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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 243/08
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG


Vorschriften:

BGB § 611
TzBfG § 17 Satz 1
1. Das Erfordernis der Entfristungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG betrifft nicht nur den Arbeitnehmer, dessen Status bei Vertragsschluss unstreitig ist, sondern auch denjenigen, der sich darauf beruft, ein von den Vertragsparteien zunächst nicht als Arbeitsverhältnis angesehenes befristetes Vertragsverhältnis sei rechtlich als Arbeitsverhältnis einzuordnen.

2. Eine Statusklage, mit der unter Berufung auf ein befristetes Vertragsverhältnis ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über das Ende des befristeten Vertrages hinaus festgestellt werden soll, ist unabhängig davon, ob das befristete Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuorden ist oder nicht, unbegründet, wenn der Kläger keine Entfristungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG erhoben hat.


Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

8 Sa 243/08

Verkündet am: 25.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Biebl und die ehrenamtlichen Richter Kastner und Stöckl

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die BeR.ung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 24.01.2008 - Az. 33b Ca 43/07 G - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der beklagte Markt ist ein Heilklimatischer Kurort in O., der in seinem Kurpark Kurkonzerte veranstaltet. Diese führte der Kläger seit dem Jahre 1985 als Organisator und Dirigent mit von ihm engagierten Musikern durch. Rechtsgrundlage der Zusammenarbeit der Parteien waren jeweils - zum Teil auf ein Jahr, zum Teil auf zwei Jahre -befristete Verträge, deren letzter am 30.11.2004 zwischen dem Kläger und "der Musikagentur H., vertreten durch Herrn Musikdirektor H." geschlossen wurde und der - soweit hier von Interesse - lautet:

"§ 1 Vertragsgegenstand/Vertragslaufzeit

Gemäß des Beschlusses des Marktgemeinderates vom 16. September 2004 übernimmt Herr H. in den Jahren 2005 und 2006 als selbstständiger Unternehmer für die Zeit von jeweils Mitte Mai bis Mitte September (Spielzeit: 16 Wochen) die Durchführung der musikalischen Unterhaltung im Kurpark G. ("Live-Musik im Kurpark G.").

Die genaue Spielzeit (Spieltage und Uhrzeiten) wird Herrn H. jeweils zum 1. Dezember 2004 und 2005 mitgeteilt (jeweils mit dem Zusatz: "Änderungen vorbehalten"; siehe hierzu auch die Regelungen gem. § 9).

Vorliegender Vertrag endet mit der Spielzeit 2006, ohne dass es einer separaten Kündigung bedarf.

Der Markt wird rechtzeitig eine Entscheidung über die Fortführung der musikalischen Unterhaltung über die Jahre nach der Spielzeit 2006 im Kurpark G. herbeiführen.

§ 2 Vergütung/Zahlungsmodalitäten

Für das Gesamtpaket "musikalische Unterhaltung im Kurpark G." steht (unter Beachtung von § 10) insgesamt ein Betrag in Höhe von € 180.000,-- (zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer) zur Verfügung. ...

§ 3 Umfang der musikalischen Unterhaltung

Folgende musikalischen Veranstaltungen (10 Auftritte pro Woche) sind grundsätzlich in der nachfolgend aufgeführten Häufigkeit und Besetzung von Herrn H. bereitzustellen (Änderungen hierzu sind rechtzeitig vorher vom Markt zu genehmigen), der zu diesem Zwecke Musiker bzw. Musikgruppen auf seine Kosten engagiert, insbesondere:

"Kur"-Orchester G.-P.

Big Band G.-P.

W. Blasmusik (Besetzung: 11)

Z.musik (oder ähnliche Gruppe)

verschiedene Musikkapellen

verschiedene Musikgruppen

Duo (z. B. Violine/Piano)

(Besetzung: 17 + 1) (Besetzung: 15) 1 Auftritt/Woche (Besetzung: 9) (wechselnde Besetzung) (Besetzung: 3 - 5) (Besetzung: 2)

1 Auftritt/Woche 1 Auftritt/Woche

1 Auftritt/Woche

1 Auftritt/Woche

2 Auftritte/Woche

3 Auftritte/Woche

Es ist Aufgabe von Herrn H., die engagierten Musiker/Musikgruppen zu entlohnen und alle gesetzlichen und steuerlichen Verpflichtungen gegenüber diesen zu erfüllen. Zwischen dem Markt G.-P. und den Mitgliedern der einzelnen Musikgruppen bestehen keine Rechtsbeziehungen. Herr H. stellt den Markt G.-P. von allen Ansprüchen frei, welche diese Musiker/Musikgruppen geltend machen sollten.

In dringenden Fällen ist Herr H. berechtigt, in Absprache mit dem Markt mit einer anderen Besetzung als vorgesehen aufzutreten.

Diese Änderungen dürfen jedoch nicht zulasten der o. g. Häufigkeiten der Veranstaltungen pro Kategorie gehen.

Der Gesamtspielplan ist dem Markt bis spätestens 1. März der jeweiligen Spielsaison vorzulegen.

§ 4 Spielorte

Grundsätzlich finden die Veranstaltungen im Rahmen dieser Vereinbarung - soweit es die Wetterbedingungen zulassen - im Kurpark G. statt. Als Schlechtwetteralternative wird Herrn H. ein entsprechender Raum zur Verfügung gestellt.

Der Markt hat das Recht, Spielorte innerhalb des Ortsbereiches G.-P. nach rechtzeitiger vorheriger Abstimmung zu verlegen.

...

§ 5 Spielzeiten/Ablauf

Jede Veranstaltung ist mit 90 Minuten angesetzt (Ausnahmen hierzu gestattet § 4 Abs. 2 und 3).

An einem Tag in der Woche, und zwar in der Regel am Freitag, finden keine Konzerte (Konzert der Musikkapelle G.) statt. Ebenso spielfrei ist der Mittwochabend (Konzert der Musikkapelle P.).

Bei Nachmittags- und Abendkonzerten ist jeweils eine Pause vorgesehen, die jedoch fünfzehn Minuten nicht überschreiten darf. Die Zeit zwischen den einzelnen Darbietungen während des Konzertes soll im Normalfall nicht mehr als zwei Minuten betragen ...

§ 6 Programmzustellung

Die Zusammenstellung des Programms für die "Live-Musik im Kurpark G." obliegt Herrn H. Er wird dabei dem Charakter des Heilklimatischen Kurortes G.-P. und den Wünschen des Marktes Rechnung tragen, ebenso den saisonalen Besonderheiten.

§ 7 Proben

Notwendige Probenzeiten, Proben- sowie Garderobenräume und ein Büroraum sind jeweils mit dem Markt zu vereinbaren.

§ 8 Leistungsumfang von Herrn H.

Als Gesamtverantwortlicher für die Durchführung der musikalischen Unterhaltung im Kurpark G. (§ 3) übernimmt Herr H. folgende Aufgaben auf selbstständiger Basis:

- Organisation der Musikgruppen

- Abrechnung der Musikgruppen

- Erstellung eines wöchentlichen bzw. monatlichen Werbe-Flyers (in Absprache mit G.-P. Tourismus); die Verteilung wird von G.-P. Tourismus übernommen

- Information der lokalen Presse (in Abstimmung mit G.-P. Tourismus)

- Auf- und Abbau der Ton- und Lichtanlage (Transport wird von G.-P. Tourismus übernommen)

- Mischung der PA-Anlage der verschiedenen Musikgruppen

§ 9 Programmänderungen/Ausfall von Veranstaltungen

Besetzungsänderungen bzw. Änderungswünsche i. S. v. § 3 sind dem Markt unverzüglich bekanntzugeben.

Diese Mitteilungspflicht gilt für den Markt analog.

...

§ 10 Abrechung/GEMA

Nach Abschluss der Spielzeiten 2005 und 2006 hat Herr H. bis jeweils spätestens 31.12. dem Rechnungsprüfungsamt des Marktes eine detaillierte Abrechnung mit Originalbelegen vorzulegen, aus der sämtliche Einzel-Ausgaben und -Einnahmen ersichtlich sind. ..."

Eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vereinbarung schlossen Parteien am 11.10.2002 für die Kurkonzerte in den Jahren 2003/2004, deren § 1 lautet:

"Herr H. übernimmt 2003 und 2004 als selbstständiger Unternehmer für die Zeit vom 15. Mai 2003 bis 15. September 2003 und vom 15. Mai 2004 bis 15. September 2004 die Durchführung der täglichen Kurmusik, und zwar grundsätzlich in einer Orchesterbesetzung von 1/17. Ausnahme hiervon ist die Tanzmusikbesetzung 1/14 oder 1/15."

und am 10.07.2000 für die Kurkonzerte in den Jahren 2001/2002, deren § 1 lautet:

"Herr H. übernimmt 2001 und 2002 als selbstständiger Unternehmer für die Zeit vom 1. Mai 2001 bis 30. September 2001 und vom 1. Mai 2002 bis 30. September 2002 die Durchführung der täglichen Kurmusik, und zwar grundsätzlich in einer Orchesterbesetzung von 1/17. Ausnahme hiervon ist die Tanzmusikbesetzung 1/14 oder 1/15."

Mit Schreiben vom 02.08.2006 teilte der Beklagte dem Kläger unter dem Betreff "Modalitäten zum Vertragsende" mit:

"Sehr geehrter Herr H.,

im Zuge der europaweiten Ausschreibung für die Kurmusik ab 2007 sind wir gezwungen, den Arbeitsbereich Kurmusik komplett zu überarbeiten. Außerdem können wir auf diesem Weg weiteren Vorkommnissen, wie den Missbrauch von Gebäudeschlüsseln und Diebstahl, entgegenwirken.

Da mit dem Abschlusskonzert am 03.09.06 die Spielzeit von G.-P.-Livemusik endet, bitten wir Sie, sämtliche Schlüssel, die Ihnen im Laufe der Jahre von G.-P. Tourismus zur Verfügung gestellt worden sind, bis zum 15.09.06 an Abt. ..., Frau S. zurückzugeben. Dazu gehören auch alle Schlüssel, die Sie an Dritte weitergegeben haben. Fehlende Schlüssel, Inventar etc. werden Ihnen in Rechnung gestellt.

Die Benutzung der Räumlichkeiten im Kongresshaus für Proben, als Lagerraum o. ä. ist nach dem 15.09.06 nicht mehr gerechtfertigt, da Ihr Vertrag mit dem Ende der Spielzeit ausläuft. Bitte teilen Sie dies auch den Musikern mit.

Zum 15.09.06 müssen alle Garderoben und Schränke geräumt werden. Auch Leihgeräte, Instrumente und das sortierte Notenarchiv zur Inventarisierung und zum Abgleich mit dem, von uns geleisteten Zahlungen, müssen bis dahin an Abt. ..., Herrn R. übergeben werden.

Die Dienstkleidung, die Sie und die Musiker von uns erhalten haben, muss nicht zurückgegeben werden.

Bitte berücksichtigen Sie auch, dass alle Forderungen Ihrerseits an den Markt bis zum 15.10.06 bei Abt. ..., Herrn R. eingegangen sein müssen.

Im Namen des Marktes bedanken wir uns für die jahrelange gute Zusammenarbeit und hoffen, weitere Spielzeiten mit Ihnen durchführen zu können, sofern der Zuschlag für die Folgejahre an Sie geht."

Mit Schreiben vom 17.08.2006 wandte sich der Kläger an den Beklagten wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Bürgermeister B.,

am 14. Februar 2006 habe ich einen Antrag auf Vertragsverlängerung gestellt. In Ihrem Schreiben vom 18. Juli 2006 haben Sie mir mitgeteilt, dass eine Ausschreibung für die kommende Kurmusik-Saison zwingend notwendig ist.

Bitte nehmen Sie bei der Terminierung der Ausschreibung Rücksicht auf meinen Auslandsaufenthalt, der schon vor vielen Monaten der Tourismus-Direktion mitgeteilt wurde. Zuerst habe ich eine vertragliche Zusicherung an die Deutsche Bundeswehr gegeben, das Oktoberfest auf der Airforce Base in Alamogordo in New-Mexiko zu spielen. Abwesenheit: 14. September bis 27. September. Es spielt die Musikkapelle G.

Dann gibt es ein großes Stadtfest in Bilbao/Spanien, an dem die Musikkapelle und das Z.Trio teilnehmen wird. Termin: 28. September bis 9. Oktober.

Zuletzt dann spielt die Z.musik wieder auf dem Oktoberfest in Lima (Hauptstadt von Peru) und auf dem Oktoberfest in Quito (Hauptstadt von Ecuador). Abwesenheit: 16. Oktober bis 13. November. ...

Da auch meine Post in dieser Zeit nicht geöffnet wird und ich leider auch telefonisch nur in Notfällen erreichbar bin, bitte ich, die geplante Ausschreibung nicht in der Zeit vor dem 13. November vorzunehmen. ..."

Mit E-Mail vom 06.09.2006 wandte sich der Beklagte an den Kläger:

"Sehr geehrter Herr H.,

aufgrund unseres gestrigen Telefonats möchte ich Sie bitten, einen Teil der sortierten Noten bis zum 15.09.06 an Herrn R. zu übergeben.

Der Rest kann bis zum 30.11.06, wie Sie vorgeschlagen haben, übergeben werden. Um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, stehen im Raum Pf. (Parkplatzseite) Tische zur Verfügung, auf denen die Noten ausgebreitet werden können.

Sollten Sie keinen Schlüssel für den Raum haben - unsere Haustechniker sind bis zum 15.09. täglich im Haus.

Außerdem stehen natürlich, wie im Schreiben vom 02.08.06 festgesetzt, die Schlüsselübergabe und die Räumung der Räumlichkeiten im Kongresshaus bis zum 15.09. an. Ich hoffe, Sie finden bald Zeit, diese umfangreiche Übergabe vorzubereiten."

Schließlich teilte der Beklagte mit Schreiben vom 20.12.2006 dem Kläger mit:

"Bewerbung Kur-Musik 2007/2008

Sehr geehrter Herr H.,

wir bedauern sehr, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Zuschlag für die musikalische Unterhaltung im Kurpark in den Jahren 2007/2008 an einen anderen Mitbewerber ging.

Wir wünschen Ihnen dennoch für Ihre Zukunft viel Erfolg."

Daraufhin hat der Kläger am 12.01.2007 Status- und Kündigungsschutzklage erhoben, mit der er die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und dass dieses durch die Kündigung vom 20.12.2006 nicht aufgelöst worden ist sowie für den Fall des Obsiegens Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens begehrte. Die Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage nahm er im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 24.01.2008 zurück.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei Arbeitnehmer des Beklagten. Er sei zu keinem Zeitpunkt selbstständiger Unternehmer gewesen, weil er keinerlei unternehmerisches Risiko getragen habe. Sämtliche Kosten für die Musiker des Kurorchesters seien im Rahmen der mit dem Beklagten vereinbarten Vergütung von diesem getragen worden. Er sei weisungsabhängig für den Beklagten tätig gewesen, da ihm dieser vorgegeben habe, wann und wo er Kurkonzerte durchzuführen habe.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, er sei lediglich Veranstalter der Kurkonzerte und habe dazu mit dem Kläger bzw. dessen Agentur für die jeweilige Saison Werkverträge für die Durchführung der Konzerte abgeschlossen. Der Kläger bzw. dessen Agentur habe mit den Musikern selbst als Arbeitgeber Arbeitsverträge abgeschlossen und sei weder in seine Betriebsorganisation eingebunden noch weisungsabhängig gewesen. Vorgaben hinsichtlich des Spielbetriebs hätten sich lediglich zeitlich aus den Belegungsplänen des Kurparks bzw. des Kongresshauses sowie den Erwartungen der Gäste (tägliche Kurmusik) ergeben. Hinsichtlich der Programmgestaltung habe der Kläger bzw. dessen Agentur freie Hand gehabt.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 24.01.2008 die Klage abgewiesen und seine Entscheidung darauf gestützt, der Kläger sei nicht weisungsabhängig für den Beklagten tätig gewesen, was auch dem Eigenverständnis des Klägers von der Art seiner Tätigkeit entsprochen habe. Ergänzend wird wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 15.02.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.03.2008 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 15.05.2008 diese mit einem am 14.05.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags weiterhin der Auffassung, Arbeitnehmer des Beklagten zu sein. Er sei weisungsabhängig für ihn tätig gewesen, schon aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen seien ihm feste Dienstzeiten, Ort und Inhalt der Konzerte sowie die zu tragende Kleidung vorgegeben gewesen. Er habe zwar die Musiker für die Kurkonzerte selbst angestellt, deren Lohnkosten seien aber vom Beklagten im Rahmen der Gesamtvergütung getragen worden. Schließlich sei er im Jahre 1999 durch den Ersten Bürgermeister des Beklagten auch zum Musikdirektor ernannt worden.

Der Kläger beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München, Kammer Weilheim, vom 24.01.2008, Az. 33b Ca 43/07 G, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 15.09.2006 hinaus fortbesteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags daran fest, dass das Vertragsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen sei. Der Kläger als Alleinunternehmer der Musikagentur H. sei Arbeitgeber für 23 Orchestermusiker gewesen, als selbstständiger Unternehmer auch für andere Auftraggeber tätig gewesen und habe seine Mitarbeiter bei den Aufführungen als Arbeitgeber mit vollem unternehmerischen Risiko nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland eingesetzt. Von einer wöchentlichen Dienstzeit könne nicht die Rede sein, weil nicht der Kläger persönlich (allein) für die Darbietungen verpflichtet worden sei, sondern der von ihm angestellte Klangkörper. Auch die Programmgestaltung habe der Beklagte nicht vorgegeben, die Musikagentur H. sei bei der Auswahl der einzelnen Musikstücke frei gewesen. Vorgegeben sei lediglich worden, welche Musikgruppe mit welcher Besetzung wie oft in der Woche auftreten sollte; dies sei für einen Auftraggeber (Veranstalter) völlig normal, ebenso dass alle Orchestermusiker bei den Aufführungen einheitliche Kleidung tragen.

Ergänzend wird wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz Bezug genommen auf den Schriftsatz des Klägers vom 14.05.2008 und den Schriftsatz des Beklagten vom 10.07.2008 sowie das Sitzungsprotokoll vom 16.09.2008.

Die Kammer hat die Parteien in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass auch bei Einordnung ihres Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis dieses am 15.09.2006 gemäß § 17 TzBfG geendet hätte mit der Folge, dass die Berufung unbegründet wäre.

In einem nachgelassenen Schriftsatz hat der Kläger daraufhin geltend gemacht, er sei auch im Zeitraum vom 15.09.2006 bis 22.12.2006 für den Beklagten tätig gewesen und habe vor allem in den Nachtstunden in seinem Büro in der Kurverwaltung und im Notenarchiv die abgelaufene Saison nachgearbeitet und die Noten von zehn Orchesterstücken für die nachfolgende Saison bearbeitet, während der Beklagte einwendet, das Vertragsverhältnis mit dem Kläger sei nicht mit seinem Wissen fortgesetzt worden. Vielmehr sei dieser selbst davon ausgegangen, dass sein Vertragsverhältnis beendet sei und er sich bei der Neuausschreibung wieder bewerben müsse, wobei er sogar gebeten habe, bei der Terminierung der Ausschreibung Rücksicht auf seinen Auslandsaufenthalt von September bis November 2006 zu nehmen. Ergänzend wird hierzu auf die nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 15.10.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

Den in der Berufungsschrift angekündigten Sachantrag, nämlich festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, hat der Kläger in der Berufungsverhandlung in zulässiger Weise entsprechend seinem gesamten Klagevorbringen dahingehend konkretisiert, festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 15.09.2006 hinaus fortbesteht.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zwischen den Parteien besteht jedenfalls über den 15.09.2006 hinaus kein Arbeitsverhältnis.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. In einem Arbeitsverhältnis ist die vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgeber) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Diese Grundsätze gelten auch für Musiker und sonst künstlerisch Tätige (vgl. nur BAG 06.12.1974 - 5 AZR 418/74 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 14, 09.10.2002 - 5 AZR 405/01 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 114 und 07.02.2007 - 5 AZR 270/06 -, ZTR 2007, 391). Beruht die Zusammenarbeit der Parteien wie hier nicht auf einem Vertragsverhältnis, sondern mehreren zeitlich aufeinander folgenden befristeten Verträgen, ist bei einer Statusklage, mit der der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses festgestellt werden soll, allein der letzte Vertrag maßgeblich. Denn mit dem vorbehaltslosen Abschluss eines weiteren Vertrages bringen die Parteien in der Regel zum Ausdruck, dass allein der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen maßgeblich sein soll. Dieser von dem Bundesarbeitsgericht für die Prüfung der Rechtswirksamkeit einer Befristung bei mehreren befristeten Arbeitsverträgen entwickelte Beurteilungsmaßstab (BAG, ständige Rechtsprechung, z. B. Urteil vom 02.07.2003 - 7 AZR 613/02 - AP BGB § 611 Musiker Nr. 39; vgl. dazu auch ErfK/Müller-Glöge, 9. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 10, m. w. N.) gilt auch für die Prüfung, ob zwischen den Parteien zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Das richtet sich allein danach, ob der letzte Vertrag der Parteien als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist oder nicht. Dagegen ist die rechtliche Einordnung früherer Verträge der Parteien unmaßgeblich, denn selbst wenn vor dem letzten Vertrag ein Arbeitsverhältnis bestanden hätte, bliebe es den Parteien unbenommen, ihre Rechtsbeziehungen durch einen weiteren Vertrag auf eine neue Rechtsgrundlage zu stellen. Infolgedessen ist die tatsächliche Handhabung früherer Verträge unerheblich, es kommt allein darauf an, ob die Rechtsbeziehung der Parteien aufgrund ihres letzten Vertrages vom 30.11.2004 nach seinem Inhalt oder seiner tatsächlichen Durchführung (zu deren Maßgeblichkeit vgl. BAG 27.03.1991 - 5 AZR 194/90 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 53) als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist.

2. Nach seinem Inhalt war der Vertrag vom 30.11.2004 - worauf schon das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - nicht ein Werkvertrag, sondern ein Dienstvertrag, § 611 BGB. Der Kläger schuldete keinen Erfolg im Sinne von § 631 Abs. 2 BGB, sondern (künstlerische) Tätigkeit, nämlich die Durchführung der musikalischen Unterhaltung im Kurpark G. (§ 1 Abs. 1 des Vertrages). Ob er neben der auch bei einem Dienstvertrag möglichen vertraglichen Festlegung von Zeit, Inhalt, Dauer und Ort der Tätigkeit noch einer ins Gewicht fallenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 07.02.2007, aaO., Rn. 15 ff.) unterlag, kann als nicht entscheidungserheblich offen bleiben. Denn selbst wenn die durch den Vertrag vom 30.11.2004 begründete Rechtsbeziehung der Parteien als Arbeitsverhältnis einzuordnen wäre, bestand dieses nicht über den 15.09.2006 hinaus fort.

3. Der Vertrag vom 30.11.2004 war nach seinem § 1 befristet auf das Ende der Spielzeit 2006 (§ 1 Abs. 3), die von Mitte Mai bis Mitte September 2006 dauerte (§ 1 Abs. 1). Dementsprechend wies der Beklagte mit seinem Schreiben vom 02.08.2006 den Kläger darauf hin, dass sein Vertrag mit dem Ende der Spielzeit ausläuft und forderte ihn auf, bis zum 15.09.2006 alle ihm zur Verfügung gestellten Schlüssel und sonstigen Sachen zurückzugeben sowie alle Garderoben und Schränke zu räumen. Wäre das durch den Vertrag vom 30.11.2004 begründete Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen, würde es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handeln, das mit Ablauf des 15.09.2006 geendet hätte, weil der Kläger keine Entfristungsklage erhob, § 17 Satz 1 TzBfG. Nach dieser Vorschrift muss ein Arbeitnehmer, der geltend machen will, die Befristung seines Arbeitsvertrages sei rechtsunwirksam, innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist. Eine Entfristungsklage hat der Kläger aber nicht erhoben.

a) Arbeitnehmer im Sinne von § 17 Satz 1 TzBfG ist nicht nur der Arbeitnehmer, dessen Status unstreitig ist, sondern auch derjenige, der sich darauf beruft, ein von den Vertragparteien zunächst nicht als Arbeitsverhältnis angesehenes Vertragsverhältnis sei rechtlich als Arbeitsverhältnis einzuordnen. Denn es ist kein Grund ersichtlich, denjenigen zu privilegieren, der sich erst nach Ablauf eines befristeten Vertragsverhältnisses darauf beruft, dieses sei tatsächlich kein Dienstverhältnis, sondern ein Arbeitsverhältnis gewesen, zumal bei einer unverschuldeten Verkennung des Status die nachträgliche Zulassung der Entfristungsklage nach § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 5 KSchG in Betracht kommt. Auch der Zweck des § 17 TzBfG, nämlich die rasche Klärung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung geendet hat oder nicht (vgl. APS/Backhaus, 3. Aufl., § 17 TzBfG Rn. 6), verbietet eine Differenzierung danach, ob die Vertragsparteien bei Vertragsschluss von einem Arbeitsverhältnis ausgingen oder sich der aufgrund des Vertrages tätig Gewordene erst später auf ein Arbeitsverhältnis beruf.

b) Eine Entfristungsklage hat der Kläger weder innerhalb der Frist des § 17 Satz 1 TzBfG noch überhaupt erhoben. Die nach der Mitteilung des Beklagten vom 20.12.2006, der Zuschlag für die musikalische Unterhaltung im Kurpark in den Jahren 2007/2008 sei an einen anderen Mitbewerber gegangen, erhobene Kündigungsschutzklage genügt nicht den Anforderungen einer Entfristungsklage (vgl. dazu BAG Urteil vom 16.04.2003 - 7 AZR 119/02 - AP TzBfG § 17 Nr. 2; ErfK/Müller-Glöge, aaO., § 17 TzBfG Rn. 15; APS/Backhaus, aaO., § 17 TzBfG Rn. 54 - jeweils m. w. N.), wahrt zudem nicht die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG und wurde außerdem am 24.01.2008 zurückgenommen.

4. Wäre das durch den Vertrag vom 30.11.2004 begründete - befristete - Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen, hätte dieses entgegen der Auffassung des Klägers nicht über den 15.09.2006 hinaus nach § 15 Abs. 5 TzBfG als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbestanden.

a) Nach § 15 Abs. 5 TzBfG gilt ein befristetes Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn es nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht. Die Vorschrift regelt - ebenso wie § 625 BGB - die stillschweigende Verlängerung von Arbeitsverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien in Form einer unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung. Voraussetzung für den Eintritt der in § 15 Abs. 5 TzBfG angeordneten Fiktion ist, dass der Arbeitnehmer die vertragsgemäßen Dienste unmittelbar nach Ablauf der Vertragslaufzeit tatsächlich ausführt (BAG Urteil vom 18.10.2006 -7 AZR 749/05 -, dokumentiert in juris; ErfK/Müller-Glöge, aaO., § 15 TzBfG Rn. 27; APS/Backhaus, aaO., § 15 TzBfG Rn. 64, jeweils m. w. N.).

b) Der Kläger hat im unmittelbaren Anschluss an den Ablauf des befristeten Vertrages am 15.09.2006 seine vertragsgemäßen Dienste nicht tatsächlich ausgeführt. Abgesehen davon, dass der Kläger unstreitig unmittelbar nach dem 15.09.2006 keine musikalische Unterhaltung im Kurpark G. mehr durchführte, war er ebenso unstreitig von Mitte September bis Mitte November 2006 mit diversen, von ihm geleiteten musikalischen Formationen im Ausland unterwegs. Dass bei diesen Unternehmungen des Klägers Werbematerial für den Ort G.-P. verteilt wurde, ist keine Ausführung der nach dem Vertrag vom 30.11.2004 vereinbarten Dienste. Soweit der Kläger in seinem nachgelassenen Schriftsatz vom 15.10.2008 behauptet, er habe zwischen dem 15.09.2006 und 22.12.2006 die abgelaufene Saison nachgearbeitet und die neue Konzertsaison vorbereitet, kann das zum einen aufgrund seines Auslandsaufenthaltes so nicht richtig sein, und ist zum anderen sein diesbezüglicher Sachvortrag gänzlich unsubstanziiert und zudem unbehelflich. Denn weder die Restabwicklung von aus dem Vertrag vom 30.11.2004 geschuldeten Diensten noch die Vorbereitung einer neuen Konzertsaison (für die der Kläger keinen Auftrag hatte) wäre eine unveränderte Fortführung der vertragsgemäßen Dienste. Lediglich ergänzend sei deshalb darauf hingewiesen, dass in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 15.10.2008 für die behauptete Weiterarbeit nach dem 15.09.2006 jegliches Beweisangebot fehlt.

III.

Die Kosten der erfolglos gebliebenen Berufung fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

IV.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, weil die rechtliche Beurteilung einer auf befristete Verträge gestützten Statusklage grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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