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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 30.10.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 460/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 2
Eine Änderungskündigung gegenüber einem AT-Angestellten, dessen Tätigkeit sich nicht ändert, allein zum Zwecke dessen Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe des neu eingeführten ERA-TV ist sozial ungerechtfertigt.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 Sa 460/07

Verkündet am: 30. Oktober 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Achte Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kagerer sowie die ehrenamtlichen Richter Platzer und Pirsch für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2007 - Gz.: 22 Ca 467/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Gegen dieses Urteil wird für die Beklagte die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung und darüber, ob diese mangels Zustimmung des Betriebsrats durchgesetzt werden kann.

Der am 0.0.1962 geborene, verheiratete Kläger, Vater von zwei Kindern und Diplom-Kaufmann ist aufgrund unstreitiger Anrechnung seiner Zeit bei der Bundeswehr seit dem 15. Januar 1989 zuletzt auf der Basis des schriftlichen "Arbeitsvertrages Außertarifliche Angestellte" vom 22. November 2001 (künftig: Arbeitsvertrag-AT) bei der Beklagten beschäftigt. Nach Ziff. 1. dieses Arbeitsvertrages-AT wird er "im außertariflichen Arbeitsverhältnis weiterbeschäftigt". Hinsichtlich seines Aufgabenbereiches wird in dieser Vertragsnorm auf die für ihn "gültige Stellenbeschreibung" verwiesen; in einer unstreitigen "Funktionsbeschreibung" der Beklagten vom 4. Juni 2004 wird seine Stelle als "Representative Q-Management Einkauf indirektes Material" ausgewiesen. Als Vergütung erhält der Kläger nach Ziff. 2. dieses Arbeitsvertrages-AT ein "Ziel-Jahreseinkommen für ein volles Geschäftsjahr von brutto € 76.517,--", das sich nach dessen Ziff. 2.1 aus einem "Jahresgrundgehalt in Höhe von brutto € 67.380,--", das in zwölf gleichen Teilbeträgen in Höhe von brutto € 5.615,-- bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden gezahlt wird, und einer gem. Ziff. 2.2 dieses Vertrages "variablen Vergütung für ein volles Geschäftsjahr" zusammensetzt, die dort im Einzelnen dargestellt ist.

Hinsichtlich der Kündigung des Arbeitsverhältnisses enthält er unter Ziff. 11. folgende Formulierung:

" Der Vertrag ist mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündbar. ...

Nach mindestens 25-jähriger ununterbrochener Unternehmenszugehörigkeit - gerechnet ab dem vollendeten 30. Lebensjahr - kann der Arbeitsvertrag durch M. nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies gilt nicht nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, nach Erreichen der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie für Änderungskündigung."

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie; sie gehört dem entsprechenden Arbeitgeberverband an. Es gibt bei ihr einen Betriebsrat.

Die Tarifvertragsparteien haben am 1. November 2005 den sog. ERA-Einführungstarifvertrag vom 1. November 2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (künftig: ERA-ETV) abgeschlossen, nach dessen § 2 die Betriebsparteien in der Zeit von 1. November 2005 bis 30. September 2006 die sachlichen Voraussetzungen für die betriebliche Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages vom 1. November 2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (künftig: ERA-TV) schaffen sollen, um ihn danach bis 30. September 2009 stichtagsbezogen einführen zu können. Nach § 2 Abs. 2 ERA-TV erfolgt die Eingruppierung der Arbeitnehmer "aufgrund der gesamten übertragenen Arbeitsaufgabe" und ist "zur Bewertung der Arbeitsaufgabe eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen". Nach § 2 Ziff. 4 Abs. I S. 1 ERA-TV bieten die tariflichen Orientierungsbeispiele, die im Anhang zu diesem Tarifvertrag aufgeführt sind, Anhaltspunkte für die Eingruppierung.

Die Beklagte hat im Jahr 2006 die unternehmerische Entscheidung getroffen, in ihrem Betrieb den ERA-TV zum 1. Januar 2007 einzuführen und mit ihrem Betriebsrat am 12. Oktober 2006 eine entsprechende "Rahmen-Betriebsvereinbarung über die Einführung der Tarifverträge zum `Entgelt-RahmenabkommenŽ (ERA)" (künftig: ERA) geschlossen, nach dessen § 8 die Betriebsparteien alle Vorbereitungen treffen, um eine Umstellung der Entgelte zum 1. Januar 2007 zu ermöglichen.

In § 1 Ziff. 3. Abs. II lit. d) des Manteltarifvertrages für die Angestellten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie - Stand: 1. Juli 2002 - (künftig: MTV-Angestellte) ist geregelt, dass nicht als Angestellte dieses Tarifvertrages "sonstige Angestellte gelten, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Gruppe VII um 25 v. H. hinausgehend geregelt ist".

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 hat die Beklagte ihren Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung des Klägers angehört.

Dieser hat mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 dieser Kündigung widersprochen. Er hat auch der von der Beklagten verlangten Zustimmung zur neuen Eingruppierung, Versetzung und "Entleitung" des Klägers widersprochen.

Nachdem die Beklagte dem Kläger angeboten hatte, seinen Arbeitsvertrag-AT zu ändern, was dieser abgelehnt hat, hat sie ihm mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 eine ordentliche Änderungskündigung ausgesprochen, wonach das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2007 gekündigt werde und ihm gleichzeitig angeboten, es ab dem 1. Juli 2007 wie folgt fortzusetzen:

" Gemäß beiliegendem Arbeitsvertrag werden Sie ab dem 1. Juli 2007 auf die Stelle Koord. Q-Management indirektes Material bei einer wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit von grundsätzlich 35 Stunden versetzt und werden in die Entgeltgruppe 11 des ERA-TV und nicht übertariflich eingruppiert. Gemäß § 3 Ziffer 1 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie wird Ihre wöchentliche Arbeitszeit gemäß beiliegenden Zusatzschreiben vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 auf 40 Stunden erhöht. Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsverhältnisses entnehmen Sie bitte dem beiliegenden Änderungsangebot."

Das Änderungsangebot in der Änderungskündigung wird als "Arbeitsvertrag Tarifangestellter" bezeichnet und enthält unter § 2 und § 3 u. a. folgende Regelungen:

" § 2 Entgelt

Das Bruttoentgelt beträgt € 5.321,00.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Tarifentgelt der Entgeltgruppe 11 € 3.782,00

Tarifliche Leistungszulage (14 %) € 529,00

Übertarifliche Zulage € 1.010,00

Das Bruttogehalt basiert auf einer Arbeitszeit von wöchentlich 35 Stunden.

Die Übertarifliche Zulage stellt eine freiwillige Leistung dar und wird dem Mitarbeiter bis 31. Dezember 2008 zugesichert.

...

§ 3 Kündigungsfristen

Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Angestellte das 65. Lebensjahr vollendet hat, ohne dass es einer Kündigung bedarf."

Zusätzlich zu diesem Angebot hat die Beklagte dem Kläger eine "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 22. Dezember 2006" angeboten mit u. a. folgendem Inhalt: " ... neben dem Tariflohn erhalten Sie gemäß Ihrem Arbeitsvertrag vom 22. Dezember 2006 eine Übertarifliche Zulage (ÜT-Zulage). Diese stellt eine freiwillige Leistung dar, deren Anspruch für die Zukunft vom Grundsatz her nicht begründet ist.

Eine Reduzierung dieser ÜT-Zulage ist in der Regel nur bei kollektiven Maßnahmen, wie zum Beispiel generelle Anrechnung einer Tariferhöhung, möglich. Als zusätzliche Absicherung sagen wir Ihnen bis 30. Juni 2011 zu, dass Ihre ÜT-Zulage bei kollektiv notwendigen Maßnahmen jährlich um maximal € 200,-- reduziert werden kann. Aus individuellen Gründen ist eine Kürzung nur mit entsprechendem Rechtfertigungsgrund, wie zum Beispiel länger andauernde Leistungsminderung oder länger andauerndes negatives Verhalten, möglich."

Der Kläger hat das ihm von der Beklagten mit der Änderungskündigung vom 22. Dezember 2006 unterbreitete Änderungsangebot mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 9. Januar 2007 unter dem Vorbehalt angenommen, dass die ihm angebotene Änderung seiner Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt gem. § 2 KSchG und/oder aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist. Mit Schriftsatz gleichen Datums, der am 10. Januar 2007 am Arbeitsgericht eingegangen ist, hat er Klage gegen diese Änderungskündigung erhoben.

Die Beklagte hat den ERA-TV zum 1. Januar 2007 in ihrem Betrieb eingeführt.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen,

die ihm ausgesprochene Änderungskündigung sei deshalb unwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt gem. § 2 KSchG sei; darüber hinaus werde die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats mit Nichtwissen bestritten.

Soweit es um die fehlende soziale Rechtfertigung gehe, werde auf die Gründe des Widerspruchs des Betriebsrats gegen die beabsichtigte Änderungskündigung verwiesen. Sie sei deshalb sozial ungerechtfertigt, weil der Eingruppierungsbeschluss der Beklagten nicht den Anforderungen an ein dringendes betriebliches Erfordernis gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG entspreche, auf den § 2 KSchG verweise. Die Änderungskündigung dürfe auch, selbst wenn sie sozial gerechtfertigt wäre, nicht umgesetzt werden, weil es für seine beabsichtigte Versetzung und Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 des ERA-TV an der Zustimmung des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 1 BetrVG fehle. Auch sei die Geschäftsgrundlage für den Arbeitsvertrag-AT nicht weggefallen.

Deshalb hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 ausgesprochene Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt ist.

2. Es wird festgestellt, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 22. Dezember 2006 zum 30. Juni 2007 nicht geändert wird.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie hat vorgetragen,

sie habe vor Ausspruch der angegriffenen Änderungskündigung ihren Betriebsrat ordnungsgemäß angehört. Diese sei auch nicht sozial ungerechtfertigt gem. § 2 i. V. mit § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, weil sie nämlich aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgt sei, die in ihrer unternehmerischen Entscheidung lägen, den ERA-TV zum 1. Januar 2007 in ihrem Betrieb einzuführen. Der Kläger unterfalle danach der Entgeltgruppe 11 dieses Tarifvertrages, weil die von ihm verrichtete Tätigkeit, die sich als solche nicht geändert habe, dem Orientierungsbeispiel 37 dieses Tarifvertrages zuzuordnen sei. Sie habe auch ein zumutbares Änderungsangebot gemacht, das sogar dazu führe, dass er letztlich € 760,-- mehr verdiene als bisher. Er müsse sich - wie alle anderen Arbeitnehmer auch - in das neue Entgeltgefüge einordnen lassen.

Darüber hinaus sei durch die Einführung des ERA-TV die Geschäftsgrundlage für den Arbeitsvertrag-AT entfallen, was dessen Anpassung bedinge, die mit dem ihm in der Änderungskündigung angebotenen Änderungsvertrag erfolgt sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 11. April 2007, das der Beklagten am 19. April 2007 zugestellt worden ist, der Klage vollinhaltlich entsprochen. Auf die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen und angestellten rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.

Dagegen hat die Beklagte mit einem am Montag, den 21. Mai 2007 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 19. Juli 2007, mit einem hier an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags führt sie insbesondere aus, die dringenden betrieblichen Erfordernisse gem. § 2 i. V. mit § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG lägen darin, dass ein Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen deshalb entfallen sei, weil nach § 2 Abs. 2 ERA-TV die Eingruppierung des Klägers nunmehr anhand der dortigen Entgeltgruppen vorzunehmen sei und er konkret der Entgeltgruppe 11 unterfalle, was dazu führe, dass er damit nicht mehr übertariflich eingruppiert werden müsse oder den Status eines AT-Angestellten halten könne. Unter Verweisung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 1991 (2 AZR 582/90 - AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969) führt sie aus, dass eine Arbeitgeberin, die alle ihre Arbeitnehmer nach Tarif bezahle, eine Möglichkeit haben müsse, eine unbewusst und zu Unrecht erfolgte Höhergruppierung auf das tarifgerechte Maß zurückzuführen. Dies müsse erst Recht hier gelten, da sie, die ihre Arbeitnehmer grundsätzlich nach den Tarifverträgen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie entlohne, bei Abschluss des Arbeitsvertrages-AT mit dem Kläger am 22. November 2001 den ERA-TV noch gar nicht gekannt haben konnte. Weiter verweist sie auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Juni 2005 (2 AZR 642/05 - AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969), wonach sich ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung auch aus einem geänderten Anforderungsprofil ergeben könne; es habe sich "sozusagen das Anforderungsprofil des klägerischen Aufgabengebietes geändert, da es in der Entgeltgruppe 11 und dem Orientierungsbeispiel Nr. 37 abgebildet" sei. Es werde darüber hinaus darauf verwiesen, dass das dem Kläger unterbreitete Arbeitsvertragsangebot vom 22. Dezember 2006 dem von ihr für Tarifangestellte verwendeten Standardarbeitsverträgen entspreche, weshalb sie ihn "aufgrund des arbeitsvertraglichen Gleichbe-handlungsgrundsatzes" dem Kläger angeboten habe. Es bleibe auch dabei, dass mit der Einführung des ERA-TV eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten sei, die für den Abschluss des Arbeitsvertrages-AT maßgebend gewesen sei.

Deshalb stellt die Beklagte folgende Anträge:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2007 - Gz.: 22 Ca 467/07 - wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Er hält das angegriffene Urteil für richtig und wiederholt und vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Ergänzend führt er noch aus, die von der Beklagten genannten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts bestätigten deren Rechtsauffassung gerade nicht. Auf § 313 BGB könne sich die Beklagte im Übrigen nicht berufen, weil diese Bestimmung lediglich dort in Betracht käme, wo eine Kündigung überhaupt nicht möglich sei, weshalb sich eine Arbeitgeberin im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes zur Vertragsanpassung an geänderte Umstände grundsätzlich einer Änderungskündigung bedienen könne und müsse. Weiter führt er noch aus, eine Änderungskündigung sei bereits dann sozial ungerechtfertigt, wenn auch nur eine der gewünschten Änderungen des Änderungsangebots sozialwidrig sei und verweist insoweit auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Juli 2003 (2 AZR 617/02 - AP Nr. 73 zu § 2 KSchG 1969). Hier stelle zumindest die in § 3 des Änderungsangebots vom 22. Dezember 2006 enthaltene Kündigungsregelung (drei Monate zum Monatsende) eine deutliche und unzumutbare Verschlechterung gegenüber derjenigen in Ziff. 11. vorletzter Satz seines Arbeitsvertrages-AT (potenzielle ordentliche Unkündbarkeit unter bestimmten Voraussetzungen) dar.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsprotokolle, die Schriftsätze der Parteien und den sonstigen Akteninhalt beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat richtig entschieden.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, denn sie richtet sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil, gegen das nicht nach § 78 ArbGG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist (§ 64 Abs. 1 ArbGG) und es handelt sich einerseits um eine Rechtsstreitigkeit über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (§ 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) und andererseits übersteigt im weiter gestellten Antrag der Wert des Beschwerdegegenstandes € 600,-- (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG).

Sie ist auch in der richtigen Form und rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5 ArbGG, § 222 Abs. 2 ZPO).

II.

Die Berufung ist deshalb unbegründet, weil das Arbeitsgericht richtig erkannt hat, dass für die von der Beklagten dem Kläger ausgesprochene Änderungskündigung keine dringenden betrieblichen Erfordernisse gem. § 2 i. V. mit § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG vorliegen.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 23. Juni 2005, a. a. O.) ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung nur dann wirksam, wenn sich eine Arbeitgeberin bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Deshalb ist im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Ein entfallenes Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger hat die Beklagte hier nicht einmal behauptet. Es geht ihr lediglich darum, die bisherigen Vertragsbedingungen, zu denen er beschäftigt wurde, zu ändern. Die eine ordentliche Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse gem. § 2 i. V. mit § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG setzen aber voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Dies kann zwar durchaus auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen, von der auch das Anforderungsprofil der im Betrieb nach der Umstrukturierung verbleibenden Arbeitsplätze erfasst werden kann. Das Anforderungsprofil der Tätigkeit des Klägers hat sich jedoch nicht geändert. Er verrichtet nach wie vor die gleiche Tätigkeit unter der gleichen Bezeichnung, nur soll diese Tätigkeit nunmehr in eine neue Entgeltordnung eingeordnet werden. Das Bundesarbeitsgericht hat für den Fall, dass eine von einer Arbeitgeberin angebotene Vertragsänderung allein in einer Absenkung der bisherigen Vergütung bestehen soll, u. a. den Grundsatz aufgestellt, die Unrentabilität des Betriebes könne einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen durchaus entgegenstehen und ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen sein, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind. Derartige Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erkennbar. Die Beklagte hat keinerlei Gründe dafür genannt, dass durch die Absenkung der bisherigen Vergütung des Klägers als Teil der Senkung der Personalkosten die Stilllegung ihres Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden könne und die Kosten insbesondere durch andere Maßnahmen nicht zu senken seien. Es sind keine Anhaltspunkte für einen etwaigen Sanierungsplan auf dieser Basis erkennbar. Vielmehr handelt es sich um eine beabsichtigte Lohnkürzung (jedenfalls im Bereich des Grundgehalts des Klägers) bei unverändertem Inhalt der Arbeitspflicht und unverändertem Anforderungsprofil. In einem derartigen Fall liegen daher keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vor.

In seinem Urteil vom 12. Januar 2006 (2 AZR 126/05 - AP Nr. 82 zu § 2 KSchG 1969) hat das Bundesarbeitsgericht weiter erkannt, dass eine Änderungskündigung zur Entgeltsenkung nicht allein deshalb sozial gerechtfertigt sei, weil eine neue gesetzliche Regelung die Möglichkeit vorsehe, durch Parteivereinbarung einen geringeren (tariflichen) Lohn festzulegen, als er dem Arbeitnehmer bisher vertraglich zustand. Dies hat es in der vorzitierten Entscheidung ganz ausdrücklich für den Fall festgestellt, dass vergleichbare Fälle selbst bei einem Tarifwechsel des Arbeitgebers gelten. In dieser Entscheidung hat sich das Bundesarbeitsgericht u. a. mit der Frage auseinandergesetzt, ob durch die Neufassung des AÜG durch das erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsplatz vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4617), das die Möglichkeit vorsieht, durch Parteivereinbarung einen geringeren Lohn festzulegen, dies eine Arbeitgeberin mit dem Instrument der Änderungskündigung erreichen kann und dies verneint. Dem ist nichts hinzuzufügen.

1.1 Soweit sich die Beklagte für ihre Rechtsauffassung darauf beruft, die Änderungskündigung des Klägers sei durch die gebotene Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern gerechtfertigt, ist ihr die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Januar 2000 (2 ABR 40/99 - AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972) entgegenzuhalten, dass nämlich der Grundsatz der Gleichbehandlung gerade kein dringendes betriebliches Erfordernis gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG darstelle, das die Verschlechterung einer arbeitsvertraglichen Vergütungsregelung im Wege der Änderungskündigung bedingen könne.

Einer Arbeitgeberin, die im Übrigen mit einem einzelnen Arbeitnehmer einzelvertraglich eine höhere Vergütung vereinbart, als sie dem betrieblichen Niveau entspricht, ist es verwehrt, diese Vergütung unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz dem Lohn der übrigen Arbeitnehmer anzupassen, mit denen sie eine solche Lohnvereinbarung nicht getroffen hat, was die Konsequenz des Rechtssatzes ist, dass beim Abschluss eines Arbeitsvertrages der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat (BAG vom 1. Juli 1999 -2 AZR 826/98 - AP Nr. 53 zu § 2 KSchG 1969).

1.2 Soweit sie sich für ihre Rechtsauffassung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 1991 (2 AZR 582/90 - AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969) beruft, handelt es sich gerade um keinen vergleichbaren Fall, denn dort ging es um die irrtümliche Eingruppierung eines einzelnen Arbeitnehmers in eine zu hohe Vergütungsgruppe, die zu einer Änderungskündigung infolge eines dringenden betrieblichen Erfordernisses zum Zwecke der Rückgruppierung in die tariflich "richtige" Vergütungsgruppe führen kann. Dies ist hier jedoch gerade nicht der Fall; ganz im Gegenteil beruht der Arbeitsvertrag-AT des Klägers wohl auf der bewussten Herausnahme von Angestellten aus dem MTV-Angestellte gem. dessen § 1 Ziff. 3. Abs. II lit. d).

1.3 Unter diesen Umständen bedurfte es gar keiner Prüfung mehr, ob das Änderungsangebot der Beklagten vom 22. Dezember 2006 wegen Änderung der Kündigungsregelung (insbesondere Wegfall der potenziellen Erreichbarkeit einer ordentlichen Unkündbarkeit des Klägers nach Ziff. 11. vorletzter Satz Arbeitsvertrag-AT durch § 3 des Änderungsangebots) für den Kläger unzumutbar war, worauf er unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Juli 2003 (a. a. O.) ausdrücklich hingewiesen hat.

1.4 Schließlich kann sich die Beklagte für ihre Änderungskündigung auch nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB berufen. Wie das Bundesarbeitsgericht nämlich in seinem Urteil vom 24. August 1995 (8 AZR 134/94 -AP Nr. 17 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage) erkannt hat (damals noch für § 242 BGB), kann sich zwar ein Arbeitnehmer hierauf nicht berufen, wenn der ganze Vertrag gegenstandslos geworden ist. Dies muss auch für eine Arbeitgeberin gelten. Allerdings ist dies nur der Fall, wenn der Zweck des Arbeitsverhältnisses durch äußere Ereignisse endgültig oder doch für unabsehbare Zeit, für beide erkennbar, unerreichbar geworden ist. Gerade daran fehlt es hier. Das Arbeitsverhältnis der Parteien kann nach wie vor realisiert werden; es geht lediglich um die Höhe der Vergütung; keinesfalls ist der ganze Vertrag gegenstandslos geworden. Diese Problematik löst gerade eine Änderungskündigung gem. § 2 KSchG, deren Voraussetzungen hier jedoch nicht vorliegen (vgl. oben vor 1.1), weshalb auf das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB nicht zurückgegriffen zu werden braucht.

2. Die Berufung der Beklagten ist auch insoweit unbegründet, als sie sich jedenfalls, ohne sich damit im Einzelnen auseinanderzusetzen, gegen ihre Verurteilung bezüglich des Klageantrags Ziff. 2. wendet. Zwar hat sich auch das Arbeitsgericht damit nicht im Einzelnen befasst, dennoch ist der Urteilsausspruch insoweit richtig. Der Kläger begehrt nämlich zu Recht die Feststellung, dass der Inhalt seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten durch die Änderungskündigung vom 22. Dezember 2006 zum 30. Juni 2007 nicht geändert wird. Sein diesbezüglicher Antrag ist analog § 133 BGB dahingehend auszulegen, dass es ihm darum geht, zu verhindern, dass die Beklagte eine nicht mitbestimmte, sozial gerechtfertigte Änderung der Vertragsbedingungen umsetzt, solange die Mitbestimmung nicht durchgeführt ist (BAG vom 17. Juni 1998 - 2 AZR 336/97 - AP Nr. 49 zu § 2 KSchG 1969); erst Recht kann nichts anderes für eine sozial ungerechtfertigte Änderungskündigung gelten. Da die Beklagte ihn auf diese Besonderheit, nämlich die rechtliche Unabhängigkeit der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Änderungskündigung vom Ausgang des kollektivrechtlichen Verfahrens über die Versetzung bzw. Eingruppierung, hingewiesen hat, ist - jedenfalls solange darüber nicht entschieden ist - festzustellen, dass sich der Inhalt seines Arbeitsverhältnisses durch die Änderungskündigung nicht geändert hat.

Nach alledem aber ist die Berufung der Beklagten unbegründet und daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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