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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 678/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 311 Abs. 2
BGB § 280
Erfolglos gebliebener Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichen Einstellungsverhandlungen.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

6 Sa 678/07

Verkündet am: 8. April 2008

In dem Rechtsstreit

hat die sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Wolfgang Johann und Peter Stiegler

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers vom 24. Juli 2007 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. Juni 2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Schadenersatzanspruch aus vorvertraglichem Verhalten.

Der im Oktober 1972 geborene Kläger, Dipl.-Wirtschaftsingenieur mit Wohnsitz in Österreich bei G., hatte sich Ende 2003 bei der Beklagten um eine Stelle als Manager beworben.

Bei einem ersten Bewerbungsgespräch in einem Büro der Beklagten am 13. Januar 2004 hatten sich beide Seiten großes gegenseitiges Interesse an einer Zusammenarbeit bestätigt. Mit E-Mail vom 25. Februar 2004 informierte die Beklagte den Kläger allerdings darüber, dass der bereits eingeleitete Einstellungsprozess wegen eines externen Einstellungsstopps bei der Beklagten abgebrochen werden müsse.

Nachdem dieser externe Einstellungsstopp im April 2004 vom damaligen Abteilungsleiter für die vom Kläger angestrebte Stelle wieder aufgehoben worden war, informierten die zuständigen Stellen bei der Beklagten den Kläger telefonisch, dass man die bereits begonnenen Gespräche und den Einstellungsprozess wieder aufnehmen wolle.

Tatsächlich gab es bei der Beklagten aber weiterhin einen generellen Einstellungsstopp, so dass jede externe Einstellung vom Vorstand der Beklagten erst freigegeben werden musste. Die Aufhebung durch den Abteilungsleiter hatte nur diesen Fachbereich und dessen Einverständnis mit der Suche nach einem geeigneten Bewerber betroffen.

Am 23. April 2004 erhielt der Kläger von der Beklagten einen Vorschlag betreffend Gehalt und Urlaub, mit dem er auch einverstanden war. Wenige Tage später bekam er einen mit "Letter of intent" überschriebenen Vertragstext vom 26. April 2004 (Blatt 9 bis 15 der Akte) zugesandt, der beklagtenseits bereits unterschrieben war und nach den Vorstellungen der Beklagten den endgültigen Vertragstext bereits enthielt. Die Einstellung erfolgte danach allerdings unter dem Vorbehalt, dass der Gesamtvorstand und der Betriebsrat der Einstellung zustimmen und eine von I. zu veranlassende ärztliche Untersuchung die gesundheitliche Eignung des Klägers ergibt. In den Schlussbestimmungen dieses Letter of intent war der Kläger dann noch gebeten worden, ihn bis spätestens 5. Mai 2004 unterschrieben zurückzusenden. Danach wollte sich die Beklagte an das Angebot nicht mehr gebunden sehen.

Am 30. April 2004, der Kläger befand sich zum Zwecke von Wohnungssuche gerade in M., fand bei der Beklagten ein weiteres Gespräch zwischen den Parteien statt. Der Kläger händigte das von ihm unterschriebene Exemplar des Letter of intent aus und erkundigte sich danach, was seiner Einstellung noch entgegenstehen könnte. Die Vertreter der Beklagten hatten dabei auf den im Letter of intent formulierten Vorbehalt verwiesen, sich aber zuversichtlich gezeigt, dass eine formale Genehmigung bis zum angedachten Arbeitsantritt (am 17. Mai 2004) erfolgen könne. Gleichzeitig erhielt der Kläger ein mit "Welcome to I." überschriebenes Paket mit Unterlagen, das u.a. Mitteilungen zur Pensionszusage, Arbeitszeitregelung und Patentregelung beinhaltete.

Um Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung organisieren zu können, bekam der Kläger ebenfalls am 30. April 2004 von der Beklagten eine "Bestätigung zur Vorlage bei den Behörden" (Blatt 16 der Akte) ausgehändigt. Darin war dem Kläger bestätigt worden, dass Infineon beabsichtige, ihn ab 17. Mai 2004 im Unternehmen I. AG in M. zu beschäftigen mit entsprechenden Gehaltsangaben.

Am 12. Mai 2004 wurde dem Kläger von der Beklagten durch E-Mail mitgeteilt, dass das Treffen, in dem sein Arbeitsvertrag formal hätte genehmigt werden sollen, auf den 24. Mai 2004 verschoben worden sei und die Parteien deshalb den offiziellen Arbeitsstart auf den 1. Juni 2004 verlegen sollten (Blatt 48 der Akte). Der Kläger war über diese Mitteilung nicht erfreut gewesen und hatte dann in der Folgezeit wiederholt vergeblich versucht, weitere Auskünfte zu erhalten. Am 12. Juli 2004 kam schließlich ein Rückruf seitens der Beklagten und der Kläger erhielt die Mitteilung, dass seine Einstellung leider immer noch nicht genehmigt sei. Am 15. Juli 2004 folgte eine E-Mail der Beklagten des Inhalts, dass zwischenzeitlich feststehe, die dem Kläger angebotene Stelle könne nicht extern besetzt werden (Blatt 17 der Akte). Hintergrund dieser Absage war gewesen, dass der zwischenzeitlich bei der Beklagten neu installierte Vorstand die für den Kläger vorgesehene Stelle ersatzlos gestrichen und seine Einstellung somit nicht genehmigt hatte.

Im Februar 2004 hatte der Kläger von einem Hochschulprofessor aus G. das Angebot zur Mitarbeit an einem Beratungsprojekt erhalten. Projektbeginn war für den Mai 2004 vorgesehen gewesen. Der Kläger hatte diesem Hochschulprofessor im April 2004 mitgeteilt, dass er aufgrund des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht mehr für das Projekt zur Verfügung stehen könne.

Darauf gestützt werden nun Schadenersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss geltend gemacht. Der Kläger lastet der Beklagten an, ihn pflichtwidrig über die in Wahrheit nicht bestehende Zustimmung des Vorstands zur Besetzung der Planstelle mit einem Externen getäuscht zu haben. Obwohl diese Zustimmung nie vorgelegen habe, sei ihm das Gegenteil mitgeteilt und von der Beklagten so getan worden, als stünden dem Vertragsabschluss außer Formalien nichts mehr im Wege. Der Beklagten wird vorgehalten, den Kläger pflichtwidrig über zwei Monate hingehalten zu haben, ohne ihn über die wahren Hintergründe zu informieren. Der Kläger behauptet, ihm sei durch dieses Verhalten der Beklagten ein Schaden in Höhe von € 20.000,-- entstanden. Hätte er seine Mitarbeit am Hochschulprojekt nicht abgesagt, wäre er in der Lage gewesen, mindestens 20 Tage zu dem vereinbarten Nettosatz von € 1.000,-- abzurechnen.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 18. März 2005 wird dieser Schaden gerichtlich geltend gemacht. Das Begehren ist vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe seines klageabweisenden Endurteils vom 14. Juni 2007 wird Bezug genommen.

Mit der am 24. Juli 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 25. Juni 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seinen Schadenersatzanspruch weiter. Die Begründung des Rechtsmittels ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 25. September 2007 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, die Reichweite der Anspruchsgrundlage nicht gesehen zu haben, insbesondere im Hinblick auf den Verschuldenstatbestand. Als verkannt werden auch Inhalt und Reichweite der Aussage der am 24. Mai 2007 befragten Zeugin Frau S. angesehen.

Der Kläger begründet seinen Schadenersatzanspruch damit, dass die Beklagte bei ihm in zurechenbarer Weise Vertrauen darauf erweckt habe, die angebotene Stelle existiere formal, dürfe mit einem Externen besetzt werden, der im Letter of intent verankerte Genehmigungsvorbehalt des Vorstandes bestehe nur noch hinsichtlich seiner Person. Das Vertragsverhältnis sei dann jedoch deswegen nicht zustande gekommen, weil der Vorstand die Besetzung der Stelle mit einem Externen nicht genehmigt habe, also unabhängig von der Person des Klägers.

Dem Erstgericht wird vorgehalten, bei seiner Entscheidung die Pflicht der Beklagten unbeachtet gelassen zu haben, den Kläger darüber zu informieren, dass die Besetzung der Stelle mit einem Externen vom Vorstand gerade noch nicht genehmigt worden war. Schließlich sei die Beklagte auf den Kläger zugekommen mit der wahrheitswidrigen Mitteilung, der Einstellungsstopp für Externe sei hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Stelle gefallen, man möchte den Kläger gerne als Mitarbeiter gewinnen. Als nächstes habe der Kläger dann den von der Beklagten bereits unterschriebenen bedingten Arbeitsvertrag erhalten mit einer Fristsetzung für seine Unterschrift bis 15. Mai 2004.

Von Frau S. sei bei ihrer Einvernahme bestätigt worden, den Kläger in der Besprechung vom 30. April 2004 nicht darauf hingewiesen zu haben, dass ein Einstellungsstopp bezüglich Externer noch bestehe und der Vorstand seine Zustimmungsverweigerung auch auf andere als in der Person des Klägers liegende Gründe stützen könne. Die zuständige Fachabteilung bei der Beklagten sei außerordentlich daran interessiert gewesen, den Kläger als Mitarbeiter zu gewinnen. Der Hinweis seitens der Zeugin, dass es ein Restrisiko gebe, kann die Beklagte in den Augen des Klägers nicht exkulpieren, denn die Zeugin habe ihm schuldhaft verschwiegen, dass dieses Risiko nicht nur in seiner Person liege, sondern insbesondere auch im Bestand der Stelle und deren Besetzung mit einem Externen. Unstreitig habe der Kläger seine Beschäftigung bei Professor Sch. erst nach dem 30. April 2004 abgesagt. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm von der Beklagten zurechen-bar der Eindruck vermittelt worden, dass die Stelle bestehe, mit einem Externen besetzt werden konnte und das Risiko nur noch in einer Zustimmung zu seiner Person lag. Insoweit sei von der Beklagten durch ihre Mitarbeiter ein Vertrauenstatbestand aufgebaut worden und genau dieses Vertrauen habe man durch die Ablehnung des Vertragsschlusses verletzt. Damit sieht der Kläger die Tatbestände der §§ 311 Abs. 2, 280 BGB erfüllt und so lauten seine Berufungsanträge:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. Juni 2007, Az. 17 Ca 4457/05, zugestellt am 25. Juni 2007, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 20.000,-- zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2004.

Die Beklagte lässt beantragen:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt sie entgegen. Der vom Kläger zur Entscheidung gestellte Schadenersatzanspruch scheitert in den Augen der Beklagten bereits am Fehlen des dafür erforderlichen Vertrauenstatbestandes. Die klägerische Sachverhaltsschilderung mache deutlich, dass bei den Gesprächen gerade kein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Der Kläger räume ein, von den Mitarbeitern der Beklagten gehört zu haben, die fragliche Position solle vorzugsweise mit ihm besetzt werden. Aus dieser Formulierung sei bereits ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einem sicheren Vertragsschluss ausgegangen werden konnte. Auch die Überschrift des dem Kläger übermittelten Vertragsdokuments als "Letter of intent" bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass damit noch kein verbindliches Vertragsangebot unterbreitet werden sollte. Es habe sich nur um eine bloße Absichtserklärung der Beklagten gehandelt. Der Vorbehalt einer Genehmigung durch den Gesamtvorstand sei nicht ohne Grund mit aufgenommen worden.

Soweit der Kläger die Beklagte als verpflichtet bezeichnet, ihn darüber zu informieren, dass die Besetzung der Stelle mit einem externen Bewerber vom Vorstand gerade noch nicht genehmigt worden sei, sieht die Beklagte dafür keine Rechtsgrundlage. Auch der Aussage von Frau S. könne eine solche Verpflichtung nicht entnommen werden.

Der Kläger hält demgegenüber an seinem Vorbringen fest.

Die Berufungskammer hat nach Maßgabe ihrer Beweisbeschlüsse vom 8. April 2008 Herrn F. und Frau R. als Zeugen vernommen. Ihre jeweils unbeeidigt gebliebenen Aussagen können der Sitzungsniederschrift vom 8. April 2008 (Blatt 205 bis 211 der Akte) entnommen werden.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens in diesem Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 25. September 2007 (Blatt 165 bis 168 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 29. Oktober 2007 (Blatt 174 bis 177 der Akte), auf den Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 19. März 2008 (Blatt 201 bis 204 der Akte) und auf die Sitzungsniederschrift vom 8. April 2008.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, den zur Entscheidung gestellten Schadenersatzanspruch zugesprochen zu bekommen, muss erfolglos bleiben. Es gibt dafür keine tragfähige Rechtsgrundlage. Zu diesem Ergebnis war bereits das Erstgericht gekommen. Seiner sorgfältigen und zutreffenden Begründung schließt sich die Berufungskammer zunächst einmal an (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Das Erstgericht hat eine schuldhafte Pflichtverletzung durch die Beklagte im Rahmen der §§ 311 Abs. 2, 280 BGB zutreffend verneint. Die Beklagte hat weder selbst noch durch Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB aF) Verhaltenspflichten gegenüber dem Kläger verletzt und ist ihm deshalb auch nicht gemäß den Grundsätzen der culpa in contrahendo zum Schadenersatz verpflichtet.

1. Aus einem Schuldverhältnis erwachsen einer Vertragspartei auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Diese nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor In-Kraft-Treten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Sie können sich u.a. auch auf Aufklärung richten. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht beinhaltet dabei eine Pflicht zur Aufklärung dahin gehend, dass die eine Vertragspartei die andere unaufgefordert über die Umstände informieren muss, die dieser unbekannt, aber für ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erheblich sind (BAG 6. März 2003 - 2 AZR 50/02 - ZTR 2004, 107; LAG Hamm 14. Januar 2005 - 10 Sa 1278/04 - AuA 2005, 305; Palandt/Heinrichs BGB 64. Aufl. § 242 Rn. 37). Der Schuldner ist dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hat. Das Verschweigen von Tatsachen begründet eine Haftung, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (Palandt/Heinrichs BGB § 242 Rn. 37, § 311 Rn. 42). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht anerkannt, dass ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen eingeht, bestehende Umstände, gleich welcher Art, die die vollständige Durchführung des Rechtsverhältnisses in Frage stellen können, nicht verschweigen dürfe, soweit sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen. Eine schuldhafte Verletzung dieser Aufklärungspflicht begründet einen Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo, wenn sich die verschwiegene Gefahr später realisiert und zur Beendigung des Rechtsverhältnisses führt. Zu ersetzen ist dann der Vertrauensschaden. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er auf die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages nicht vertraut und sich auf Vertragsverhandlungen gar nicht eingelassen hätte. Der Vertrauensschaden ist nicht auf das Erfüllungsinteresse, d.h. die Vergütung, begrenzt (BAG 17. Juli 1997 - 8 AZR 257/96 - AP BBiG § 16 Nr. 2 = EzA BBiG § 16 Nr. 2; 8. März 1977 - 4 AZR 700/75 -EzB [alte Fassung] BBiG § 15 Abs. 1 Nr. 5; 2. Dezember 1976 - 3 AZR 401/75 - AP BGB § 276 Verschulden bei Vertragsabschluss Nr. 10 = EzA BGB § 276 Nr. 35). Der Arbeitgeber muss gegenüber einem Arbeitnehmer schon bei den Einstellungsverhandlungen auf dessen besondere Interessen Rücksicht nehmen und ihn insbesondere über künftige Verhältnisse aufklären, wenn er erkennt, dass der Arbeitnehmer besondere Wünsche oder Erwartungen hat. Er darf dann nicht den Eindruck erwecken, der Arbeitnehmer könne ohne größeres Risiko von Beschäftigungsmöglichkeiten absehen, um sich für die Aufnahme der Tätigkeit bei dem verhandelnden Arbeitgeber freizuhalten (BAG 7. September 1995 - 8 AZR 695/94 - ArbuR 1996, 30; 7. Juni 1963 - 1 AZR 276/62 - BAGE 14, 206 = AP BGB § 276 Verschulden bei Vertragsabschluss Nr. 4 = EzA BGB § 276 Nr. 8).

2. Das Erstgericht hat bei Berücksichtigung dieser Grundsätze zutreffend eine schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten seitens der Beklagten verneint. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten auch im Jahr 2004 konnte dem Kläger ebenso wenig verborgen geblieben sein wie der seine Verhandlungen mit der Beklagten von Anfang an belastende externe Einstellungsstopp. Dass erfolgsorientierte Abteilungsleiter daran vorbei externe Leistungsträger anwerben und beschäftigen wollten, ist nachvollziehbar und so war es auch zum Werben um den Kläger gekommen. Bei Wiederaufnahme der Verhandlungen hatten ihm die Vertreter der Beklagten aber schon mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die klägerseits angestrebte Stelle lediglich vorzugsweise mit ihm zu besetzen. Und der nach Wiederaufnahme der Verhandlungsgespräche Mitte April 2004 übermittelte Letter of intent brachte klar zum Ausdruck, dass der Abschluss des Arbeitsvertrages u.a. abhängig sein würde von der Genehmigung durch den Gesamtvorstand der Beklagten. Weitere Vorbehaltsgründe (Zustimmung des Betriebsrats, positives Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung) waren hinzugekommen. Soweit der Kläger diesen Regelungen entnehmen will, der Genehmigungsvorbehalt des Gesamtvorstandes beschränke sich auf in seiner Person liegende Gründe, ist dafür im Vertragstext kein Anhaltspunkt vorhanden und auch die vernommenen Zeugen haben nichts bekundet, was beim Kläger einen solchen Eindruck hätte entstehen lassen können. Im Streitfall hatte der Vorstand diese (damals nicht besetzte) Stelle eingezogen. Dazu war er berechtigt gewesen und mit solchen Entscheidungen musste man bei der angespannten wirtschaftlichen Lage der Beklagten immer rechnen. Dieses Risiko lag nach dem Wortlaut des Letter of intent allein beim Kläger.

Frau S. hatte den Kläger bei ihren Gesprächen darauf hingewiesen, dass die Kosten seiner schon begonnenen Wohnungssuche in M. im Falle eines Nichtvertragsschlusses zu seinen Lasten gehen müssen. Der damals noch bestehende Einstellungsstopp bezüglich Externer bei der Beklagten war von ihr ebenfalls ausdrücklich angesprochen worden.

Herr F. hat glaubhaft erläutert, dass im April 2004 ein Vorstandswechsel stattgefunden hatte und für diesen Bereich der externe Einstellungsstopp aufgehoben worden war. Wenn daraufhin die Verhandlungen mit dem Kläger wieder aufgenommen worden sind, so war dies zunächst einmal gerechtfertigt gewesen. In diesem Zusammenhang hatten die Vertreter der Beklagten dann auch den Letter of intent erstellt, nach Aussage von Herrn F. eine Absichtserklärung der Beklagten, die jederzeit widerrufen werden konnte. Diese Bedeutung des Letter of intent war dem Kläger vom Zeugen bei den ersten Gesprächen im Januar 2004 erläutert worden.

In der Folgezeit hatte dann ein Vorstandsmitglied der Beklagten den Einstellungsstopp für Externe wieder angeordnet, die Verhandlungen mit dem Kläger sind wieder abgebrochen worden. Herr F. glaubt, diesen Abbruch dem Kläger auch mitgeteilt zu haben. In diesem Zusammenhang waren die Erinnerungen des Zeugen aber höchst unsicher gewesen. Darauf ist es letztlich aber nicht mehr angekommen, der Wortlaut des Letter of intent und Hinweise der glaubwürdigen Zeugin Frau S. haben ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf das Zu-Stande-Kommen eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten nicht entstehen lassen. Vom Vorstand war diese Stelle eingezogen worden und so konnten die Verhandlungen nicht mehr erfolgreich abgeschlossen werden. Schadenersatzansprüche für den Kläger sind durch das Verhalten der Beklagten und ihrer die Verhandlungen führenden Erfüllungsgehilfen nicht entstanden. Damit verbleibt es mit der Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO bei der vom Erstgericht tenorierten Klageabweisung.

Für den Kläger wird gem. § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision einlegen.



Ende der Entscheidung

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