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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 9 Sa 163/03
Rechtsgebiete: BetrVG, BV
Vorschriften:
BetrVG § 50 Abs. 1 | |
BetrVG § 75 | |
BV § 3 Ziff. 1 | |
BV § 3 Ziff. 2 | |
BV § 3 Ziff. 6 | |
BV § 4 | |
BV § 6 | |
BV § 8 | |
BV § 9 | |
BV § 11 |
Ein Zahlungsanspruch wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich jedoch daraus ergeben, dass entweder der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Rechtsirrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weiter gewährt oder rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 12. November 2003
In dem Rechtsstreit
hat die neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Franz Andrelang und Ingeborg Höhne für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 8.10.2002 - 30 Ca 4279/02 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Tenor wird aber in Ziffer 1) neu gefasst:
Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Leistungsprämie für das Jahr 2000.
Der Kläger ist als so genannter Kombifahrer, also als Bus- und Straßenbahnfahrer, für die Beklagte tätig.
Die Beklagte hat ihre Beschäftigten in Geschäftsbereiche und diese in Abteilungen eingeteilt. Ein Geschäftsbereich ist der Geschäftsbereich Betrieb (VB-B), der aus 13 Abteilungen besteht. Dazu gehören unter anderem die Abteilungen B 20 (Center Service-Dienste), B 22 (Center Fahrdienst Straßenbahn), B 23 (Center Fahrdienst Bus-Ost) und B 24 (Center Fahrdienst Bus-West).
Der Kläger ist der Abteilung B 20 (Center Service-Dienste) zugeordnet, die die Zentralreserve darstellt. Aufgabe von B 20 ist es, abteilungsübergreifend bei personellen Engpässen in den Centern B 22, B 23 und B 24 Fahrpersonal kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Diese Fahrer werden im gesamten Liniennetz sowie zu Sonderfahrten und auch in der Fahrgastinformation eingesetzt.
Die Beklagte und die haben am 10./22.5.2001 mit dem Gesamtbetriebsrat der Beklagten und dem Betriebsrat der ... eine gemeinsame Betriebsvereinbarung über eine Leistungsprämie abgeschlossen (Fotokopie Bl. 19-29 d. A.).
Gemäß § 3 Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung (BV) wird über die Gewährung einer Leistungsprämie und die Festlegung der Gesamtausschüttungssumme von der Geschäftsführung jährlich neu entschieden. Die Geschäftsführung weist jedem Ergebnis-Center bzw. jeder Organisationseinheit einen Betrag zu. Gemäß § 3 Ziff. 2 BV soll die Leistungsprämie die Erbringung einer überdurchschnittlichen Leistung honorieren. Entsprechend sind die Bewertungsgrundsätze aufzustellen. Nach der Regelung in § 3 Ziff. 6 B V erhalten in einem Bewertungsbereich mindestens 10 % und höchstens 30 % der Beschäftigten eine Leistungsprämie (Ausnahme Fahrbetrieb VB: mindestens 10 % und höchstens 40 %).
Gemäß § 4 BV wird zur Ausgestaltung der in der Betriebsvereinbarung zu treffenden Festlegungen für jedes Ergebnis-Center bzw. für jede sonstige Organisationseinheit eine örtliche Kommission gebildet. Gemäß § 6 BV legt die örtliche Kommission die Bewertungsbereiche in ihrem Ergebnis-Center bzw. in ihrer sonstigen Organisationseinheit fest und legt gemäß § 7 die Höhe der Zuteilungssumme für den Bewertungsbereich aus dem Ergebnis-Center bzw. der sonstigen Organisationseinheit insgesamt zugewiesenen Leistungsprämienbetrag fest.
Gemäß § 8 BV erfolgt die Bewertung der Beschäftigungen anhand der Bewertungskriterien "Arbeitserfolg" und "Zusammenarbeit/Kommunikationsfähigkeit". Dabei legt die örtliche Kommission für jeden Bewertungsbereich für die beiden Kriterien die Anzahl der Indikatoren fest (mindestens 8, höchstens 12) und wählt die Indikatoren aus, die im Bewertungsbereich einheitlich zu verwenden sind.
Gemäß § 9 BV erfolgt die Bewertung der Prämienberechtigten auf der Basis der Indikatoren durch ein Punktesystem. Die örtliche Kommission legt für jeden Bewertungsbereich fest, wie viel DM ein Punkt bei der Bewertung entspricht; ferner legt sie die Punktzahl fest, bei der Mitarbeiter, die diese Punktzahl unterschreiten, keine Prämie erhalten.
Gemäß § 11 BV bewerten die Vorgesetzten die Beschäftigten nach den in § 8 genannten Kriterien anhand der vorgegebenen verbindlichen Indikatoren. Die schriftliche Bewertung erfolgt mit einem Formblatt nach Muster in Anlage 2 zur Betriebsvereinbarung.
Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 21.9.2001 (Bl. 15 d. A.) mitgeteilt, dass die Auswertung der Bewertungsbögen für ihn keine Leistungsprämie ergeben hat. Mit dem Schreiben wurde dem Kläger auch sein Bewertungsbögen für die Leistungsprämie zugesandt. Danach hat der Kläger insgesamt 31 Punkte erreicht. Im Beschwerdeverfahren wurde die Punktzahl auf 32 Punkte korrigiert.
Im Geschäftsbereich Betrieb Bewertungs-Center B 20 erhielten die Mitarbeiter erst ab 33 Punkte eine Leistungsprämie.
Mit der Klage zum Arbeitsgericht München fordert der Kläger für das Jahr 2000 ebenfalls eine Leistungsprämie. Der Kläger ist der Auffassung, die Betriebsvereinbarung sei unwirksam, da es an der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates fehle. Eine Übertragung der Kompetenz habe nicht stattgefunden und die Notwendigkeit für eine einheitliche Gestaltung bestehe nicht. Weiter verstoße die Betriebsvereinbarung gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da er bei Ausführung der gleichen Arbeit im Gegensatz zu anderen Kollegen keine Prämie erhalten habe. Für die Differenzierung gebe es keinen sachlichen Grund.
Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, die Betriebsvereinbarung sei wirksam zustande gekommen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt.
Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 8.10.2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch lasse sich nicht aus der Betriebsvereinbarung herleiten, diese sei bereits deswegen unwirksam, da der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss nicht zuständig gewesen sei. Damit könne dahingestellt bleiben, ob die Betriebsvereinbarung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.
Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteiles des Arbeitsgerichtes München vom 8.10.2002 (Bl. 125 - 135 d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 28.1.2003 zugestellt wurde, am 27.2.2003 Berufung eingelegt und diese am 3.4.2003 innerhalb der verlängerten Frist auch begründet.
Er trägt vor, es werde bestritten, dass der Gesamtbetriebsrat von den örtlichen Betriebsräten zum Abschluss der Betriebsvereinbarung bevollmächtigt gewesen sei. Ferner sei der Kläger nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz so zu stellen, als habe er mindestens 33 Punkte erreicht, hilfsweise bestehe auch ein Anspruch darauf, auf Basis von 31 Punkten die nach dem DM-Wert des Bewertungs-Centers 20 anfallende Prämie zu erhalten. Der Kläger und sämtliche anderen Fahrer, welche eine Prämie erhalten haben, hätten im Jahr 2000, egal in welchem Bewertungs-Center sie tätig waren, alle dieselbe Arbeit ausgeführt: nämlich Busse der Beklagten fahren. Es sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, wenn der Kläger mit 32 Punkten keine Prämie erhalte, wogegen aber der Fahrer ... mit 31 Punkten im Bewertungs-Center B 23 eine Leistungsprämie erhalten habe. Die Beklagte habe für diese Ungleichbehandlung keinen sachlichen Grund.
Ferner spreche gegen die Wirksamkeit der Prämienregelung für das Jahr 2000, das erst im März 2001 beschlossen wurde, eine Leistungsprämie für das Jahr 2000 zu bezahlen, der Kläger habe daher sein Arbeitsverhalten im Jahr 2000 nicht mehr danach richten können. Somit müssten dem Kläger beim Kriterium "Fehlzeiten" die vollen 5 Punkte gegeben werden, und dann stünde er ebenfalls bei 33 Punkten.
Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 3.4.2003 (Bl. 147 - 157 d. A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren
1. Das Urteil des Arbeitgerichtes München vom 8.10.2002 Az.: 30 Ca 4279/02, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 725,52 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt dagegen
die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung
und trägt vor, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Behauptung des Klägers, dass er nicht wisse, wie es zur Betriebsvereinbarung gekommen sei, sei unzutreffend. Der Kläger habe keinen Anspruch aus der Betriebsvereinbarung. Er sei zutreffend bewertet worden und habe auch im Beschwerdeverfahren nur 32 Punkte erreicht. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Punkteverteilung und Punkteberechnung habe sich zum einen aus der Zuordnung zu den verschiedenen Abteilungen sowie der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Tätigkeiten und Anforderungen ergeben. Zum anderen habe sich die unterschiedliche Punkteverteilung innerhalb des Bewertungsbereiches B 20 aufgrund der unterschiedlich guten Leistungen der einzelnen Mitarbeiter ergeben.
Bezüglich des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 6.5.2003 (Bl. 188 - 200 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 8.10.2002 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer Leistungsprämie aus der Betriebsvereinbarung vom 10./22.5.2001.
a) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG für den Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 10./22.5.01 zuständig war.
Gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat nur zuständig, wenn eine den Bereich des Unternehmens oder mehrere Betriebe betreffende Beteiligungsangelegenheit nicht durch die einzelnen Betriebsratsgremien innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann. § 50 Abs. 1 BetrVG erfasst schon seinem Wortlaut nach nicht nur die objektive, sondern auch die so genannte subjektive Unmöglichkeit. Dieser Auffassung ist auch die Rechtsprechung des BAG (vgl. EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 23 und Nr. 47; EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 60).
Daher ist subjektiv dem einzelnen Betriebsratsgremium eine Regelung im gesamten Bereich freiwilliger Betriebsvereinbarungen bereits dann unmöglich, wenn der Arbeitgeber nur auf überbetrieblicher Ebene zu einer Regelung bereit ist (vgl. BAG a.a.O.), wobei ausreichend ist, dass der Arbeitgeber eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er eine unternehmenseinheitliche Regelung tatsächlich anstrebt (vgl. BAG EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 47).
Hiervon ist auch im vorliegenden Falle auszugehen. So hat die Beklagte in der Klageerwiderung vorgetragen, dass sie zu diesen Prämien, bei denen es sich um eine freiwillige Leistung handelt, nur zu den von ihr berriebsübergreifend bestimmten Verteilungsgrundsätzen bereit war und sie deshalb die Verteilungsmodalitäten unternehmensweit festgelegt und deshalb auch die Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat geführt hat. Aus diesem Vortrag, den der Kläger nicht substantiiert bestritten hat, wird deutlich, dass die Beklagte nur bereit war, die Betriebsvereinbarung auf überbetrieblicher Ebene abzuschließen.
Somit wäre es für die einzelnen Betriebsratsgremien subjektiv unmöglich gewesen, die nicht erzwingbare Betriebsvereinbarung über eine Leistungsprämie abzuschließen; da die Beklagte die Betriebsvereinbarung nur auf überbetrieblicher Ebene abschließen wollte, ist somit die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates der Beklagten gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG zu bejahen.
b) Der Kläger hat nach der Betriebsvereinbarung vom 10./22.5.01 keinen Anspruch auf eine Leistungsprämie, da unstreitig im Bewertungs-Center B 20, dem der Kläger organisatorisch zugeordnet ist, für 2000 nur diejenigen Fahrer eine Leistungsprämie erhalten, die 33 Punkte und mehr erreicht haben, wogegen der Kläger nur 32 Punkte erreicht hat.
Das Berufungsgericht hat auch davon auszugehen, dass die Bewertung des Klägers mit 32 Punkten zutreffend ist.
Die einzige substantiierte Einwendung, die der Kläger gegen seine Punktebewertung vorträgt, ist, dass er beim Bewertungsmerkmal "Fehlzeiten" nur 3 Punkte erhalten hat, dass er hier aber die Höchstzahl von 5 Punkten erhalten müsste, da ihm dieses Kriterium vorher unbekannt gewesen sei und er sein Arbeitsverhalten im Jahre 2000 deshalb nicht danach habe richten können.
Das Berufungsgericht teilt diese Auffassung des Klägers nicht. Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine freiwillige Leistung, so ist er bei der Festlegung der Kriterien grundsätzlich frei. Dies gilt auch für einen Zeitraum, der vor der Leistungsgewährung liegt. Hierdurch werden keine Arbeitnehmer benachteiligt oder bevorzugt, sofern alle betroffenen Arbeitnehmer - wie hier - die Kriterien für die Vergabe der freiwilligen Leistung in dem Jahr nicht kannten, für welches die Leistung vergeben wird. Keiner der betroffenen Arbeitnehmer hatte somit die Möglichkeit gegenüber anderen Arbeitnehmern in ungerechtfertigter Weise "zu punkten".
Im Übrigen ist gerade beim Kriterium "Fehlzeiten" davon auszugehen, dass der Kläger im Jahr 2000 nur berechtigte Fehlzeiten hatte. Es hätte deshalb schon des substantiierten Vortrages durch den Kläger bedurft, inwiefern er im Jahre 2000 keine oder geringere Fehlzeiten gehabt hätte, wenn er gewusst hätte, dass "Fehlzeiten" ein Kriterium (von 8 Kriterien) für die Bewertung zu einer Leistungsprämie sind.
Aber selbst wenn man der Auffassung wäre, dass die Rechtsprechung des BAG (vgl. NZA 1995, 266) zur Anwesenheitsprämie, wonach nicht auf Fehltage abgestellt werden darf, die vor dem Bekanntwerden der Prämienregelung liegen, auch auf die vorliegende Leistungsprämienregelung anwendbar ist, obwohl es sich nicht um die Regelung einer Anwesenheitsprämie handelt, sondern die Fehlzeiten nur ein Kriterium von 8 Kriterien für die Gewährung der Leistungsprämie sind, so würde dies allenfalls dazu führen, dass die Prämienregelung insoweit (also für das Jahr 2000) unwirksam ist, nicht jedoch dazu, dass dann bei allen Arbeitnehmern und damit auch beim Kläger bei dem Kriterium "Fehlzeiten" die höchstmögliche Punktzahl angesetzt werden muss.
Somit kann die vom Kläger erreichte Punktezahl beim Kriterium "Fehlzeit" entgegen seiner Auffassung nicht um 2 Punkte erhöht werden.
2. Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Leistungsprämie für das Jahr 2000 ergibt sich aber auch nicht aus der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
a) Betriebsvereinbarungen unterliegen einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle (vgl. BAG NZA 1991, 765,1993, 614; 1995, 266). Maßstab für die gerichtliche Prüfung ist dabei die Bindung der Betriebspartner an die Zielbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, wie sie insbesondere in § 75 BetrVG geregelt sind. Es ist zu prüfen, ob die von den Betriebspartnern vereinbarte Regelung in sich der Billigkeit entspricht und ob einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen in unbilliger Weise benachteiligt worden sind und ob der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet ist.
b) Die Betriebsvereinbarung vom 10./22.5.2001 verletzt insoweit den Gleichbehandlungsgrundsatz, in dem bei den Fahrern bei der Ermittlung der Leistungsprämie eine sachwidrige Gruppenbildung vorgenommen wird.
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage, als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung (vgl. BAG AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O; AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung), er verbietet somit auch die sachwidrige Gruppenbildung (BAG AP Nr. 133 und 185 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
Eine Gruppenbildung ist dann sachwidrig, wenn ein Teil der Arbeitnehmer von der Leistung ausgeschlossen wird, obwohl dies vom Zweck der Leistung her nicht gerechtfertigt ist, insbesondere wenn bei gleicher Leistung ein Teil der Arbeitnehmer die Prämie erhält, ein anderer Teil jedoch nicht.
Nach der Betriebsvereinbarung vom 10./22.5.2001 ist, wie sich aus § 3 Ziff. 2 ergibt, Zweck der Leistungsprämie, die "Erbringung einer überdurchschnittlichen Leistung zu honorieren".
Nach § 8 BV sind Bewertungskriterien "Arbeitserfolg" und "Zusammenarbeit/Kommunikationsfähigkeit".
Bei gleichartiger Tätigkeit können die Bewertungskriterien nur nach dem gleichen Beurteilungsmuster ermittelt werden. Deshalb werden bei den Fahrern, obwohl sie organisatorisch unterschiedlichen Bereichen zugeordnet sind, auch dieselben Bewertungsbögen mit identischen Bewertungskriterien verwendet. Die Summe der danach erreichten Punkte ergibt also für jeden Fahrer ein vergleichbares Leistungsbild. Ein Fahrer, der danach zum Beispiel 31 Punkte erreicht, ist also von seiner erbrachten Leistung her mit einem anderen Fahrer vergleichbar, auch wenn er einem anderen Bewertungs-Center zugewiesen ist, der ebenfalls 31 Punkte erreicht hat; und ein Fahrer, der zum Beispiel wie der Kläger 32 Punkte erreicht hat, liegt in der Bewertung seiner erbrachten Leistung höher als ein anderer Fahrer, der weniger als 32 Punkte erreicht hat.
Soll eine Leistungsprämie eine erbrachte Leistung honorieren, so wird eine Regelung diesem Zweck nur gerecht, wenn Arbeitnehmer bei gleichartiger Tätigkeit ab derselben Leistungsstufe, also ab derselben erreichten Punktezahl die Leistungsprämie erhalten. Es ist daher sachwidrig und ungerecht, wenn ein Fahrer wie der Kläger, der 32 Punkte erreicht hat, die Leistungsprämie nicht erhält, wogegen sie ein anderer Fahrer, der - wie der Arbeitnehmer ... - nur 31 Punkte erreicht, also eine geringere Leistung erbracht hat, die Leistungsprämie erhält. Insoweit liegt, was die Fahrer betrifft, bei der Leistungsbewertung eine sachwidrige Differenzierung vor. Die Betriebsvereinbarung vom 10./22.5.2001 verstößt insoweit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und damit gegen § 75 BetrVG und ist insoweit rechtsunwirksam.
c) Welche Rechtsfolgen ein Verstoß einer Betriebsvereinbarung gegen § 75 BetrVG hat, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt (vgl. hierzu GK-Kreutz § 75 BetrVG Rz. 23 und 137 m.z.N.; Richardi § 75 BetrVG Rz. 39 ff) und ist bisher - soweit dem Berufungsgericht ersichtlich - vom Bundesarbeitsgericht auch nicht abschließend geklärt (vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung).
Das Berufungsgericht geht jedoch davon aus, dass in einem Falle, in dem der Arbeitgeber in der irrigen Annahme Leistungen an Arbeitnehmer erbringt, er sei hierzu aufgrund einer rechtswirksamen Betriebsvereinbarung verpflichtet, kein Anspruch der von der Leistung ausgeschlossenen Arbeitnehmer besteht, die Leistung nun ebenfalls zu erhalten, da ein Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" bzw. auf "Gleichbehandlung im Rechtsirrtum" nicht besteht (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 77 BetrVG 1972; AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O).
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift also nicht ein bei einem bloßen - auch vermeintlichen - Normenvollzug (BAG AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O).
d) Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den Arbeitgeber außerhalb von § 75 BetrVG und in Folge dessen ein entsprechender Leistungsanspruch eines Arbeitnehmers kann sich jedoch daraus ergeben, dass entweder der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Rechtsirrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weiter gewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht, denn ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen und er muss hierbei die vergleichbaren Arbeitnehmer auch gleich behandeln. Stellt er hingegen die rechtsgrundlosen Zahlungen alsbald nach Kenntnis seines Rechtsirrtums ein und ergreift er auch die rechtlich möglichen Maßnahmen zur nachträglichen Korrektur seines Irrtums, ist für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kein Raum (vgl. BAG AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O). Da vorliegend nicht feststeht, wie sich die Beklagte nach Rechtskraft dieses Urteiles verhalten wird, ob sie also die gemäß § 75 BetrVG - zumindest bei den Fahrern - verstoßende Betriebsvereinbarung weiterhin anwendet und eine eventuell mögliche Korrektur der bisherigen Leistungen unterlässt, so ist die Forderung des Klägers auf eine Leistungsprämie für das Jahr 2000 aus dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes derzeit unbegründet.
3. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 8.10.2002 blieb somit erfolglos.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision zum Bundesarbeitsgericht einlegen.
Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Ende der Entscheidung
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