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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 55/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a Abs. 6
Klage auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses aufgrund Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 BGB nach unzureichender Information über den Betriebsübergang. Kein unzulässiger Massenwiderspruch, keine Verwirkung, Information unzureichend bereits wegen ungenauer Angabe der Übernehmerin und Fehlen ihrer Adresse.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 55/08

Verkündet am: 17.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gericke sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Huber Fexer und Walter Kirchschlager für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 31.10.2007 - Az.: 27 Ca 1487/07 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger und Berufungsbeklagte (künftig: Kläger) und die Beklagte und Berufungsklägerin (künftig: Beklagte) streiten in der Berufung über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund seines Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. noch bei der Beklagten besteht.

Der Kläger ist seit Dezember 1992 bei der Beklagten im Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen. Sein Bruttogehalt hat zuletzt aufgrund zweier Gehaltserhöhungen von B. 6.146,00 € monatlich betragen.

Mit Mitteilung vom 29.8.2005 (Blatt 9/10 der Akten) hat die Beklagte den Kläger darüber informiert, dass sein Arbeitsverhältnis zum 01.10.2005 auf B. übergehen werde.

Die Beklagte hat ihr im Geschäftsgebiet "Com MD (Mobile Devices)" konzentriertes Mobiltelefon-Geschäft auf der Grundlage eines von ihr als "Master Sale und Purchase Agreement" (MSPA) bezeichneten Vertrages mit der B. C. mit dem Sitz in T. mit Wirkung vom 30.09./01.10.2005 in der Weise verkauft, dass die Vermögensgegenstände dieses Geschäftsbereichs in Deutschland im Wege der Einzelrechtsübertragung ("Asset Deal") auf die zu diesem Zweck von der B. C. gegründete B. übertragen worden sind. Die Fa. B. ist mit Gesellschaftsvertrag vom 30.08.2005 mit den Gesellschafterinnen Fa. B. M. sowie Fa. B. W. neu gegründet und am 16.09.2005 in das Handelsregister beim Amtsgericht München eingetragen worden. Beide Gesellschafterinnen haben jeweils über ein Stammkapital von 25.000,00 € verfügt.

Die Beklagte hat im Zusammenhang mit diesem Unternehmenskaufvertrag an die B. C. einen dreistelligen Millionenbetrag bezahlt. Ebenso hat sie die Patente und Markenrechte des Geschäftsgebiets Com MD auf die B. C. übertragen.

Über den Betriebsübergang hat die Beklagte die ArbeitnehmerInnen des übergehenden Geschäftsbereiches, darunter den Kläger, mit einem Schreiben vom 29.08.2005 mit folgendem Wortlaut (Anl. K2, Bl. 9/10, 104/105 und 239/240 d.A.):

"Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr K.

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes Com MD (Mobile Devices) zum 01.10.2005 in die B. übertragen.

B. ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B. in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit S. kann B. seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. S. bietet B. eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West-und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von S.. Daneben bekommt B. einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von S..

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B.. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB B. Ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der S. eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit B. fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung).

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Jahreszieleinkommens bleibt anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für Sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der S. vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

B. haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die S. für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 01.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist gesetzlich gem. § 613 a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zur Kündigung aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 01.10.2005 durch Ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U., B. und M. gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.01.2006.

Für den Standort K. wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktionssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppe 2 bis 7 geplant ist.

Dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf B. können Sie nach § 613 a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht auf B. übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der S., da die Com MD - Aktivitäten vollständig auf B. übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der S. entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann.

Sollten Sie trotz dieser Überlegung dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an

Herrn R., Com HR CG, M.

oder an

Herrn E. M. zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei B. weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

S.

gez. G. gez. M."

Die Betriebsübernehmerin Fa. B. hat am 29.09.2006 Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt. Das Insolvenzverfahren ist mit Wirkung vom 01.01.2007 vom Amtsgericht München unter dem Aktenzeichen ... eröffnet worden. Insolvenzverwalter ist RA P..

Mit Schreiben vom 27.10.06, der Beklagten am 30.10.2006 zugegangen, hat der Kläger unter Verwendung eines von der IG-Metall erstellten Vordrucks (Blatt 112/115 d.A.) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf B. unter Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit der Information der Beklagten zum geplanten Betriebsübergang widersprochen.

Mit Schreiben vom 20.12.2006 hat der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit B. zum 31.12.2006 gekündigt.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.01.2007, bei dem Arbeitsgericht München am selben Tag eingegangen und den Beklagten am 09.02.2007 (Bl. 5 d.A.) zugestellt, hat der Kläger Klage erhoben, um feststellen zu lassen, dass aufgrund seines Widerspruchs vom 27.10.2006 sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten über den 30.09.2005 hinaus fortbesteht.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug vorgetragen, die Information durch die Beklagte entspreche nicht den Anforderungen des § 613 a Absatz 5 BGB. Es müsse über Firmenbezeichnung und Anschrift des Erwerbers informiert werden. Die Anschrift werde nicht genannt. Darüber hinaus fehle die Information, dass die Marken- und Patentrechte nicht auf die B. übertragen worden seien, sondern auf die B. C.. Die Beklagte müsse auch über die unternehmerischen Gründe des Betriebsübergangs informieren. Die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung führe dazu, dass die Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Absatz 6 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei. Er habe daher mit Schreiben vom 27.10.06 rechtzeitig dem Betriebsübergang widersprochen und damit verhindert, dass das Arbeitsverhältnis auf B. übergegangen sei.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 30.09.2005 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe seit 01.10.2005 anstandslos bei B. gearbeitet. Er habe am 01.12.2005 eine Gehaltserhöhung sowie die Festlegung eines neuen Zieleinkommens von B. entgegengenommen, am 01.06.2006 eine weitere Gehaltserhöhung auf 6.146,00 €.

Der Widerspruch des Klägers sei als kollektiver Massenwiderspruch unwirksam. Der Kläger habe seinen Widerspruch nicht zur Sicherung seiner arbeitsvertraglichen Rechte erhoben. Ziel dieses kollektiven Widerspruchs sei es vielmehr, die Beklagte dazu zu bewegen, den Geschäftsbereich insgesamt zurückzunehmen und nicht, individuelle arbeitsvertragliche Rechte wahrzunehmen.

Die erfolgte Information des Klägers zum Betriebsübergang entspreche § 613 a Absatz 5 BGB. Die Information erwähne den Rechtsgrund für den Betriebsübergang. Dies sei ausreichend. Die Anschrift des Erwerbers werde auf Seite 2 des Unterrichtungsschreibens, dort im 6. Absatz genannt. Dort werde die Adresse genannt, um den ArbeitnehmerInnen Gelegenheit zu geben, den Widerspruch wahlweise auch gegenüber dem Betriebserwerber zu erklären. Hinzu komme, dass sich unter dieser Adresse auch vor dem Betriebsübergang die Verwaltung des Bereichs "Com MD" befunden habe. Es sei deswegen für die MitarbeiterInnen dieses Bereichs klar gewesen, dass nach dem Betriebsübergang die Betriebserwerberin dieselbe Adresse zu haben werde. Die Adresse der Übernehmerin sei außerdem aus den Gehaltsabrechnungen ersichtlich, welche der Kläger von der Übernehmerin erhalten habe. Es sei auch nicht zulässig, das erst später vom Bundesarbeitsgericht aufgestellte Erfordernis einer Mitteilung der Anschrift der Betriebsübernehmerin rückwirkend auf den gegenständlichen Fall zu übertragen. Einzelheiten des Betriebsveräußerungsvertrags habe sie dem Kläger nicht mitteilen müssen.

Das Widerspruchsrecht des Klägers sei nach § 242 BGB verwirkt. Der Widerspruch sei erst mehr als 12 Monate nach Betriebsübergang ausgesprochen worden. Das neben dem Zeitmoment notwendige Umstandsmoment ergebe sich daraus, dass der Kläger seine Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr für die Beklagte erbracht habe, sondern für B. tätig geworden sei und zwei Gehaltserhöhungen sowie eine Neufestlegung seines Zieleinkommens von B. entgegengenommen habe. Mit seinem Widerspruch setze sich der Kläger in Widerspruch zu seinem damaligen Verhalten.

Schließlich habe der Kläger erst 14 Monate nach Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf B. und über 3 Monate nach Erhebung seines Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses Klage erhoben. Damit habe er sein Klagerecht verwirkt. Der Kläger habe der Beklagten in dem Widerspuchschreiben kurze Fristen gesetzt und sich dann selbst mit der Klage Zeit gelassen.

Der Kläger hat dazu vorgetragen, dass kein unzulässiger Massenwiderspruch vorliege. Er habe seinen Widerspruch zu dem Zweck erhoben, seinen Arbeitsplatz bei der Beklagten zu behalten. Das Widerspruchsrecht sei nicht verwirkt.

Mit Endurteil vom 31.10.2007, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München der Klage stattgegeben und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen, da wegen unzureichender Information seitens der Beklagten die Frist des § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei. Die Beklagte habe die Betriebserwerberin entgegen ihrer Informationspflicht nicht mit Anschrift benannt. Die Anschrift H. auf Seite 2 des Schreibens habe die Beklagte nicht in Zusammenhang mit der Firmenadresse von B. gestellt. Durch die Adressenangabe auf später dem Kläger zugeleiteten Gehaltsabrechnungen werde dieser Mangel nicht geheilt. Es fehle auch an einer ordnungsgemäßen Information über den Grund des Betriebsübergangs, nämlich einer zumindest schlagwortartigen Mitteilung der unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang, zumal die Übernehmerin die Marken- und Patentrechte nicht erhalten habe, die einen wesentlichen Bestandteil des Werte von COM MD ausmachten; diese habe die B. erhalten.

Das Widerspruchsrecht des Klägers sei auch nicht verwirkt. Insbesondere fehle es am Umstandsmoment. Die Ausübung der Tätigkeit für B. über etwa ein Jahr schaffe keinen weitergehenden Vertrauenstatbestand, ebenso wenig das Akzeptieren zweier Gehaltserhöhungen und eines neuen Jahreszieleinkommens.

Der Widerspruch des Klägers sei auch nicht als unzulässiger Massenwiderspruch anzusehen. Es fehle an Anhaltspunkten für eine sachfremde Zielrichtung des Widerspruchs des Klägers. Allein aus dem Umstand, dass mehrere ArbeitnehmerInnen zeitgleich dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses unter Verwendung von Formularen der IG-Metall widersprochen hätten, lasse sich nicht die Unzulässigkeit des einzelnen Widerspruchs herleiten.

Gegen dieses ihr am 17.01.2008 zugestellte Endurteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 18.01.2008 eingelegten und am 11.04.2008 innerhalb verlängerter Frist begründeten Berufung.

Die Beklagte begründet ihre Berufung, indem sie vorträgt, ihre Information gegenüber den vom Betriebsübergang betroffenen ArbeitnehmerInnen entspreche den gesetzlichen Vorgaben des § 613 a Abs.5 BGB. Die Pflicht zur Angabe der Adresse der Betriebsübernehmerin habe das BAG nur für ausländische Arbeitgeber festgelegt. Auch habe sie den Kläger ausreichend über die Gründe des Betriebsübergangs informiert, indem sie ausgeführt habe, die COM MD Aktivitäten würden vollständig auf B. übertragen , so dass diese Arbeitsplätze bei der S. entfielen und es letztlich im Fall des Widerspruchs zu betriebsbedingten Kündigungen kommen könne. Für den Fall eines Fortbestehens des Widerspruchsrechts habe der Kläger dieses Recht verwirkt, indem er über ein Jahr für B. gearbeitet und Gehaltserhöhungen sowie eine Neufestlegung seines Zielgehalts mit der Betriebsübernehmerin vereinbart habe. Es bleibe dabei, dass es sich bei dem Widerspruch des Klägers um einen unzulässigen Massenwiderspruch habe.

Zu ihrem untenstehenden Hilfsantrag hat die Beklagte vorgetragen, die Fragen seien entscheidungserheblich, falls das Gericht die Begründetheit der Klage von der Nennung der Adresse der Betriebserwerberin im Informationsschreiben der Beklagten abhängig machen wolle und zu dem Ergebnis komme, der Widerspruch des Kläger sei wirksam und führe zum Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs.

Ergänzend zum Vortrag der Beklagten in der Berufung wird auf deren Schriftsatz vom 11.04.2008 (Bl. 216/249 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt in der Berufung,

das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 27 Ca 1487/07, vom 23.November 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Hilfsweise,

Dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs.2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23/EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?

2. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, rückwirkend zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23/EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind und die sich auch nicht durch Auslegung dieser Normen gewinnen lassen?

3. Falls auch Frage 2 mit Nein beantwortet wird:

Ist eine Auslegung des § 613a Abs.5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?

4. Ist Art. 3 Abs.1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?

5. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 3 Abs.1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?

Der Kläger beantragt in der Berufung,

die Berufung kostenfällig zurückzuweisen.

Zu r Begründung führt er aus, die Beklagte habe in ihrer Information nicht nur die Adresse der Betriebsübernehmerin mitzuteilen unterlassen, sondern auch hinsichtlich deren Identität Verwirrung gestiftet, indem sie nicht deutlich zwischen der B. C. und der B. M. unterschieden habe. Insoweit helfe hinsichtlich der Pflicht, die Adresse der Betriebserwerberin zu benennen, auch die Unterscheidung zwischen ausländischer und inländischer Übernehmerin nicht, weil die Beklagte gerade darüber Unklarheit in ihrem Informationsschreiben schaffe. Bei den Gründen für den Betriebsübergang habe die Beklagte die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang nicht benannt, nämlich die schlechte Lage des Bereichs COM MD und den im Milliardenbereich liegenden Restrukturierungsaufwand, schließlich die einem klassischen Kaufvertrag nicht entsprechende Zahlung in dreistelliger Millionenhöhe an die Betriebsübernehmerin bzw. die B.. Sie habe insbesondere nicht mitgeteilt, dass die Marken- und Patentrechte nicht auf die B. übertragen worden seien, sondern auf die B. C.. Auf Verwirkung könne sich die Beklagte nicht berufen. Ein unzulässiger Massenwiderspruch liege nicht vor, denn der Kläger habe seinen Widerspruch zur Wahrung seiner individuellen Rechte erhoben.

Ergänzend zum Vortrag des Klägers in der Berufung wird auf dessen Schriftsatz vom 16.05.2008 (Bl. 252/256 d.A.) Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt, hinsichtlich aller Fragen der Unwirksamkeit des Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO)

II.

1. Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet. Zu vergleichbaren Fällen liegen bereits mehrere Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts München vor, vgl. Urteil vom 17.04.2008 Az.: 4 Sa 1063/07; Urteil der erkennenden Kammer vom 22.04.2008 Az.: 7 Sa 986/07 sowie Urteile vom 04.06.2008 Az.: 11 Sa 861/07, 11 Sa 886/0711 Sa 1208/07 und 11 Sa 48/08. Die erkennende Kammer stimmt den Argumenten der dortigen Kammern uneingeschränkt zu, insbesondere der Argumentation der vierten Kammer des Landesarbeitsgerichts München in ihrem Urteil vom 17.04.2008 Az.: 4 Sa 1063/07.

2. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten bestand, obwohl ein Betriebs- oder Teilbetriebsübergang der in Deutschland gelegenen Betriebe und Betriebsteile des Geschäftsbereichs Com MD ("Mobile Devices") (siehe auch die Beschreibung in der Präambel der "Betriebsvereinbarung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen der von der S., Com MD zur B. übergehenden Mitarbeiter (Vertragsgruppen TA/FK)" - im Folgendem: Überleitungsbetriebsvereinbarung - vom 17.08.2005, Bl. 241/246 d. A.) auf die neu gegründete Fa. B. zum 01.10.2005 stattgefunden hat, aufgrund Widerspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.2006 (Bl. 33 d.A.), der Beklagten zugegangen am 30.10.2006 mit dieser über den 30.09.2005 hinaus fort.

3. Mit ihrem Schreiben vom 29.08.2005 (Bl. 104/105 d.A.) hatte die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß im Sinne der Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nrn. 1 bis 4 BGB unterrichtet, sodass die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz BGB nicht in Gang gesetzt worden ist und der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Fa. B. grundsätzlich noch widersprechen konnte. Dies hat der Kläger ohne Verlust seines Widerspruchsrechts - auch nach den Grundsätzen der Verwirkung - rechtzeitig getan. Eine Aussetzung des Verfahrens wegen der Notwendigkeit der Einleitung eines von der Beklagten angeregten Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof aufgrund der von der Beklagten aufgeworfenen Fragen ist nicht veranlasst.

4. Eine von vornherein gegebene Unwirksamkeit des vom Kläger mit Schreiben vom 28.09.2006 erklärten Widerspruches wegen Rechtsmissbräuchlichkeit (§ 242 BGB) liegt nicht vor.

5. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in der von der Beklagten hierzu angezogenen Entscheidung vom 30.09.2004 (Az. 8 AZR 462/03, AP Nr. 275 zu § 613a BGB) ausgeführt, dass ein kollektiver Widerspruch nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich und damit rechtsunwirksam sein könne, wenn er (nur) dazu eingesetzt werde, eigentlich andere Zwecke als die Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte und die Beibehaltung des bisherigen Arbeitgebers herbeizuführen, etwa den Betriebsübergang insgesamt zu verhindern.

6. Wie das Arbeitsgericht hierzu zutreffend ausgeführt hat, lässt sich aus der Tatsache, dass der Kläger seinen Widerspruch mit Formularschreiben der IG-Metall vom 28.09.2006, jedoch individuell, erklärt hat, und den nach erstinstanzlichem Vorbringen der Beklagten weiteren, offensichtlich von der IG Metall initiierten zahlreichen Widersprüchen anderer ArbeitnehmerInnen bereits der Tatbestand eines kollektiven Widerspruchs nicht entnehmen. Es ist nicht zu beanstanden, dass ein Arbeitnehmer sich des Formulierungsvorschlags einer großen und von ihm wohl für fachkundig gehaltenen Gewerkschaft für seinen Widerspruch bedient. Auch hat die Beklagte außer der textlichen Übereinstimmung zahlreicher Widerspruchsschreiben nichts Substantiiertes dazu vortragen können, dass der Kläger mit seinem Widerspruch nicht die Sicherung seines Arbeitsplatzes und damit seiner Existenzgrundlage erreichen wollte, sondern erkennbar sachfremden Motiven in diesem Sinne, insbesondere arbeitskampfähnlichen Maßnahmen oder einem institutionellen Rechtsmissbrauch im Sinne der zit. Entscheidung des BAG, nachgegangen ist.

7. Bereits der zeitliche Abstand zwischen dem Betriebsübergang und dem Widerspruchsschreiben des Klägers und der anderen die Formulierung der IG-Metall übernehmenden ArbeitnehmerInnen der Beklagten zeigt, dass eine Verhinderung des Betriebsübergangs von ihnen nicht angestrebt worden ist. Es kann den ArbeitnehmerInnen nicht vorgeworfen werden, dass sie in größerer Zahl nach der Insolvenz von B. die Rückkehr zur Beklagten und damit zu einem - jedenfalls erhofft - sicheren Arbeitsplatz anstreben. Eine Rückabwicklung des Betriebsübergangs strebt der Kläger ausweislich seines Widerspruchsschreibens gar nicht an. Das Schreiben enthält kein derartiges Ansinnen

8. Die Regelung des seit 01.04.2002 geltenden § 613 a Abs. 5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen ArbeitnehmerInnen von dem Übergang in Textform über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die ArbeitnehmerInnen und die hinsichtlich der ArbeitnehmerInnen in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat.

9. Nur eine ordnungsgemäße Unterrichtung in diesem Sinn setzt die Widerspruchsfrist in Gang. Weder durch eine unterbliebene noch durch eine nicht ordnungsgemäße oder unvollständige Unterrichtung wird der Beginn dieser Frist ausgelöst (BAG, ständ. Rspr., etwa U. v. 14.12.2006, 8 AZR 763/05, - II. 1. a d. Gr., m. w. N.).

10. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein und sollen den betroffenen ArbeitnehmerInnen vor allem eine ausreichende Wissensgrundlage für ihre Entscheidung über eine Ausübung oder Nichtausübung ihres Widerspruchsrechts.

11. Auch wenn es sich bei dem Unterrichtungsschreiben zulässigerweise um ein Standardschreiben handelt, ist eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für einen juristischen Laien möglichst verständlichen Sprache, auch hinsichtlich etwaiger Besonderheiten des individuellen Arbeitsverhältnisses, erforderlich (ständ Rspr. des BAG).

12. Für die Erfüllung der Unterrichtungspflichten sind Veräußerer und Übernehmer darlegungs- und beweispflichtig. Entspricht jedoch der Inhalt eines Unterrichtungsschreibens den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB auf den ersten Blick formal und ist die Unterrichtung nicht offensichtlich fehlerhaft, hat der Arbeitnehmer im Rahmen erforderlichen qualifizierten Bestreitens, auch seiner sekundären Behauptungslast nach § 138 Abs. 1 bis Abs. 3 ZPO, - nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast - einen Mangel der Unterrichtung, deren Unvollständigkeit und/oder Fehlerhaftigkeit, näher darzulegen. Erst dann müssen vom Arbeitgeber solche Einwände des Arbeitnehmers durch entsprechende konkretere Ausführungen und Beweisangebote widerlegt werden (u. a. BAG, U. v. 14.12.2006, aaO).

13. Ausgehend von diesen allgemeinen Grundsätzen und im Hinblick auf die insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den einzelnen Unterrichtungsinhalten der Nrn. 1 bis 4 des § 613a Abs. 5 BGB bislang jeweils entwickelten näheren Anforderungen war hier das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 29.08.2005 fehlerhaft, nämlich in wesentlichen Teilen unvollständig.

14. Das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 29.08.2005 ist bereits deshalb unvollständig und damit fehlerhaft, weil die genaue Bezeichnung und Anschrift der Betriebsübernehmerin nicht genannt ist.

15. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit U. v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, AP Nr. 112 zu § 613a BGB - II. 1. b bb d. Gr. -; ebenso U. v. 14.12.2006, aaO, - II. 1. b bb/juris Rz. 27 d. Gr. -) ist es nach dem Zweck der Unterrichtung notwendig, dass der Betriebsübernehmer mit Firmenbezeichnung sowie Anschrift genannt wird. Erst dann ist der Erwerber in ausreichender Weise identifizierbar und - im wörtlichen Sinn - lokalisierbar, so dass die ArbeitnehmerInnen falls notwendig ergänzende Erkundigungen einziehen, Informationen einholen und ihren Widerspruch ggf., wie von der gesetzlichen Regelung ausdrücklich vorgesehen (§ 613 a Abs. 6 Satz 2 BGB), auch dem Übernehmer gegenüber erklären können.

16. Zwar hat das BAG, wie die Beklagte hervorhebt, im Urteil vom 13.07.2006 (aaO - II. 1. b bb/juris Rz. 23 d. Gr. -) auf die Bedeutung der Angabe des Firmensitzes und der Adresse mit der Formulierung "insbesondere bei ausländischen Erwerbern" verwiesen. Bei der dortigen Fallgestaltung handelte es sich jedoch offensichtlich nicht um ausländische Erwerber. Diese Angabe ist jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten unabhängig davon erforderlich, wo sich der Firmensitz des Übernehmers befindet. Auch bei Übernehmern mit Sitz im Inland wird erst durch die Angabe ihrer Anschrift und ihres Sitzes eine Überprüfung ermöglicht, welchen auch wirtschaftlichen Hintergrund der Erwerber hat, und vor allem erst die ausdrückliche gesetzliche Wahlmöglichkeit eröffnet, dem Betriebsübergang auch diesem gegenüber zu widersprechen.

17. Wie das Arbeitsgericht hierzu bereits im Einzelnen ausgeführt hat, fehlt es vorliegend an der erforderlichen Angabe der Anschrift des Betriebserwerbers, allerdings auch an dessen genauer Bezeichnung.

18. Im Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 sind abschließend lediglich zwei Personen namentlich genannt, an die ein Widerspruch gerichtet werden konnte. Im ersten Fall (B.) bezeichnet die dort angegebene Adressierung ("Com HR CG, M.") ersichtlich die Personalabteilung des (damaligen, übergeordneten) Geschäftsbereichs der Beklagten (Com "HR", üblicherweise für Human Resources stehend).

19. Status, Funktion und Zuordnung sowie Anschrift von E. , M., der weiteren von der Beklagten als Adressaten eines möglichen Widerspruchs angegeben Person, auf die die Beklagte abhebt, sind aus der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers dagegen nicht eindeutig als Adresse der Übernehmerin zu identifizieren. Es ist zwar davon auszugehen, dass, wie die Beklagte ausführt, dem in M. wohnhaften und offensichtlich auch in M. tätigen Kläger klar gewesen sein musste, dass sich vor dem Betriebsübergang unter dieser Anschrift die Verwaltung des Bereiches Com MD befunden habe.

20. Den Schluss der Beklagten, dass damit den MitarbeiterInnen des übergehenden Bereichs Com MD, also auch dem Kläger, ebenso klar gewesen hätte sein müssen, dass es sich hierbei auch nach dem Betriebsübergang um dieselbe Adresse von "B." als Übernehmerin (die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ins Handelsregister eingetragen war: § 15 HGB) handeln würde, vermag die Berufungskammer allerdings nicht nachzuvollziehen. Mangels näheren Vortrags der Beklagten oder Anhaltspunkten im Sachverhalt sonst kann nicht davon ausgegangen werden, die betreffenden ArbeitnehmerInnen hätten, etwa unter Berücksichtigung weiterer Umstände, hier annähernd selbstverständlich unterstellen oder dies aus ihrer maßgeblichen Sicht zwangsläufig so verstehen müssen, die allein eingangs des Unterrichtungsschreibens nicht einmal in ihrer vollständigen gesellschaftsrechtlichen Bezeichnung genannte Betriebsübernehmerin (- Firma - "B.") als neu gegründetes, rechtlich selbständiges und zumal und offensichtlich mit der Beklagten in keiner Weise gesellschaftsrechtlich verflochtenes Unternehmen werde ihren Firmensitz exakt am bisherigen Verwaltungsstandort des übergehenden Bereiches S. Com MD errichten. Eher ist das Gegenteil der Fall: der übergegangene Bereich, also die Betriebe oder Betriebsteile Com MD der Beklagten verfügten über verschiedene Betriebsstätten, (u. a.) in M., in B. und in K. (laut wiederum der Auflistung im Unterrichtungsschreiben und näher in der Präambel der Überleitungsbetriebsvereinbarung vom 17.08.2005, Bl. 106/110 d. A.).

21. Dass ein südostasiatischer Konzern (B. /T.) sein neu zu gründendes bzw. soeben gegründetes deutsches Tochterunternehmen (ohne Kapitalbeteiligung der Beklagten) als Übernehmerin dieses Geschäftsbereichs der Beklagten ohne weiteres an dessen bisherigen Verwaltungssitz bei der Beklagten als Verkäuferin "ansiedeln", seinen registerrechtlichen (§ 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB) oder tatsächlichen Firmensitz dort begründen sollte, ist kaum anzunehmen - mangels besonderer Anhaltspunkte sogar eher auszuschließen.

22. Mag sein, dass sich die Adresse der Beklagten später auf Lohnabrechnungen finden ließ. Dies ist jedoch keine Korrektur des Informationsschreibens, die die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6 BGB erneut aufleben lassen könnte. Es ist auch nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, sich die Adresse der Übernehmerin zu beschaffen, sondern de gemäß § 613 a Abs.5 BGB informationspflichtigen Unternehmens, eine vollständige und zutreffende Information in Textform zu leisten, damit sich der Betroffene Gedanken über die Ausübung seines Widerspruchsrechts machen kann.

23. Vor allem: Ist die Information erst einmal gelesen und bedacht, ist nicht davon auszugehen, dass sich der Arbeitnehmer bei Erhalt der Gehaltsabrechnung nochmals Gedanken über sein Widerspruchsrecht macht, also einen Zusammenhang zwischen Adresse der Übernehmerin und der Möglichkeit eines Widerspruchs herstellt, der nach den Angaben im Informationsschreiben ja auch gar nicht mehr möglich sein sollte. Es kommt nach ständiger Rechtsprechung des BAG nicht darauf an, ob der Betroffene die Fehlerhaftigkeit der Information gemäß § 613 a Abs.5 BGB bereits bei Lektüre des Schreibens erkannt hat oder erkennen konnte, sondern darauf, dass das Schreiben den Anforderungen des § 613 a Abs.5 BGB objektiv entspricht oder nicht. Ist das Schreiben fehlerhaft, beginnt die Frist des § 613 a BGB nicht zu laufen. Eine Adressenangabe auf einer Gehaltsabrechnung kann nicht als Korrektur und Komplettierung der gemäß 3 613 a Abs.5 BGB geschuldeten Information mit der Folge der erneuten Ingangsetzung der Widerspruchsfrist gemäß 3 613 a Abs.6 BGB gesehen werden.

24. Bereits aus diesem Grund war somit die Information der Beklagten mit Schreiben vom 29.08.2005 fehlerhaft und deshalb nicht geeignet, die Widerspruchsfrist von einem Monat gemäß § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB in Gang zu setzen.

25. Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist das Informationsschreiben aber auch deshalb als unvollständig fehlerhaft, weil die Beklagte die BetriebserwerberIn nicht einmal vollständig benannt hat. Zur vollständigen Bezeichnung gehört bei einer GmbH & Co. OHG die exakte Bezeichnung der Zahl der an der OHG beteiligten GesellschafterInnen einschließlich der Bennennung ihrer gesetzlichen VertreterInnen, also der GeschäftsführerInnen, falls die Gesellschafterinnen ausschließlich GmbHs sind. Darüber hinaus hätte die Beklagte durch den Zusatz "i.Gr." deutlich machen müssen, dass zumindest die OHG im Zeitpunkt der Information noch nicht einmal in das Handelsregister eingetragen war, als die Unterrichtung erfolgte. Gerade diese Information dürfte das Verhalten der Betroffenen bei der Entscheidung maßgeblich beeinflussen, ob sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen oder nicht.

26. Weiter fehlte es an der erforderlichen Angabe des Grundes für den Übergang (§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB). Hiernach ist zunächst die Angabe der formalen (vertraglichen) Rechtsgrundlage für den Betriebsübergang wie Kaufvertrag, Pachtvertrag etc. gemeint, aber auch - was der gesetzliche Begriff des anzugebenden "Grundes" für den Übergang nach Wortlaut und Sinn und Zweck dieser Regelung bereits zwanglos und selbstverständlich indiziert - eine wenigstens allgemeine und schlagwortartige Angabe der dem Betriebsübergang zu Grunde liegenden unternehmerischen Überlegung oder Konzeption, sofern sich diese im Fall eines Widerspruches auf den Arbeitsplatz auswirken kann (BAG, U. v. 13.07.2006, 8 AZR 305/06, AP Nr. 112 zu § 613a BGB - II. 1. b ee/juris Rzn. 27 f d. Gr. -; U. v. 14.12.2006, aaO, - II. 1. b ee/juris Rz. 32 d. Gr. -).

27. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung - den ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit zu verschaffen, sachgerecht über die Ausübung ihres Widerspruchsrechts nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden - ist hierbei eine Information auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs erforderlich, wenn durch diese die Rechtspositionen der ArbeitnehmerInnen zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der ArbeitnehmerInnen beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der ArbeitnehmerInnen gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist.

28. Auch wenn das wirtschaftliche Potential der Betriebserwerberin im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist - häufig nicht sein kann, weil dessen Beurteilung regelmäßig eine nicht oder kaum justiziable Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung voraussetzen würde - , stellt jedenfalls eine mit dem Betriebsübergang einhergehende erhebliche Verringerung der Haftungsmasse für aus den übergehenden Arbeitsverhältnissen resultierende Forderungen, also eine nicht unerhebliche Verringerung der verbleibenden Haftungsgrundlage, einen Umstand dar, auf dessen Kenntnis die zu informierenden ArbeitnehmerInnen Anspruch haben (BAG, U.v. 31.01.2008, 8 AZR 1116/06 - Rzn. 32 bis 34 d. Gr., auch unter weitergehendem Hinweis auf die ratio legis der gesamtschuldnerischen Haftung bei Unternehmensaufspaltung nach § 134 UmwG -).

29. Die Beklagte hat zwar eingangs des viertes Absatzes des Informationsschreibens vom 29.08.2005 als formales Rechtsgeschäft für den Übergang einen Kaufvertrag "im Wege der Einzelrechtsnachfolge" (sog. Asset Deal) genannt. Im davorstehenden zweiten und dritten Absatz dort ist ansonsten jedoch lediglich ausgeführt, dass "B." durch den "Zusammenschluss mit S. ... seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen" könne, da S. der Übernehmerin eine globale Organisation und einen starken, weltweit bekannten, Markennahmen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie Zugang zu einer breiten Kundenbasis und einen auf drei Kontinenten etablierten Fertigungsverbund biete. Gleiches - nichts wesentlich darüber Hinausgehendes - ergibt sich aus der Präambel unter Abschnitt A der Überleitungsbetriebsvereinbarung vom 17.08.2005, auf die das Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 als dessen Bestandteil Bezug nimmt.

30. Damit sind von der informierenden Beklagten als abgebendem Unternehmen allein als gegeben unterstellte globalstrategische Überlegungen des Mutterkonzerns der Übernehmerin (B. C./T.) im Zusammenhang mit der Übernahme des Geschäftsgebietes Com MD der Beklagten ausgeführt. Eine wenigstens angedeutete Darlegung der Intention der Beklagten selbst als bisheriger Arbeitgeberin und Verfasserin des Unterrichtungsschreibens fehlt dagegen. Mit keinem Wort erwähnt sie, welchen Grund es für sie gegeben haben sollte, ihr Mobiltelefongeschäft vollständig zu verkaufen. Für die Beklagte mit dem vollständigen Verkauf dieser Sparte verbundene eigene unternehmerische Überlegungen lassen sich auch nicht etwa mittelbar oder im Umkehrschluss oder wenigstens konkludent den allein auf die Marktposition und die unternehmerischen Überlegungen der B. C./T. als weltweiter Übernehmerin abstellenden Informationen in ihrem Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 entnehmen.

31. Dass der abschließende Hinweis im Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 auf den durch die Übertragung der Com MD-Aktivitäten auf B. M. (GmbH & Co. OHG) bewirkten Entfall dieser Arbeitsplätze bei der Beklagten und das dadurch verursachte Risiko betrieblicher Kündigungen im Falle eines Widerspruches die Mitteilung der unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang im Sinne des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB beinhaltet haben solle, wie die Beklagte in der Berufungsbegründung argumentiert, ist nachgerade abwegig. Dieser Hinweis der Beklagten im Informationsschreiben bezieht sich allein auf die Folgen eines zuvor erklärten Widerspruches und soll damit, ggf. im Zusammenhang mit § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB, die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang beeinflussen und im Ergebnis die ArbeitnehmerInnen hiervon abhalten. Dieser Hinweis beinhaltet jedoch keine wenigstens ansatzweise und schlagwortartig erfolgte Darstellung der allererst dem Betriebsübergang zu Grunde liegenden unternehmerischen Erwägungen der Beklagten.

32. Die Argumentation der Beklagten hierzu verwechselt die Kausalitätsreihenfolge von Grund (Begründung) und (Rechts)Folge. Dieser Hinweis der Beklagten in ihrem Unterrichtungsschreiben enthält keine - allerdings wie oben gezeigt erforderliche - Information der ArbeitnehmerInnen über die dem Betriebsübergang zu Grunde liegende unternehmerische Intention der Beklagten selbst, sondern verweist, vor dem Hintergrund einer hierzu fehlenden Begründung, sogleich auf das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes bei Widerspruch, zumal eben eines solchen auf unzureichender Entscheidungsgrundlage.

33. Wäre dieses latente Drohszenario bereits die erforderliche Darstellung der unternehmerischen Erwägungen der Beklagten für den Betriebsübergang, wie die Beklagte zum Ausdruck bringen will, würde dies den Verzicht auf jegliche inhaltliche Information bedeuten, nämlich die Mitteilung hierzu ausreichen lassen, dass nun einmal verkauft, verpachtet etc. wird, und dass, wer was dagegen hat und dem Übergang seines Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber widerspricht, damit rechnen muss, den Arbeitsplatz bei der Arbeitgeberin zu verlieren.

34. Einer wenigstens groben, allgemeinen Information über die unternehmerischen Erwägungen, die die Beklagte zu dem Betriebsübergang, dem Verkauf dieses Geschäftsbereichs, veranlasst haben, bedurfte es nach Auffassung der Berufungskammer hier auch und vor allem deshalb, weil diesem Verkauf auf den ersten Blick und für den unbefangenen Leser des Unterrichtungsschreibens und damit dessen Entscheidungsfindung atypische, bemerkenswerte Umstände zugrunde lagen:

35. Nach jeweils unbestritten gebliebenem - auch hinsichtlich des vom Arbeitsgericht so genannten "negativen Kaufpreises" im Grundsatz nicht bestrittenen -Vorbringens des Klägers erfolgte der Verkauf nicht an den B. unmittelbar, die B. C. in T., sondern, wie insoweit zunächst auch nicht überraschend oder ungewöhnlich, an deren neu gegründete deutsche Tochtergesellschaft, die Fa. B. Dass letzteres Unternehmen als rechtliche Käuferin und Übernehmerin neu gegründet wurde und vor allem gerichtsbekannt mit einem Stammkapital und damit Haftungskapital von - beide Gesellschafter zusammengenommen - gerade einmal 50.000,-- € ausgestattet war, bei Übernahme eines Geschäftsbereiches mit, so die Beklagte, ca. mehr als 3.000 ArbeitnehmerInnen, und dieser Transaktion zum anderen ein sog. "negativer Kaufpreis" zugrunde lag, veranlassten allerdings einen erheblichen Erklärungsbedarf, da erst solche - hier allerdings bemerkenswerten - Besonderheiten die durchschnittlichen ArbeitnehmerInnen als Adressaten des Unterrichtungsschreibens nach den vorstehenden Grundsätzen in die Lage versetzen konnten, sich über die Person des Übernehmers und die in § 613 a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild zu machen und eine für ihre Entscheidung erforderliche ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts zu gewinnen (BAG, aaO). Dies muss umso mehr gelten, als die Beklagte im Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 gerade und allein auf die Größe, Bedeutung und, internationale, Marktmacht usw. der "Übernehmerin" abstellt, deren globale Organisation und führende Marktposition weltweit akzentuiert.

36. Die Beklagte teilt hier jedoch, wie ausgeführt, mit keinem Wort, auch nicht andeutungsweise, mit, was ihre eigene Überlegung war, einen ihrer Geschäftsbereiche, nämlich die "angeschlagene" Handy-Sparte (vgl. SS d. Bekl. vom 05.07.2007 (Bl. 85 d.A.) mit mehr als 3.000 ArbeitnehmerInnen und einem wirtschaftlich wesentlichen Stellenwert, mit Bedeutung auch für die Außendarstellung der S., da die Telefonie einer der ältesten Geschäftsfelder der S. war, aus ihrem Unternehmen mit einem viele Milliarden Euro umfassenden Haftungskapital auszugliedern und hinsichtlich seiner in Deutschland gelegenen Aktivitäten auf ein neu gegründetes Unternehmen zu übertragen, das mit gerade einmal 50.000,00 € Haftungskapital ausgestattet war. Dass der Beklagten diese Situation der Übernehmerin gänzlich unbekannt gewesen sein sollte, wird von ihr weder eingewandt noch wäre dies nachvollziehbar.

37. Die Beklagte hat im Übrigen seit dem Betriebsübergang die Personalakten für die B. auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags geführt, was jedenfalls indiziert, dass es nicht unwesentliche geschäftliche Beziehungen zwischen der Beklagten und der Übernehmerin gegeben haben muss.

38. Die Frage des sog. "negativen Kaufpreises" (wieso sich die Beklagte über die Verwendung dieses Begriffs durch das Arbeitsgericht echauffiert, ist für die Berufungskammer nicht ganz nachvollziehbar: aus dem in beim LAG München anhängigen Parallelverfahren vorgelegten Gutachten und Bericht des, zu diesem Zeitpunkt vorläufigen, Insolvenzverwalters vom 27.12.2006 ist gerichtsbekannt, dass eben dieser Begriff dort (S. 12) gebraucht wird!) ist von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung der Adressaten des Informationsschreibens über den Betriebsübergang: Der unbefangene Durchschnittsempfänger - hier regelmäßig Techniker, Ingenieur u.ä. - verbindet mit dem Begriff "Kaufvertrag" schlicht eine normale Austauschbeziehung im Sinne des § 433 BGB - der Verkäufer veräußert einen Gegenstand - hier "Unternehmensbereich" (im Wege der dort erwähnten Einzelrechtsnachfolge - Asset Deal -) - gegen Zahlung einer Summe, die ökonomisch üblicherweise vom (inneren) Wert des veräußerten Gegenstands und dem (Markt)Preis bestimmt wird.

39. Der von der Beklagten ohne wenigstens ansatzweise Begründung oder nähere Information gebrauchte Begriff des Kaufvertrages suggeriert naturgemäß - sollte nach dem systematischen Gesamtzusammenhang des Unterrichtungsschreibens vom 29.08.2005 wohl auch suggerieren -, dass der bezeichnete Käufer = B. als Gegenleistung einen Kaufpreis bezahlt hat - nicht, dass die Beklagte tatsächlich im Ergebnis sogar - allerdings nicht an B., jedenfalls nicht zu ihrer uneingeschränkten Verfügung, sondern der B. C. - eine "Mitgift" mitgab, sie nach ihrem Vorbringen ihrerseits Zuzahlungen für übernommene Risiken leistete (der Käufer eines, z. B., Pkw pflegt hierfür einen Kaufpreis zu zahlen - und nicht oder höchst selten bzw. nur unter ganz besonderen Umständen - etwa zusätzlichen außergewöhnlichen Entsorgungslasten - diesen ohne Zahlung eines Kaufpreises zu erwerben und sogar noch zusätzlich dotiert zu werden ...).

40. Ein wenigstens ansatzweise erforderlicher und erfolgter Hinweis auf diese besondere Situation musste allerdings vorhanden sein, um eine seriöse und überlegte Entscheidung über das Für und Wider eines Widerspruches zu ermöglichen - die Zukunftsperspektiven einer mit einem Haftungskapital von gerade einmal 50.000,00 € ausgestatteten und von der Beklagten als Verkäuferin noch mit Mitgift dotierten Erwerberin und damit die Abwägung der Risiken und die Antwort auf die Frage der Sinnhaftigkeit eines Widerspruchs sind vor diesem Hintergrund zwangsläufig anders einzuschätzen als etwa aus Hinweisen auf besondere unternehmerische Perspektiven für B. C./T., wie im Informationsschreiben vom 29.08.2005 allein akzentuiert, rückzuschließen (BAG 31.01.2008, aaO - wo das BAG nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass eine Unterrichtung der Arbeitnehmer nach § 613 a Abs. 5 BGB unzulänglich war, weil nicht über die fehlende Übertragung auch der Betriebsimmobilie auf den Betriebserwerber - auf diesen waren nur die Maschinen, Vorräte, Halbfertigprodukte und das Mobiliar übertragen worden - informiert worden war).

41. Der Verkauf ihres Betriebsteils/Geschäftsbereichs Com MD mit ca. 3.000 Arbeitnehmern an eine neu gegründete und offensichtlich unterkapitalisierte Tochtergesellschaft eines ausländischen Konzern unter "Mitgift" hätte deshalb allerdings eine nähere Unterrichtungspflicht der Beklagten über die damit verbundenen Umstände und ihre Überlegungen ausgelöst.

42. Das Informationsschreiben lässt nicht erkennen, dass die Übertragung des Betriebsteils Com MD der Beklagten lediglich Teil eines Veräußerungspakets ist, das mit der B. geschlossen wurde und bei dem wesentliche Vermögenswerte des zu übertragenden Geschäftsbereichs nicht der Übernehmerin, sondern der B. zufließen sollten. Hier sind zu nennen die Patent- und Markenrechte, die einen wesentlichen Teil des Firmenwerts ausmachen sowie die sich aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen bei der Beklagten ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtungen an die Konzernmutter, die B. C. in T.. Das Informationsschreiben lässt weiterhin nicht erkennen, dass die Übertragung an eine im Zeitpunkt der Information noch gar nicht gegründete Offene Handelsgesellschaft erfolgen sollte, deren persönlich haftende Gesellschafterinnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren, deren Stammkapital gerade einmal je 25.000,00 € betrug.

43. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden, hätte die Beklagte die Klägerin über diese Eckdaten der geplanten Transaktion unterrichten müssen. Durch die genannten Aspekte wurden zwar die Rechte und Pflichten aus dem nach § 613 a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber, die B., übergehenden Arbeitsverhältnis des Klägers nicht unmittelbar berührt. Sie hätten jedoch für die betroffenen Arbeitnehmer erkennen lassen, dass die von der Beklagten seinerzeit geplante Aktion mit erheblichen Risiken für ihre Arbeitsplatzsicherheit verbunden war.

44. Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurde, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Weiter übernahm die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen, deren komplementäre aktiven Vermögenswerte - die Ausgleichzahlungen - nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich im Übertragungszeitraum chronisch defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis die Klägerin Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.

45. Zutreffend führt auch die Kammer 11 des LAG München in ihrem Urteil vom 04.06.2008 - Az.: 11 Sa 48/08 - aus, dass die Information der Beklagten auch deswegen unrichtig ist, weil sie den Eindruck erweckt, sämtliche Aktiva des Bereichs COM MD seien an die B. verkauft worden. Dies ist nämlich unstreitig nicht der Fall. Zum einen wurden in allen Staaten, in denen sich Organisationsteile von COM MD befanden, Gesellschaften von der B. C. gegründet, auf die die dortigen Aktivitäten von COM MD übertragen wurden. Zum anderen sind die Markenrechte und Patente von COM MD auf die B. C. übertragen worden, nicht auf B. in D..

46. Die Kammer 11 führt dazu aus, das Informationsschreiben erfülle auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift habe sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf den Grund für den Übergang zu erstrecken. Als Grund für den Übergang müssten die rechtsgeschäftliche Grundlage für den Betriebsübergang (z.B. Kauf, Pacht, Umwandlung) sowie die beteiligten Unternehmen mitgeteilt werden (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz. 208).

47. Der Grund für den Übergang sei indes nicht hinreichend konkret bezeichnet worden. Insbesondere lasse das Schreiben nicht erkennen, dass Vertragspartner des Rahmenvertrags, der wesentliche Teile des Veräußerungsgeschäfts sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Verkauf des Geschäftsbereichs Com MD an die B. zum Gegenstand habe, die B. C. sowie die S. gewesen seien. Nur bei Kenntnis dieser Fakten könne davon die Rede sein, dass die Mitarbeiter über den "Grund" des Übergangs informiert worden seien. Die reduzierte Mitteilung, dass die Beklagte an B. verkauft habe, reiche jedenfalls nicht, um dem Mitarbeiter die für die Ausübung seines Widerspruchsrechts notwendige Wissensgrundlage zu verschaffen. Das gelte im vorliegenden Fall in besonderer Weise, weil die Veräußerung des Geschäftsbereichs Com MD keine Einzeltransaktion zwischen der Beklagten und der B. gewesen sei, sondern Gegenstand eines Vertragspakets, an dem außer der B. auch die Konzernmutter maßgeblich als Vertragspartnerin des "Master Sale and Purchase Agreements" beteiligt gewesen sei, wobei dieser wesentliche Vermögenswerte des zu veräußernden Geschäftsbereichs versprochen worden seien. Die erkennende Kammer schließt sich auch diesen Ausführungen an.

48. Mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 BGB durch die Beklagte hatte deshalb die Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen, weshalb der vom Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.09.2006 formgerecht (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) erklärte Widerspruch gegen den Betriebsübergang grundsätzlich nicht verspätet war.

49. Das Recht des Klägers, dem Betriebsübergang noch mit Schreiben vom 27.10.2006 zu widersprechen, ist - wie bereits das Arbeitsgericht in Ergebnis und Begründung überzeugend ausgeführt hat - weder nach den Grundsätzen der Verwirkung noch entsprechend § 144 Abs. 1 BGB als ausgeschlossen anzusehen.

50. Das Widerspruchsrecht als schriftlich auszuübendes Gestaltungsrecht in Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts (vgl. nur BAG, U. v. 13.07.2006, 8 AZR 382/05, AP Nr. 1 zu § 613a BGB Widerspruch - II. 1. b aa (1)/juris Rz. 21 d. Gr., m. w. N. -; vgl. ausführlich auch LAG Köln, U. v. 05.10.2006, 11 Sa 257/07, NZA-RR 2008, S. 5 f) kann nach allgemeiner Auffassung verwirken.

51. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, mit der die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen wird. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger lediglich längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte musste vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, aaO; BAG, U. v. 15.02.2007, 8 AZR 431/06, AP Nr. 320 zu § 613a BGB - II. 3. b (2)/juris Rzn. 42 f d. Gr. -; hierzu etwa Wellköner, BB 2007, S. 1849 f).

52. In diesem Zusammenhang kann von vornherein nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte aufgrund der mit der Insolvenz der Fa. B. verbundenen (auch öffentlichen Begleit-) Umstände grundsätzlich mit Widersprüchen übergegangener ArbeitnehmerInnen im zeitlichen Zusammenhang mit der Insolvenzantragstellung bzw. Insolvenzeröffnung rechnen musste - weshalb sie sich auch aus diesen Gründen nur unter zusätzlichen Umständen überhaupt darauf einstellen hätte können, damit, in diesem zeitlichen Zusammenhang, nicht mehr konfrontiert zu werden.

53. Hier kann zunächst offen bleiben, ab wann der Lauf des Zeitmoments des Verwirkungstatbestands beginnt - ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Unterrichtungsschreibens oder dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs bzw. der positiven Kenntnis seiner Umstände, also letztlich jedenfalls dem Zugang des Unterrichtungsschreibens (wie dies die hiesigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99 (juris) veröffentlicht meinen: Löwisch/Göpfert/Siegrist, DB 2007, S. 2538 f (unter III.); ebenso LAG München, U. v. 12.10.2006, 2 Sa 990/05, BB 2007, S. 507 f mit Anm. Göpfert/Siegrist: BB 2007, S. 506 f), oder zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erlangt hatte (so LAG Düsseldorf etwa im U. v. 01.08.2007, 7 Sa 655/07 (juris Rz. 97) und 7 Sa 361/07, FA 2008, S. 59 (LS - juris Rz. 80) - , ob also eine Frist von ca. 15 Monaten gemäß der ersten Auffassung oder offensichtlich allenfalls wenigen Monaten/kurzer Zeit nach der zweiten Auffassung (im U. v. 15.02.2007, aaO - II. 3. b (3)/juris Rz. 45 der Gründe - hat das BAG das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes nach den objektiven Umständen "angesichts der Dauer von über einem Jahr des nicht erklärten Widerspruchs" als erfüllt angesehen; das LAG Köln stellt im U. v. 05.10.2007 - NZA-RR 2008, S. 5 f/8, unter II. 1. d bb (1) der Gründe - dagegen nachvollziehbar auf die regelmäßige Verjährungsfrist als Anhalt für das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes ab; für die Erfüllung des Zeitmoments der Verwirkung bei Widerspruch erst 12/14 Monate nach, auch fehlerhafter, Unterrichtung: LAG Nürnberg, U. v. 07.03.2007, 6 Sa 228/06 (juris -n. r.)).

54. Bei der beim Zeitmoment gebotenen einzelfallbezogenen Wertung, bei der es eine starre oder Höchstfrist (z. B. von sechs Monaten) nicht gibt (ständ. Rspr. des BAG, aaO), können insbesondere der Grad der Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit des Unterrichtungsschreibens und auch die Komplexität der mit dem konkreten Betriebsübergang verbundenen rechtlichen Fragen eine Rolle spielen (BAG, U. v. 15.02.2007, aaO (juris Rz. 44), und wiederum Löwisch/Göpfert/Siegrist, aaO, S. 2539). Hiernach ist hier zu berücksichtigen, dass das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 29.08.2005 allerdings in mehrfacher und gravierender Hinsicht unvollständig und fehlerhaft und die mit einer internationalen Transaktion wie der dem vorliegenden Betriebsübergang verbundenen Umstände, auf die auch das Informationsschreiben und der Vortrag der Beklagten abheben, durchaus kompliziert und für Techniker/Ingenieure wie hier in ihrer Bedeutung und ihren möglichen Auswirkungen kaum zu durchschauen waren.

55. Jedenfalls würde es selbst unter der Annahme eines aufgrund des langen Zeitablaufes erfüllten Zeitmoments des Verwirkungstatbestandes auch nach Auffassung der Berufungskammer an dessen immer kumulativ erforderlichem Umstandsmoment fehlen, am Vorliegen ausreichender Umstände, die den Eindruck erweckt hätten, der Kläger werde keinen Widerspruch gegen den Betriebsübergang mehr ausüben, so dass die Beklagte sich darauf einstellen hätte dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden und sie deshalb überhaupt Vertrauensschutz in einer derart herausgehobenen Weise genossen hätte, dass ihr ein Widerspruch des Klägers nicht mehr zuzumuten gewesen wäre.

56. Auf die Tatsache, dass der Kläger bei der Betriebsübernehmerin über den 01.10.2005 hinaus weiterarbeitete, beruft sich die Beklagte zwar als vertrauensbegründendes Element; dies ist aber nicht auch nur ansatzweise hierfür geeignet.

57. Dass der Kläger mit der Übernehmerin zwei Gehaltserhöhungen und eine Änderung seines Zieleinkommens vereinbart hat, wovon die Beklagte aufgrund eines Dienstleistungsvertrages mit der Übernehmerin über die Führung der Personalakten ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.10.2005 Kenntnis erlangt hat -, konnte keinen irgendwie gearteten Vertrauensschutz für die Beklagte begründen, der Kläger werde ein mögliches Widerspruchsrecht deshalb nicht mehr ausüben (falls diese qua Personaldienstleistungsvertrag grundsätzlich vertrauliche und wohl auch dem Datenschutz unterliegende Tatsache von der Beklagten überhaupt verwertbar wäre). Die Berufungskammer vermag nicht nachzuvollziehen, weshalb für die Beklagte die Akzeptanz der Übernehmerin als unangefochtener Arbeitgeberin durch den Kläger einen Vertrauensschutz der Beklagten im maßgeblichen Verhältnis zu ihr erzeugt haben sollte, wie sie mutmaßen will.

58. Nochmals: Bei der Würdigung der Frage des Vertrauensschutzes der Beklagten und vor allem eines - maßgeblichen - solchen, der das Interesse des Klägers derart überwogen hätte, dass der Beklagten dessen später Widerspruch nicht mehr zuzumuten wäre (BAG, aaO), kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass ihr Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 hier nicht lediglich marginal unvollständig, sondern nach den vorstehenden Ausführungen im Hinblick u. a. auf die unterbliebene Information über ihre eigene unternehmerische Intention und die besonderen Umstände des mitgiftdotierten Verkaufs an eine evident unterkapitalisierte Erwerberin an der Grenze der zumindest objektiven Falschinformation war (§ 242 BGB). Vor diesem Hintergrund muss ein rechtlich zu billigender Vertrauensschutz der Beklagten hinsichtlich einer Nichtausübung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang wenn nicht grundsätzlich, so doch zumindest im Regelfall ausscheiden. Das Vorliegen des Umstandsmoments und damit eine Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers sind deshalb nicht gegeben.

59. Eine unzulässige Rechtsausübung des Klägers (§ 242 BGB) in Form illoyal verspäteter Geltendmachung seines Widerspruchsrechts, auf dessen Unterbleiben die Beklagte sich eingestellt hatte - und weshalb das Erfordernis ihres Vertrauensschutzes das Interesse des Klägers zumal derart überwiegen würde, dass der Beklagten die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten wäre - , im Sinne des Verwirkungstatbestands oder bereits eines generellen Verzichts auf die Ausübung des Widerspruchsrechts liegen deshalb nicht vor.

60. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger bereits drei Monate nach seinem Widerspruchsschreiben Klage zum Arbeitsgericht München auch gegen die Beklagte erhoben hat, so dass die Beklagte sich auch nicht auf eine Verwirkung des Klagerechts berufen kann. Zwar hat er der Beklagten eine Frist von zwei Wochen gesetzt, ihm einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, so dass das Zeitmoment erfüllt sein kann. Jedoch hat er nicht etwa erklärt oder durch sonstiges Verhalten (Umstandsmoment) zu erkennen gegeben, er werde bei Ablehnung oder Untätigkeit der Beklagten seinen behaupteten Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit ihr nicht gerichtlich geltend machen. Die vom Kläger gegenüber der B. ausgesprochene Kündigung zum 31.12.2006 ist für die hier zu entscheidenden Fragen ohne Relevanz. Die Kündigung fand zeitlich nach Ausübung seines Widerspruchs durch den Kläger statt. Ein etwaiger Vertrauensschutz für die Beklagte, er nehme nunmehr doch ein Arbeitsverhältnis mit B. an, lässt sich daraus nicht begründen.

61. Für eine Aussetzung und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof wegen der von der Beklagten zu 2) aufgeworfenen Fragen sieht das Berufungsgericht keine Veranlassung. Im Anschluss an die auch insoweit zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu wird lediglich darauf hingewiesen, dass

- die vom deutschen Gesetzgeber zulässig alternativ eingeräumte Möglichkeit, den Widerspruch gegen den Betriebsübergang auch gegenüber dem Betriebsübernehmer zu erklären (§ 613a Abs. 6 Satz 2 BGB), wie vorstehend ausgeführt bereits denknotwendig und eigentlich selbstverständlich die Angabe dessen Adresse voraussetzt (Vorlagefrage 1.),

- schon damit keine von der Beklagten angenommene rückwirkende Aufstellung zumal zusätzlicher Erfordernisse durch die deutsche Rechtsprechung im konstitutiven Sinn vorliegen kann (Vorlagefrage 2.),

- bei dieser "Anforderung" im Sinne einer denknotwendigen Voraussetzung keine günstigere Regelung im Sinne des Art. 8 RL 2001/23/EG bestehen kann (Vorlagefrage 3.)

- und sich die Möglichkeit eines Widerspruches und dessen Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs aus dem gesetzlich geregelten Status des Widerspruchsrechts als Gestaltungsrechts ergeben (Vorlagefragen 4. und 5).

62. Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs.1 ZPO.

63. Die Berufungskammer hat die Revision für die Beklagte vor allem wegen grundsätzlicher Bedeutung ihres Begehrens zugelassen.

Ende der Entscheidung

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