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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 10.10.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 392/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 767
BGB § 157
BGB §§ 676f.
Bezahlt ist eine Geldforderung mit Eingang des Geldes; Erfüllung tritt bei Banküberweisung erst mit Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers ein.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 392/06

Verkündet am: 10. Oktober 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter von Zezschwitz und Brutscher für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten vom 28. März 2006 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Februar 2006 abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

2. Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich.

Sie hatten am 10. August 2005 vor dem Arbeitsgericht München (16 Ca 9325/05) einen gerichtlichen Vergleich (Blatt 18 der Akte) dahin geschlossen, das sich die damalige Beklagte (und jetzige Klägerin) verpflichtete, an den damaligen Kläger (und jetzigen Beklagten) einen Betrag in Höhe von € 12.000,00 zu Händen seines Prozessbevollmächtigten zu zahlen. Für den Fall, dass die damalige Beklagte an den damaligen Kläger bis spätestens 30. September 2005 einen Betrag in Höhe von € 7.500,00 bezahlt, verzichtete dieser auf den Restbetrag.

Die damalige Beklagte und nunmehrige Klägerin erteilte ihrer Bank am 30. September 2005 einen Überweisungsauftrag in Höhe von € 7.500,00 zu Gunsten des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers. Die Bank hat diesen Auftrag auch angenommen, das Konto war ausreichend gedeckt gewesen. Der Betrag ist auf dem Kanzleikonto des Prozessbevollmächtigten am 7. Oktober 2005 gutgeschrieben worden.

Am 19. Oktober 2005 hat der gegenwärtige Beklagte der Klägerin den Titel zustellen und Restzahlung in Höhe von € 4.500,00 fordern lassen. Von der Klägerin ist daraufhin mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 8. November 2005 Vollstreckungsgegenklage erhoben worden mit den Anträgen:

1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts München vom 10. August 2005, 16 Ca 9325/05, ist unzulässig.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 10. August 2005,16 Ca 9325/05, an die Klägerin herauszugeben.

3. Die Zwangsvollstreckung wird - gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung, die auch in Form einer Bankbürgschaft geleistet wird - vorläufig eingestellt.

Das angerufene Arbeitsgericht München hat die Zwangsvollstreckung aus diesem Vergleich als unzulässig angesehen und den Beklagten verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 10. August 2005,16 Ca 9325/05, an die Klägerin herauszugeben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe seines Endurteils vom 13. Februar 2006 wird Bezug genommen.

Mit der am 30. März 2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 7. März 2006 zugestellte Entscheidung verfolgt der Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 8. Mai 2006 eingegangen. Darin wird auf den nach Ansicht des Beklagten eindeutigen Wortlaut von Ziffer 2. des gerichtlichen Vergleichs vom 10. August 2005 hingewiesen dahin, dass der Betrag von € 7.500,00 an den Kläger und nicht an dessen Prozessbevollmächtigten zu bezahlen gewesen sei. Der Sinn dieser unterschiedlichen Zahlungsregelung habe darin bestanden, dass der Beklagte (und damalige Kläger) sofort über den Vergleichsbetrag von € 7.500,00 verfügen sollte, wenn die Klägerin zahlungsfähig war. Hätte die Klägerin nicht rechtzeitig bezahlen können, war Zahlung des Gesamtbetrags, wann auch immer, an den Prozessbevollmächtigten vorgesehen. Der gegenteiligen Auslegung durch das Erstgericht wird mit Nachdruck entgegengetreten.

Weiter lässt der Beklagte die vom Arbeitsgericht vertretene Ansicht beanstanden, der Überweisungsvertrag mit der Bank sei bereits am 30. September 2005 zustandegekommen. In der Entgegennahme eines Überweisungsauftrages sei noch keine Willenserklärung zu sehen. Über die Frage, wann der Überweisungsauftrag vom Bankhaus Reuschel angenommen worden war, hätte nach Ansicht des Beklagten gegebenenfalls Beweis erhoben werden müssen.

Der bloße Abschluss eines Überweisungsauftrages kann in den Augen des Beklagten zur Bewirkung der Leistungshandlung auch noch nicht genügen. Auf die erstinstanzlichen Rechtsausführungen in den Schriftsätzen vom 28. November 2005 und vom 20. Januar 2006 dazu wird Bezug genommen. Die Berufungsanträge lauten damit:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Februar 2006 (AZ.: 4 a Ca 17090/05) wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin lässt beantragen:

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 8. Mai 2006 (Blatt 53 bis 55 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 26. September 2006 (Blatt 62/63 der Akte) und vom 10. Oktober 2006 (Blatt 65/66 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Klage abgewiesen zu bekommen, hat Erfolg. Für die Klagebegehren gibt es keine tragfähigen Rechtsgrundlagen. Die Beklagte im Verfahren vor dem Arbeitsgericht München mit dem Aktenzeichen 16 Ca 9325/05 hatte an den Kläger bis spätestens 30. September 2005 einen Betrag in Höhe von € 7.500,00 nicht bezahlt. Bezahlt ist mit Eingang des Geldes, Erfüllung tritt erst mit Gutschrift (§ 676 f BGB) auf dem Konto des Gläubigers ein. Die Buchung muss endgültig geworden sein; das ist im Überweisungsverkehr der Fall, wenn die Bank die Daten der Gutschrift zur vorbehaltlosen Bekanntgabe an den Empfänger bereitgestellt hat, also "Abrufpräsenz" besteht (vgl. Palandt/Heinrichs BGB, 64. Auflage, § 362 RdNr. 9 ff. mit Nachweisen).

Im Streitfall war mit der Bezahlung eines Betrages in Höhe von € 7.500,00 bis spätestens 30. September 2005 ein Verzicht auf den Restbetrag in Höhe von € 4.500,00 verbunden. Dass der Gläubiger bei einer solchen Formulierung die zugesagten € 7.500,00 bis spätestens 30. September 2005 auf seinem Konto sehen wollte und ihm der Eingang des Überweisungsauftrages beim Kreditinstitut seines Schuldners am 30. September 2005 noch nicht genügte kann bei der gebotenen Vertragsauslegung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 BGB) nicht zweifelhaft sein. Wann das Kreditinstitut diesen Überweisungsauftrag angenommen hat, ist dem vorgetragenen Sachverhalt ohnehin nicht zu entnehmen. Aber auch eine Annahme des Überweisungsauftrags noch am 30. September 2005 könnte auf Seiten des Gläubigers - wie ausgeführt - noch nicht zum Bezahlen dieses Betrags führen.

Damit ist es zu dem im Vergleich vorgesehenen Verzicht des Beklagten (damaligen Klägers) auf den Restbetrag nicht gekommen, dieser kann vielmehr Zahlung des Restbetrags in Höhe von € 4.500,00 verlangen. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts München vom 10. August 2005 ist noch nicht unzulässig. Der Beklagte muss die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 10. August 2005 (16 Ca 9325/05) auch nicht an die Klägerin herausgegeben. Unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung war die darauf gerichtete Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO als unbegründet abzuweisen.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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