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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 1288/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 278
1. Der bei Eishockey-Spielen in der Oberliga anwesende Vereinsarzt ist bei ärztlicher Behandlung verletzter Spieler verpflichtet, sich nach deren Krankenversicherungsschutz (gesetzlich oder privat) zu erkundigen.

2. Ein (freiberuflich tätiger) Arzt kann Erfüllungsgehilfe des Vereins sein, der diesen Arzt als Vereinsarzt zur ärztlichen Versorgung der Spieler zu den Eishockey-Spielen mitgenommen hat.

3. Vertragliche Beziehungen zwischen Vereinsarzt und Eishockey-Verein müssen dazu nicht bestehen.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1288/06

Verkündet am: 3. April 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter von Preibisch und Schneiderbauer-Schwendler für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 7. Juni 2006 abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger € 2.594,45 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab 25. September 2004 zu bezahlen.

2. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

3. Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Ersatz restlicher Krankenbehandlungskosten aus einem Schaden vom 31. Januar 2003.

Der im November 1983 geborene Kläger war vom 1. August 2002 bis zum 31. März 2003 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13. Oktober 2004 mit dem ESV ... in Verbindung mit einem Kurzvertrag des Beklagten vom 28. Juni 2002 (Blatt 9 der Akte) als Eishockeyspieler in der Oberliga-Mannschaft des Beklagten beschäftigt gewesen. Am 31. Januar 2003 hatte er sich bei einem Oberligaspiel in X. eine Schulterluxation zugezogen. Vom bei diesem Spiel anwesenden Vereinsarzt Herrn Dr. med. S. erstversorgt war der Kläger im März 2003 in der H. ...-Privatklinik operiert worden. Im Zusammenhang mit dieser Verletzung und ihrer anschließenden Behandlung sind beim Kläger Kosten in Höhe von insgesamt € 7.866,55 aufgelaufen, von denen die Verwaltungsberufsgenossenschaft € 2.650,46 übernommen hat.

Der Kläger lässt vortragen, der Beklagte habe ihm zugesichert, dass seine Behandlung von der Verwaltungsberufsgenossenschaft übernommen werde. Er hätte sich sonst nicht in der ...-Praxisklinik operieren lassen, da er gesetzlich krankenversichert gewesen sei und Kosten einer Privatbehandlung von der gesetzlichen Versicherung nicht übernommen werden. Der Beklagte habe die privatärztliche Behandlung des Klägers in Auftrag gegeben und müsse deshalb auch die daraus folgenden Kosten tragen.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 4. Januar 2005 hat der Kläger sein Zahlungsbegehren gerichtlich geltend machen lassen. Es ist vor dem angerufenen Arbeitsgericht Augsburg aber erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 7. Juni 2006 wird Bezug genommen.

Mit einem am 6. November 2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Antrag hat der Kläger Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines anwaltschaftlichen Vertreters für ein Berufungsverfahren gegen diese Entscheidung beantragen lassen, die ihm mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Dezember 2006 auch bewilligt worden ist. Daraufhin hat der Kläger mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 8. Dezember 2006 gegen das seinen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2006 zugestellte Ersturteil Berufung einlegen und zugleich begründen lassen. Darin wird das klägerische Zahlungsverlangen weiterhin damit begründet, dass der Beklagte seine Fürsorge- und Aufklärungspflicht verletzt habe. Der Kläger sei nach seiner Verletzung sogleich vom Vereinsarzt Herrn Dr. med. S. untersucht und zur Konsultation in die ...-Praxisklinik nach H. geschickt worden. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben von Herrn Dr. med. S. vom 4. Februar 2003 an die Berufsgenossenschaft. Der Kläger sei gesetzlich krankenversichert gewesen, was Herr Dr. med. S. aufgrund vorheriger Behandlungen auch gewusst habe.

Die ...-Klinik in H. sei dem Kläger nicht bekannt gewesen, die Entscheidung für seine dortige Behandlung habe Herr Dr. med. S. getroffen. Von diesem Vereinsarzt seien alle Entscheidungen über die medizinischen Behandlungen der Spieler gekommen. Er habe dabei völlig freie Hand gehabt. Die Spieler wiederum seien den Empfehlungen des medizinischen Fachmanns gefolgt, der die Spieler entweder selbst behandelt oder an andere Ärzte oder Krankenhäuser verwiesen habe. Für die Klärung der Kostenfrage sei ebenfalls der Vereinsarzt zuständig gewesen. Die klägerische Verletzung hätte auch in anderen Krankenhäusern behandelt werden können, denen es möglich gewesen wäre, ihre Kosten über die gesetzliche Krankenversicherung des Klägers abzurechnen. Hätte sich der Kläger außerhalb seines Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Verletzung zugezogen, wäre er nie und nimmer in eine Privatklinik gegangen, schon weil er dazu finanziell gar nicht in der Lage gewesen wäre. Bei seinem Nettogehalt von € 700,00 monatlich hätte er das gesamte Gehalt für den Zeitraum vom 1. August 2003 bis 31. März 2004 für diese Krankenbehandlung aufwenden müssen.

Ergänzend lässt der Kläger darauf hinweisen, für den Beklagten seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt zu haben und für diesen Einsatz nun auch noch die Behandlungskosten tragen zu müssen. Das sei eine Risikoverteilung, die unter Berücksichtigung der Belange des Vereins und der Interessen des Arbeitnehmers mit dem Grundsatz von Treu und Glauben als nicht vereinbar angesehen wird.

Beanstandet wird, dass die als Zeugin angebotene Mutter des Klägers trotz Ladung zum Arbeitsgerichtstermin am 30. Mai 2006 nicht vernommen worden sei. Die Berufungsanträge lauten damit:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg, 6a Ca 40/05, vom 7. Juni 2006 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.188,90 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab 25. September 2004 zu bezahlen (hilfsweise: der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht Augsburg zurückverwiesen).

Der Beklagte lässt beantragen:

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Den Überlegungen des Erstgerichts pflichtet der Beklagte bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt er entgegen. Die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme wird als entbehrlich angesehen, sollen die Vertreter des Beklagten nach dem klägerischen Vortrag doch nur gesagt haben, dass die Rechnungen an die Verwaltungsberufsgenossenschaft zu schicken seien, die dann die Kosten übernehmen werde. Daraus lasse sich keine Zusage einer Kostenerstattung durch den Beklagten ableiten.

Tatsache sei, dass die Verwaltungsberufsgenossenschaft die Kosten für die Behandlung des Klägers in der ...-Praxisklinik übernommen habe. Damit seien die behaupteten Aussagen des Beklagten gegenüber dem Kläger auf jeden Fall zutreffend gewesen; die Berufsgenossenschaft habe dem Kläger die bei ihm angefallenen Kosten im Rahmen der für sie geltenden Sätze erstattet.

Im Übrigen sei dem Kläger vom Beklagten auch erklärt worden, dass er sich wegen seiner verletzungsbedingten Kosten an seine Krankenkasse wenden müsse. Dem Kläger wird vorgehalten, sich nach der Konsultation in H. am 5. Februar 2003 nicht mehr beim Vereinsarzt, Herrn Dr. med. S., gemeldet zu haben. Der Operationstermin sei von ihm offensichtlich ohne weitere Rücksprache vereinbart worden; den Behandlungsvertrag habe er mit der ...-Praxisklinik ebenfalls selbst abgeschlossen.

Die Fürsorgepflicht des Beklagten gehe nicht so weit, dass der Beklagte im vorliegenden Fall den Kläger über die Risiken des Behandlungsvertrages mit der ...-Praxisklinik hätte beraten müssen. Selbst wenn die vom Kläger behauptete Zusicherung gegeben worden wäre, habe der Kläger auf eine Kostenübernahme nicht vertrauen können, da der Behandlungsvertrag der ...-Praxisklinik den deutlichen Hinweis enthalten habe, dass eine Übernahme der Behandlungskosten im Regelfall nicht stattfinde, der Patient vielmehr die Kosten selber tragen müsse.

Die Berufungskammer hat nach Maßgabe ihres Beweisbeschlusses vom 27. März 2007 Herrn F. sowie Frau V. als Zeugen vernommen. Deren jeweils unbeeidigt gebliebenen Aussagen sind in der Sitzungsniederschrift vom 27. März 2007 (Blatt 148 bis 158 der Akte) festgehalten worden.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens in diesem Berufungsverfahren wird ferner Bezug genommen auf den Berufungsschriftsatz vom 8. Dezember 2006 (Blatt 122 bis 125 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 1. Februar 2007 (Blatt 132 bis 134 der Akte) sowie auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 27. März 2007 (Blatt 159 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässig (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) eingelegt worden. Der Kläger hat seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines anwaltschaftlichen Vertreters beim Berufungsgericht am 6. November 2006 und damit innerhalb der einmonatigen Rechtsmittelfrist eingereicht. Die anzufechtende Entscheidung war seinem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2006 zugestellt worden. Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 5. Dezember 2006 ist die Berufung dann verbunden mit einem Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist am 11. Dezember 2006 eingegangen. Diese Wiedereinsetzung war dem Kläger zu gewähren. Das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, stellt anerkanntermaßen einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne von § 233 ZPO dar. Die versäumte Prozesshandlung ist auch innerhalb von 14 Tagen nach Behebung des Hindernisses nachgeholt worden.

Das mit der Berufung verfolgte Ziel, den streitbefangenen Anspruch auf Erstattung seiner verletzungsbedingten Aufwendungen zugesprochen zu bekommen, hat nur zur Hälfte (nebst Zinsen) auch Erfolg. Seine Rechtsgrundlage findet dieses Begehren im Anspruch nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung in Verbindung mit den §§ 278, 242 BGB. Die Kürzung beruht auf § 254 BGB. Dem Kläger ist ein gleichgewichtiger Anteil an Mitverursachung und Mitverschulden am Entstehen dieser erhöhten Behandlungskosten anzulasten.

1. Soweit vertragliche Regelungen fehlen, bestimmen sich die gegenseitigen Rücksichts-, Schutz- und Förderpflichten im Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB, der mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht auszulegen und anzuwenden ist. Die entsprechenden Pflichten wurden früher zusammengefasst unter dem Begriff der Fürsorgepflicht, der heute als unzeitgemäß vermieden wird, ohne dass sich in der Sache jedoch viel geändert hätte (vgl. ErfKomm-Preis 230 - BGB § 611 Rn. 760 und 869; MüArbR/Blomeyer § 94 Rn. 1 ff. und § 97 Rn. 1 ff.).

Bei Nichterfüllung von Rücksichtnahme- und Schutzpflichten, kann der Arbeitnehmer nach § 611 BGB i.V.m. § 242 BGB Erfüllung verlangen. Bei schuldhaftem Verhalten des Arbeitgebers kommt auch ein Schadenersatzanspruch nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung in Betracht (vgl. ErfKomm-Preis 230 - BGB § 611 Rn. 768 und MüArbR/Blomeyer § 97 Rn. 45 f.).

Für vertraglich begründete Schadensersatzansprüche sieht § 278 BGB eine Zurechnung des Verschuldens eines gesetzlichen Vertreters des Schuldners und solcher Personen vor, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient. Gesetzlicher Vertreter i.S.d. § 278 BGB sind alle Personen, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften mit Wirkung für andere handeln können. Nicht zu den gesetzlichen Vertretern gehören die verfassungsmäßig berufenen Vertreter juristischer Personen (z.B. Geschäftsführer einer GmbH). Ihr (Organ-)Verschulden gilt sowohl bei unerlaubten Handlungen als auch im Rahmen einer vertraglichen Haftung nach §§ 31, 89 BGB als eigenes Verschulden der juristischen Person (Palandt/Heinrichs § 278 Rn. 6). Erfüllungsgehilfe ist, wer mit dem Willen des Schuldners in dessen Pflichtenkreis als Hilfsperson tätig wird. Dabei ist es gleichgültig, ob der Schuldner überhaupt in der Lage ist, seinem Gehilfen für dessen Tätigkeit nähere Anweisungen zu erteilen; § 278 BGB kommt also auch dann zum Zuge, wenn die Hilfsperson selbstständig ist und nicht den Anweisungen des Schuldners unterliegt (BGH 8. Februar 1974 BGHZ 62, 119, 124; BGH 17. Dezember 1992 NJW 1993, 1704, 1705). Erfüllungsgehilfe ist allerdings nur diejenige Hilfsperson, deren sich der Schuldner gerade zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Anspruchsteller bedient. Folglich kann der Arbeitgeber nicht für jede, durch fahrlässige Ausführung einer Arbeit seitens seiner Arbeitnehmer verursachte Schädigung eines Arbeitskollegen zum Schadensersatz herangezogen werden, sondern nur für eine solche, die gerade bei der Erfüllung dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber obliegenden arbeitgeberseitigen Nebenpflichten, insb. für die Schutz- und Sicherungspflichten, entstanden ist. Auch eine Zurechnung des Versagens einer Hilfsperson, der vom Arbeitgeber eine bestimmte Schutzaufgabe übertragen worden ist, wird als geboten angesehen (Soergel/Kraft § 618 Rn. 26; MüArbR/Blomeyer § 96 Rn. 33).

2. Davon ausgehend muss der Beklagte dann auch für seinen Vereinsarzt einstehen, der die streitigen Behandlungskosten in zurechenbarer Weise (§ 276 BGB) mitverursacht hat. Das Eishockeyspiel ist durch den notwendigen Körpereinsatz verletzungsgefährlich. Das lässt auf Arbeitgeberseite arbeitsrechtliche Schutzpflichten entstehen. Die auf der Grundlage von Arbeitsverträgen eingesetzten Spieler erhalten vereinseinheitliche Schutzkleidung und bei den Spielen ist stets auch ein Sportmediziner anwesend, damit verletzte Spieler sofort behandelt und betreut werden können. Er bestimmt dabei auch den Behandlungsweg. Im Streitfall war dies Herr Dr. med. S. gewesen, tätig als Erfüllungsgehilfe für den Beklagten. Er behandelte ausgewählt von den X. P. seit Jahren auch die Spieler vom X. Eislaufverein medizinisch. Der Beklagte hatte ihn nach den Bekundungen von Herrn F. auch bei Meldung des Schadens an die zuständige Berufsgenossenschaft eingeschaltet. Dass dieser Sportmediziner dabei freiberuflich tätig war, steht seinem Tätigwerden als Erfüllungsgehilfe des Beklagten nicht entgegen (BGH 8. Februar 1974 BGHZ 62, 119, 124; BGH 17. Dezember 1992 NJW 1993, 1704, 1705).

Die ebenfalls als Zeugin vernommene Frau V., Mutter des Klägers, hatte die medizinische Betreuung ihres Sohnes durch den Vereinsarzt Herrn Dr. med. S. weitgehend unmittelbar miterlebt. Der Kläger war bei diesem Spiel an der Schulter verletzt worden. Daraufhin schickte ihn der Vereinsarzt zum Röntgen, was auch geschehen ist, aber keine Erkenntnisse gebracht hat. Danach ist der Kläger, der schon Patient in der Praxis von Herrn Dr. med. S. gewesen war, von diesem in die S. Radiologische Praxis zu Herrn Dr. F. geschickt worden. Eine Untersuchung des Klägers im H. Klinikum (...-Praxisklinik) auf Veranlassung von Herrn Dr. med. S. den Kläger schloss sich an. Von dort war der Kläger mit einem Therapieplan zurückgekommen. Diese Therapie hatte er dann in der Reha-Klinik beim ... Bahnhof machen lassen. Da sich der gewünschte Erfolg aber weiterhin nicht einstellte, hatte Herr Dr. med. S. schließlich eine Operation in der Klinik H. als unbedingt notwendig erachtet. Herr Dr. med. S. hatte auch den Untersuchungsbefund von der ...-Praxisklinik H. erhalten gehabt.

Inzwischen waren beim Kläger und seiner Mutter allerdings Rechnungen eingegangen. Herr Dr. med. S. sagte dazu zunächst, er müsse das einfach an die Berufsgenossenschaft schicken.

Mit einem Kostenvoranschlag von der ...-Praxisklinik H. über € 5.000,-- war die Zeugin (Mutter) auch zur AOK gefahren und hatte dort zu hören bekommen, dass ihr Sohn die Kosten für diese Operation schon bekomme, aber nicht die Behandlung in einer Privatklinik. Daraufhin folgten Telefonate der Zeugin mit dem Vorstand des Beklagten, auch mit Herrn F., dem sie vertraute, zumal er damals "Manager des Jahres" gewesen war. Von allen bekam sie beruhigende Worte zu hören, aber keine Lösung der Finanzierungsfrage mitgeteilt. Allen Verantwortlichen des Beklagten war aber bekannt gewesen, dass der Kläger nach H. fahren werde, um sich dort operieren zu lassen. Herr F. wusste nach seiner Aussage, dass der Kläger "von unserem Arzt zu dieser Klinik geschickt worden ist".

Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht nun darin, dass der zwanzigjährige Kläger, dessen Qualitäten erkennbar vor allem im Eishockeyspielen liegen, in der ...-Klinik auf eine bloße Unterschrift unter den Behandlungsvertrag hin ohne Vorhandensein einer Kostenübernahmebescheinigung und ohne Vorschusszahlungen aufgenommen, er in einem Einzelzimmer wohl mit Fernsehen und Telefon untergebracht und er in dieser Privatklinik auch operiert worden ist. Danach hatte er die ...-Klinik ohne irgendeine Zahlung wieder verlassen können. Soweit der Kläger vermutet, dass Herr Dr. med. S. dort bekannt gewesen sei, mag das stimmen. Das allein kann aber doch für eine Operation in diesem Krankenhaus noch nicht genügen. Die Entscheidung zur Operation war - unstreitig - vom Vereinsarzt gekommen und er musste an sich den Kläger dann auch in die ...-Klinik überwiesen haben. Ob das in den angesprochenen Befundberichten geschehen ist, lässt sich nicht beurteilen. Anzulasten ist Herrn Dr. med. S. aber, den Kläger ohne Vorliegen einer Kostenübernahmezusage in ein Privat-Krankenhaus geschickt zu haben. Es gibt auch in X. qualifizierte Krankenhäuser mit einer orthopädischen Abteilung, die den (nur) gesetzlich versicherten Kläger ohne Zuzahlung hätten behandeln und operieren können. Die Zeugin Frau V. hat bekundet, dass der Kläger bei Herrn Dr. med. S. auch in dessen Praxis Patient gewesen war und der Vereinsarzt damit seine gesetzliche Krankenversicherung kannte. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte der Vereinsarzt vor Einleitung der Behandlung den beim Kläger bestehenden Versicherungsschutz erfragen müssen. Die Erstattungsgrenzen der Verwaltungsberufsgenossenschaft müssen einem seit Jahren bei Eishockeyspielen eingesetzten Vereinsarzt ohnehin bekannt gewesen sein.

Den Vorstandsmitgliedern des Vereins lastet die Berufungskammer an (§ 276 BGB), die Finanzierungsfrage vor der abschließenden Operation ihres Eishockeyspielers nicht geklärt zu haben. Es hätte dabei völlig genügt, ihrem Vereinsarzt oder dem verletzten Spieler zu sagen, dass medizinische Maßnahmen nur im Rahmen der Leistungen einer gesetzlichen Krankenversicherung oder der Verwaltungsberufsgenossenschaft bezahlt werden. All dies ist nicht geschehen. Der Kläger stand aus medizinischen Gründen mit der Behandlung seiner Verletzungen unter Zeitdruck, es war bei ihm bereits einiges, wenngleich ohne Erfolg, unternommen worden und seine vom Vereinsarzt eingeleitete Untersuchung mit späterer Operation in der H. ...-Klinik, einem Privatkrankenhaus, hatte schließlich nicht gedeckte Behandlungskosten in einer Höhe auflaufen lassen, die der Kläger mit seinem vertraglich vereinbarten Monatslohn von € 900,-- brutto nicht bezahlen konnte.

3. Bei einem solchermaßen schuldhaften Verhalten des Beklagten, ausweichende Antworten auf die drängenden Fragen der Mutter des verletzten Arbeitnehmers sowie Festlegung eines Behandlungswegs durch seinen Vereinsarzt Dr. med. S., ohne vorher die Finanzierungsfrage abzuklären, ist ein Schadenersatzanspruch nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung gegeben. Der entstandene Schaden beläuft sich auf die letztlich unstreitige Höhe der nicht anderweitig gedeckten Behandlungskosten, entstanden durch die Operation des Klägers in der H. ...-Klinik. Der Beklagte muss davon die Hälfte, also € 2.594,45 (nebst Zinsen), dem Kläger ersetzen.

4. Die weitere Hälfte dieser Behandlungskosten hat der Kläger selbst zu tragen (§ 254 BGB), da er durch Unterzeichnung des Behandlungsvertrages vor Klärung der Finanzierungsfrage diese Kostenbelastung ausgelöst hat. Soweit der Beklagte den klägerischen Verursachungs- und Verschuldensanteil höher einstuft, kann ihm nicht gefolgt werden. Zu Gunsten des Klägers sind zu berücksichtigen sein jugendliches Alter, sein Aufenthalt in einem fremden Land, sein erkennbar fehlendes Wissen über die Leistungen seiner Krankenkasse und der Verwaltungsberufsgenossenschaft sowie seine Verletzung beim Einsatz in einem Eishockey-Oberligaspiel für den Beklagten.

5. Auf die Berufung war die angefochtene Entscheidung damit entsprechend abzuändern.

Der Zinsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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