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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 141/05
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 112
Der Anspruch auf eine Sozialplanabfindung ist kein "vertraglicher Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne von § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 141/05

Verkündet am: 13. September 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Stangl und Seliger für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin vom 7. Februar 2005 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Dezember 2004 abgeändert.

2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin € 21.686,21 brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 1. April 2000 zu bezahlen.

3. Die Beklagten haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Für die Beklagten wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Abfindung aus dem Sozialplan vom 17. Mai 1999 (Blatt 18 bis 28 der Akte).

Die im November 1964 geborene Klägerin ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin zuletzt im Service-Zentrum München als Sachbearbeiterin in der Abteilung telefonischer Schadendienst beschäftigt gewesen. Im Zuge unternehmerischer Umstrukturierungen war ihr zunächst mit der tr. A. V. AG geschlossenes Arbeitsverhältnis schließlich bei der Beklagten zu 2) unter Beitritt der Beklagten zu 1) geführt worden.

Unter dem 17. Mai 1999 haben die W. V. mit dem Gesamtbetriebsrat einen Rahmeninteressenausgleich (Blatt 13 bis 17 der Akte) und einen Sozialplan (Blatt 18 bis 28 der Akte) geschlossen. Im Rahmeninteressenausgleich heißt es:

1. Geltungsbereich

Dieser Rahmeninteressenausgleich gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ... wegen der Maßnahmen im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen. ...

2. Ziele und Strukturen

Kern der strategischen Neuausrichtung sind die weitere Umsetzung der Bildung von Geschäftsfeldern (Zielgruppen) ... sowie die Nutzung von Synergien ... . Der Gesamtbetriebsrat nimmt dabei zur Kenntnis, daß damit eine Reduzierung von Arbeitsplätzen verbunden ist. ...

3. Personelle Maßnahmen

Für die Jahre 1999 bis 2005 ergibt sich der pro Jahr ins Auge gefaßte Personalabbau aus dem Ergebnis des Beratungsverfahrens gemäß Ziffer 4. Die Unternehmen verpflichten sich, in einzelnen Teilinteressenausgleichen über eine Überdeckung gegenüber den jeweiligen Jahressollzahlen und über einen Verzicht auf betriebsbedingte Entlassungen ... zu verhandeln. ...

4. ... Beteiligungsverfahren zwischen Unternehmen und Gesamtbetriebsrat

a) Es besteht Einvernehmen darüber, daß die einzelnen Teilmaßnahmen der strategischen Neuausrichtung erst umgesetzt werden dürfen, wenn Teilinteressenausgleiche i.S. von § 112 BetrVG über die jeweils beschriebenen Teilmaßnahmen zustande gekommen sind, ..."

Nach Nr. 7 des Rahmeninteressenausgleichs gilt zur Vermeidung oder Milderung möglicher wirtschaftlicher Nachteile der "mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene ... Sozialplan vom heutigen Tage". Der Sozialplan vom 17. Mai 1999 enthält folgende Regelungen: "§ 2 Geltungsbereich

Dieser Sozialplan findet Anwendung auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, soweit diese ab 1. Januar 1999 in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben ... .

§ 3 Nachteilsausgleich

1. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis infolge der im Rahmeninteressenausgleich vom heutigen Tage genannten unternehmerischen Maßnahmen endet, sei es durch arbeitgeberseitige (Änderungs-)Kündigung, einen arbeitgeberseitig veranlaßten Aufhebungsvertrag oder durch Eigenkündigung nach Erhalt eines Angebots eines unzumutbaren Arbeitsplatzes, erhalten Leistungen, deren Höhe sich entsprechend nachfolgenden Regelungen ermittelt. ...

2. Abfindung

...

4. Fälligkeit

Der Anspruch auf die Abfindung entsteht frühestens mit der rechtskräftigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Zahlung wird mit dem nächsten Gehaltslauf fällig. ...

§ 4 Entfallen der Abfindung bei zumutbarem Arbeitsplatzangebot

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Angebot eines zumutbaren neuen Arbeitsplatzes nicht annehmen und deren Arbeitsverhältnis deshalb endet, haben keinen Anspruch auf Leistungen gemäß § 3.

Ein neuer Arbeitsplatz ist zumutbar, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

...

3. Regionale Zumutbarkeit

Die Entfernung zwischen bisherigem und neuem Arbeitsort darf höchstens 50 km betragen ... .

§ 11 In-Kraft-Treten und Dauer

Dieser Sozialplan tritt mit seiner Unterzeichnung in Kraft. Er ist erstmals zum 31.12.2005 kündbar."

Auf einer Informationsveranstaltung am 26. und 27. Oktober 1999 teilte die Beklagte den Arbeitnehmern des Servicezentrums München mit, dieses werde zum 31. Dezember 2001 geschlossen; seine Aufgaben würden auf die Zentren H., K. und W. verlagert. Die Beklagte sagte jedem Mitarbeiter die Weiterbeschäftigung in einem dieser Zentren zu. In einem an alle Mitarbeiter des Servicezentrums gerichteten Schreiben vom 3. Dezember 1999 erläuterte die Beklagte die personellen Auswirkungen der geplanten Maßnahmen wie folgt:

Welche Mitarbeiter von welchen personellen Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt persönlich betroffen sein werden, hängt auch vom Ergebnis unserer noch bevorstehenden Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat ... ab. ... Nach unseren Planungen sollen zum 31.12.2001 sämtliche Arbeiten des Servicezentrums auf die anderen Standorte verlagert sein. Dies wird nicht auf einmal, sondern nur sukzessive möglich sein. ... Dies müssen wir u.a. dadurch steuern, daß wir die Zeitpunkte des Wechsels von Mitarbeitern an andere Standorte selbst bestimmen. (Wir weisen darauf hin), daß ein Wechsel eines Mitarbeiters vor dem von uns bestimmten Zeitpunkt nicht in unserem Interesse wäre und daher zum Verlust der Ansprüche aus dem Sozialplan führen würde.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2000 (Blatt 11 der Akte) bat die Klägerin die Beklagten um Abschluss eines Aufhebungsvertrages und beendete daraufhin ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 29. Februar 2000 (vgl. Blatt 12 der Akte).

Am 12. Mai 2000 schlossen die W. V. mit dem Gesamtbetriebsrat einen Teilinteressenausgleich unter anderem hinsichtlich der Schließung des Service-Zentrums München (Blatt 29 bis 42 der Akte).

Die Klägerin verweist auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. März 2003 - 1 AZR 169/02. Darin hatte der Senat einen aus Sicht der Klägerin gleichliegenden Sachverhalt zu Gunsten der bei den Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer entschieden. Sie errechnet für sich aus § 3 Nr. 1, 2 des Sozialplans vom 17. Mai 1999 eine Abfindungssumme in Höhe von € 21.686,21 brutto und ließ diesen Anspruch mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 15. Dezember 2003, beim Arbeitsgericht München eingegangen am 19. Dezember 2003, auch gerichtlich geltend machen.

Die Beklagten sehen den erhobenen Anspruch zunächst einmal als bereits verjährt an, ausgehend von § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, in Kraft getreten am 1. Januar 2002. Diese zweijährige Verjährungsfrist habe gemäß § 201 BGB a.F. am 1. Januar 2001 zu laufen begonnen, mit Ablauf des 31. Dezember 2002 sei der Anspruch damit verjährt gewesen.

Weiter wird der klägerische Anspruch nach dem Manteltarifvertrag/Firmentarifvertrag zwischen der DBV Winterthur Holding AG und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (MTV-DBV Winterthur - Blatt 120 bis 152 der Akte) in der Fassung vom 27. Januar 1998 als verfallen angesehen. Die Regelungen des Manteltarifvertrages DBV Winterthur galten unmittelbar auch für das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Nach dessen § 24 verfallen vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie nicht spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht werden. Die Sozialplanabfindung wird von den Beklagten als vertraglicher Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis gewertet, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis war zum 29. Februar 2000 aufgelöst worden.

Schließlich berufen sich die Beklagten noch auf Verwirkung. Die Klägerin habe diesen Anspruch über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg weder schriftlich noch in anderer Art und Weise erhoben.

Das angerufene Arbeitsgericht München hat den Abfindungsanspruch gemäß § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur als verfallen angesehen und die Klage kostenpflichtig abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe seines Endurteils vom 3. Dezember 2004 wird Bezug genommen.

Mit der am 7. Februar 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 7. Januar 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsverlangen weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 4. April 2005 eingegangen. Darin wird die Ansicht des Erstgerichts, den streitgegenständlichen Sozialplanabfindungsanspruch als "vertraglichen Anspruch" im Sinne der tariflichen Ausschlussklausel zu werten, mit Nachdruck bekämpft. Nach Ansicht der Klägerin fallen unter "vertragliche Ansprüche" im Sinne von § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur lediglich die individualvertraglich vereinbarten Ansprüche aus dem unmittelbar zwischen den Parteien vereinbarten Einzelvertrag, während das Abfindungsverlangen aus dem Sozialplan als kollektivrechtlicher Anspruch zu verstehen sei, entstanden durch eine Betriebsvereinbarung (Sozialplan).

Der Verjährungseinrede wird entgegengehalten, dass die Sozialplanabfindung als einmalige Kapitalzahlung grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist von § 195 BGB a.F. unterliegt. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB ordne an, dass die kürzere Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. zur Anwendung komme, da im konkreten Fall die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. kürzer sei als die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. Diese dreijährige Verjährungsfrist habe am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen und sei erst am 31. Dezember 2004 abgelaufen, der streitbefangene Anspruch also bei Klageerhebung im Dezember 2003 noch nicht verjährt gewesen.

Rechte der Arbeitnehmer aus Betriebsvereinbarungen können nach Ansicht der Klägerin auch nicht verwirkt werden. Dies folge aus § 77 Absatz 4 Satz 3 BetrVG.

Die Berufungsanträge lauten damit:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Dezember 2004, Az. 37 Ca 23675/03, wird abgeändert.

2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch kostenpflichtig verurteilt, € 21.686,21 brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 1. April 2000 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten lassen beantragen:

Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Dezember 2004 zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichten sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung treten sie entgegen. Insbesondere halten sie daran fest, dass der ohnehin nicht bestehende Anspruch der Klägerin aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen, darüber hinaus verwirkt und auch verjährt ist.

Die Klägerin habe mit Schreiben vom 21. Januar 2000 um Aufhebung ihres Arbeitsvertrages zum 29. Februar 2000 gebeten, da sie nach Ansicht der Beklagten eine andere Stelle gefunden hatte und zu einem anderen Arbeitgeber wechseln wollte. Anders sei nicht zu erklären, dass sie ohne Einhaltung der an sich längeren Kündigungsfrist unter Inkaufnahme einer dadurch bedingten Sperre für etwaige Ansprüche auf Zahlung von Arbeitslosengeld ihr Arbeitsverhältnis zum Wunschtermin beendet habe. Damit sei diese Vertragsbeendigung aber auf Wunsch der Klägerin herbeigeführt worden ohne zu wissen, ob ihr Arbeitsplatz überhaupt betroffen sein werde.

Die Verfallklausel des § 24 MTV-DBV Winterthur erfasst nach den Vorstellungen der Beklagten alle vertraglichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, also auch die kollektivvertraglich im Tarifvertrag und in Betriebsvereinbarungen begründeten Ansprüche.

Die Klägerin tritt diesen Ausführungen entgegen. Sie sieht das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis infolge der im Rahmeninteressenausgleich vom 17. Mai 1999 genannten unternehmerischen Maßnahmen durch einen arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrag beendet. Den Arbeitnehmern sei beklagtenseits sowohl auf Informationsveranstaltungen am 26. und 27. Oktober 1999 als auch in einem Schreiben an alle Mitarbeiter des Servicezentrums vom 3. Dezember 1999 mitgeteilt worden, dass (spätestens) zum 31. Dezember 2001 das Servicezentrum geschlossen und sämtliche Arbeiten dieses Zentrums auf andere Standorte verlagert sein sollten.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 4. April 2005 (Blatt 185 bis 199 der Akte) mit Anlagen, auf die Berufungsbeantwortung vom 30. Mai 2005 (Blatt 208 bis 217 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 13. September 2005 (Blatt 223 bis 226 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, den zur Entscheidung gestellten Abfindungsanspruch zugesprochen zu bekommen, hat Erfolg.

1. Die Klageforderung folgt im Anschluss an die Urteile des Bundesarbeitsgerichts (vom 25. März 2003 - 1 AZR 169/02, 1 AZR 170/02 und 1 AZR 171/02) aus § 3 Nr. 1, Nr. 2 des Sozialplans vom 17. Mai 1999 (Blatt 18 bis 28 der Akte). Die Klägerin fällt in den Geltungsbereich dieses Sozialplans und sie erfüllt auch die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Nr. 1. Ihr Arbeitsverhältnis ist infolge einer der im Interessenausgleich vom selben Tage genannten Maßnahmen durch einen arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrag beendet worden.

Nach Nr. 1 des Rahmeninteressenausgleichs vom 17. Mai 1999 gilt er "wegen der Maßnahmen im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen". Kern der Neuausrichtung ist laut Nr. 2 u.a. die Nutzung von Synergien. Zu den Folgen der Umsetzung dieser unternehmerischen Ziele zählt die Schließung des Servicezentrums München. Dies ergibt sich aus dem Teilinteressenausgleich vom 12. Mai 2000. Nach seinem Einleitungssatz bildet er gemeinsam mit den Regelungen des Rahmeninteressenausgleichs vom 17. Mai 1999 die Grundlage "für die Umsetzung von Betriebsänderungen im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen". Laut § 2 I 1.1.1 seiner Regelungen werden "die Aufgaben des Servicezentrums M ... bis spätestens 31. Oktober 2001 vollständig ... verlagert".

Zwar wurde dieser Teilinteressenausgleich erst nach Abschluss des Aufhebungsvertrags der Parteien vereinbart. Gleichwohl ist aus ihm ersichtlich, daß die Schließung des Servicezentrums München zu den Maßnahmen gehört, die im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen nach Nr. 1 des Rahmeninteressenausgleichs stehen. Dementsprechend war den Mitarbeitern/innen des Servicezentrums München auch auf Informationsveranstaltungen am 26. und 27. Oktober 1999 bereits arbeitgeberseitig mitgeteilt worden, dass dieses Servicezentrum spätestens zum 31. Dezember 2001 geschlossen werde unter Verteilung seiner Aufgaben auf die Zentren H., K. und W. Soweit die Beklagten dazu vortragen lassen, es habe sich dabei lediglich um eine vorsorgliche Mitteilung an die Mitarbeiter/innen gehandelt, ohne dass bereits der Interessenausgleich vereinbart gewesen sei, vermochte das den Inhalt dieser unternehmerischen Mitteilung nicht zu entschärfen. Ein auch an alle Mitarbeiter/innen des Servicezentrums gerichtetes Schreiben vom 3. Dezember 1999 hatte diese Planung im Übrigen bestätigt/bekräftigt.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nach Überzeugung der Kammer (§ 287 ZPO) "infolge" der beabsichtigten Schließung des Servicezentrums München durch einen beklagtenseits veranlassten Aufhebungsvertrag beendet worden. Zum Aufhebungsvertrag der Parteien war es auf Grund der geplanten Schließung gekommen. Die Klägerin hat dies nachvollziehbar vorgetragen. Der Umstand, daß sie erst dann um eine einvernehmliche Vertragsbeendigung nachsuchte, als sie eine neue Arbeitsstelle in Aussicht hatte, ändert an diesem Ursachenzusammenhang nichts. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin sich unabhängig von der geplanten Schließung um einen neuen Arbeitsplatz bemüht und ihr Arbeitsverhältnis in jedem Fall beendet hätte, sind von den Beklagten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht ausgeführt, dass ein Arbeitgeber den Anlass zu einer Eigenkündigung oder einem Aufhebungsvertrag bereits dann gibt, wenn bei der Arbeitnehmerin im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen worden ist, mit der eigenen Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme sie einer sonst notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung nur zuvor. Der bloße Hinweis auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende Betriebsänderungen und die nicht auszuschließende Möglichkeit des Arbeitsplatzverlustes genüge zwar noch nicht, um in diesem Sinne einen vom Arbeitgeber gesetzten Anlass anzunehmen. Eine Eigenkündigung oder ein Aufhebungsvertrag sei aber dann vom Arbeitgeber veranlasst, wenn dieser dem Arbeitnehmer zuvor mitgeteilt hat, er habe für ihn nach Durchführung der Betriebsänderung keine (räumlich zumutbare) Beschäftigungsmöglichkeit mehr (BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 80/02 - ZIP 2003, 1414, zu II 1 b bb der Gründe; 20. April 1994 - 10 AZR 323/93 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 77 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 75, zu II 2 b der Gründe; 28. Oktober 1992 - 10 AZR 406/91 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 112a Nr. 6, zu II 1 b der Gründe).

Dies war hier der Fall gewesen. Auf der Informationsveranstaltung vom 26. und 27. Oktober 1999 hatten die Beklagten die im Servicezentrum München beschäftigten Arbeitnehmer darüber unterrichtet, dieses werde zum Jahresende 2001 geschlossen werden, seine Aufgaben würden auf die Zentren H., K. und W. verlagert. Die Klägerin musste auf Grund dieser Mitteilung davon ausgehen, ihr bisheriger Arbeitsplatz werde spätestens zum Jahresende 2001 wegfallen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten bei ihrer Unterrichtung die Absicht hatten, die Klägerin zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu bewegen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Erwartung der Arbeitnehmerin, ihr Arbeitsplatz werde nach der Betriebsänderung entfallen, auf Grund des betreffenden Verhaltens des Arbeitgebers bei Abschluss des Aufhebungsvertrags objektiv berechtigt gewesen war (BAG 25. März 2003 - 1 AZR 169/02 - EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 6; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 80/02 - ZIP 2003, 1414, zu II 1 b cc der Gründe; 17. April 1996 - 10 AZR 560/95 - zu II 3 b der Gründe).

Dies ist im Streitfall zu bejahen. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Beklagten auf der Informationsveranstaltung allen Beschäftigten zugesagt hatten, sie würden in einem der drei anderen Servicezentren weiterbeschäftigt werden. Die der Klägerin in Aussicht gestellte Weiterbeschäftigung war ihr gemäß § 4 Nr. 3 des Sozialplans unzumutbar. Die dort für die "regionale Zumutbarkeit" eines angebotenen neuen Arbeitsplatzes genannte Entfernung von höchstens 50 km ist aus Sicht des bisherigen Dienstortes der Klägerin in München hinsichtlich aller drei in Frage kommenden Servicezentren um ein Vielfaches überschritten. Das von der Beklagten unterbreitete Weiterbeschäftigungsangebot hätte die Klägerin deshalb nach § 3 Nr. 1 des Sozialplans zu einer mit Abfindungsansprüchen verbundenen Eigenkündigung berechtigt. Damit vermochte es auch den Anlass für den Aufhebungsvertrag nicht zu beseitigen.

Ein anderes Verständnis des Sozialplans hätte einen Verstoß gegen die in § 75 Abs. 1 BetrVG normierte Bindung der Betriebsparteien an die Grundsätze von Recht und Billigkeit und den aus diesen abzuleitenden Gleichbehandlungsgrundsatz zur Folge. Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, Arbeitnehmern, die wegen eines unzumutbaren Arbeitsplatzangebots eine Eigenkündigung aussprechen, Abfindungsansprüche einzuräumen, solche Ansprüche aber Arbeitnehmern vorzuenthalten, die wegen eines gleichermaßen unzumutbaren Angebots einen Aufhebungsvertrag schließen.

Die Klägerin musste auch nicht zuwarten, bis ihr ein unzumutbares Angebot konkret unterbreitet wird. Weil alle Arbeitsplatzangebote, die die Beklagte auf der Informationsveranstaltung als sicher in Aussicht gestellt hatte, für die Klägerin regional unzumutbar waren, konnte sie nicht annehmen, daß ihr bei weiterem Abwarten möglicherweise doch noch ein zumutbarer Arbeitsplatz angeboten werden würde. Aus den einzig konkret benannten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in den anderen Servicezentren durfte sie vielmehr den Schluss ziehen, daß andere sichere Möglichkeiten nicht bestanden.

Eine Obliegenheit der Klägerin zuzuwarten folgt auch nicht aus dem Rundschreiben der Beklagten vom 3. Dezember 1999, in dem sie darauf hinwiesen, daß ein früherer als der von ihnen vorgesehene Wechsel an einen anderen Standort nicht in ihrem Interesse liege und zum Anspruchsverlust führen werde. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob danach bei einer im Sinne des Schreibens vorzeitigen Eigenkündigung ein Abfindungsanspruch besteht. Durch den Abschluss eines vorzeitigen Aufhebungsvertrags jedenfalls entfällt dieser Anspruch nicht. Hier haben es die Beklagten in der Hand, das Aufhebungsangebot abzulehnen, wenn sie den betreffenden Mitarbeiter noch benötigen. Willigen sie statt dessen in eine Aufhebung ein, können sie sich anschließend nicht darauf berufen, der Arbeitnehmer habe gegen ihr Interesse an einem weiteren Verbleib gehandelt.

Auch die zweijährige Zeitspanne zwischen der Informationsveranstaltung im Oktober 1999 und der für Ende 2001 geplanten Schließung des Servicezentrums steht schließlich der Feststellung nicht entgegen, die Beklagten haben den Aufhebungsvertrag vom 1. März 2000 veranlasst. Die Größe eines Unternehmens und die zeitliche Distanz zwischen Ankündigung und (endgültiger) Durchführung der Betriebsänderung besagen nichts darüber, mit welchem Grad von Gewissheit ein Arbeitnehmer mit dem Wegfall seines Arbeitsplatzes rechnen muss. Allein dies ist aber maßgeblich für die Frage, ob eine Eigenkündigung oder ein Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber veranlasst ist.

Will ein Arbeitgeber wegen der Unvorhersehbarkeit der Stellenentwicklung und Stellenbesetzung die Berechtigung der Annahme verhindern, zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestünden für den Arbeitnehmer nach Durchführung der Betriebsänderung nicht mehr, muss er selbst durch die Gestaltung des Sozialplans - etwa mittels Vereinbarung von Stichtagsregelungen - oder durch entsprechend zurückhaltende Äußerungen über beabsichtigte Entwicklungen dafür Sorge tragen, daß Abfindungsansprüche erst entstehen können, wenn die Verhältnisse für ihn überschaubar geworden sind und sich Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ggf. deutlich darstellen.

Im Übrigen ist es einem Arbeitgeber auch in diesem Zusammenhang unbenommen, den Abschluss eines Aufhebungsvertrags abzulehnen. Will er lediglich dem Beendigungswunsch des Arbeitnehmers nicht im Wege stehen, obwohl er diesen weiterhin benötigt oder er mit frei werdenden Stellen rechnet, hat ein Arbeitgeber auch in Fällen wie vorliegend immer die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer den Abschluss des Aufhebungsvertrags unter der Bedingung anzubieten, daß der Betriebsrat einem (Teil-) Verzicht auf den Abfindungsanspruch gemäß § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG zustimmt. Es wäre dann Sache des Arbeitnehmers, beim Betriebsrat eine solche Zustimmung zu erwirken, indem er diesen von seinem Wunsch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst unter Verlust möglicher Abfindungsansprüche überzeugt.

Einem Anspruch der Klägerin aus § 3 Nr. 1, Nr. 2 des Sozialplans steht schließlich auch nicht entgegen, daß bei Vertragsschluß am 1. März 2000 die Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat über einen Teilinteressenausgleich im Sinne der Nr. 4 des Rahmeninteressenausgleichs noch nicht abgeschlossen waren. Auf Grund der Ankündigung der Beklagten vom Oktober 1999 mußte die Klägerin unabhängig vom Ergebnis der Verhandlungen mit einer Schließung des Servicezentrums und dem Wegfall ihres Arbeitsplatzes rechnen. Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagten während der Verhandlungen von ihrer Schließungsabsicht wieder abrücken könnten, waren nicht ersichtlich. Nach dem Rundschreiben der Beklagten vom Dezember 1999 sollten sich die Verhandlungen (nur) um die zeitliche Abfolge der Aufgabenverlagerung und darum drehen, welche Mitarbeiter von welchen personellen Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt betroffen sein würden. Es gab dagegen keinerlei Hinweis darauf, daß auch die beabsichtigte Schließung selbst erneut zur Disposition stehen könnte. In einem solchen Fall muss der Arbeitnehmer den Abschluss des Interessenausgleichs über die angekündigte Maßnahme nicht abwarten (vgl. BAG 15. Januar 1991 - 1 AZR 80/90 - BAGE 67, 29, 33 f., zu II 3 der Gründe).

2. Der damit grundsätzlich bestehende Abfindungsanspruch ist weder verjährt noch verfristet noch verwirkt. Er ergibt sich in voller Höhe aus dem Sozialplan, was zwischen den Parteien auch unstreitig ist.

2.1. Der Anspruch auf eine Sozialplanabfindung unterlag entgegen den Vorstellungen der Beklagten nicht der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 BGB a.F., sondern der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. Die Überleitung des Verjährungsrechts in das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 findet man in Art. 229 § 6 EGBGB geregelt. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 gilt für "bestehende und noch nicht verjährte Ansprüche" das mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführte Recht. Diese grundsätzliche Geltung des neuen Verjährungsrechts wird aber mehrfach durchbrochen. Anzuwenden ist das bisherige Recht für den Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und den Neubeginn (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Das gilt auch hinsichtlich der bisherigen Unterbrechungstatbestände, die durch die Vorschriften über die Hemmung ersetzt worden sind (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB).

Bei der Dauer der Verjährung wird unterschieden je nachdem, ob die neuen Fristen kürzer oder länger als nach bisherigem Recht sind. Im Interesse des Schuldnerschutzes vollendet sich die Verjährung einer kürzeren Frist nach bisherigem Recht (Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB). Eine längere Frist wird zu Gunsten des Schuldners zwar verkürzt, wegen des gebotenen Gläubigerschutzes beginnt ihr Lauf aber erst mit dem 1. Januar 2002 (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB). Damit hat die Klageschrift vom 15. Dezember 2003 den Ablauf der nunmehr geltenden dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB durch ihren Eingang beim Arbeitsgericht am 19. Dezember 2003 rechtzeitig gehemmt.

Eine Sozialplanabfindung ist weder Lohn bzw. Gehalt noch ein anderer Dienstbezug im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB a.F. oder eine andere anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarte Leistung im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a.F. Sie soll nicht Leistungen entgelten, die der Arbeitnehmer erbracht hat. Sie bezweckt vielmehr den - zukunftsgerichteten - Ausgleich oder die Milderung der Nachteile, die dem Arbeitnehmer durch eine Betriebsänderung entstehen (BAG 30. Oktober 2001 - Az: 1 AZR 65/01 - AP Nr. 145 zu § 112 BetrVG 1972). Dies folgt aus Wortlaut, Sinn und Zweck des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB a.F. und aus der Rechtsnatur der Sozialplanabfindung. Nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB a.F. verjährten in zwei Jahren die Ansprüche derjenigen, welche im Privatdienste stehen, wegen des Gehalts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge mit Einschluß der Auslagen und Vorschüsse. Mit gleicher Frist verjährten nach § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a.F. die Ansprüche der gewerblichen Arbeiter - Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter - wegen des Lohnes oder anderer anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarter Leistungen mit Einschluß der Auslagen und Vorschüsse. Diese Vorschriften erfassten damit Vergütungsansprüche im engeren Sinne, also Ansprüche, die ein Äquivalent für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen (BAG 17. Februar 1993 - 4 AZR 52/92 - AP BGB § 196 Nr. 14 = EzA BGB § 196 Nr. 6, zu III 2 der Gründe; 17. September 1991 - 1 AZR 26/91 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 120 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 100, zu II 1 der Gründe; 14. Februar 1977 - 5 AZR 171/76 - AP BGB § 196 Nr. 8 = EzA BGB § 196 Nr. 3, zu 2 b der Gründe; BGH 26. September 1980 - I ZR 119/78 - BGHZ 79, 89, 92); das waren insbesondere die Ansprüche auf Lohn und Gehalt. Die kurze - zweijährige - Verjährungsfrist galt aber auch für solche Ansprüche der Arbeitnehmer, die kein Entgelt im engeren Sinne sind; danach erfaßt sie alle Ansprüche, die in einem weiten Sinne Arbeitsentgelt oder sonstige regelmäßig nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistungen betrafen. Voraussetzung war aber auch bei solchen Ansprüchen, dass sie Lohn- oder Gehaltscharakter besitzen, also eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellten (BAG 17. September 1991 - 1 AZR 26/91 - aaO, zu II 1 der Gründe). Unabhängig von der konkreten Form ihrer Gewährung gehörten zu diesen Vergütungsansprüchen im weiteren Sinne sämtliche Ansprüche auf Umsatzprovisionen, Akkordlohn, Naturallohn, Provisionen und Tantiemen (vgl. BAG 7. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - BAGE 52, 33, zu 3 der Gründe; Soergel/Niedenführ BGB 13. Aufl. § 196 Rn. 48 mwN; MünchKommBGB/Grothe 4. Aufl. § 196 Rn. 30; Palandt/Hein­richs BGB 61. Aufl. § 196 Rn. 24).

Diese Voraussetzungen erfüllt eine Sozialplanabfindung nicht. Sie ist weder Lohn bzw. Gehalt noch ein anderer Dienstbezug i.S.d. § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB a.F. oder eine andere anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarte Leistung i.S.v. § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a.F. Sie ist nicht Äquivalent für die erbrachte Arbeitsleistung. Die Sozialplanabfindung nach § 112 BetrVG folgt zwar aus dem Arbeitsverhältnis, sie ist aber nicht als Arbeitseinkommen im Sinne der kurzen Verjährungsfristen des § 196 BGB a.F. anzusehen. Vielmehr ist der Zweck der Abfindung auf die durch eine Betriebsänderung verursachte künftige Lage des Arbeitnehmers bezogen (BAG 14. August 2001 - 1 AZR 760/00 - ZIP 2002, 94, zu III 1 a der Gründe). Dem steht auch die pfändungsrechtliche Behandlung von Sozialplanabfindungen als Arbeitseinkommen i.S.v. § 850 ZPO nicht entgegen.

Diese zukunftsorientierte Funktion einer Sozialplanabfindung, Nachteile wegen einer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist möglichen Zeit der Arbeitslosigkeit oder der Beschäftigung in einem schlechter bezahlten Arbeitsverhältnis auszugleichen oder zu mildern, steht einem Lohn- oder Gehaltscharakter der Sozialplanabfindung i.S.v. § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB a.F. entgegen. Die Sozialplanabfindung wird nicht für einen bestimmten Zeitraum der Arbeitsleistung gezahlt, sie wird auch nicht durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses verdient. Sie dient nicht den Zwecken, geleistete Arbeit zusätzlich zu entgelten, nicht erhaltene Vergütung zu ersetzen oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis entstandenen Schaden auszugleichen. Trotz der weiten Definition des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV ist die Sozialplanabfindung auch kein Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (BAG vom 30. Oktober 2001 - Az: 1 AZR 65/01, aaO).

2.2. Von der Begründung zur regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren a.F. für Sozialplanabfindungen ausgehend unterliegt der klägerische Abfindungsanspruch auch nicht der tariflichen Verfallklausel des § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur in der Fassung vom 27. Januar 1998. Dieser Anspruch kann nicht als "vertraglicher Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne von § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur gewertet werden. Soweit das Bundesarbeitsgericht tarifvertragliche Ausschlussfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis auch auf den Anspruch auf Zahlung einer einmaligen Abfindung aus einem Sozialplan anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Anwendung gebracht hat (BAG 30. November 1994 - 10 AZR 79/94 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 88 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 108, zu 2 b der Gründe; 27. März 1996 - 10 AZR 668/95 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 134 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 123, zu II 1 der Gründe), kann das für § 24 Satz 1 MTV-DBV Winterthur und die hier angesprochenen vertraglichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nicht gelten. Einer Sozialplanabfindung liegt kein vertraglicher Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zu Grunde. Sie wird nicht für einen bestimmten Zeitraum der Arbeitsleistung gezahlt, ist auch nicht durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses verdient. Sie verfolgt nicht den Zweck, geleistete Arbeit zusätzlich zu entgelten, nicht erhaltene Vergütung zu ersetzen oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis entstandenen Schaden auszugleichen. Trotz der weiten Definition des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV fällt die Sozialplanabfindung auch nicht unter die Beitragspflicht zur Sozialversicherung, sie ist kein Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (BAG vom 30. Oktober 2001 - Az: 1 AZR 65/01, aaO).

Ein Abfindungsanspruch steht auch nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung. Es geht bei ihm nicht um ein Geschäft des täglichen Lebens, das häufig vorkommt und deshalb eine baldige Klärung der Rechtslage erfordert, weil sonst eine in kurzer Zeit eintretende Verdunkelung des Sachverhalts zu befürchten wäre. Und er findet seine Rechtsgrundlage in einem Sozialplan, der nach § 112 Absatz 1 Satz 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung hat.

2.3. Schließlich hat die Klägerin ihren Abfindungsanspruch auch nicht verwirkt. Ein Anspruch kann verwirken, wenn der Berechtigte gegenüber dem Verpflichteten den Eindruck erweckt, dass er seinen Anspruch nicht mehr geltend machen werde (sog. Umstandsmoment) und ihn dann tatsächlich über einen erheblichen Zeitraum hinweg nicht verfolgt (sog. Zeitmoment).

Vorliegend fehlt es sowohl am Umstands- wie am Zeitmoment. Diese können entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin ihren Abfindungsanspruch erst nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. März 2003 und damit rund drei Jahre nach Ausscheiden bei den Beklagten zum 29. Februar 2000 hat geltend machen lassen. Im Übrigen wird auf § 77 Absatz 4 Satz 3 BetrVG hingewiesen.

3. Der Zinsanspruch ist ebenfalls begründet. Der Klägerin stehen Verzugszinsen auf die Bruttoforderung zu (BAG GS 7. März 2001 - GS 1/00 - BAGE 97, 150, 152, zu III der Gründe).

Die Beklagten befanden sich nach § 288 Abs. 1 Satz 1, § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ab dem 1. April 2000 in Verzug. Nach § 3 Nr. 4 des Sozialplans 1999 entsteht der Abfindungsanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, im Streitfall also mit Ablauf des 29. Februar 2000. Fällig wird er mit dem nächsten Gehaltslauf. Der Abfindungsanspruch wurde danach fällig mit dem letzten Tag des Monats, der auf die Arbeitsvertragsbeendigung folgte; dies war der 30. März 2000.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Für die Beklagten wird gem. § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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