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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 21.02.2003
Aktenzeichen: 8 Ta 61/02
Rechtsgebiete: TzBfG
Vorschriften:
TzBfG § 8 |
2. In derartigen Streitigkeiten werden keine wiederkehrenden Ansprüche gem. § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG geltend gemacht (so auch LAG Baden-Württemberg vom 15. Februar 2002 - 3 Ta 5/02 - NZA RR 2002, 325), sondern es soll die Abgabe der Willenserklärung des Arbeitgebers zur Herbeiführung des erstrebten Änderungsvertrages auf verkürzte und/oder verteilte Arbeitszeit erzwungen werden.
3. Maßgeblich sind daher das nichtvermögensrechtliche Interesse der Klägerin an der erstrebten Entscheidung (hier der ideelle Ansatz: Reduzierung ihrer Arbeitszeit aus Gründen der Betreuung eines Kindes) und das Interesse des Arbeitgebers, das in § 8 Abs. 4 TzBfG genannt ist, sowie der Arbeitsaufwand der Prozessvertreter.
4. Wenn das Arbeitsgericht den Wert eines Weiterbeschäftigungsanspruchs (hier ein Monatsgehalt) für vergleichbar hält, so ist ihm darin zwar nicht unbedingt zu folgen, doch lässt eine Gesamtbetrachtung mangels näherer Anhaltspunkte die Höhe des danach von ihm festgesetzten Gegenstandswerts nicht ermessensfehlerhaft erscheinen.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS
In Sachen
hat die Achte Kammer des Landesarbeitsgerichts München ohne mündliche Verhandlung am 21. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kagerer beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 21. Januar 2002 - Gz.: 30 Ca 18873/01 - geändert:
1. Der Gegenstandswert für den Vergleich wird festgesetzt auf € 7.669,38 (= DM 15.000,--).
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe: I.
Im Ausgangsverfahren hat die Klägerin folgende Anträge gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 auf künftig 20 Stunden pro Woche in der Zeit von Montag bis Freitag bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von vier Stunden in der Zeit von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr zuzustimmen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 auf künftig 20 Stunden pro Woche in der Zeit von Montag bis Freitag bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von vier Stunden in der Zeit von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr zuzustimmen.
Sie war ursprünglich Vollzeit in einer 38,5-Stunden-Woche gegen monatlich DM 5.000,-- brutto bei der Beklagten, die in der Regel über 15 Arbeitnehmer beschäftigt, tätig; zum Zeitpunkt der Klageerhebung befand sie sich gem. § 15 BErzGG in Elternzeit.
Der Rechtsstreit wurde mit einem bestandskräftigen Vergleich beendet, wonach die Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis gegen Gewährung einer sozialen Abfindung und der Erteilung eines Zeugnisses ausschied.
Der Klägervertreter hat daraufhin beantragt, den Gegenstandswert für das Verfahren gem. § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG auf den 36fachen Unterschiedsbetrag zwischen der Vergütung der Vollzeittätigkeit und der begehrten Teilzeittätigkeit in Höhe von monatlich € 1.264,05, somit € 45.505,80 festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert mit Beschluss vom 21. Januar 2002 auf € 2.556,40 festgesetzt und dies damit begründet, in dem Rechtsstreit sei es um den Inhalt der Beschäftigung gegangen, weshalb der Gegenstandswert vergleichbar mit demjenigen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs sei, der mit einem Monatsgehalt bewertet würde.
Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2002, der an diesem Tag am Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der Klägervertreter dagegen Beschwerde eingelegt.
Er beantragt weiterhin,
den Gegenstandswert auf € 45.505,80, hilfsweise auf € 7.669,38 festzusetzen.
Es liege ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG vor. Dazu beruft er sich u. a. auf Beiträge in Fachzeitschriften (Kliemt, Der neue Teilzeitanspruch, NZA 2001, 63, 68, Straub, Erste Erfahrungen mit dem TzBfG, NZA 2001, 919, 25, und Jobst-Hubertus Bauer in einer Seminarunterlage). Er weist ausdrücklich darauf hin, es gehe nicht um eine Weiterbeschäftigung nach einer Kündigung und auch nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Lediglich hilfsweise könne auf die Obergrenze des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG abgestellt werden, d. h. den Vierteljahresverdienst der Arbeitnehmerin.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur im Hinblick auf den Gegenstandswert für den Vergleich begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Gegenstandswert von Rechtsstreitigkeiten über die Reduzierung von Arbeitszeit ist zwischenzeitlich in Rechtsprechung und Literatur höchst unterschiedlich festgesetzt und behandelt worden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wird auf die Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Baden-Württemberg (Beschluss vom 15. Februar 2002 - 3 Ta 5/02 - NZA RR 2002, 325), Berlin (Beschluss vom 4. September 2001 - 17 Ta 6121/01 - LAGE § 3 ZPO Nr. 13), Düsseldorf (Beschluss vom 12. November 2001 - 7 Ta 375/01 - NZA RR 2002, 103), Frankfurt (Beschluss vom 28. November 2001 - 15 Ta 361/01 - NZA 2002, 404), Hamburg (Beschluss vom 8. November 2001 - 6 Ta 24/01 - LAGE TzBfG § 8 Nr. 4), Hessisches Landesarbeitsgericht (Beschluss vom 28. November 2001 - 15 Sa 361/01 - LAGE § 3 ZPO Nr. 15), Köln (Beschluss vom 5. März 2002 - 10 Ta 50/02 - DB 2002, 1280), Niedersachsen (Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 17 Ta 396/01 - NZA RR 2002, 550), Schleswig-Holstein (Beschluss vom 13. November 2001 - 3 Ta 161/01 - LAG Report 2002, 59) sowie außer den bereits genannten Beiträgen auch noch auf Ennemann (NZA 2001, 1190), Rolfs (RdA 2001, 129) und Hanau (NZA 2001, 1168) verwiesen.
Gegenstände des Ausgangsverfahrens (Haupt- und Hilfsanträge) waren hier die jeweils gleiche begehrte Reduzierung der Arbeitszeit um 18,5 Stunden bei Verteilung auf die gleichen Werktage, jedoch mit einem unterschiedlichen Beginn und Ende der Arbeitszeiten. Im Vordergrund steht daher die Reduzierung der Arbeitszeit selbst; im Hilfsantrag geht es lediglich noch um die geringfügige Verschiebung der täglichen Arbeitszeit.
1. Insgesamt handelt es sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit, deren Wert sich nach § 12 Abs. 2 GKG bemisst.
Nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten sind solche, die nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind und nicht aus vermögensrechtlichen Verhältnissen entspringen, wobei es dabei auf die Rechtsnatur des Anspruchs, der geltend gemacht wird, ankommt (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rn. 3385 und Ersterer noch in Anmerkung zu EzA § 64 ArbGG Nr. 28, jeweils mit weiteren Nachweisen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg erwägt in seiner Entscheidung vom 15. Februar 2002 (a. a. O.) zwar eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit, entscheidet sich jedoch letztlich dann doch dafür, den Ansprüchen aus § 8 TzBfG einen vermögensrechtlichen Charakter zuzubilligen, weil es sich um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handle. Dem vermag sich die Beschwerdekammer jedoch nicht anzuschließen. Allein die Tatsache, dass es sich um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handelt, macht einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit noch nicht zu einem vermögensrechtlichen. Aus Arbeitsverhältnissen fließen auch nicht vermögensrechtliche Ansprüche. Mit dem Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit macht eine Arbeitnehmerin gerade nicht vermögensrechtliche Ansprüche geltend. Ein Erfolg ihres Klagebegehrens führt nämlich in der Regel zu einem geringeren Einkommen; ihr geht es auch nicht prinzipiell um eine höhere oder niedrigere Vergütung, sondern offensichtlich um mehr Freizeit, ggf. mit dem Ziel, das auch das Bundeserziehungsgeldgesetz verfolgt, nämlich sich der Erziehung ihres Kindes in der Elternzeit zu widmen. Dieser ideelle Ansatz spricht hier für die Annahme einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit. Zu diesem Ergebnis kommt auch Hanau (a. a. O. S. 1172).
Insbesondere geht es, wie auch der Klägervertreter erkannt hat, nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses; es bleibt unangetastet und ist nicht gefährdet. Mit dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (a. a. O.) ist davon auszugehen, dass die Klägerin auch keinen wiederkehrenden Anspruch gem. § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG verfolgt, sondern es ihr um eine einmalige Leistung geht, nämlich die Erzwingung der Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers zur Herbeiführung des erstrebten Änderungsvertrages auf verkürzte Arbeitszeit, der in vollstreckungsrechtlicher Hinsicht Gegenstand des § 894 ZPO ist. Deshalb besteht mit dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg kein Grund für eine Analogie zu § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG.
2. Maßgeblich ist damit alleine das nicht vermögensrechtliche Interesse der Klägerin des Ausgangsverfahrens an der von ihr erstrebten Entscheidung. Die Wertberechnung richtet sich demzufolge nach § 12 Abs. 2 GKG, d. h. es kommt auf alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, an, die nach billigem Ermessen zu berücksichtigen sind.
Im Vordergrund scheint hier für die Klägerin die Reduzierung ihrer Arbeitszeit aus Gründen der Betreuung ihres Kindes in der Elternzeit zu stehen (ideeller Ansatz). Darüber hinaus spielt eine Rolle, inwieweit dieser Anspruch der Klägerin die Interessen der Arbeitgeberin berührt, die in § 8 Abs. 4 TzBfG normiert sind. Ein besonderer Aufwand des Klägervertreters ist hier nicht ersichtlich. Auch eine besondere Schwierigkeit des Falles ist nicht evident.
Wenn das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung den Wert eines Weiterbeschäftigungsanspruchs für vergleichbar hält, so ist ihm darin zwar nicht unbedingt zu folgen. Darauf kommt es aber auch nicht entscheidend an, sondern, wie bereits erwähnt, auf die Vorgaben des § 12 Abs. 2 S. 1 GKG. Deren Gesamtbetrachtung aber lässt, mangels näherer Angaben, jedenfalls die Höhe des vom Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswerts nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen.
Deshalb ist die Beschwerde unbegründet, soweit sie allein den Gegenstandswert für das Verfahren betrifft und daher zurückzuweisen.
3. Begründet ist sie dagegen, soweit sie die Vergleichsgegenstände betrifft.
Immerhin ist mit dem geschlossenen Vergleich das Arbeitsverhältnis beendet worden; dieser Gegenstand ist gem. § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG mit einem Vierteljahresverdienst in Höhe von € 7.669,38 (= DM 15.000,--) zu bewerten.
Die Bewertung der ursprünglichen Verfahrensgegenstände erübrigt sich mangels Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses.
Der in dem Vergleich auch noch titulierte Zeugniserteilungsanspruch ist jedoch nicht besonders zu bewerten. Weder ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass er streitig war, noch, dass ein gesondertes Titulierungsinteresse bestand.
Damit aber ist der Beschluss des Arbeitsgerichts entsprechend zu ändern.
Gegen diesen Beschluss wird kein Rechtsmittel zugelassen.
Ende der Entscheidung
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