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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 505/08
Rechtsgebiete: ATV, FTV ATZ, ArbGG, TVG, BGB


Vorschriften:

ATV § 5
ATV § 5 Abs. 1
ATV § 6
ATV § 6 Abs. 3
ATV § 6 Abs. 4
ATV § 6 Abs. 5
ATV § 6 Abs. 6
ATV § 11
ATV § 11 Abs. 1
ATV § 19
FTV ATZ § 7
FTV ATZ § 7 Abs. 4
FTV ATZ § 8
FTV ATZ § 9
FTV ATZ § 11 Abs. 1
FTV ATZ § 20 Abs. 3
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2b
ArbGG § 64 Abs. 6
TVG § 4 Abs. 5
BGB § 133
BGB § 288
BGB § 291
BGB §§ 307 f.
1. Nehmen die Vertragspartner in einem Arbeitsteilzeitvertrag zur Berechnung der Vergütung auf einen bestimmten Tarifvertrag Bezug, so bleibt dieser in Bezug genommene Tarifvertrag auch dann weiter zur Vergütungsberechnung maßgeblich, wenn er gekündigt wurde und nachwirkt.

Dies gilt auch im Falle eines nachfolgenden Verbandseintritts des Arbeitgebers mit der Folge, dass dann ein anderer Vergütungstarifvertrag zur Anwendung gelangte, der den nachwirkenden ablöst, es sei denn, dass konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, die Vergütung solle jeweils nach dem aktuell gültigen Tarifvertrag berechnet werden.

2. Die Vereinbarung im Altersteilzeitvertrag, Änderungen der tariflichen Regelungen seien zu beachten, schließt keinen Tarifwechsel des Arbeitgebers ein.


Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

6 Sa 505/08

Verkündet am: 21. April 2009

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Künzl und die ehrenamtlichen Richter Schraml und Moosburger

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 28. März 2006 - 1 Ca 1890/05 - wird abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 879,34 (i. W.: achthundertneunundsiebzig 34/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 07.07.2005 hinsichtlich € 543,28 (i. W.: fünfhundertdreiundvierzig 28/100 Euro) und seit 16. 12. 2005 hinsichtlich € 336,06 (i. W.: dreihundertsechsunddreißig 6/100 Euro) zu zahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe der Altersteilzeitvergütung ab 1. Jan. 2005.

Der im Dezember 1946 geborene Kläger ist seit 1965 bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er ist in der Gewerkschaft ver.di organisiert.

Am 24. November 2003 unterzeichneten der Kläger und die Beklagte eine Altersteilzeitvereinbarung (nachfolgend: ATV; Bl. 18 ff. d. A.), welche eine Vollzeitarbeitsphase des Klägers vom 1. Nov. 2004 bis 30. Apr. 2007 sowie eine Freistellungsphase vom 1. Mai 2007 bis 31. Okt. 2009 vorsah. Diese regelte u.a.:

"...

§ 5 Arbeitsentgelt

Herr H. erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach Maßgabe der gemäß § 4 reduzierten Arbeitszeit, entsprechend § 7 des Firmentarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit.

...

§ 11 Auslegungsfragen

Für die Auslegung dieses Vertrages ist maßgebend das Altersteilzeitgesetz, sowie der Firmentarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit in seiner jeweils geltenden Fassung.

..."

Die Beklagte, die Faltschachteln aus Karton und Pappe herstellt, hatte bereits am 25. März 2002 einen "Firmentarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit" (nachfolgend: FTV ATZ; vgl. Bl. 6 ff. d. A.) mit der Gewerkschaft ver.di und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat geschlossen. In der Fassung einer zum 1. Dez. 2002 in Kraft getretenen Änderung bestimmt dieser u.a.:

"§ 1 Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt räumlich für die ...N. GmbH mit den beiden Standorten in ... und ..., sowie persönlich für alle Mitarbeiter, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und unter den Geltungsbereich der Manteltarifverträge für gewerbliche und angestellte Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen fallen.

...

§ 7 Altersteilzeitentgelt

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für die Dauer des Teilzeitarbeitsverhältnisses das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit sowie die Aufstockungszahlung nach § 8 dieses Firmentarifvertrages.

...

Änderungen des tariflichen Lohnes bzw. Gehaltes wirken sich während des gesamten Altersteilzeitverhältnisses auf das Arbeitsentgelt aus.

...

§ 20 Inkrafttreten und Laufzeit

Dieser Firmentarifvertrag tritt an die Stelle des ab 01.11.1999 gültigen Firmentarifvertrages und tritt am 01.01.2002 in Kraft und endet mit der Befristung der Förderungsfähigkeit des Altersteilzeitgesetzes. Dies ist zur Zeit der 31. Dezember 2009. ...

...

Ändern sich während der Laufzeit dieses Firmentarifvertrages die Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes oder die für die Berechnung der betrieblichen Leistungen maßgebenden sonstigen Vorschriften, werden die Parteien auf Antrag einer Seite in Verhandlungen über eine Anpassung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung eintreten.

Sollten die zuständigen Tarifparteien einen Flächentarifvertrag zur Altersteilzeit abschließen, werden die Parteien auf Antrag einer Seite in Verhandlungen darüber eintreten, ob der Flächentarif oder Teile davon für den Firmentarifvertrag für ... N. GmbH zur Anwendung kommen soll.

Eine Nachwirkung dieses Firmentarifvertrages wird ausgeschlossen."

Dieser FTV ATZ ist bisher weder gekündigt noch aufgehoben worden. Die Entgelthöhe ist nicht im FTV ATZ geregelt. Insoweit fand ein Entgelt-Firmentarifvertrag (nachfolgend: EFTV; vgl. 162 ff. d. A.) Anwendung, der sich mit einer Verringerung um 4 % am Vergütungsniveau der Verbandstarifverträge in der Druckindustrie orientierte. Der EFTV lautet auszugsweise:

"Tarifvertrag

...

Mit dem Tage der Unterschriftsleistung gelten für die gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden

...

e) das Lohnabkommen für die Druckindustrie vom 11. 5. 2000;

...

g) Lohnrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie vom 6. 7. 1984;

...

i) Tarifvertrag zur Altersteilzeit für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie vom 11. 5. 2000;

...

Für die kaufmännischen und technischen Angestellten und Auszubildenden gelten

...

Die in Bezug genommenen Tarifverträge (auch die gekündigten und nachwirkenden) gelten in ihrer jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweiligen rechtlichen Status. Zwischen den Parteien finden alle Abkommen, Zusatzabkommen, Vertragsänderungen und Vertragsergänzungen, Protokollnotizen, authentischen Interpretationen, sowie Schiedssprüche Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung abgeschlossen sind bzw. werden.

Werden zwischen der Gewerkschaft ver.di e.V. und den zuständigen Arbeitgeberverbänden für den Geltungsbereich der in Bezug genommenen Tarifverträge weitere bzw. neue Tarifverträge abgeschlossen, so wird der Inhalt der neu abgeschlossenen Tarifbestimmungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens übernommen.

Mit Ende der Friedenspflicht bei den in Bezug genommenen Verbandstarifverträgen endet auch die Friedenspflicht für die Beschäftigten der Firma ... N. GmbH insoweit, als es um die Forderungen zum Neuabschluss der in Bezug genommenen Verbandstarifverträge geht.

...

Dieser Tarifvertrag kann mit dreimonatiger Frist zum Jahresende gekündigt werden, erstmals zum 31. Dezember 2004.

Wenn sich die Firma ... N. GmbH dem Verband Druck und Medien Nordrhein e.V. wieder anschließt bzw. nach dem 31. März 2002 Mitglied bleibt, tritt dieser Tarifvertrag mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts bzw. der Kündigungsrücknahme außer Kraft.

..., den 30. 10. 01 ... und ...., den 05.10.2001

Geschäftsführung ver.di e.V.

der ... N. GmbH Fachbereich ...

gez. .. gez. ..

gez. ... gez. ...

gez...

Der Absenkungs-Tarifvertrag (Bl. 161 d. A.) lautet auszugsweise:

"HAUS-TARIFVERTRAG

...

Zur Sicherung der Arbeitsplätze im Unternehmen ... N. GmbH vereinbaren die Tarifparteien auf der Grundlage des Anerkennungstarifvertrages vom 05. Oktober 2001 folgende zeitlich befristeten Abweichungen:

...

Dieser Haus-Tarifvertrag erlischt am 31. Dezember 2004, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

..., den 30. 10. 01 ... und ..., den 05. 10. 2001

Geschäftsführung ver.di e.V.

der ... N. GmbH Fachbereich ...

gez. ... gez. ...

gez. ... gez. ...

gez. ...

Mit Wirkung zum 1. Juli 2004 trat die Beklagte dem Verband der Bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie bei. Sie kündigte "den zwischen ... N. GmbH und ver.di - Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrag vom 30. 10. 2001 zum 31. 12. 2004" (Schreiben vom 27. Sept. 2004, Bl. 165, 166 d. A.). Das Schreiben war an den Bundesvorstand der Gewerkschaft ver.di, wie auch an ver.di Bayern mit gleich lautendem Wortlaut gerichtet.

Im Februar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es fänden seit Januar 2005 für alle "tariflichen Mitarbeiter" die Tarifverträge für die Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie Anwendung. Dadurch hatte sich das Entgelt eines Großteils der Arbeitnehmer, u.a. auch des Klägers, um ca. 10 % verringert. Zur Abmilderung dieser Vergütungsreduzierung schloss die Beklagte mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine sog. Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19. Jan. 2005, deren Nr. 5 Abs. 3 eine Aufstockung der nach den Verbandstarifverträgen geschuldeten Vergütung von Januar 2005 bis Dezember 2007 auf 94 % des bisherigen Effektiveinkommens vorsieht. Hinsichtlich der Altersteilzeitverträge ist bestimmt:

"9. Altersteilzeit

Mitarbeiter, die sich am 01. 01. 2005 in der Freistellungsphase befinden, erhalten ihre Teilzeitvergütung ungekürzt weiter.

Mitarbeiter in der Arbeitsphase, die am 01. 01. 2005 mehr als 50 % ihrer Arbeitsphase zurückgelegt haben, erhalten ab 01. 01. 2005 ihre bisherige Altersteilzeitvergütung weiter."

Mit seiner am 28. Juni 2005 beim Arbeitsgericht Kempten eingegangenen und der Beklagten am 7. Juli 2005 zugestellten Klage vom 23. Juni 2005 sowie der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2005, eingegangen beim Arbeitsgericht am 12. Dez. 2005 und der Beklagten am 16. Dez. 2005 zugestellt, verlangte der Kläger die Differenzen zwischen dem tatsächlich bezahlten und dem nach dem FTV ATZ errechneten Altersteilzeitentgelt für Januar bis August 2005.

Er ist der Ansicht, die gegenüber dem Flächentarifvertrag höheren Vergütungsansprüche folgten aus der günstigeren Altersteilzeitvereinbarung, welche die Beklagte in ihrer Altersteilzeitberechnung auch zugesichert habe. Der Vorbehalt in § 6 Abs. 3 ATV beziehe sich allein auf die veränderlichen persönlichen Daten des Klägers; der Hinweis "ohne Gewähr nur zur persönlichen Information" in der Altersteilzeitberechnung betreffe allein die Rentenberechnung.

Die Tarifwechselklausel in § 5 Abs. 1 ATV i.V.m. § 7 Abs. 4 FTV ATZ müsse er nicht gegen sich gelten lassen. Darin erblickt er einen unzumutbaren Änderungsvorbehalt; zudem sei die Klausel unklar. Jedenfalls aber könne er die Gleichbehandlung seiner Person mit der nach Nr. 9 der GBV v. 19. Jan. 2005 bezeichneten Personengruppe verlangen.

Er hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 879,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die der Altersteilzeitvereinbarung beigefügte Berechnung trage den geltend gemachten Anspruch nicht. Der im ATV und im FTV ATZ gemachte Vorbehalt umfasse auch einen Tarifwechsel. Da sie keine bestimmte Entgelthöhe zugesagt habe, könne darin auch kein unzumutbarer Änderungsvorbehalt zu sehen sein. Der Tarifvertrag unterliege auch keiner Vertragsinhaltskontrolle. Die in Nr. 9 GBV v. 19. Jan. 2005 enthaltene Differenzierung hält sie für sachgerecht und wirksam.

Das Arbeitsgericht Kempten hat die Klage mit Endurteil vom 28. März 2006 abgewiesen.

Gegen dieses ihm am 10. Apr. 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Mai 2006, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am selben Tag, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 10. Juli 2006, eingegangen am selben Tag, innerhalb der bis 10. Juli 2006 verlängerten Frist, begründet. Die Beklagte hat hierauf mit Schriftsatz vom 21. Juli 2006, eingegangen am 24. Juli 2006 erwidert.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit Endurteil vom 11. Sept. 2006 (- 6 Sa 584/06) zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat auf die Revision des Klägers das landesarbeitsgerichtliche Urteil mit Urteil vom 15. Apr. 2008 (- 9 AZR 159/07) aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Hinsichtlich der dafür maßgebenden Erwägungen wird auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Bezug genommen.

Der Kläger hält an seiner Ansicht fest, ihm stünde die vereinbarte (ungekürzte) Vergütung nach dem ATV zu. Der FTV-ATZ gelte nach wie vor und sei nicht gekündigt. Der EFTV sei wegen seiner größeren räumlichen, betrieblichen fachlichen und persönlichen Nähe vorrangig zu beachten. Nur der Haustarifvertrag zur Absenkung der Löhne und Gehalter um 4 % sei befristet abgeschlossen worden, nicht aber der EFTV. Dieser sei zum 31. Dez. 2004 gekündigt, doch sei - wie der Kläger meint - das Kündigungsschreiben nicht eindeutig. Jedenfalls aber finde dieser Tarifvertrag kraft Nachwirkung weiter Anwendung.

Er beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 28. März 2006, Az. 1 Ca 1890/05 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 879,34 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer erstinstanzlich geäußerten Rechtsansicht fest. Da sie noch im Jahr 2004 dem zuständigen Verband der Papierverarbeitung beigetreten sei, hätten die Flächentarifverträge dieses Industriezweiges ab 1. Jan. 2005 Anwendung gefunden. Damit sei auch die Weitergeltung des Haustarifvertrages ausgeschlossen gewesen. Der Kläger müsse, wie sie meint, akzeptieren, dass er ab 1. Jan. 2005 dem Tarifvertrag der Papierverarbeitung unterliege und ein entsprechendes Tarifentgelt erhalte, das nur durch die mit Billigung der Tarifvertragsparteien abgeschlossene GBV v. 19. Jan. 2005 teilweise ausgeglichen werde.

Wegen des Sachvortrages der Parteien im Einzelnen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 23. Juni 2005 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 9. Dez. 2005 (Bl. 63 ff. d. A.), vom 10. Juli 2006 (Bl. 102 ff. d. A.) und vom 2. Okt. 2008 (Bl. 168 ff. d. A.), der Beklagten vom 19. Sept. 2005 (Bl. 49 ff. d. A.), vom 21. Juli 2006 (Bl. 107 f. d. A.) und vom 14. Aug. 2008 (Bl. 159 f. d. A.) - jeweils nebst Anlagen - sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 29. Juli 2005 (Bl. 45 ff. d. A.), vom 7. Feb. 2006 (Bl. 69 f. d. A.), vom 5. Sept. 2006 (Bl. 115 f. d. A.), vom 15. Apr. 2008 (Bl. 135 d. A. [V/R]) und vom 24. März 2009 (Bl. 187 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die in zulässiger Weise eingelegte Berufung hat in der Sache Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2b ArbGG statthaft. Sie ist in rechter Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG, § 222 ZPO).

II. In der Sache hat die Berufung Erfolg.

Der Kläger hat Anspruch auf Fortentrichtung seiner Altersteilzeitvergütung nach dem EFTV gem. § 5 ATV, § 7 FTV ATZ. Zwar sind die tariflichen Entgeltregelungen gem. dem EFTV durch den Verbandsbeitritt der Beklagten zum Arbeitgeberverband der Bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie und die daraus folgende Geltung der von diesem Verband abgeschlossenen Flächentarifverträge ab 1. Jan. 2005 abgelöst worden, dass es zu keiner Nachwirkung des zum 31. Dez. 2004 gekündigten EFTV nach § 4 Abs. 5 TVG kommt. Allerdings hat der Kläger einzelvertraglich Anspruch auf die ihm gem. dem EFTV zugesagte Altersteilzeitvergütung. Nach der vertraglichen Formularabrede sollte sich diese ausschließlich nach dem EFTV bemessen, nicht auch nach evtl. anderen Tarifverträgen, die sich bei einem - im Zeitpunkt des Abschlusses des ATV nicht ersichtlichen - anderweitigen und erst durch Verbandsbeitritt des Arbeitgebers normativ geltenden Tarifvertrag bemessen.

1. Der geltend gemachte klägerische Anspruch folgt nicht unmittelbar aus den von § 5 ATV in Bezug genommenen §§ 7 - 9 FTV ATZ. Diese Regelungen enthalten keine unmittelbare Entgeltregelung; sie sind vielmehr ausfüllungsbedürftig und nehmen im Wege einer konkludenten dynamischen Blankettverweisung in wirksamer Weise auf den EFTV Bezug (vgl. dazu BAG v. 15. 4. 2008 - 9 AZR 159/07, unter Rz. 30 ff.). Die normative Fortgeltung des so begründeten Anspruches setzt somit maßgeblich die Weitergeltung des EFTV voraus.

2. Das Altersteilzeitentgelt des Klägers bestimmt sich nicht normativ nach den Regelungen des EFTV. Dieser Tarifvertrag ist infolge der Kündigung durch die Beklagte zum 31. Dez. 2004 durch die kraft Verbandsbeitritts normativ geltenden Flächentarifverträge der Papierindustrie abgelöst worden.

a. Beim EFTV handelt es sich um einen Tarifvertrag. Er ist schriftlich abgeschlossen und allein von den Tarifvertragsparteien, den Vertretern der Beklagten und den Bevollmächtigten der Gewerkschaft ver.di unterzeichnet. Vergleichbare Zweifel an der Tarifeigenschaft, wie sie beim FTV ATZ bestanden (dazu BAG v. 15. 4. 2008 - 9 AZR 159/07, unter Rz. 18 ff.), sind hier nicht gegeben.

b. Der EFTV ist durch die Beklagte wirksam zum 31. Dez. 2004 gekündigt. Die seitens des Klägers angebrachten Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Kündigung sind nicht begründet.

aa. Der EFTV war unbefristet abgeschlossen und konnte seitens der Vertragsparteien mit einer dreimonatigen Frist zum Jahresende, erstmals zum 31. Dez. 2004, gekündigt werden (vgl. Bl. 162 ff., 164 d. A.). Diese Kündigung war durch die Beklagte mit Schreiben vom 27. Sept. 2004 wirksam ausgesprochen worden.

Der EFTV war seitens der Gewerkschaft durch die Gewerkschaft ver.di e.V., Bundesvorstand, Fachbereich Medien, Kunst und Industrie, Berlin, abgeschlossen worden. Dies folgt zwar nicht aus den Angaben vor den Unterschriften der Gewerkschaftsbevollmächtigten, allerdings aus der Parteibezeichnung vor den normativen Tarifregelungen (Bl. 162 d. A.). Die Beklagte hatte nun das Kündigungsschreiben an die Landesbezirksverbände der Gewerkschaft ver.di Bayern und Köln gerichtet (Bl. 166 d. A.), allerdings auch an den Bundesvorstand der ver.di e.V. (Bl. 165 d. A.). Damit ist die Kündigung jedenfalls auch dem richtigen Vertragspartner zugegangen.

bb. Der fristgerechte Kündigungszugang bis spätestens 30. Sept. 2004 wird seitens des Klägers nicht in Abrede gestellt. Allein die (fehlende) Eindeutigkeit rügt dieser (Schriftsatz vom 2. Okt. 2008, Seite 3, Bl. 170 d. A., unter Punkt 5). Eindeutigkeit des Kündigungsschreibens ist jedoch nach Ansicht der Kammer anzunehmen.

Bei der Beklagten bestanden neben dem FTV ATZ zwei weitere Firmentarifverträge, der EFTV und ein als "HAUS-TARIFVERTRAG" bezeichneter, zeitlich bis 31. Dez. 2004 befristeter Tarifvertrag über die Absenkung der Vergütung um 4 % (Bl. 161 d. A.). Das Kündigungsschreiben lautet:

"...

Hiermit kündigen wir form- und fristgerecht den zwischen ... N. GmbH und ver.di - Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrag vom 30.10.2001 zum 31.12.2004.

..." (Bl. 165, 166 d. A.).

Beide Tarifverträge, der sog. "HAUS-TARIFVERTRAG", wie auch der EFTV datieren auf Arbeitgeberseite auf den 30. Okt. 2001. Dennoch konnten nach Ansicht der Kammer keine Zweifel aufkommen, welcher Tarifvertrag mit dem bezeichneten Schreiben gekündigt werden sollte. Dies folgt schon aus der Bezeichnung "Tarifvertrag". Nur der EFTV ist mit "Tarifvertrag" überschrieben. Zum anderen bedurfte es keiner Kündigung des sog. "HAUS-TARIFVERTRAGES", der expressis verbis zum 31. Dez. 2004 außer Kraft trat, "ohne dass es einer Kündigung bedarf" (Bl. 161 d. A.). Somit konnte die Kündigung allein den "Tarifvertrag", also den EFTV betreffen, der - wollte man seine normative Wirkung beenden - einer Kündigung bedurfte.

c. Infolge dieser wirksamen Kündigung des EFTV war dieser ab 1. Jan. 2005 durch die Verbandstarifverträge der Papierindustrie abgelöst worden (Ablösungsprinzip). Dieses Konkurrenzproblem zwischen dem "an sich" nachwirkenden Firmentarifvertrag (§ 4 Abs. 5 TVG) und den normativ geltenden Verbandstarifverträgen ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Tarifvertragsparteien des EFTV die Nachwirkung für den Fall der Kündigung ausgeschlossen hätten. Dahingehende Regelungen sind dem EFTV nicht zu entnehmen. Allerdings stehen sich ab dem 1. Jan. 2005 nicht mehr zwei vollwirksame Tarifverträge gegenüber. Hinsichtlich der Verbandstarifverträge sind zwar vollwirksame Tarifnormen gegeben, nicht aber hinsichtlich des EFTV, der nur mehr kraft Nachwirkung zur Geltung käme. Dies bedeutet nach herrschender Ansicht, der sich die erkennende Kammer anschließt, dass zwar die Geltung der Tarifnormen erhalten bleibt, deren zwingende Wirkung aber entfällt (BAG v. 3. 12. 1985 - 4 ABR 7/85 und 4 ABR 60/85, AP BAT § 74 Nr. 1, 2; vgl. ferner BAG v. 13. 7. 1994 - 4 AZR 555/93, AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 14; BAG v. 10. 11. 1993 - 4 AZR 375/92, AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 13; Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rz. 1449; Kempen/Zachert, TVG, 3. Aufl., § 4 TVG Rz. 293; Herschel, ZfA 1976, 89, 98 ff.). Eine "andere Abmachung" i.S. § 4 Abs. 5 TVG stellen auch die ab 1. Jan. 2005 normativ für den seinerseits tarifgebundenen Kläger und die Beklagte geltenden Verbandstarifverträge dar.

Diese Ablösung ist vorliegend nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes ausgeschlossen. Der Ablösung der "an sich" nachwirkenden Regelungen des EFTV durch die Verbandstarifverträge kommt weder echte noch unechte Rückwirkung zu. Insoweit schließt sich die Kammer den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 15. 4. 2008, a.a.O., unter Rz. 49 ff., 52 ff.) an.

3. Allerdings steht dem Kläger ein einzelvertraglicher Anspruch auf die bisherige Altersteilzeitvergütung, berechnet nach den Regelungen des auf den EFTV Bezug nehmenden FTV ATZ, zu. Denn die Beklagte hat ihm mit §§ 5, 6, 11 ATV in Form einer "kleinen dynamischen Verweisung" (vgl. BAG v. 15. 4. 2008 - 9 AZR 159/07, unter Rz. 60) eine Altersteilzeitvergütung auf der Basis des EFTV zugesagt. Insbesondere ergibt sich aus dem nach § 11 Abs. 1 ATV für die Auslegung maßgeblichen FTV ATZ nicht, dass der Kläger auch einen Tarifwechsel, verbunden mit der Zahlung einer dann geringeren Vergütung auf Grund der Tarifverträge einer anderen Branche, akzeptieren müsste ("große dynamische Verweisung"; vgl. BAG v. 15. 4. 2008, a.a.O.). Anderes folgt weder aus § 7 Abs. 4, § 19, § 20 Abs. 3 FTV ATZ. Ebenso wenig folgt aus dem Unverbindlichkeitshinweis der Berechnung ein Hinweis auf einen möglichen Tarifwechsel.

a. Die Regelungen in §§ 5, 6 ATV schließen nicht eindeutig; aus dem Wortlaut erschließt sich nicht, inwieweit ein Arbeitnehmer in Altersteilzeit - hier: der Kläger - auch einen Tarifwechsel und eine damit verbundene geringere tarifliche Entlohnung hinnehmen muss. Diese Regelungen sind daher - primär nach ihrem Wortlaut (BAG v. 18. 4. 2007 - 4 AZR 652/05, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53) - auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Der Wortlaut als solcher lässt aber keinen eindeutigen Schluss auf die (Nicht-) Einbeziehung eines Tarifwechsels durch die § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 4 ATV, § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 1 FTV ATZ zu.

aa. Nach § 133 BGB ist der wirkliche, wenn auch ggf. ungenau oder unzutreffend geäußerte Wille des Erklärenden als eine sogenannte innere Tatsache zu ermitteln (BGH v. 7. 12. 2001 - V ZR 65/01, NJW 2002, 1038; BGH v. 26. 10. 1983 - IVa ZR 80/82, NJW 1984, 721). Lässt sich der tatsächliche Willen des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung feststellen und hatte der andere Teil die Erklärung auch in diesem Sinne verstanden, so bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts (BGH v. 7. 12. 2001, a.a.O.). Der Erklärungsempfänger muss sich den wirklichen Willen des Erklärenden nicht zu Eigen machen; ausreichend ist, dass er in Kenntnis dieses Willens das Rechtsgeschäft abschließt (BGH v. 7. 12. 2001, a.a.O.; BGH v. 20. 11. 1992 - V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373; BGH v. 13. 2. 1989 - II ZR 179/88, NJW-RR 1989, 931). Der wirkliche Wille des Erklärenden geht in diesem Fall dem Wortlaut vor (BAG v. 1. 4. 1965 - 3 AZR 413/64, AP BGB § 133 Nr. 28; BGH v. 7. 12. 2001, 20. 11. 1992, 26. 10. 1983, jeweils a.a.O.). Dadurch ist auch eine abweichende Auslegung ausgeschlossen (BAG v. 1. 4. 1965, a.a.O.; BGH v. 7. 12. 2001, a.a.O.; BGH v. 13. 11. 1998, V ZR 216/97, NJW 1999, 486, 487).

bb. Lässt sich kein übereinstimmender Wille ermitteln, richtet sich die Auslegung danach, welcher Wille des Erklärenden für denjenigen Erklärungsempfänger erkennbar geworden ist (BGH v. 12. 3. 1992 - IX ZR 141/91, NJW 1992, 1446 m.w.N.). Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger diese nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsanschauung verstehen musste (BGH v. 12. 3. 1992, a.a.O.; BGH v. 23. 1. 1986 - IX ZR 46/85, NJW 1986, 1681). Dafür kommt es zunächst auf den Inhalt der Erklärung an. Allerdings können auch außerhalb des Erklärungsakts liegende Begleitumstände in die Auslegung einbezogen werden, soweit sie für den Erklärungsempfänger einen Schluss auf den Sinngehalt des Geäußerten zulassen (BGH v. 12. 3. 1992, a.a.O. m.w.N. unter Rz. 21 [juris]).

b. Bei Auslegung dieser Vereinbarungen, die auf keinen übereinstimmend von beiden Parteien zugrunde gelegten Willen schließen lässt, ergibt sich nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, dass keine große, sondern nur eine kleine dynamische Verweisung vorliegt, der Kläger also keine mit einem Tarifwechsel verbundene Vergütungsminderung hinzunehmen hat.

aa. Wie ausgeführt (vorstehend a.) ist weder dem Wortlaut des Vertrages (ATV) noch dem des FTV ATZ eindeutig zu entnehmen, ob eine kleine oder eine große dynamische Bezugnahme erstrebt war.

bb. Für eine große Bezugnahmeklausel könnte sprechen, dass § 5 ATV auf § 7 FTV ATZ verweist, wobei der FTV ATZ seinerseits keine eigenständige Regelung der Vergütungshöhe enthält, also seinerseits ergänzungsbedürftig ist. In § 7 Abs. 4 FTV ATZ ist festgehalten, dass sich Änderungen des Tariflohnes während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf die Vergütungshöhe auswirken. Dies könnte darauf hindeuten, es sei jeweils der betrieblich-fachlich geltende Entgelttarifvertrag der Vergütungsberechnung zugrunde zu legen. Dem entspräche auch, dass § 6 Abs. 5 ATV vorsieht, "allgemein gültige Änderungen in den betrieblichen Regelungen für die Entgeltzahlung ..." seien zu berücksichtigen. In der Zusammenschau dieser Regelungen wird ein betrieblich-fachlicher Bezug hergestellt, der über die bloße zeitliche Dynamisierung des § 11 Abs. 1 ATV hinausgehen könnte (vgl. dazu BAG v. 15. 4. 2008, a.a.O., unter Rz. 63). Eine solche große dynamische Bezugnahmeklausel wäre auch wirksam vereinbar gewesen; insoweit nimmt die Kammer Bezug auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 15. 4. 2008 (a.a.O., unter Rz. 72 ff.), denen sie sich anschließt.

cc. Eindeutig ist vorstehendes Verständnis aber ebenso wenig. Und, es wird widerlegt durch die konkludente Einbeziehung des EFTV in den FTV ATZ (vgl. oben II. 1.). ATV und der in Bezug genommene FTV ATZ hatten dem Kläger eine Altersteilzeitvergütung (konkludent) auf der Basis des EFTV zugesagt.

Der Hinweis auf die Berücksichtigung eventueller Änderungen der Vergütungsregelung schließt damit jedoch keinen Tarifwechsel ein. Denn der EFTV war weder befristet abgeschlossen noch ist seine Nachwirkung für den (hier eingetretenen) Fall seiner Kündigung ausgeschlossen. Der EFTV stellte auch im Falle seiner Kündigung noch eine normativ wirkende Regelung im Sinne des § 11 Abs. 1 ATV dar.

Auch ist die Beendigungsbedingung des EFTV durch den Verbandseintritt der Beklagten (vgl. letzter Absatz des EFTV) nicht eingetreten. Danach sollte der EFTV außer Kraft treten, wenn die Beklagte sich dem Verband Druck und Medien Nordrhein e.V. wieder anschlösse oder nach dem 31. März 2002 Mitglied dieses Verbandes bliebe. Dieses "Außer-Kraft-Treten" des EFTV kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass dessen Wirkung mit dem Zeitpunkt des Verbandseintritts oder der fortgeführten Mitgliedschaft der Beklagten im Verband enden und die Nachwirkung ausgeschlossen sein sollte. Allerdings kam es entscheidend auf den Eintritt in den oder die Fortsetzung der Mitgliedschaft im Verband Druck und Medien Nordrhein e.V. an, dem die Beklagte aber weder weiter angehört und in den sie nachfolgend auch nicht wieder eingetreten war. Der Eintritt in den Bayerischen Verband der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie löste diese Wirkung nicht aus. Dies folgt zum einen bereits aus der explizit erwähnten fortgesetzten oder erneuerten Mitgliedschaft der Beklagten im konkret bezeichneten Verband, die zu einer sofortigen Beendigung der Wirkung des EFTV führen sollte. Zum anderen nimmt der EFTV auf Tarifverträge der Druckindustrie Bezug, weswegen die Fortsetzung oder die Erneuerung der Mitgliedschaft der Beklagten in einem Druckarbeitgeberverband die Inbezugnahme der Drucktarifverträge durch Haustarifverträge überflüssig machte. Genau diese Folge trat aber durch den tatsächlich erfolgten Eintritt in den Verband der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie nicht ein.

(1.) Die systematische Gesamtschau der Regelungen in § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 4 ATV, § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 1 FTV ATZ ergibt die Nicht-Einbeziehung der Tarifwechselklausel. Denn der EFTV war weder befristet noch war seine Nachwirkung für den Fall seiner - erfolgten - Kündigung ausgeschlossen. Die Parteien haben damit die von der Beklagten zu erbringende Hauptleistungspflicht zur Zahlung des Altersteilzeitentgelts auf konkrete betrieblich-fachlich einschlägige Vereinbarungen gestützt. Die Änderungsvorbehalte können sich nach dem Wortlaut der Regelungen nur auf eine Dynamisierung der Vergütung in ihrer Höhe beziehen. Auch im Falle der Kündigung des EFTV entstünde keine Lücke im Arbeitsverhältnis, da dieser jedenfalls nach § 4 Abs. 5 TVG nachwirken könnte. Der Kläger konnte und musste die Vergütungsregelung in § 5 Abs. 1 ATV i.V.m. § 6 Abs. 4 ATV, § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 1 FTV ATZ so verstehen, dass allein eine inhaltliche Änderung der im Zeitpunkt des Abschlusses der Altersteilzeitvereinbarung geltenden betrieblichen Regelungen zu einer Veränderung der seitens der Beklagten geschuldeten Vergütung führten. Umstände, wonach er auch einen Beitritt der Beklagten, verbunden mit der normativen Geltung anderer Tarifverträge hätte erkennen und berücksichtigen müssen, sind danach nicht gegeben (so auch BAG v. 15. 4. 2008, a.a.O., unter Rz. 79). Im Falle eines befristeten oder nicht nachwirkenden EFTV hätte der Kläger berücksichtigen müssen, dass bei Auslaufen des für die Berechnung der Altersteilzeitvergütung maßgeblichen Tarifvertrages ggf. andere Abmachungen, auch andere Tarifverträge zugrunde zu legen gewesen wären. Da diese Voraussetzungen vorliegend aber nicht gegeben sind, musste sich der Kläger auf keine Vergütungsänderung durch einen Tarifwechsel bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung einstellen.

(2.) Jedenfalls aber stellen die Vergütungsregelungen in §§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 6 ATV i.V.m. § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 1 FTV ATZ intransparent und benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Hinsichtlich einer möglichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 f. BGB schließt sich die Kammer den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 15. 4. 2008, a.a.O.) an.

Ein Arbeitnehmer vertraut im Altersteilzeitarbeitsverhältnis in besonderer Weise auf die Klarheit der Vertragsbedingungen. Im Altersteilzeitarbeitsverhältnis besteht eine besondere Bindung des Arbeitnehmers an den Vertragspartner, welche über die Bindungen eines "gewöhnlichen" Arbeitsverhältnisses hinausgeht. Im Falle der Kündigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer endete die Altersteilzeit. Ein Anspruch, sie unter Anrechnung ihrer bisherigen Dauer mit einem anderen Vertragspartner fortzusetzen, besteht nicht. Es hätte infolge des Vertrauens des Arbeitnehmers auf die besondere Klarheit der Vertragsbedingungen eines klaren und deutlichen Hinweises darauf bedurft, auch bei der Geltung anderer Verbandstarifverträge infolge des Beitritts der Beklagten zu dem entsprechenden (anderen) Arbeitgeberverband könne es zu einer Veränderung (Verringerung) der zu beanspruchenden Altersteilzeitvergütung kommen. Daran fehlt es hier.

4. Der geltend gemachte Betrag ist hinsichtlich seiner Höhe rechnerisch unstreitig und gilt sonach als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 BGB.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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