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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 9 Sa 782/03
Rechtsgebiete: BErzGG


Vorschriften:

BErzGG § 15
BErzGG § 16
1. Gemäß § 15 Abs. 7 BErzGG hat ein Arbeitnehmer, der Anspruch auf Elternzeit hat, auch Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit, sofern die Voraussetzungen des § 15 As. 7 Ziffer 1 - 5 BErzGG erfüllt sind.

2. Aus §§ 15, 16 BErzGG lässt sich nicht entnehmen, in welchem Verhältnis der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit zum Anspruch auf Elternzeit steht.

3. Der Arbeitgeber hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dem Teilzeitbegehren dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.

4. Ist der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen, oder die Teilzeitarbeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht möglich, so muss der Arbeitgeber prüfen, ob er den Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers mit der Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe oder durch Umorganisation erfüllen kann.

5. Dringlich können Gründe nur sein, wenn sie sich nicht nur aus Zweckmäßigkeits- oder Praktikabilitätsüberlegungen ergeben, sondern wenn die Gründe die Unmöglichkeit oder zumindest die Unzumutbarkeit des Teilzeitverlangens ergeben.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 782/03

Verkündet am: 03. März 2004

In dem Rechtsstreit

hat die neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Rainer von Zezschwitz und Peter Gebhardt für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 5.6.2003 - 11 Ca 2983/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangte von der Beklagten Elternzeit vom 11.2.2003 bis 21.3.2004 mit einer Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden.

Der Kläger ist seit 1.6.1990 als technischer Angestellter (Systemingenieur Telekommunikation) gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 5.710,-- bei der Beklagten im Betrieb M, in dem circa 9.000 Mitarbeiter tätig sind, beschäftigt. Er war vor dem 11.2.2003 im Bereich ICN CP STS IT 14 eingesetzt. Der Kläger ist verheiratet und Vater eines Sohnes (geboren 21.3.2001) und einer Tochter (geboren 16.11.2002). Seine Ehefrau ist nicht berufstätig.

Mit Schreiben vom 17.12.2003 (Fotokopie Bl. 8 d. A.) beantragte der Kläger für die Zeit vom 11.2.2003 bis 21.3.2004 Elternzeit in Bezug auf seinen Sohn und eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden während der Elternzeit.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 18.12.2002 (Fotokopie Bl. 9 d. A.) mitgeteilt, dass sie seinen Antrag auf Elternzeit zur Kenntnis nehme und er hierzu noch eine detaillierte Bestätigung erhalte. Seinem Wunsch auf Teilzeit von 30 Stunden pro Woche könne nicht entsprochen werden, da sein Arbeitsplatz entfalle. Dies sei ein dringender betrieblicher Grund gemäß § 15 Abs. 4 BErzGG.

Der Kläger machte mit seiner Klage zum Arbeitsgericht München geltend, er könne gemäß § 15 Abs. 1 BErzGG Elternzeit und gemäß § 15 Abs. 7 BErzGG Verringerung seiner Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden verlangen. Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe lägen nicht vor. Der Arbeitsplatz des Klägers sei nicht entfallen. Die Beklagte sei lediglich dabei ihr Personal umzuschichten und die Abteilung des Klägers umzuorganisieren.

Der Kläger hat beantragt:

die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu 30 Wochenstunden bei im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen als Systemingenieur Telekommunikation für den Bereich Übertragungssysteme in der Abteilung ICN CP STS IT 14 im Betrieb H in tatsächlich zu beschäftigen.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zur Änderung des Arbeitsverhältnisses des Klägers in ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis in der Elternzeit zu 30 Wochenstunden zu erteilen.

Die Beklagte hat dagegen beantragt

die Klage abzuweisen

und trug vor, der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen, so dass eine Beschäftigung des Klägers zu 30 Wochenstunden bei im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen unmöglich sei. Das Geschäft mit Telekommunikationsnetzen, Information & Communication Networks (ICN) befinde sich seit über zwei Jahren in einer nachhaltigen strukturellen Krise. Nach Verlusten im Geschäftsjahr 00/01 und 01/02 habe der Bereichsvorstand im September 2002 beschlossen, den Bedarf an Arbeitnehmern an den reduzierten Umsatz und Auftragseingang anzupassen, wodurch rechnerisch circa 2.300 Arbeitsplätze wegfallen würden. In der Umsetzung des Vorstandsbeschlusses seien in dem neu gegründeten Cort Center ICN CP die Entwicklungsabteilungen der ehemaligen Geschäftsgebiete für Vermittlungssysteme (ICN WN), Übertragungssysteme (ICN ON) und Netzzugangssysteme (ICN AS) zusammengefasst worden. Dies habe zu erheblichen Synergieeffekten und zum Abbau von Doppelarbeit geführt. Ferner sei das Budget bei ICN CP im Geschäftsjahr 02/03 von 789 Millionen auf 550 Millionen Euro gesenkt worden. Dies habe sich auch auf die Abteilung des Klägers ausgewirkt. Der Kläger sei als Systemtester in der Systemabteilung des Bereiches optische Übertragungssysteme ICN CP STS IT 14 tätig gewesen. In dieser Abteilung sei an zwei großen Projekten gearbeitet worden, nämlich -Surpass hiT 7070 (MSI), ein hochmodernes Datenübertragungssystem für Glasfaserleitungen und MTS (Multiwave Transport System), ein optisches Übertragungssystem. Der Kläger sei für das Projekt MTS eingeplant gewesen. Im Zuge der Umsetzung der CP-Leitungsentscheidung sei im Oktober 2002 beschlossen worden, das Ultra Longhaul Projekt MTS 2.1 nicht weiter zu entwickeln und anstelle einer Neuentwicklung nur noch Maßnahmen zur Kostenreduzierung der Baugruppen durchzuführen. Auf Grund dieser Entscheidung seien in der Fachgruppe, in der der Kläger tätig war, zwei von vier Arbeitsplätzen weggefallen, darunter der Arbeitsplatz des Klägers. Deshalb sei eine Teilzeitarbeit während der Elternzeit nicht möglich. Eine Versetzungsmöglichkeit auf einen anderen vergleichbaren Arbeitsplatz im Unternehmen bestehe nicht.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 5.6.2003 die Beklagte gemäß dem Hilfsantrag verurteilt, ihre Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit des Klägers auf 30 Wochenstunden zu erteilen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zum Teil sehr ausführlich vorgetragen, welche Rationalisierungsmaßnahmen sie durchgeführt habe, habe es jedoch nicht den kausalen Zusammenhang zwischen diesen Maßnahmen und dem behaupteten Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers auf nachvollziehbare Weise dargelegt. Vielmehr habe sie sich darauf beschränkt, jeweils stereotyp und lapidar zu behaupten, die fraglichen Maßnahmen führten bei ICN CP zu einem Wegfall von rechnerisch 563 Arbeitsplätzen; in der Fachgruppe des Klägers entfielen zwei von vier Arbeitsplätzen. Warum nicht drei? Oder nur einer? Die Beklagte hätte hier schon die genauen Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen auf die Beschäftigungslage darlegen müssen. Das Vorbringen der Beklagten sei ohne unzulässige Ausforschung der angebotenen Zeugen einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Das gleiche gelte für den angeblichen Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers. Auch in diesem Zusammenhang könne nicht ohne weiteres nachvollzogen werden, inwiefern der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos entfallen sein solle.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteiles des Arbeitsgerichtes München vom 5.6.2003 verwiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihr am 18.6.2003 zugestellt wurde, am 18.7.2003 Berufung eingelegt und diese am 30.9.2003 innerhalb der verlängerten Frist auch begründet.

Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes habe sie den Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers hinreichend substantiiert dargelegt. Soweit das Erstgericht einwende, der kausale Zusammenhang zwischen den getroffenen Maßnahmen einerseits und dem behaupteten Wegfall des klägerischen Arbeitsplatzes andererseits sei nicht auf nachvollziehbare Weise dargelegt, verkenne es, dass die Festlegung der Zahl an Arbeitnehmern, die von einer unternehmerischen Entscheidung betroffen werden, zwangsläufig Teil dieser unternehmerischen Entscheidung sei. Insoweit sei die in der Klageerwiderung für die jeweilige Geschäftsgebietsebene genannte Zahl an betroffenen Arbeitnehmern dahingehend zu verstehen, dass nach der unternehmerischen Entscheidung in Umsetzung der beschlossenen Umstrukturierungsmaßnahmen für die jeweils genannte Zahl an Arbeitnehmern die Beschäftigungsmöglichkeit entfalle.

So könne der angebotene Zeuge D mit seiner Aussage belegen, dass durch seine auf Abteilungsebene getroffene Entscheidung das Ultra Longhaul Projekt MTS 2.1 nicht weiter zu entwickeln und anstelle einer Neuentwicklung nur noch Maßnahmen zur Kostenreduzierung der Baugruppe durchzuführen, die ursprünglich vorgesehene Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers im Projekt MTS entfallen sei.

Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe mit der Firma A einen umfangreichen Auftrag unterschrieben, werde bestritten. Entgegen der Behauptung des Klägers könne dieser nicht mit den nach der Umstrukturierung in der Abteilung ICN CT STS IT 14 verbleibenden Aufgaben betraut werden. Der Kläger verfüge anders als die in der Abteilung verbliebenen Herren N und F insbesondere nicht über die für dieses Projekt erforderlichen Produkt- und Testkenntnisse. Außerdem fehle dem Kläger das für die Durchführung der verbliebenen Aufgaben spezielle Fachwissen und die erforderlichen praktischen Erfahrungen. Die Zeit für die Einarbeitung in dieses für die Beschäftigung erforderliche technische Know-how betrage mindestens 24 Monate.

Es bestehe auch keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger. Für eine Beschäftigung in den vom Kläger benannten Dienststellen ICN STS IT 11, 12 und 13 fehlten dem Kläger ebenfalls die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich Surpass hiT 7070. Die Zeit für die Einarbeitung in dieses für die Beschäftigung erforderliche technische Know-how betrage mindestens 24 Monate.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 30.9.2003 (Bl. 61 - 66 d. A.) und vom 28.1.2004 (Bl. 100 - 104 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 5.6.2003 - 11 Ca 2983/03 - wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Der Kläger beantragt dagegen

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und trägt vor, die Erwägungen des Arbeitsgerichtes seien zwar im Ergebnis richtig, hätten jedoch nicht den richtigen dogmatischen Ansatz. Der dringende betriebliche Grund sei nämlich darauf zu beziehen, ob eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden möglich sei oder nicht. Die verbleibende Arbeitszeit von 30 Stunden bestehe von Gesetzes wegen. Wolle sich die Beklagte dieser Verpflichtung entledigen, so habe sie das Kündigungsverfahren einzuleiten. Denn der Anspruch aus § 15 Abs. 7 BErzGG solle den Anspruch auf Elternzeit sichern, nicht jedoch gesetzlichen Bestandsschutz schmälern oder helfen zu umgehen. § 15 Abs. 7 BErzGG beziehe sich deshalb auf die Verringerung der Arbeitszeit, nicht jedoch auf die vom Verringerungswunsch nicht betroffene verbleibende Arbeitszeit. Dass lediglich der Teil der Arbeitszeit, der sich verringern soll, nicht dringenden betrieblichen Gründen entgegenstehen soll, ergebe sich schon daraus, dass bei Arbeitnehmern, bei denen die Wochenarbeitszeit zuvor 30 Stunden betrug, es zur Begründung eines Elternzeitarbeitsverhältnisses keiner Vereinbarung bedürfe.

Der Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers werde bestritten. Die Beklagte behaupte, der Kläger sei für das Projekt MTS 2.1 eingeplant gewesen, dieses Projekt werde nicht weiterentwickelt. Der Kläger wisse nichts davon, dass er für dieses Projekt eingeplant gewesen sei. Er sei bislang für die Systeme SXG, Waveline und MSI tätig und verplant gewesen.

Aber selbst wenn man dem dogmatischen Ansatzpunkt des Arbeitsgerichtes folge, so seien ebenfalls keine dringenden betrieblichen Gründe gegeben, die dem Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen würden. Es sei nicht schlüssig dargelegt und werde nach wie vor bestritten, dass die Unternehmerentscheidung der Beklagten zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers geführt habe.

Es sei auch unzutreffend, dass der Kläger für die in der Abteilung ICN CP STS IT 14 verbleibenden Aufgaben ungeeignet sei. Alle Mitarbeiter in den Dienststellen ICN STS IT 11 - 14 hätten maximal sechs Monate praktische Erfahrungen. Eine Einarbeitung von 24 Monaten sei damit bei den Kollegen nicht erforderlich gewesen. Denn ein Wissensvorsprung von 24 Monaten sei denklogisch ausgeschlossen. Wenn die Kollegen F und N derzeit erfolgreich im Projekt arbeiten, dann könne dies der Kläger ebenso.

Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 31.10.2003 (Bl. 67 - 73 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 5.6.2003 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat gemäß § 15 Abs. 7 BErzGG zu Recht dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben.

1. Gemäß § 15 Abs. 7 BErzGG hat ein Arbeitnehmer, der Anspruch auf Elternzeit hat, auch Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit, so- fern die Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 Ziff. 1 - 5 BErzGG erfüllt sind.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen auf Elternzeit für die beantragte Zeit ab 11.2.2003 erfüllt, und dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 15 Abs. 7 Ziff 1, 2, 3 und 5 BErzGG erfüllt sind; zwischen den Parteien ist lediglich streitig, ob dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 15 Abs. 7 Ziff. 4 BErzGG entgegenstehen.

2. Der Kläger hat mit Schreiben vom 17.12.2002 Elternzeit für die Zeit 11.2.2003 bis 21.3.2004 beantragt und gleichzeitig die Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche. Aus §§ 15, 16 BErzGG lässt sich nicht entnehmen, in welchem Verhältnis der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit zum Anspruch auf Elternzeit steht. Es stellt sich die Frage, stehen die beiden Ansprüche nebeneinander mit der Auswirkung, dass der Arbeitnehmer die verlangte Elternzeit antreten muss, auch wenn der Arbeitgeber mit dem Verlangen auf Teilzeittätigkeit nicht einverstanden ist, oder stellt das Verlangen auf Elternzeit mit gleichzeitigem Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit eine besondere Form der Elternzeit dar, also die Inanspruchnahme der Elternzeit unter der Bedingung der Teilzeitbeschäftigung (vgl. hierzu Leßmann DB 2001, 94).

Die rechtlichen Auswirkungen sind gravierend, denn im ersten Falle müsste der Arbeitnehmer die Elternzeit antreten; er wäre von seiner Arbeitsleistung voll freigestellt, bis er sich durch rechtskräftiges Urteil die Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilzeittätigkeit erstreitet.

Im zweiten Falle käme bei Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung die Elternzeit nicht zustande und der Arbeitgeber müsste den Arbeitnehmer zu den bisherigen Arbeitsbedingungen mit der bisherigen Arbeitszeit weiterbeschäftigen; tut er dies nicht, käme der Arbeitgeber in Annahmeverzug.

Nach Auffassung des Berufungsgerichtes kann diese Frage jedoch im vorliegenden Prozessstadium noch dahingestellt bleiben, da im Zeitpunkt der Entscheidung der Zeitraum der beantragten Elternzeit noch nicht ganz beendet ist (dieser Zeitraum endet am 21.3.2004) und somit über den Klageantrag noch entschieden werden kann. Die Frage wird also erst relevant, wenn der Zeitraum der beantragten Elternzeit beendet ist und die Parteien über einen finanziellen Ausgleich für die zu Unrecht nicht gewährte Teilzeittätigkeit streiten. Hat der Arbeitgeber die Zustimmung zur Teilzeitarbeit zu Unrecht verweigert, so besteht nach der ersten Variante lediglich ein Schadensersatzanspruch auf Ausgleich der entgangenen Vergütung, der aber Verschulden voraussetzt, wogegen nach der zweiten Variante für den Fall, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt hat, ein Vergütungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges gemäß § 615 S. 1 BGB bestehen kann und zwar bezogen auf die bisherige und nicht auf die beantragte verringerte Arbeitszeit, sofern nicht gemäß § 297 BGB angenommen werden kann, dass der Leistungswille des Arbeitnehmers nur auf die verringerte Arbeitszeit beschränkt war.

3. Die Beklagte hat dem Kläger die Verringerung der Arbeitszeit auf 30 Stunden wöchentlich für die Zeit 11.2.2003 bis 21.3.2004 zu Unrecht verweigert.

Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob im Rahmen des § 15 Abs. 7 BErzGG zu unterstellen ist, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers vorhanden ist und somit nur überprüft werden kann, ob lediglich der reinen Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit auf eine Arbeitszeit zwischen 15 und 30 Wochenstunden dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, oder ob im Rahmen des § 15 Abs. 7 BErzGG das Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit auch deswegen abgelehnt werden kann, weil überhaupt keine Beschäftigungsmöglichkeit, also auch nicht einmal in Teilzeit, mehr besteht. Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass ein dringender betrieblicher Grund im Sinne des § 15 Abs. 7 Ziff. BErzGG darin liegt, dass überhaupt keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht, so fehlt es insoweit an der schlüssigen Darlegung durch die Beklagte. Es ist - soweit dem Berufungsgericht ersichtlich - einhellige Meinung, dass der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür hat, dass dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers gemäß § 15 Abs. 7 Ziff. 4 BErzGG dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (vgl. Erfurter Kommentar 170 § 15 BErzGG Rz. 24; Opitz, AuR 2003 165 Fußn. 9 m.w.N.), da es sich bei § 15 Abs. 7 Ziff. 4 BErzGG um eine rechtshindernde Einwendung handelt. Es fehlt bereits an der schlüssigen Darlegung durch die Beklagte, dass die Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers in seiner bisherigen Fachgruppe entfallen ist. Die Beklagte trägt zwar vor (Schriftsatz vom 16.5.2003 S. 8), dass durch die Umsetzung der CP Leitungsentscheidung, das Ultra Longhaul Projekt MTS 2.1 nicht weiter zu entwickeln (Portfolio Bereinigung) und anstelle einer Neuentwicklung nur noch Maßnahmen zur Kostenreduzierung der Baugruppen durchzuführen und dadurch, dass keinerlei Weiterentwicklungen der bereits im Kundeneinsatz befindlichen Network-Transportprodukte durchgeführt werden, in der Fachgruppe des Klägers zwei von vier Arbeitsplätze entfallen seien. Hierbei handelt es sich um eine Pauschalbehauptung, die mangels eines sie ausfüllenden Tatsachenvortrages nicht nachvollziehbar ist. Aus dem Umstand, dass in einer Arbeitsgruppe Aufgaben reduziert worden sind, ergibt sich ohne nähere Darlegung des bisherigen Umfanges der Gesamtaufgabe und des Umfanges der verbleibenden Restaufgabe nicht, in welchem Umfang damit auch das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern der Arbeitsgruppe entfallen ist. Auf diesen Umstand wurde die Beklagte bereits in den Entscheidungsgründen des Endurteiles vom 5.6.2003 hingewiesen, dennoch hat sie auch in der Berufung ihren Sachvortrag nicht entsprechend konkretisiert.

Aber selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellen würde, dass die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers in seiner Fachgruppe tatsächlich entfallen ist, so fehlt überdies die schlüssige Darlegung, dass der Kläger nicht anderweitig im Unternehmen mit 30 Wochenstunden während der beantragten Elternzeit beschäftigt werden kann. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 7 Ziff. 3 BErzGG müssen die dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers entgegenstehenden betrieblichen Gründe dringend sein; damit sollen betriebliche Gründe dem Teilzeitbegehren nur im Ausnahmefall entgegenstehen. Der Arbeitgeber muss also alle Möglichkeiten der betrieblichen Umorganisation prüfen und im Streitfalle überzeugend darlegen, dass eine Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit anstelle des vom Gesetz ohne Einschränkung vorgesehenen Totalausfalles für die Dauer der Elternzeit nicht machbar ist (vgl. Erfurter Kommentar 170 § 15 BErzGG Rz. 25). Ist eine Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht gegeben, so darf der Arbeitgeber das Teilzeitbegehren nicht einfach ablehnen, sondern muss prüfen, ob er den Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers mit der Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe oder durch Umorganisation erfüllen kann. Diese Verpflichtung des Arbeitgebers ergibt sich aus dem grundsätzlichen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Elternzeit, und zwar auch in Form einer Teilzeitbeschäftigung, der nur durch dringende betriebliche Gründe aufgehoben werden kann. Dringlich können aber Gründe nur sein, wenn sie sich nicht nur aus Zweckmäßigkeits- oder Praktikabilitätsüberlegungen ergeben, sondern wenn die Gründe die Unmöglichkeit oder zumindest die Unzumutbarkeit des Teilzeitverlangens ergeben. In Anknüpfung an den Begriff der Dringlichkeit in § 1 Abs. 2 KSchG bei der betriebsbedingten Kündigung ist auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auf die Unvermeidbarkeit abzustellen (vgl. hierzu für das Kündigungsrecht KR-Etzel § 1 KSchG Rz. 545 m.w.N.). Wie der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung erst aussprechen darf, wenn es ihm nicht möglich ist, die Kündigung durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet zu vermeiden (vgl. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65; KR-Etzel a.a.O.), so muss vom Arbeitgeber auch im Rahmen des § 15 Abs. 7 BErzGG gefordert werden, das Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers nur dann zurückzuweisen, wenn er die begehrte Teilzeitbeschäftigung auch nicht durch organisatorische Maßnahmen ermöglichen kann. Dass dies der Beklagten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, hat sie nicht schlüssig dargelegt. Selbst wenn man hierbei wiederum zugunsten der Beklagten unterstellt, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der Abteilung ICN CP STS IT 14 im Rahmen der verbleibenden Aufgaben nicht besteht und der Kläger die von den Arbeitskollegen F und N wahrzunehmenden Aufgaben mangels spezieller Fachkenntnisse auch nicht übernehmen kann, so hat die Beklagte dennoch nicht dargelegt, dass sie den Kläger nicht anderweitig im Rahmen seiner Kenntnisse und Fähigkeiten entsprechend seiner Eingruppierung zumindest am Standort München Hofmannstraße mit 30 Stunden pro Woche weiterbeschäftigen kann. Die Beklagte hat sich nur darauf beschränkt auszuführen, dass sie den Kläger auch nicht in den Dienststellen ICN STS IT 11, 12 und 13 einsetzen könnte.

4. Das Arbeitsgericht hat somit dem Antrag des Klägers auf Zustimmung der Beklagten zur Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden zu Recht stattgegeben. Die Parteien werden aber vorsorglich darauf hingewiesen, dass der Zeitraum bis Ablauf des 21.3.2004 beschränkt ist.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision zum Bundesarbeitsgericht einlegen.

Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden. Die Frist beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteiles, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteiles.

Ende der Entscheidung

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