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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 07.12.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 1235/03
Rechtsgebiete: AÜG


Vorschriften:

AÜG § 1
AÜG § 9 Nr. 1
AÜG § 10 Abs. 1 Satz 1
Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz ist eine Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. AÜG.

Über die rechtliche Einordnung eines Vertrags entscheidet der Geschäftsinhalt. Dieser kann sich sowohl aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus dem praktischen Vollzug des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend (im Anschluss an BAG Urteil vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03 - AP Nr. 6 zu § 9 AÜG).


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1235/03

Verkündet am: 7. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Stocker und Fackler für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten vom 15. Oktober 2003 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. September 2003 abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers in Verbindung mit Vergütungsansprüchen.

Der Kläger war auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages vom 28./30. August 2000 (Blatt 12/13 der Akte) i. V. m. einer Anlage zu diesem Anstellungsvertrag vom 28. August 2000 (Blatt 14 der Akte) bei der Firma L. GmbH in B. ab 18. September 2000 als Assistent in der Projektsteuerung beschäftigt gewesen. In dieser Anlage hatten die Parteien als Arbeitsort O. vorgesehen, das Arbeitsverhältnis sollte automatisch enden, wenn der Hauptauftraggeber seine Beauftragung zurückzieht, der Urlaub sollte in Abstimmung mit dem Teamleiter in O. genommen werden.

Eingesetzt war der Kläger bei der Beklagten in deren O. Betrieb auf einem Arbeitsplatz im Bereich Controlling/Planung. Dies erfolgte auf der Grundlage eines Angebots der L. GmbH vom 21. November 2001 (Blatt 15/16 der Akte) an die Beklagte mit folgender Leistungsbeschreibung:

1.1 Datenpflege in SAP in den Bereichen Ausrüstung, Struktur, Elektrik, Technologiearbeitspakete wie Strukturdynamik, Belastungsmechanik, Statik und sonstige, monatliche Aktualisierungsverfolgung des Arbeitsvertrages in der Konstruktion und den Technologie-Abteilungen;

1. 2 Aufbau und Pflege einer Datenbank zur Messung/Bewertung des Arbeitsfortschrittes;

1.3 Erfassung und Erstellung von Arbeitspaketen (Change Proposal/Change Request). Diese Arbeitspakete werden mit den zugehörigen Meilensteinen für den Arbeitsfortschritt und Abfluss benötigt.

1.4 Erstellung von Unterlagen. Es werden Präsentationsunterlagen für die Preisprüfung erstellt.

Dieses Gesamtpaket sollte nach Vorgaben des verantwortlichen Leiters EFA von MT2 bearbeitet werden.

Die Leistungen waren zu einem Festpreis von € 65.240,-- angeboten worden mit einem vorgeschlagenen Leistungszeitraum vom 7. Januar bis 30. Juni 2002.

Die Beklagte hatte dieses Angebot am 12. Dezember 2001 angenommen und diese zunächst bis 30. Juni 2002 befristete Bestellung dann bis 20. Dezember 2002 verlängert. Zu einer nochmaligen Verlängerung ist es trotz bereits eingeleiteter Verhandlungen nicht mehr gekommen. Das vom Kläger unter dem 18. Dezember 2002 gefertigte Übergabeprotokoll (Blatt 23 bis 29 der Akte) lässt Plandaten und Verschiebungen bis in das Jahr 2007 hinein erkennen.

Zu den klägerischen Tätigkeiten hatten insbesondere Leistungen für den Bereich Arbeitspaket Planung gehört. Dieser Bereich war damals von einer Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H., geleitet worden. Hier wurden insbesondere Zeit und Kosten für bestimmte Arbeitspakete, d. h. der Aufwand für Arbeitskräfte und Sachaufwand, zusammengestellt. Dabei war Aufgabe des Klägers gewesen, insbesondere sog. Meilensteine, d. h. bestimmte zeitliche Fixpunkte bei der Abwicklung von Aufträgen der Beklagten, z.B. im Rahmen des Projekts E., in das EDV-System einzugeben und zu kontrollieren. Diese laufen über einen Zeitraum bis in das Jahr 2007/2008. Des weiteren sollte der Kläger im wesentlichen Controlling der AP-Planung durchführen, d.h. überprüfen, ob die kalkulierten Kosten im Zeitrahmen eines Projekts eingehalten werden.

In der internen E-mail-Adressenliste bei der Beklagten war der Kläger unter der Rubrik Firma L. eingetragen. Sozialleistungen wie Mitarbeiter der Beklagten hatte er nicht erhalten.

Der Kläger lässt die Ansicht vertreten, Sinn und Zweck seines Beschäftigungsverhältnisses mit der L. GmbH sei allein seine Entsendung zur Beklagten nach O. gewesen. Dieses sowie seine tatsächliche Umsetzung hätten dazu geführt, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu beurteilen sei und kein Werkvertragsrecht zur Anwendung kommen könne. Die Bestellung der Beklagten gegenüber der L. GmbH spreche nur allgemein von "technischer Planung". Die daraus ersichtlichen Einzelheiten deuteten ebenfalls nicht auf ein bestimmtes Werk im Sinne des Werkvertragsrechts hin. Insbesondere die vollkommene Weisungsgebundenheit des Klägers und seine totale Integration in den Betriebsablauf der Beklagten müsse man als die entscheidenden Kriterien ansehen, in denen sich ein Leiharbeitnehmer von dem Fremdarbeitnehmer eines Werkunternehmens unterscheide.

Dieses fingierte Beschäftigungsverhältnis sei auch nicht durch Befristung zum 20. Dezember 2002 beendet worden. Vielmehr bedürfe auch das befristete fingierte Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 AÜG eines sachlichen Grundes für die Befristung, der hier fehle. Die vom Kläger getätigten planerischen Leistungen würden auch zukünftig benötigt werden.

Daraus leitet der Kläger ab, zur Beklagten gemäß § 10 AÜG in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis zu stehen mit einem Beschäftigungsanspruch. Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 10. Januar 2003 hat er diesen Anspruch auch gerichtlich geltend machen lassen, später erweitert um Zahlungsansprüche und er hatte damit vor dem angerufenen Arbeitsgericht München auch Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 12. September 2003 wird Bezug genommen.

Mit der am 15. Oktober 2003 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 6. Oktober 2003 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 20. November 2003 eingegangen. Darin wird die Ansicht des Erstgerichts, der Tätigkeit des Klägers habe kein Werkvertrag, sondern ein Dienstvertrag zugrunde gelegen, da der Kläger in einem Team integriert gewesen sei und weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet habe, mit Nachdruck bekämpft. Dabei ist aus Sicht der Beklagten unberücksichtigt geblieben, dass es neben Werkverträgen auch selbstständige Dienstverträge gebe, auf deren Grundlage fremde Firmen in einem Unternehmen/Betrieb tätig werden können.

Gegenstand des Dienst-/Werkvertrags der L. GmbH mit der Beklagten seien Unterstützungsleistungen im Rahmen der technischen Planung im Zusammenhang mit dem Projekt E. gewesen. Aus Sicht der Beklagten seien hier hinreichend bestimmte und abgrenzbare Leistungen vereinbart gewesen, für die vom Erstgericht angenommene Arbeitnehmerüberlassung gebe es keine Grundlage.

Der Kläger sei auch entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht derart in einem Team integriert gewesen, dass die Beklagte ihn nach eigenen betrieblichen Erfordernissen weisungsgebunden eingesetzt hätte. Sein Einsatz in O. nur erfolgt, weil man seine Einbindung in den Informationsfluss vor Ort zur Erreichung des Vertragszweckes als zweckdienlich angesehen habe. Sowohl den Einsatz in O. als auch die operativen Absprachen mit dem Kläger habe der Geschäftsführer der Firma L. GmbH Herr K. mit Herrn G. von der Beklagten im Herbst 2001 vereinbart gehabt, um die praktische Durchführung des Vertrages zu erleichtern und das Arbeitsergebnis sicherzustellen. Bei den Anweisungen im Rahmen von E-Mails sei es im wesentlichen um Informationen gegangen, die der Kläger benötigt habe, um die Durchführung der übernommenen Pflichten sachgerecht erbringen zu können. Doch auch in diesem Bereich habe die Beklagte alles vorher mit Herrn K. besprochen.

Beim Urlaub für den Kläger sei es ebenfalls nur um Abstimmung, nicht dagegen um Genehmigung gegangen, im Übrigen habe der Kläger seine Arbeitszeit stets frei einteilen können und sei auch nicht vom Zeiterfassungssystem der Beklagten erfasst gewesen.

Hilfsweise lässt die Beklagte noch auf die vereinbarte Befristung hinweisen und so lauten ihre Berufungsanträge:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. September 2003, Az. 3 Ca 625/03, wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger lässt beantragen:

Die Berufung zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts pflichtet er bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt er entgegen. Die Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag könne durchaus offen bleiben, wesentlich sei jedoch, dass der jeweilige Vertragsgegenstand abgegrenzt werden könne. Insoweit habe das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass eine abgrenzbare Definition der zu erbringenden Leistungen nicht erkennbar sei. Vielmehr handle es sich bei der "Datenpflege" um eine nicht abgrenzbare Tätigkeit. Die konkrete, vom Kläger zu erledigende Arbeitsaufgabe sei in den Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der L. GmbH gerade nicht festgelegt worden. Vielmehr habe sich diese konkrete Arbeitsaufgabe erst im Rahmen der tatsächlichen Gestaltung der Zusammenarbeit ergeben. Letztlich habe die L. GmbH der Beklagten damit allein die Arbeitsleistung des Klägers zur Verfügung gestellt, über welche die Beklagte dann nach eigener Organisationsentscheidung habe verfügen können.

Dass der Kläger in den Betrieb der Beklagten nicht eingegliedert gewesen sei, wird bestritten. Der Kläger sei in das Telefonverzeichnis der Beklagten, in das E-mail-Netz sowie in das SAP-System eingebunden gewesen und hinsichtlich seiner Aufgabenerfüllung von der Beklagten geführt worden. Der formelle Arbeitgeber, die L. GmbH, habe danach faktisch auf jegliches Weisungsrecht gegenüber dem Kläger verzichtet und dieses Weisungsrecht komplett der Beklagten übertragen. Der Kläger verweist auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 6. August 2003 und führt aus, von einer wie in dieser Entscheidung beim Arbeitgeber verbliebenen Dispositionsbefugnis könne angesichts der Bestätigung Anlage B 3 bei völligem Verzicht auf die Ausübung jeglichen Weisungsrechtes nicht die Rede sein.

Die Wirksamkeit der Befristung wird ebenfalls in Abrede gestellt. Ursprünglich sei davon ausgegangen worden, dass sich sein Einsatz bei der Beklagten über den 20. Dezember 2002 hinaus fortsetzen würde. Dementsprechend habe die Beklagte auch ein Verlängerungsangebot angefordert und erhalten. So war das auch von der L. GmbH gesehen worden, sie hatte nach dem 20. Dezember 2002 für den Kläger keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit mehr.

Die Beklagte hält demgegenüber an ihrem Vorbringen fest.

Die Berufungskammer hat nach Maßgabe ihrer Beweisbeschlüsse vom 16. Juni 2004 die Herren G., K. und Dr. B. als Zeugen vernommen. Ihre jeweils unbeeidigt gebliebenen Aussagen sind in der Sitzungsniederschrift vom 16. Juni 2004 (Blatt 276 bis 289 der Akte) festgehalten worden.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 18. November 2003 (Blatt 198 bis 204 der Akte) mit Anlage, auf die Berufungsbeantwortung vom 18. Dezember 2003 (Blatt 212 bis 217 der Akte) mit Anlage in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 6. Februar 2004 (Blatt 219/220 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 28. Mai 2004 (Blatt 236 bis 238 der Akte), auf die Schriftsätze der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 2. Juni 2004 (Blatt 239 bis 241 der Akte) mit Anlagen und vom 19. Juni 2004 (Blatt 290 bis 294 der Akte), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 9. August 2004 (Blatt 296 bis 299 der Akte), auf den Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 8. September 2004 (Blatt 300/301 der Akte) mit Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Dezember 2004 (Blatt 312/313 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Klage auf Beschäftigung und Lohnzahlung abgewiesen zu bekommen, hat Erfolg. Zwischen den Parteien ist kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, weder durch Vereinbarung noch auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Die Voraussetzungen für die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG liegen nicht vor, da der Kläger bei der Beklagten nicht auf Grund einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung tätig geworden ist. Zu diesem Ergebnis ist die Berufungskammer nach Vernehmung der Zeugen G., K. und Dr. B. gekommen. An deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln, besteht keine Veranlassung. Klägerseits sind dagegen auch keine Bedenken angemeldet worden.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Das ist der Fall, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat.

1. Der Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lag keine Arbeitnehmerüberlassung zugrunde. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. AÜG. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (Urteil vom 3. Dezember 1997 - 7 AZR 764/96 - BAGE 87, 186 = AP AÜG § 1 Nr. 24 = EzA AÜG § 1 Nr. 9, zu I 1 der Gründe mwN).

1.1 Bei Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat. Von der Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten auf Grund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen der Weisung des Arbeitgebers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (ständige Rechtsprechung vgl. BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/89 - BAGE 67, 124 = AP AÜG § 10 Nr. 8 = EzA AÜG § 10 Nr. 3, zu III 1 der Gründe; 22. Juni 1994 - 7 AZR 286/93 - BAGE 77, 102 = AP AÜG § 1 Nr. 16 = EzA AÜG § 1 Nr. 4, zu IV 2 a der Gründe).

1.2 Über die rechtliche Einordnung eines Vertrags entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Ausführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/89 - BAGE 67, 124 = AP AÜG § 10 Nr. 8 = EzA AÜG § 10 Nr. 3, zu II 2 der Gründe mwN). Einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung sind zur Feststellung eines vom Vertragswortlaut abweichenden Geschäftsinhalts nur geeignet, wenn es sich dabei nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt. Dabei muss diese abweichende Vertragspraxis den auf Seiten der Vertragspartner zum Vertragsabschluß berechtigten Personen bekannt gewesen und von ihnen zumindest geduldet worden sein; denn sonst kann eine solche, den schriftlichen Vereinbarungen widersprechende Vertragsdurchführung nicht als Ausdruck des wirklichen Geschäftswillens der Vertragspartner angesehen werden (BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/89 - aaO, zu IV 2 der Gründe).

2. Nach den durch Angebot vom 21. November 2001 und Annahme vom 12. De­zember 2001 zwischen der Beklagten und der L.GmbH getroffenen Vereinbarungen war der Geschäftsinhalt dieses Vertrags nicht auf eine Arbeitnehmerüberlassung gerichtet. Unter Ziffer 1. des Vertrags hatte sich die L. GmbH zu Dienstleistungen verpflichtet, die der Kläger in dem von der Beklagten beauftragten Umfang eigenständig zu er­bringen hatte. Diese Leistungen waren abgrenzbar und durch die Auflistung im Angebot auch ausreichend beschrieben. Dass dieses Leistungspaket nach Vorgaben des verantwortlichen Leiters EFA von MT2 bearbeitet werden sollte, verbleibt im Rahmen des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB. Herr G. hat bei seiner Befragung vor der Berufungskammer die Auswahlentscheidung der Beklagten zu Gunsten der L. nachvollziehbar geschildert und dabei bestätigt, dass die Beklagte damals nur für die Aufgabe und nicht für die zu ihrer Erfüllung eingesetzten Mitarbeiter bezahlt hat. Termine waren dem Kläger nicht von der Beklagten gesetzt worden, sie haben sich grundsätzlich aus dem Auftrag ergeben. Soweit es um Sonderaufgaben gegangen ist, sind diese jeweils mit dem Geschäftsführer von L. abgesprochen worden. Entsprechendes war der Fall gewesen in der Einarbeitungsphase mit gesteigertem Erklärungsbedarf. Wesentlich war dem Zeugen und der Beklagten gewesen, die Aufgaben zum festgelegten Zeitpunkt erledigt zu bekommen, wie lange der Kläger dazu brauchte, war für die Beklagte nicht von Bedeutung gewesen. Einmal pro Monat hatte Herr G. einen Statusbericht über die Tätigkeiten des Klägers erstellt und diesen dem Geschäftsführer der L. GmbH geschickt. Die L. GmbH erstellte daraufhin ihre Monatsrechnung und erhielt auf die vereinbarte Pauschalvergütung Abschlagszahlungen.

Soweit Mitarbeiter der Beklagten beim Kläger mitgeholfen haben, sei es auch nur durch Erklärungen, war das der L. GmbH rückbelastet worden, das heißt, die Beklagte hat von dem vereinbarten Pauschalbetrag Abzüge vorgenommen. Wenn Arbeitsergebnisse nachgearbeitet werden mussten, sei es auch, weil bei anderen Stellen etwas nicht gestimmt hatte, musste auch der Kläger auf Anweisung des Zeugen Nacharbeiten leisten. Das war mit dem Geschäftsführer der L. GmbH aber abgestimmt gewesen. Dieser hatte entschieden, dass der Kläger alles für den Arbeitsablauf, für den Prozess Notwendige auch zu machen hatte.

Diesen tatsächlichen Vollzug des klägerischen Einsatzes bei der Beklagten hat der Geschäftsführer von L. GmbH Herr K. bei seiner Vernehmung bestätigt. Danach sind die Generalanweisungen an den Kläger von der L. GmbH gekommen. Notwendig werdende größere Änderungen beim Arbeitseinsatz des Klägers sollten mit der L. GmbH abgesprochen werden, Herr G. konnte sie aber auch mit allgemein erteilter Billigung seitens Herrn K. selbst anordnen. Wesentlich war beiden Seiten stets gewesen, die übernommenen Arbeiten termingerecht abzuschließen. Wäre dem Kläger die Übernahme von Zusatzarbeiten möglich gewesen, hätte er diese nach den Vorstellungen des Geschäftsführers der L. GmbH gegen gesonderte Vergütung, die von der Beklagten mit Herrn K. zu vereinbaren gewesen wäre, übernehmen können.

Auch Herr K. hat bestätigt, dass bei Vereinbarung des Gesamtpreises anfallende Schulungskosten in Abzug gebracht worden sind. Die anfängliche Einweisung des Klägers durch Herrn V. war ebenfalls der L. GmbH in Rechnung gestellt worden.

Dass Herr K. seinen Vertrag mit der Beklagten gerne weitergeführt hätte und dafür bei der Beklagten auch noch genügend Aufgaben vorhanden gewesen wären, machte diesen Einsatz des Klägers noch nicht zur Arbeitnehmerüberlassung und konnte auch die Rechtswirksamkeit der vereinbarten Vertragsbeendigung nicht beseitigen.

Den Einsatz von Fremdfirmen bei der Beklagten hat Herr Dr. B. bei seiner Befragung im organisatorischen Zusammenhang geschildert. Danach werden nur Aufträge, deren Bearbeitung aus sich heraus abläuft, an Fremdfirmen vergeben. Führungskräfte für Fremdarbeiter sind nicht vorgesehen. Dementsprechend liegen solchen Aufträgen auch befristete Verträge zu Grunde. Der Kläger hatte bei der Beklagten keinen direkten Vorgesetzten, er war der betrieblichen Arbeitszeitregelung nicht unterworfen gewesen und bei der Beklagten einem Direktionsrecht nur insoweit ausgesetzt, als dies mit dem Geschäftsführer der L. GmbH auch abgesprochen war. Soweit dieser dabei seinem Ansprechpartner Herrn G. einen Spielraum eingeräumt hatte, hielt sich das noch im Rahmen des vereinbarten Auftrages und brachte den Kläger ebenso wenig in eine persönliche Abhängigkeit zur Beklagten wie die von ihm zitierten "Anweisungen" per E-Mail, seine Aufnahme in innerbetriebliche Telefon- und sonstige Verzeichnisse oder die Pflicht zum Abstimmen seines Urlaubs mit dem Teamleiter in O. Selbst wenn einzelne Absender bei Abfassung ihrer Mitteilung den Kläger konkret angewiesen haben, gibt das dem tatsächlichen Vollzug dieses klägerischen Einsatzes bei der Beklagten doch nicht das Gepräge, lässt das die vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und der L. GmbH nicht zur Arbeitnehmerüberlassung i. S. des § 10 AÜG werden.

Auf die Berufung der Beklagten war die angefochtene Entscheidung damit abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Für den Kläger wird die Revision zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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