angebot entsprechend den tariflichen Bedingungen vorgesehene Regelarbeitszeit von 35 Stunden zurückfällt, und zwar selbst für solche Jahre, in denen der Kläger auch keine variable Vergütung erhalten würde.

Dazu kommt, dass die Beklagte € 1.536,-- der dann vorgesehenen Monatsvergütung von € 5.442,00 als "übertarifliche Zulage" zahlen möchte, für die das Vertragsangebot die Regelung vorsieht, dass es sich dabei um eine "freiwillige Leistung" handelt, die dem Mitarbeiter bis 31.01.2009 zugesichert wird. Es braucht hier nicht weiter darauf eingegangen werden, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte an diesem Gehaltsbestandteil Kürzungen vornehmen kann; an der bisherigen Gehaltszusage konnte die Beklagte, außer durch wirksame Änderungskündigung, jedenfalls einseitig gar nichts zu Lasten des Klägers verändern.

4. Die Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an im Wege der Änderungskündigung angebotene Vertragsänderungen, die in einer Absenkung der bisherigen Vergütung ohne Veränderung des Arbeitsinhalts bestehen, sind nicht erfüllt. Danach kann die Unrentabilität des Betriebes einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen durchaus entgegen stehen und ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen darstellen, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind. Auf eine solche Situation hat sich die Beklagte nicht berufen.

5. Ihre Argumentation zielt in eine andere Richtung. Sie möchte Mitarbeiter, die außertariflich bezahlt wurden, weil ihre Tätigkeit im alten Tarifgefüge nicht abgebildet war, in das neu anwendbare Tarifwerk eingliedern, weil die Tätigkeit hier nunmehr erfasst ist.

Ein solcher kollektivrechtlich geprägter Ansatz trägt aber nicht. Die Beklagte hat mit dem Kläger die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, also insbesondere auch die Gegenleistung für die Arbeit, arbeitsvertraglich vereinbart und hier stellt sich allein die Frage, ob es ein dringendes betriebliches Bedürfnis dafür gibt, den Kläger fortan ebenfalls exakt "nach Tarif" zu bezahlen.

Grundsätzlich sind einmal geschlossene Verträge einzuhalten und es ist nicht erkennbar, warum dies nur deshalb nicht mehr gelten sollte, weil die Beklagte nunmehr ein anderes Tarifvertragsgefüge zur Verfügung hat.

6. Einer Arbeitgeberin, die mit einem einzelnen Arbeitnehmer einzelvertraglich eine höhere Vergütung vereinbart, als sie dem betrieblichen Niveau entspricht, ist es verwehrt, diese Vergütung unter Berufung auf Gleichbehandlungsgesichtspunkte dem Lohn der übrigen Arbeitnehmer anzupassen, mit denen sie eine solche Lohnvereinbarung nicht getroffen hat, was die Konsequenz des Rechtssatzes ist, dass beim Abschluss eines Arbeitsvertrages der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat (BAG vom 01.07.1999 - 2 AZR 826/98, AP Nr. 53 zu § 2 KSchG 1969; vgl. auch BAG vom 28.04.1982 - 7 AZR 1139/97, EzA § 2 KSchG Nr. 4).

Dementsprechend hat das BAG entschieden, dass es auch im Falle eines Tarifwechsels keine Rechtfertigung dafür gibt, einen unter Vereinbarung des zuvor angewandten Tarifvertrages eingestellten Arbeitnehmer durch Änderungskündigung die schlechteren Arbeitsbedingungen des nunmehr angewandten Tarifvertrages anzubieten, mit denen sich neu eingestellte Arbeitnehmer einverstanden erklärt haben (BAG vom 12.01.2006 - 2 AZR 126/05, NZA 2006, Seite 587). Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte ein Interesse daran haben mag, einheitliche Vertragsbedingungen in ihrem Betrieb zu schaffen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz führt nicht zur Einschränkung von Rechten von Arbeitnehmern (BAG vom 12.01.2006, a.a.O.; vgl. auch BAG vom 20.01.2000 - 2 ABR 40/99, AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972).

7. Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des BAG vom 15.03.1991 (2 AZR 582/90, NZA 1992, Seite 121). Hiernach kann ein Arbeitgeber, der durchgängig ausschließlich nach Tarif bezahlt (dort öffentlicher Dienst) und einen einzelnen Arbeitnehmer irrtümlich zu hoch eingruppiert, dies durch Änderungskündigung korrigieren. Gleichzeitig wurde klargestellt, dass der Fall einer bewusst vereinbarten übertariflichen Eingruppierung anders zu beurteilen ist.

8. Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB berufen. Ein solcher Fall ist nur gegeben, wenn der Zweck des Arbeitsverhältnisses durch äußere Ereignisse endgültig oder doch für unabsehbare Zeit für beide erkennbar unerreichbar geworden ist. Hier kann das Arbeitsverhältnis der Parteien aber nach wie vor realisiert werden; es geht lediglich um Vertragsbedingungen, keinesfalls ist der ganze Vertrag gegenstandslos geworden. Der Konflikt über eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen ist über eine Änderungskündigung gemäß § 2 KSchG zu lösen. Wenn deren Voraussetzungen nicht vorliegen, kann nicht auf das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB zurückgegriffen werden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wird zugelassen, § 72 Abs. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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