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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 31.07.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 220/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a
1. Das Widerspruchsrecht gegen einen Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 1 BGB ist nicht in zeitlicher Hinsicht grenzenlos und auch kein Selbstzweck. Mag der Gesetzgeber insoweit für die Zeit nach dem Betriebsteilübergang auch gerade keine Fristen eingeräumt haben, woraus zu entnehmen ist, dass es keine absoluten Verwirkungsfristen gibt, so ist doch bei Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände des Wissens des Klägers über die aus seiner Sicht unkorrekte Information seiner früheren Arbeitgeberin über den bevorstehenden Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 5 BGB, sich ergebend aus seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 an die Beklagte i. V. mit seinem Wissen um die Illiquidität der übernehmenden Fa. A. GmbH, die ihn bereits zur Antragstellung auf Insolvenzgeld am 2. Juni 2005 veranlasste i. V. mit der ihm zweifellos bekannten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieses Unternehmens am 1. August 2005 und der Tatsache, dass er die ihm ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die betriebsteilübernehmende Fa. A. GmbH nicht gerichtlich innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG angegriffen hat, spätestens ab letzterem Zeitpunkt bei seinem Widerspruch vom 25. Januar 2006 das für das Institut der Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt. Als allerletzter Zeitpunkt, ab wann die Beklagte mit einem Widerspruch, der sein Arbeitsverhältnis bei ihr ab 1. November 2004 aufrechterhalten hätte, rechnen musste, ist schließlich der 1. Dezember 2006 zu nennen, zu dem auf jeden Fall sein Arbeitsverhältnis mit der Fa. A. GmbH infolge der von dieser ausgesprochenen Kündigung beendet war.

Ihm, aber auch der Beklagten, musste damit klar sein, dass er, wollte er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses bei dieser geltend machen, seine Arbeitskraft spätestens ab diesem Zeitpunkt bei ihr anbieten hätte müssen. Es sind auch gar keine Gründe ersichtlich, warum er dies nicht tat. Er riskierte dabei sogar etwaige Ansprüche aus Annahmeverzug.

Damit aber konnte allerspätestens ab diesem Zeitpunkt die Beklagte darauf vertrauen, er würde seinen Widerspruch nicht mehr geltend machen.

2. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem bereits zitierten Urteil vom 13. Juli 2006 (8 AZR 382/05 - AP Nr. 1 zu § 613a BGB Widerspruch) erkannt hat, ist gerade die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen und gerade je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Die hier vorliegenden Umstände waren durchaus geeignet, bei der Beklagten das Vertrauen zu erwecken, dass der Kläger von seinem Widerspruchsrecht nicht Gebrauch machen würde, denn der von ihm in seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 geäußerte Vorbehalt dieses Widerspruchsrechts war nicht gerechtfertigt, was er auch selbst erkennen hätte können und müssen und durch sein Zuwarten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2005 sowie seine Untätigkeit gegen die von der Fa. A. GmbH ihm ausgesprochene Kündigung noch genährt hat.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 Sa 220/07

Verkündet am: 31. Juli 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Achte Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kagerer sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Steinbach und Wischhöfer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17. Januar 2007 - Gz.: 31 Ca 1709/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers, das gem. § 613a BGB auf eine andere Arbeitgeberin übergegangen war und dort auch realisiert wurde, aufgrund seines später erfolgten Widerspruchs mit seiner früheren Arbeitgeberin, der Beklagten, fortbesteht.

Der 44-jährige, verheiratete Kläger, der einem minderjährigen Kind unterhaltspflichtig ist, ist seit 1. September 1978, zuletzt als Systems Analyst, im Geschäftsbereich C. der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung in Höhe von € 3.789,29 brutto (= durchschnittlich € 2.900,-- netto) beschäftigt. Nach deren unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag mit Schriftsatz vom 25. April 2006 (Seiten 20/21) fanden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften der Tarifverträge für die chemische Industrie Anwendung.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 hat die Beklagte ihn darüber unterrichtet, dass sie plane, "den Geschäftsbereich C. mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A. GmbH zu übertragen", worin der Kläger beschäftigt war. Sie führt darin unter Ziff. 2. "Zum Grund für den Übergang" u. a. aus:

" ... A. GmbH mit Sitz in L. umfasst das gesamte bisherige C.Geschäft der A. AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A. GmbH übernimmt das Vermögen von C. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

...

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können."

Weiter heißt es darin unter Ziff. 3. "Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer":

" Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs C. tritt A. GmbH in die bestehenden unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A. AG, A. GmbH, Gesamtbetriebsrat der A. AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung 'zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen' abgeschlossen, die davon geprägt ist, soweit wie möglich Kontinuität zu wahren:

- Die bei der A. AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A. GmbH anerkannt.

- Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A. GmbH bestehen, d. h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

- Bei Bonus/VUEK für den Zeitraum ab 1. Januar 2004 werden die Mitarbeiter von A. GmbH so behandelt, als seien sie Mitarbeiter der A. AG, d. h., wenn der Vorstand für die A. AG eine solche Zahlung beschließt, wird sie entsprechend auch bei A. GmbH erfolgen.

- Die übergehenden Mitarbeiter können ihre ordentliche Mitgliedschaft in der B.-Pensionskasse fortsetzen. Die Abstimmung mit der B.-Pensionskasse ist bereits erfolgt. Die erworbenen Anwartschaften bleiben erhalten.

- Die kollektiv-rechtliche Geltung der am 31. Oktober 2004 bei der A. AG bestehenden Betriebsvereinbarungen und Gesamtbetriebsvereinbarungen bleibt bei der A. GmbH unverändert. Dies gilt auch für die bei der A. AG geltenden Richtlinien.

- Die Gesamtbetriebsvereinbarungen zum Sozialplan gelten bei A. GmbH oder einer Schwester- oder Tochtergesellschaft als Sozialplan sowohl auf Ebene des Unternehmens wie auch auf örtlicher Ebene mindestens bis zum 31. Dezember 2007.

- A. GmbH wird einen Aufsichtsrat mit je sechs Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer bilden.

- Betriebsrat und Vertrauensperson der Schwerbehinderten in München haben ein Übergangsmandat für A. GmbH bzw. A. AG bis zur Neuwahl, die bis zum Sommer 2005 erfolgen wird.

- Die bestehenden betrieblichen Einrichtungen (z. B. Kantine, Parkplätze, Werksarzt) bleiben bei Betriebsübergang unverändert.

- Die Pensionäre, die vor dem Übergang auf A. GmbH aus dem Unternehmen ausgeschieden sind bzw. ausscheiden, verbleiben bei der A. AG."

Ziff. 4. dieses Schreibens befasst sich mit den Arbeitnehmern, die von einem dadurch erforderlichen Personalabbau betroffen sein würden. Ziff. 5. "Zu Ihrer persönlichen Situation" lautet:

" Ihr Arbeitsverhältnis wird von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. nicht betroffen sein."

Schließlich heißt es in Ziff. 6. dieses Schreibens "Zum Widerspruchsrecht" u. a.:

" Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A. GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden. Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an: ..."

Ziff. 7. dieses Schreibens spricht schließlich noch die "Folgen eines Widerspruchs" an, wonach dann zwar das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Fa. A. GmbH übergehe, er aber, da sein bisheriger Arbeitsplatz bei der Beklagten nicht mehr vorhanden sein werde und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht bestehe, im Falle der Ausübung seines Widerspruchsrechts mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte rechnen müsse und aufgrund der abgeschlossenen "Überleitungsvereinbarung" zwischen der Beklagten und deren Gesamtbetriebsrat sowie den örtlichen Betriebsräten in diesem Falle kein Anspruch auf eine Abfindung bestehe; er müsse deshalb damit rechnen, seinen Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren, wobei "bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch (seine) Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit infrage gestellt" seien. Deshalb werde ihm dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen.

Tatsächlich ist der Geschäftsbereich C. der Beklagten mit Wirkung vom 1. November 2004 durch Rechtsgeschäft auf die Fa. A. GmbH übertragen worden und hat der Kläger zum damaligen Zeitpunkt dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen. Er hat ab diesem Zeitpunkt für das letztgenannte Unternehmen gearbeitet.

Die Fa. A. GmbH hat am 25. Mai 2005 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt; daraufhin wurde am 27. Mai 2005 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und am 1. August 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Dem Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsverhandlung, "der Antrag auf Insolvenzeröffnung (der Fa. A. GmbH) sei bereits am 27. Mai 2005 den Arbeitnehmern kommuniziert worden", ist der Kläger nicht substanziiert entgegengetreten.

Das letztgenannte Unternehmen hat das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich betriebsbedingt zum 30. November 2005 gekündigt.

Er hat sich mit Schreiben vom 13. Juli 2005 an die Beklagte gewendet. Darin weist er zunächst auf das ihm von der Beklagten zugegangene bereits erwähnte Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 hin und führt dazu u. a. weiter aus:

"... Ich sah jedoch keinen Grund für einen Widerspruch ... Nach dem gesamten Inhalt des Schreibens konnte ich davon ausgehen, dass das Unternehmen, auf das mein Arbeitsverhältnis übergehen sollte, sehr gut mit Kapital ausgestattet und mein Arbeitsplatz deshalb einigermaßen gesichert sei.

Da mein Entgelt für den Monat Mai nicht entrichtet worden ist, musste ich am 2. Juni 2005 einen Insolvenzgeld-Antrag stellen. In weniger als sieben Monaten hat eine angeblich mit sehr hohem Eigenkapital und mit einer mehr als 120 Mio. Euro Liquidität ausgestattete Firma einen Insolvenzantrag gestellt.

Die Informationen, die mir in dem Informationsschreiben gegeben worden sind, waren offensichtlich unzutreffend. Marktrisiken sind zwar angesprochen, aber wegen des hohen Eigenkapitals und der guten Liquidität als abgesichert bezeichnet worden.

Die Frist für einen Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB beginnt erst zu laufen, wenn die schriftliche Information nach § 613a Abs. 5 BGB vollständig und wahrheitsgemäß ist.

Das Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen und löst deshalb den Lauf der Widerspruchsfrist nicht aus.

Ich erwarte von Ihnen nunmehr eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für mich (§ 613a Abs. 5 Ziff. 3 BGB). Hierauf habe ich einen Rechtsanspruch.

Nach deren Eingang werde ich die Entscheidung treffen, ob ich dem Übergang widerspreche.

Für den Fall einer fehlerhaften Information behalte ich mir weitergehende Schadensersatzansprüche vor."

(kursive Hervorhebung durch die Berufungskammer)

Der Kläger hat mit Schreiben vom 25. Januar 2006 an die Beklagte "dem Betriebsübergang von der A. AG zur A. GmbH widersprochen".

Da die Beklagte den Widerspruch des Klägers nicht akzeptiert hat, hat er mit Schriftsatz vom 6. Februar 2006, der am 7. Februar 2006 am Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 17. Februar 2006 zugestellt worden ist, Klage erhoben. Seit 1. Mai 2006 hat der Kläger einen neuen Arbeitsplatz gefunden.

Er hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen,

sein Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die Fa. A. GmbH vom 25. Januar 2006 sei wirksam. Die Einmonatsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB, wonach der entsprechende Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den geplanten Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 5 BGB erfolgen müsse, habe wegen der Unrichtigkeit der entsprechenden Information nicht zu laufen begonnen. Sein Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt; insoweit verweist er auf sein Schreiben vom 13. Juli 2005 an die Beklagte, worin er sich seinen Widerspruch ausdrücklich vorbehalten habe. Deshalb sei die Beklagte verpflichtet, ihn rückwirkend zum 1. November 2004 zu beschäftigen und müsse für die Zeit vom 4. August 2005 bis 31. Januar 2006 seinen Verdienstausfallschaden (zzgl. Weihnachtsgeld 2005) gem. § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von € 9.310,84 (Nettogehalt abzüglich Arbeitslosengeld) nebst gesetzlicher Zinslast an ihn zahlen.

Der Kläger hat deshalb vor dem Arbeitsgericht folgende Anträge gestellt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger, rückwirkend zum 1. November 2004, wieder als Systems Analyst in der Niederlassung der Beklagten in M., T. Straße zu beschäftigen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 9.310,84 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie hat vorgetragen, ihr Schreiben vom 22. Oktober 2004 habe den Kläger über den zum 1. November 2004 bevorstehenden Betriebsteilübergang richtig informiert; es entspreche den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Damit aber habe der Kläger die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB versäumt. Selbst wenn ihr Unterrichtungsschreiben vom 22. Oktober 2004 nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen hätte, könne er nicht zeitlich unbefristet widersprechen, denn es gäbe keine zeitlich grenzenlose Widerspruchsfrist, weil dies den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspräche. In analoger Anwendung des § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG hätte der Kläger daher seinen Widerspruch binnen sechs Monaten nach dem Betriebsteilübergang, also ab dem 1. November 2004, geltend machen müssen; seine Widerspruchsfrist sei deshalb am 30. April 2005, spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist der Kündigung durch die Fa. A. GmbH zum 30. November 2005, die er nicht angegriffen habe, abgelaufen gewesen.

Wenn überhaupt, hätte der Kläger sein Widerspruchsrecht vor der rechtlichen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Fa. A. GmbH ausüben müssen. In jedem Falle aber sei sein Widerspruchsrecht bei einer Geltendmachung mit Schreiben vom 25. Januar 2006 verwirkt.

Außerdem seien seine Ansprüche gem. § 17 des Manteltarifvertrages vom 24. Juni 1992 für die chemische Industrie (MTV-Chemie) verfallen.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 17. Januar 2007, das dem Kläger am 12. Februar 2007 zugestellt worden ist, die Klage vollinhaltlich abgewiesen. Auf die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen und angestellten rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.

Dagegen hat der Kläger mit einem am 9. März 2007 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 26. April 2007, mit einem hier an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags führt er insbesondere aus,

das Arbeitsgericht habe bereits im Tatbestand des angegriffenen Urteils den Sachverhalt verkannt, indem es davon ausgegangen sei, dass sein Arbeitsverhältnis am 31. Oktober 2004 statt am 30. November 2005 geendet habe. Es habe insbesondere den ersten Klageantrag unrichtig ausgelegt. Zwar sei zuzugestehen, dass "realiter ... der Beschäftigungsanspruch tatsächlich nicht rückwirkend ab 1. November 2004 aufrechterhalten werden kann", doch scheide damit eine Auslegung dieses Antrags "in Gestalt des nunmehr gewählten Feststellungsantrags" nicht aus, "dass das Arbeitsverhältnis ... über den 31. Oktober 2004 hinaus fortbestehe". Welchen Zweck hätte sonst der zweite erstinstanzliche Sachantrag gehabt, wenn nicht auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 31. Oktober 2004 abzustellen wäre. Der Berufungsantrag Ziff. 1. stelle daher nur eine Konkretisierung des Klageantrags Ziff. 1. dar; in jedem Falle aber sei eine Klageänderung in der Berufung insoweit zulässig, weil sachdienlich.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch "ohne Weiteres" eine Verwirkung seines, des Klägers, Widerspruchsrechts angenommen. Der Gesetzgeber habe mit guten Gründen keinerlei Frist für die Erhebung des Widerspruchs auch nach einem Betriebsteilübergang festgelegt. Er verweist insoweit auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juli 2006 (8 AZR 382/05 - AP Nr. 1 zu § 613a BGB Widerspruch). Es sei danach vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Die Voraussetzungen einer Verwirkung lägen hier noch nicht vor. Aufgrund seines Schreibens vom 13. Juli 2005 an die Beklagte habe diese gerade nicht darauf vertrauen können, dass er keinen Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang auf die Fa. A. GmbH am 1. November 2004 erheben werde. Sie habe sich geradezu treuwidrig verhalten, indem sie sich zu dem Auskunftsverlangen darin nicht geäußert habe. Deshalb sei sein Widerspruch mit Schreiben vom 25. Januar 2006 nicht verwirkt und wirke auf den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs zurück; sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestehe daher über den 31. Oktober 2004 hinaus fort. Folglich sei auch sein bereits erstinstanzlich geltend gemachter Schadensersatzanspruch für die Zeit vom 4. August 2005 bis 31. Januar 2006 gerechtfertigt; insoweit verweist er auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Da er erst ab 1. Mai 2006 eine neue Arbeitsstelle gefunden habe, erhöhe sich sein Verdienstausfallschaden um insgesamt € 3.426,90 für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2006.

Deshalb stellt der Kläger folgende Anträge:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Funktion System-Analyst in der Niederlassung der Beklagten, T. Straße, M. über den 31. Oktober 2004 hinaus fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 12.737,74 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie hält das angegriffene Urteil für richtig und wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsprotokolle, die Schriftsätze der Parteien und den sonstigen Akteninhalt beider Rechtszüge verwiesen.

Die Beklagte hat zwischenzeitlich das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut mit Schreiben vom 19. April 2007 zum 25. April 2007 gekündigt. Darüber führen die Parteien vor dem Arbeitsgericht München unter dem Gz. . Ca ./. einen Rechtsstreit, der jedoch derzeit ausgesetzt ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, denn sie richtet sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil, gegen das nicht nach § 78 ArbGG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist (§ 64 Abs. 1 ArbGG) und es handelt sich einerseits um eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses (§ 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) und andererseits übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes € 600,--(§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG).

Sie ist auch in der richtigen Form und rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5 ArbGG).

Gegen die beiden im Verhältnis zu den erstinstanzlich gestellten Anträgen geänderten Berufungsanträge bestehen keine prozessualen Bedenken. Dies gilt für den Berufungsantrag Ziff. 2. schon deshalb, weil darin der ursprünglich vor dem Arbeitsgericht gestellte Klageantrag Ziff. 2. weiterverfolgt wird und dessen Erweiterung der Höhe nach nicht einmal als Klageänderung gem. § 263 ZPO, sondern als bloße Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 ZPO zu qualifizieren ist, der gem. § 525 S. 1 ZPO auch im Berufungsverfahren gilt. Mit dieser Klageerweiterung um einen Schadensersatzanspruch für weitere drei Monate entgangenen Verdienstes in Höhe von € 3.426,90 in der Berufung wird daher der Beklagten keine Instanz abgeschnitten.

Damit aber ist auch der erste Berufungsantrag zulässig, in dem der Kläger statt des erstinstanzlich geltend gemachten Beschäftigungsanspruchs als Leistungsantrag nunmehr die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs von der Beklagten auf die Fa. A. GmbH (31. Oktober/1. November 2004) hinaus fortbestehe, denn dieser Antrag ist sachdienlich, weil er prozessökonomisch ist und entsprechende Zweifel und Streitigkeiten gerade über die Wirksamkeit dieses Betriebsteilübergangs beseitigt und einen weiteren Rechtsstreit verhindert. Ohne Zweifel reicht der Berufungsantrag Ziff. 1. weiter als der erstinstanzlich gestellte Antrag auf Beschäftigung des Klägers. Allerdings setzt dieser vor dem Arbeitsgericht gestellte Antrag auf Beschäftigung das Bestehen seines Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs von der Beklagten auf die Fa. A. GmbH zum 1. November 2004 hinaus geradezu voraus. Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob der erstinstanzlich gestellte Beschäftigungsantrag nicht analog § 133 BGB entsprechend auszulegen war, was das Arbeitsgericht abgelehnt hat; jedenfalls aber musste auch ihm erkennbar sein, was der Kläger wollte, nämlich seine Beschäftigung bei der Beklagten, was nur beim Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dieser aussichtsreich war. Unter diesen Umständen hätte es mindestens eines Hinweises des Arbeitsgerichts auf die Stellung eines entsprechenden sachdienlichen Antrags (§ 139 Abs. 1 S. 2 ZPO) bedurft, der sich aus dem Protokoll jedoch nicht ergibt. Auch aus diesem Grund bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des ersten Berufungsantrags.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zwischen den Parteien besteht seit dem 1. November 2004 (Zeitpunkt des Übergangs des Betriebsteils der Beklagten, in dem der Kläger beschäftigt war, auf die Fa. A. GmbH) kein Arbeitsverhältnis mehr. Der vom Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2006 geltend gemachte Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Übergangs des Betriebsteils, in dem er beschäftigt war, von der Beklagten auf die Fa. A. GmbH am 1. November 2004, wirkt nicht mehr auf den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs zurück; sein Widerspruchsrecht ist nämlich verwirkt.

1. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger hier nicht gem. § 613a Abs. 6 S. 1 BGB innerhalb eines Monats nach Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom 22. Oktober 2004 dem auf 1. November 2004 geplanten Betriebsteilübergang widersprochen hat. Wie das Bundesarbeitsgericht nämlich in seinem Urteil vom 13. Juli 2006 (8 AZR 305/05 - AP Nr. 312 zu § 613a BGB) erkannt hat, wird die Frist zur Widerspruchserklärung weder bei einer unterbliebenen noch bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung ausgelöst. Hat die Beklagte daher ihre Arbeitnehmer, darunter auch den Kläger, mit ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2004 nicht ordnungsgemäß gem. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet, beginnt die Einmonatsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB für seinen Widerspruch auch grundsätzlich nicht zu laufen.

Die Informationsverpflichtung des § 613a Abs. 5 BGB dient nämlich gerade dazu, dem Arbeitnehmer Kenntnis über die Grundlagen für die Ausübung dieser Wahlmöglichkeit zu verschaffen. Hat der Veräußerer und der Erwerber dieser Verpflichtung nicht ausreichend und ordnungsgemäß Genüge getan, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich weiterhin schutzwürdig. Deshalb wird die Frist zur Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB auch bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung nicht ausgelöst.

2. Auch bei unkorrekter Information des Klägers gem. § 613a Abs. 5 BGB durch die Beklagte (sie hat in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2004 nämlich nicht ihre Gesamtschuldnerhaftung zusammen mit der Fa. A. GmbH genannt, vgl. BAG vom 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05, a. a. O.) besteht sein Arbeitsverhältnis mit ihr nicht über den 31. Oktober 2004 hinaus fort.

Das Widerspruchsrecht des Klägers ist hier nämlich bei seiner Ausübung mit Schreiben vom 25. Januar 2006 verwirkt.

Damit aber besteht weder sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten - selbst bei entsprechender unkorrekter Information - über den 31. Oktober 2004 hinaus fort noch sind etwaige Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Informationspflicht des § 613a Abs. 5 BGB i. V. mit § 280 Abs. 1 S. 1 BGB anzuerkennen.

2.1 Wie das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 18. Dezember 2003 - 8 AZR 621/02 - AP Nr. 263 zu § 613a BGB und vom 13. Juli 2006 - 8 AZR 382/05, a. a. O.) erkannt hat, kann die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Betriebsteilübergangs gem. § 613a Abs. 1 BGB wie jeder Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis verwirkt werden.

Allerdings ist die Verwirkung eines Anspruchs erst anzuerkennen, wenn er nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhoben (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Dabei muss der Vertrauensschutz des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

In seinem Urteil vom 13. Juli 2006 (8 AZR 382/05, a. a. O.) qualifiziert das Bundesarbeitsgericht die Verwirkung als einen Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, in der die fast ein Jahr nach Vollzug des Betriebsteilübergangs erfolgte Geltendmachung von Rechten allerdings noch nicht ausgeschlossen war. Danach dient sie dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hatten. Vielmehr muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

2.2 Insbesondere hinsichtlich des Zeitmoments kann danach nicht auf eine feststehende Monatsfrist von beispielsweise sechs Monaten abgestellt werden, weil nämlich im Gesetzgebungsverfahren Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei bzw. sechs Monaten gerade nicht aufgegriffen worden sind. Vielmehr ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen und bei schwierigen Sachverhalten können die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken. Jedoch ist die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zum ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Deshalb verwirkt der Anspruch umso schneller, je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen (vgl. BAG vom 13. Juli 2006 - 8 AZR 382/05, a. a. O.).

2.2.1 Hier machen gerade die Umstände des Einzelfalles die Geltendmachung des Anspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten unzumutbar. Dies gilt vor allem im Zusammenhang mit seinem Schreiben an die Beklagte vom 13. Juli 2005. Er hält ihr darin allerdings u. a. vor, die Fa. A. GmbH - das Unternehmen, auf das sein Arbeitsverhältnis von der Beklagten durch Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 1 BGB übergegangen ist - habe, obgleich "angeblich mit sehr hohem Eigenkapital und mit einer mehr als 120 Mio. Euro Liquidität ausgestattet" gewesen, "in weniger als sieben Monaten ... einen Insolvenzantrag gestellt". Weiter führt er darin aus, "die Informationen, die (ihm) in dem Informationsschreiben (vom 22. Oktober 2004) gegeben worden sind, waren offensichtlich unzutreffend ..." (kursive Hervorhebung durch die Berufungskammer). Schließlich weist er darin auch noch ausdrücklich darauf hin, dass die "Frist für einen Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB erst zu laufen beginnt, wenn die schriftliche Information nach § 613a Abs. 5 BGB vollständig und wahrheitsgemäß ist" und dass das "Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und deshalb den Lauf der Widerspruchsfrist nicht auslöst". Deshalb "erwarte (er) (von der Beklagten) nunmehr eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Überganges für (ihn) (§ 613a Abs. 5 Ziff. 3 BGB). Hierauf habe (er) einen Rechtsanspruch." Er werde daher "erst nach deren Eingang die Entscheidung treffen, ob (er) dem Übergang widerspreche". Deshalb behalte er sich "für den Fall einer fehlerhaften Information ... weitergehende Schadensersatzansprüche vor".

2.2.1.1 Diese Erklärungen sprechen zwar auf den ersten Blick dafür, dass die Beklagte gerade nicht darauf vertrauen durfte, der Kläger würde nach unkorrekter Erfüllung ihrer Pflichten gem. § 613a Abs. 5 BGB mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 keinen Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang erheben; er hat ihn sich ja gerade vorbehalten.

2.2.1.2 Allerdings war daraus auch für die Beklagte deutlich erkennbar, dass er wohl bereits damals schon, also am 13. Juli 2005, davon ausgegangen ist, dass die Beklagte gegen die vorgenannten Informationspflichten verstoßen habe. Daran ändert auch sein Hinweis darin nichts, in deren Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 seien "Marktrisiken zwar angesprochen, aber wegen des hohen Eigenkapitals und der guten Liquidität als abgesichert bezeichnet worden". Gerade aus seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 ergibt sich nämlich auch, dass er wusste, die Fa. A. GmbH, das übernehmende Unternehmen, in dem er seit dem 1. November 2004 gearbeitet hatte, habe "in weniger als sieben Monaten" trotz angeblicher Ausstattung mit "sehr hohem Eigenkapital und mit mehr als 120 Mio. Euro Liquidität" einen Insolvenzantrag gestellt.

Wenn er dann darin noch selbst feststellt, dass "das Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und deshalb den Lauf der Widerspruchsfrist nicht auslöst", ist nicht einzusehen, was er mit seiner weiteren Aufforderung an die Beklagte, er "erwarte von (ihr) eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für (ihn) (§ 613a Abs. 5 Ziff. 3 BGB)" und er "habe hierauf einen Rechtsanspruch", bezweckt.

Die Widerspruchsvoraussetzungen lagen zum damaligen Zeitpunkt bei ihm erkennbar bereits vor. Er konnte eine entsprechende Entscheidung bereits damals, also am 13. Juli 2005, treffen. Es ist auch kaum anzunehmen, dass er mit einer ihn befriedigenden Erklärung der Beklagten betreffend die Informationspflicht einer Arbeitgeberin gem. § 613a Abs. 5 BGB rechnete, die ihn von einem Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang von dieser auf die Fa. A. GmbH abhalten würde; sie hatte ja bereits in dem Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 die Folgen mitgeteilt. Immerhin war ihm zum damaligen Zeitpunkt, wie bereits erwähnt und in seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 auch eingeräumt, bekannt, dass die Fa. A. GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte. Er räumt darin sogar ein, dass sein "Entgelt für den Monat Mai nicht entrichtet worden" sei und er deshalb am 2. Juni 2005 einen Insolvenzgeld-Antrag stellen habe müssen. Seine Erwartung an die Beklagte, ihm "nunmehr eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für (ihn) (§ 613a Abs. 5 Ziff. 3 BGB)" zukommen zu lassen und der Vorbehalt einer Entscheidung seinerseits, nach deren Eingang dem Betriebsteilübergang zu widersprechen, ist daher nicht mehr schutzwürdig. Eine Entscheidung seinerseits über seinen etwaigen Widerspruch wäre bereits damals, also am 13. Juli 2005, möglich gewesen. Dies war auch für die Beklagte erkennbar, weshalb sie auf dieses Schreiben nicht weiter reagiert hat. Deshalb liegt im Schweigen der Beklagten auf dieses Schreiben auch keine Treuwidrigkeit.

- Als eigener Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang vom 31. Oktober/1. November 2004 kann das erwähnte Schreiben vom 13. Juli 2005 nicht gem. § 133 BGB ausgelegt werden. Dazu ist sein Inhalt zu eindeutig, der die Widerspruchsentscheidung gerade vorbehält.

Hier kommt noch hinzu, dass über das Vermögen der übernehmenden Fa. A. GmbH zum 1. August 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Dies war im Übrigen in der Presse durchaus bekannt gegeben. Dennoch hat der Kläger mit seinem vorbehaltenen Widerspruch gegen Betriebsteilübergang zugewartet bis zum 25. Januar 2006.

Obgleich sein Arbeitsverhältnis von der übernehmenden Fa. A. GmbH ordentlich betriebsbedingt zum 30. November 2005 gekündigt worden war, hat er diese Kündigung nicht arbeitsgerichtlich angegriffen. Gerade die Begründung dieser Kündigung aber musste ihm wieder deutlich machen, dass seine Einschätzung der unkorrekten Information durch die Beklagte über den fraglichen Betriebsteilübergang gerechtfertigt war. Ab Zugang dieser Kündigung, auch wenn sie nicht von der Beklagten, sondern von der übernehmenden Fa. A. GmbH stammte, hätte er sich über einen etwaigen Widerspruch gegen den Betriebsteilübergang klar werden und das in angemessener Zeit dies der Beklagten mitteilen müssen, worauf diese auch vertrauen durfte.

- Das Widerspruchsrecht gegen einen Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 1 BGB ist nicht in zeitlicher Hinsicht grenzenlos und auch kein Selbstzweck. Mag der Gesetzgeber insoweit für die Zeit nach dem Betriebsteilübergang auch gerade keine Fristen eingeräumt haben, woraus zu entnehmen ist, dass es keine absoluten Verwirkungsfristen gibt, so ist doch bei Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände des Wissens des Klägers über die aus seiner Sicht unkorrekte Information seiner früheren Arbeitgeberin über den bevorstehenden Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 5 BGB, sich ergebend aus seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 an die Beklagte i. V. mit seinem Wissen um die Illiquidität der übernehmenden Fa. A. GmbH, die ihn bereits zur Antragstellung auf Insolvenzgeld am 2. Juni 2005 veranlasste i. V. mit der ihm zweifellos bekannten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieses Unternehmens am 1. August 2005 und der Tatsache, dass er die ihm ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die betriebsteilübernehmende Fa. A. GmbH nicht gerichtlich innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG angegriffen hat, spätestens ab letzterem Zeitpunkt bei seinem Widerspruch vom 25. Januar 2006 das für das Institut der Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt. Als allerletzter Zeitpunkt, ab wann die Beklagte mit einem Widerspruch, der sein Arbeitsverhältnis bei ihr ab 1. November 2004 aufrechterhalten hätte, rechnen musste, ist schließlich der 1. Dezember 2006 zu nennen, zu dem auf jeden Fall sein Arbeitsverhältnis mit der Fa. A. GmbH infolge der von dieser ausgesprochenen Kündigung beendet war. Ihm, aber auch der Beklagten, musste damit klar sein, dass er, wollte er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses bei dieser geltend machen, seine Arbeitskraft spätestens ab diesem Zeitpunkt bei ihr anbieten hätte müssen. Es sind auch gar keine Gründe ersichtlich, warum er dies nicht tat. Er riskierte dabei sogar etwaige Ansprüche aus Annahmeverzug.

Damit aber konnte allerspätestens ab diesem Zeitpunkt die Beklagte darauf vertrauen, er würde seinen Widerspruch nicht mehr geltend machen.

2.2.2 Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem bereits zitierten Urteil vom 13. Juli 2006 (8 AZR 382/05, a. a. O.) erkannt hat, ist gerade die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen und gerade je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Die hier vorliegenden Umstände waren durchaus geeignet, bei der Beklagten das Vertrauen zu erwecken, dass der Kläger von seinem Widerspruchsrecht nicht Gebrauch machen würde, denn der von ihm in seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 geäußerte Vorbehalt dieses Widerspruchsrechts war nicht gerechtfertigt, was er auch selbst erkennen hätte können und müssen und durch sein Zuwarten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2005 sowie seine Untätigkeit gegen die von der Fa. A. GmbH ihm ausgesprochene Kündigung noch genährt hat.

Nach alledem aber hat sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht über den 31. Oktober 2004 hinaus fortbestanden, denn sein Widerspruch mit Schreiben vom 25. Januar 2006 gegen den Betriebsteilübergang zu diesem Zeitpunkt war verwirkt.

3. Dem Kläger stehen damit auch keine Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug (einer Anspruchsgrundlage, die er allerdings auch nicht ausdrücklich als solche geltend gemacht hat) in der geltend gemachten Höhe zu, weil das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten für den fraglichen Zeitraum nicht fortbestanden hat.

Die ausdrücklich geltend gemachten Schadensersatzansprüche, die er auf die Verletzung der Informationspflicht durch die Beklagte gem. § 613a Abs. 5 BGB und folglich auf § 280 Abs. 1 S. 1 BGB stützt, sind damit ebenfalls unbegründet, weil er sein Widerspruchsrecht gegen den Betriebsteilübergang verwirkt hat (vgl. oben 2.). Deshalb braucht ihr etwaiger Verfall gem. § 17 MTV-Chemie nicht mehr geprüft zu werden.

Nach alledem aber ist seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts unbegründet und daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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