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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.04.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 924/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 2
Eine Änderungskündigung gegenüber einem AT-Angestellten, dessen Tätigkeit sich nicht geändert hat, allein zum Zwecke seiner Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe des neu eingeführten ERA-TV ist sozial ungerechtfertigt.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

6 Sa 924/07

Verkündet am: 21.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat die sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Peter Rambach und Elmar Koehn

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten vom 10. Oktober 2007 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. August 2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Der im Januar 1955 geborene Kläger ist seit 1. September 1984 bei der Beklagten, zuletzt als Programmbetreuer, beschäftigt. Der Einleitungssatz des seinem letzten Vertrag zu Grunde liegenden Schreibens vom 30. November 2005 (Blatt 5/6 der Akte) lautet:

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Sie aufgrund Ihrer Aufgabenstellung und Ihres Einsatzes in das außertarifliche Arbeitsverhältnis übernehmen.

Die Beklagte führte zum 1. Januar 2007 im Betrieb den Entgeltrahmentarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) vom 1. November 2005 ein.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 (Blatt 39 der Akte) hörte sie den bei ihr gebildeten Betriebsrat zum Ausspruch einer Änderungskündigung gegenüber dem Kläger an. Der Betriebsrat widersprach dieser Absicht mit Schreiben vom 22. Dezember 2006.

Die Beklagte hielt an ihrem Vorhaben fest und sprach dem Kläger mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 (Blatt 8/9 der Akte) eine ordentliche Änderungskündigung zum 31. Juli 2007 aus. Angeboten wurde ihm ein Verbleib auf seiner derzeitigen Stelle mit Eingruppierung in die tarifliche Entgeltgruppe 12 bei einer wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit von grundsätzlich 35 Stunden. Befristet bis 31. Januar 2009 sollte seine Arbeitszeit bei 40 Stunden verbleiben.

Der Kläger hat dieses Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung mit Schreiben vom 12. Januar 2007 (Blatt 16 der Akte) annehmen lassen.

Er erachtet diese Änderungskündigung als sozial nicht gerechtfertigt. Es bestehe dafür schon keine betriebliche Notwendigkeit, auch werde die soziale Auswahl gerügt sowie die nicht ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats beanstandet. Der Kündigung könne schließlich nicht entnommen werden, welche Vertragsänderungen konkret vorgeschlagen worden seien.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 12. Januar 2007 hat der Kläger gegen diese Änderungskündigung Kündigungsschutzklage erhoben, die vor dem angerufenen Arbeitsgericht München Erfolg hatte. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 14. August 2007 wird Bezug genommen.

Mit der am 10. Oktober 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 11. September 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 12. Dezember 2007 eingegangen. Darin wird der Ansicht des Erstgerichts, es fehlten bereits die erforderlichen dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, mit Nachdruck entgegengetreten. Die Beklagte habe im Jahre 2006 in der Kalenderwoche 28 die unternehmerische Entscheidung getroffen, zum 1. Januar 2007 in ihrem Betrieb den ERA-TV vom 1. November 2005 einzuführen. Die entsprechende Grundlage hierfür ergebe sich aus § 2 ERA-Einführungstarifvertrag vom 1. November 2005, der auszugsweise laute: In dem Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 können die Betriebe den ERA-TV stichtagsbezogen einführen. Ab 1. Oktober 2009 gelte der ERA-TV verbindlich für alle Betriebe.

Mit dem ERA-TV würden die Entgeltsysteme für Arbeiter und Angestellte, die im Lohn-und Gehaltsrahmentarifvertrag getrennt geregelt waren, in einem einheitlichen Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer zusammengeführt. Dabei berücksichtige der ERA-TV die veränderte Arbeitswelt mit neuen Aufgaben und Prozessen, was sich auch daran zeige, dass der ERA-Einführungstarifvertrag keine Regelüberleitung von dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag in den ERA-TV, sondern eine neue Eingruppierung vorsehe und sich die Tarifvertragsparteien auf Grundlage von § 2 Ziffer 4 ERA-TV auf 70 Orientierungsbeispiele geeinigt hätten. Der Aufgabenbereich des Klägers als Programmmanager sei jetzt auf der Stelle ERA-TV Management D gemäß Stellenbeschreibung in der Entgeltgruppe 12 abgebildet in den Orientierungsbeispielen Nr. 59 (Anspruchsvolles Verkaufen und Vermarkten im Vertrieb) bzw. 63 (Bearbeiten von Einkaufsvorgängen 4).

Diese Tätigkeit sei in den höheren Gehaltsgruppen des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages, d. h. in den Gehaltsgruppen V bis VII, so nicht abgebildet gewesen.

Da gemäß § 2 Ziffer 2 ERA-TV die Eingruppierung aufgrund der Anforderungen der übertragenen Aufgabe erfolge, seien die Stellen im Betrieb von der Beklagten neu bewertet und den Entgeltgruppen zugeordnet worden. Für die Stelle des Klägers habe das zur Folge gehabt, ihn in die Entgeltgruppe 12 des ERA-TV, d. h. in die höchste Entgeltgruppe, und nicht mehr übertariflich einzugruppieren. Seine Aufgaben entsprechen nach Ansicht der Beklagten Teilen der genannten Orientierungsbeispiele, die in EG 11 bzw. EG 12 eingeordnet sind. Der Kläger erledige Teile der Aufgaben aus Programmmanagement D. Darüber hinaus mache er keine weiteren Aufgaben, die nicht durch EG 12 abgedeckt seien. Dies würde nämlich voraussetzen, dass er über die Inhalte seiner Aufgabe selbst entscheide, was gerade nicht der Fall sei.

Damit entfällt nach Ansicht der Beklagten auch das Bedürfnis, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts spreche gerade für das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses bei der streitgegenständlichen Änderungskündigung. Bei der Eingruppierung aufgrund des ERA-TV handele es sich um eine Eingruppierung auf Grund einer neuen Schlüsselbewertung des klägerischen Aufgabengebietes. Ein Arbeitgeber, der alle seine Arbeitnehmer grundsätzlich nach Tarif bezahle, müsse eine Möglichkeit haben, eine unbewusste oder zu Unrecht erfolgte Höhergruppierung auf das tarifgerechte Maß zurückzuführen. Dies gelte erst recht im vorliegenden Fall, da bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrages die Beklagte, die ihre Arbeitnehmer grundsätzlich nach den Tarifverträgen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie entlohne, den erst kurz zuvor abgeschlossenen ERA-TV nicht berücksichtigt hatte. Andernfalls hätte die Beklagte damals schon auf dem Abschluss eines tariflichen Arbeitsvertrages bestanden. Insoweit sei die Beschäftigung des Klägers in einem außertariflichen Arbeitsverhältnis mit übertariflicher Vergütung unbewusst und zu Unrecht erfolgt.

Schließlich ergibt sich das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses für diese Änderungskündigung in den Augen der Beklagten auch aus einem geänderten Anforderungsprofil beim Kläger. Der ERA-TV berücksichtige die veränderte Arbeitswelt mit neuen Aufgaben und Prozessen. Das zeige sich auch daran, dass sich die Tarifvertragsparteien auf der Grundlage von § 2 Ziffer 4 ERA-TV auf 70 Orientierungsbeispiele geeinigt hätten. Diese bieten Anhaltspunkte für die Eingruppierung in die Entgeltgruppen. Sie beschreiben und bewerten Aufgaben, die im Lohn- und Gehaltstarifvertrag nicht aufgeführt sind. Aus diesem Grunde habe sich sozusagen das Anforderungsprofil des klägerischen Aufgabengebietes geändert, da es nun in der Entgeltgruppe 12 und den Orientierungsbeispielen Nr. 59 bzw. 63 abgebildet sei. Um eine Änderungskündigung zur Entgeltminderung gehe es hier gerade nicht. Die Beklagte habe sie ausgesprochen, weil sich das Anforderungsprofil des klägerischen Aufgabengebietes geändert habe. Der dem Kläger angebotene neue Arbeitsvertrag sei inhaltlich durch die Einführung des ERA-TV begründet, der Kläger werde dadurch im Wesentlichen auch nicht schlechter gestellt.

Die Beklagte erachtet den Ausspruch dieser Änderungskündigung bezogen auf den Kläger auch als das mildeste Mittel. Andernfalls bliebe nur der Weg, sich vom Kläger zu trennen und seine Stelle mit einem tariflichen Mitarbeiter zu besetzen. Eine Störung der Geschäftsgrundlage in diesem Vertragsverhältnis wird von der Beklagten ebenfalls angenommen. Die Änderungen seien nicht von ihr, sondern von den Tarifvertragsparteien beschlossen worden durch die Regelung, dass der ERA-TV ab dem 1. Oktober 2009 für alle Betriebe verbindlich gelte. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz spreche schließlich für diese Änderung des klägerischen Arbeitsvertrages. Es gebe bei der Beklagten Arbeitnehmer, die Programm Management C in der EG 11 betreiben, sowie Herr L. in Programm Management D, EG 12; sie übten ähnliche bzw. dieselben Tätigkeiten wie der Kläger aus und seien mit einem tariflichen Arbeitsvertrag in die Entgeltgruppe 11 bzw. 12 eingruppiert worden. Die Berufungsanträge lauten damit:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. August 2007, Az. 34 Ca 612/07, wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger lässt beantragen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Den Überlegungen des Erstgerichts pflichtet er bei, den Ausführungen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung tritt er entgegen. Ergänzend dazu wird weiterhin darauf hingewiesen, dass Arbeitsaufgaben und Arbeitsinhalt des Klägers an sich nicht verändert werden sollen. Damit in Widerspruch stehe die Behauptung der Beklagten, ein Bedürfnis an der Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Bedingungen nicht mehr zu haben.

Der Kläger sei nicht tarifgebunden. Eine unmittelbare Geltung eines Tarifvertrages auf sein Arbeitsverhältnis scheide damit aus. Aus § 2 des ERA-Einführungstarifvertrages vom 1. November 2005 ergebe sich zudem, dass im Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 Betriebe den ERA-TV stichtagsbezogen einführen können. Schon in zeitlicher Hinsicht sei damit nicht ersichtlich, dass ausgerechnet zum 1. August 2007 das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Bedingungen entfallen sei. Nichts anderes gelte für den Hinweis auf den 1. Oktober 2009 als Einführungstermin. Eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten, ab 1. Januar 2007 überhaupt keine außertariflichen Mitarbeiter mehr zu beschäftigen, sei bislang weder behauptet noch durchgeführt worden. Es gebe bei der Beklagten vielmehr weiterhin Tarifangestellte und außertariflichen Mitarbeiter. Daneben bestünden bei ihr auch verschiedene Vergütungssysteme für tarifliche Vergütungen, übertarifliche Entlohnungskriterien und auch außertarifliche Vergütungsmodelle.

Der Kläger tritt auch der Behauptung entgegen, dass sein Aufgabenbereich im ERA-Tarifvertrag in der Entgeltgruppe 12 abgebildet sei. Dies gelte auch für die Orientierungsbeispiele Nr. 59 und Nr. 63. Die Beklagte habe keine Einzelheiten dazu vorgetragen. Selbst wenn man aber so etwas annehmen wolle, gäbe das der Beklagten noch keine rechtliche Möglichkeit, mit einer Änderungskündigung die gültigen vertraglichen Vereinbarungen einseitig abzuändern.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens in diesem Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 12. Dezember 2007 (Blatt 122 bis 127 der Akte) mit Anlagen, auf die Berufungsbeantwortung vom 11. Februar 2008 (Blatt 142 bis 148 der Akte), auf den Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 16. April 2008 (Blatt 154 der Akte) mit Anlage sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 21. April 2008 (Blatt 170/171 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Kündigungsschutzklage abgewiesen zu bekommen, muss erfolglos bleiben. Die von der Beklagten beabsichtigten Änderungen der klägerischen Arbeitsbedingungen sind sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG, die Änderungskündigung vom 22. Dezember 2006 ist damit auch nach Ansicht der Berufungskammer rechtsunwirksam. Zu diesem Ergebnis war bereits das Erstgericht gelangt. Seiner sorgfältigen und zutreffenden Begründung schließt sich die Berufungskammer zunächst einmal an (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Im Übrigen folgt die Berufungskammer der beiden Parteien bekannten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 30. Oktober 2007 - 8 Sa 460/07 - zu einem gleich gelagerten Sachverhalt.

1. Eine betriebsbedingte ordentliche Änderungskündigung kann nur dann wirksam sein, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 81 = EzA KSchG § 2 Nr. 54). Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist (st. Rspr. BAG 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - BAGE 110, 188; 23. November 2000 - 2 AZR 617/99 - BAGE 96, 294; 18. November 1999 - 2 AZR 77/99 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 104; 24. April 1997 - 2 AZR 352/96 - BAGE 85, 358). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (st. Rspr. BAG 19. Mai 1993 - 2 AZR 584/92 - BAGE 73, 151).

Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 81 = EzA KSchG § 2 Nr. 54; vgl. Fischermeier NZA 2000, 737). Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen (vgl. BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 617/02 - BAGE 107, 56). Ausgangspunkt ist dabei die bisherige vertragliche Regelung, d. h.: Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Zieles erforderlich ist (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - aaO).

2. Von dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgehend ist die angefochtene Änderungskündigung vom 22. Dezember 2006 schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 30. November 2005 (Blatt 5/6 der Akte) aufgrund seiner Aufgabenstellung und seines Einsatzes in das außertarifliche Arbeitsverhältnis übernommen hat und dieser Status des Klägers damit vertraglich vereinbart worden war. Die unternehmerische Entscheidung, im Betrieb zum 1. Januar 2007 den ERA-TV einzuführen, berührt außertarifliche Arbeitsverhältnisse nicht. Mit dieser Entscheidung ist keineswegs die Abschaffung aller außertariflichen Arbeitsverhältnisse verbunden. Das wird beklagtenseits auch nicht eingewandt. Warum nun gerade beim Kläger der Status als AT-Angestellter beseitigt werden muss, kann dem Beklagtenvortrag allenfalls ansatzweise entnommen werden. Die Behauptung, die klägerische Tätigkeit als Programmmanager auf der Stelle Programm Management D gemäß Stellenbeschreibung (Blatt 36/37 der Akte) sei in der Entgeltgruppe 12 abgebildet und finde sich in den Orientierungsbeispielen Nrn. 59 bzw. 63 wieder, mag so hingenommen werden. Die Beklagte hatte mit dem Kläger aber gerade ein außertarifliches Arbeitsverhältnis vereinbart. Eine solche Vereinbarung steht nicht unter dem Vorbehalt einer ständigen Überprüfung, ob die vom AT-Angestellten ausgeübten Tätigkeiten nicht vielleicht doch unter eine tarifliche Entgeltgruppe eingeordnet werden können.

Hinzukommt, dass die Beklagte mit dieser Änderungskündigung das klägerische Gehalt deutlich verringern, seine Arbeitszeit mit Verzögerung verkürzen sowie die vertraglich vorgesehene ordentliche Kündigungsfrist verkürzen will. Darauf hat das Erstgericht bereits hingewiesen und dazu richtig angemerkt, dass solche Änderungen mit der Einführung eines neuen Entgelttarifvertrages nicht begründet werden können.

3. Soweit die Beklagte auf die gebotene Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern hinweist, ist ihr die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Januar 2000 (2 ABR 40/99 - AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972) entgegenzuhalten, dass nämlich der Grundsatz der Gleichbehandlung gerade kein dringendes betriebliches Erfordernis gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG darstelle zur Verschlechterung einer arbeitsvertraglichen Vergütungsregelung im Wege der Änderungskündigung. Wer mit einem einzelnen Arbeitnehmer einzelvertraglich eine höhere Vergütung vereinbart, als sie dem betrieblichen Niveau entspricht, dem ist verwehrt, diese Vergütung unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz dem Lohn der übrigen Arbeitnehmer anzupassen, mit denen sie eine solche Lohnvereinbarung nicht getroffen hat. Dies folgt aus dem Rechtssatz, dass bei Abschluss eines Arbeitsvertrages der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat (BAG 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 - AP Nr. 53 zu § 2 KSchG 1969; LAG München 30. Oktober 2007 - 8 Sa 460/07).

4. Die Einführung des ERA-TV hat bei diesem AT-Arbeitsverhältnis auch die Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB nicht berührt, schon gar nicht zum Wegfall gebracht. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 24. August 1995 (8 AZR 134/94 - AP Nr. 17 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage) erkannt hat (damals noch für § 242 BGB), kann sich ein Arbeitnehmer darauf nur berufen, wenn der ganze Vertrag gegenstandslos geworden ist. Nichts anderes gilt für einen Arbeitgeber. Im Streitfall kann das Arbeitsverhältnis der Parteien aber nach wie vor realisiert werden; es geht lediglich um die Höhe der Vergütung; keinesfalls ist durch die Einführung des ERA-TV der ganze Vertrag gegenstandslos geworden. Eine solche Problematik löst gerade eine Änderungskündigung gem. § 2 KSchG. Deren Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor, weil die Beklagte bei dieser Gelegenheit das gesamte Arbeitsverhältnis umgestalten will (im Anschluss an LAG München vom 30. Oktober 2007 - 8 Sa 460/07). Auf das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB kann damit zur Stützung des Rechtsmittels ebenfalls nicht zurückgegriffen werden.

5. Nach alledem verbleibt es bei der angefochtenen Entscheidung. Die dagegen eingelegte Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil wird für die Beklagte die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision einlegen.

Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.



Ende der Entscheidung

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